Liberalismusdiskussion in der DDR
Eine wissenschaftshistorische Erinnerung

von Wilma Ruth Albrecht

03/2019

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0.Vorbemerkung

Der folgende Text ist ein Kapitel Fachgeschichte. Es geht um die quellenbezogene und insofern ad-fontes-Erinnerung einer (fach)wissenschaftlichen Diskussion von Historiker im damals realexistiert habenden Staat Deutsche Demokratische Republik (DDR) in den 1960er Jahren. Diese DDR-Historikerdebatte begann 1962 und dauerte einige Jahre. Im Ergebnis ging es um die gleichermaßen historische wie ideologiekritische Kennzeichnung des „fiktiven“ gesellschaftlichen Charakters des politischen Liberalismus im Deutschland der (wie Georg Lukács bündig formulierte) „imperialistischen Periode“.

Die hier dokumentierte fachöffentliche Debatte war aus heutiger Sicht weder „pluralistisch“ noch „totalitär“. Sondern - und nicht zuletzt weil die Debatte ergebnisoffen war – eher etwas Drittes zwischen diesen allgemeinsten Antipoden. Dieses Tertium wird hier en détail und unter bewußtem Verzicht auf spätere, vor allem nach dem staatlichen Ende der DDR in den letzten zwanzig Jahren erschienene, Veröffentlichungen rekonstruiert. Der richtungsweisende Charakter der fachöffentlichen Debatte wurde im Übrigen bereits zeitnah nach ihrem vorläufigen Abschluß erkannt und als Annäherungsschritt an „ein sehr hohes Maß wissenschaftlicher Freiheit“ gewertet, weil „man nun nicht mehr von vornherein feststellen kann, was aus den Analysen herauskommt.“ (Ernst Richert)


I. Die Entstehung der Liberalismusdiskussion und ihre Einordnung in den Forschungskomplex der bürgerlichen Parteien.

Die wissenschaftliche Liberalismusdiskussion (in) der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) fand innerhalb der Arbeitsgemeinschaft “Geschichte der bürgerlichen Parteien in Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart” statt. Diese Arbeitsgemeinschaft konstituierte sich am 9. März 1962 und hielt gleichzeitig ihre Gründungstagung ab. Schon ein Jahr zuvor war das Historische Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena als Leitinstitut für die Erforschung der bürgerlichen Parteien im engen Zusammenhang mit der Sektion Geschichte der Akademie der Wissenschaften (Berlin) ausgewählt und dessen Direktor Dieter Fricke1 die Leitung des Forschungsvorhabens und der AG übertragen worden.

Mit der Konstituierung der Arbeitsgemeinschaft wurde die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema der bürgerlichen Parteien und Interessenorganisationen zum ersten Mal systematisch angegangen.2

1. Zusammensetzung, Aufgabenstellung und Funktion der “Arbeitsgemeinschaft”

Die Arbeitsgemeinschaft “Geschichte der bürgerlichen Parteien in Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart” setzte sich zusammen aus

a) Wissenschaftlern, wobei nicht nur Historiker auch Soziologen und Psychologen zur interdisziplinären Forschung herangezogen wurden, b) Parteipolitikern von Sozialistischer Einheitspartei Deutschland (SED), Christlich-demokratisch Union (CDU), National-Demokratische Partei Deutschlands (NDPD), Liberal-demokratische Partei Deutschlands (LDPD) und c) Gästen des sozialistischen Auslandes.

Da größere Forschungsvorhaben in sozialistischen Ländern, speziell der von Gesellschaftswissenschaften ihre Themenwahl hinsichtlich der “gesellschaftlichen Realität” und Relevanz, das meint auch der Stabilisierung und Weiterentwicklung des Systems zu legitimieren hatte3, ist der Relevanzgedanke für die Beschäftigung mit der Geschichte der bürgerlichen Parteien von besonderer Wichtigkeit.

Nach der systematischen Ordnung der in der Selbstdarstellung angesprochenen Aspekte ergab sich die Themenwahl a) pragmatisch: Nach Abschluß der Arbeit an der Geschichte der Arbeiterbewegung sollte ein neues Forschungsfeld bearbeitet werden; b) methodisch: Der dialektische Materialismus erfordert die Behandlung beider antagonistischer Kräfte einer Gesellschaftsformation, d. h. neben der Erforschung der Arbeiterklasse und ihrer Organisationen auch die der Bourgeoisie: “Die bürgerlichen Parteien und deren Organisationen muß jeder beachten, der auf dem Gebiete der neuen und neusten Geschichte forscht und lehrt. Erst die Kenntnis ihrer Entwicklung ermöglicht es, vor allem auf der Grundlage der Forschungsergebnisse der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, die komplizierte Dialektik des Kampfes zwischen den fortschrittlichen und reaktionären Kräften der Vergangenheit des deutschen Volkes zu verstehen und die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Parteien und Parteiensystemen zu erkennen, die gegenwärtig in den beiden deutschen Staaten existieren”4; c) ideologisch: Die Analyse der bürgerlichen Parteien und Organisationen und deren Funktionen sollte von wissenschaftlicher Seite das bestehende Gesellschaftssystems in der DDR legitimieren, auch um den Identifizierungsgrad der Bevölkerung mit dem sozialistischen System zu erhöhen: “Erst die entsprechende Berücksichtigung der Geschichte der bürgerlichen Parteien ermöglicht es, die Vergangenheit zu bewältigen und ein sozialistisch nationales Geschichtsbild auszuarbeiten, in dem die ganze Dialektik des Kampfes zwischen den reaktionären und den fortschrittlichen Kräften in der Vergangenheit des deutschen Volkes sichtbar wird”5 und d) politisch-taktisch bzw. praktisch: Durch die wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiete der bürgerlichen Parteien sollen Handlungsanweisungen für praktische Aufgabenstellungen, d. h. für die Politik, insbesondere gegenüber der BRD, gewonnen werden: “Die Orientierung der DDR-Historiker auf die fortschrittlichen Traditionen in der Geschichte der bürgerlichen Parteien kann und muß bei der weiteren Festigung der moralisch-politischen Einheit der Bevölkerung der DDR und bei der Förderung des Prozesses des Umdenkens, der in weiten Kreisen der westdeutschen Bevölkerung eingesetzt hat, eine besondere Rolle spielen.”6

Zunächst ging es um zweierlei: “Da war erstens die Diskussion grundlegender Probleme der Geschichte der bürgerlichen Parteien und anderer bürgerlicher Interessensorganisationen. So wurden auf der Gründungskonferenz der Arbeitsgemeinschaft u. a. folgende Fragen diskutiert: Welche wissenschaftliche und politische Bedeutung besitzt die Erforschung der bürgerlichen Parteien? Wie muß eine klassenmäßige Analyse der bürgerlichen Parteien erfolgen, und welche Probleme ergeben sich dabei? Wie sind das Zentrum und seine Rolle als führende Partei des deutschen Monopolkapitals einzuschätzen? Welchen Einfluß haben die bürgerlichen Parteien auf die Volksmassen ausgeübt, und wie haben sie ihn zu erhalten und auszubauen versucht? Welche wesentlichen progressiven Traditionen kommen in der Geschichte der bürgerlichen Parteien zum Ausdruck? Wodurch wird vor allem die antinationale Politik der bürgerlichen Parteien gekennzeichnet? […] Zweitens orientierten sie sich auf die kollektive Erarbeitung eines größeren Publikationsvorhabens…”7

Die Implikationen der Themenwahl konstituieren auch die Schwerpunkte, auf die bei der Bearbeitung der bürgerlichen Parteien geachtet werden sollte: Die Arbeitsgemeinschaft hatte “die antinationale Rolle der Bourgeoisie und der Junker zu entlarven und damit allen demokratischen Kräften, die auch heute noch in Deutschland wirksam sind und ihre Stellung festigen, eine Hilfe zu geben. Dabei bedarf es besonders der Herausarbeitung aller wirklich progressiven Traditionen der deutschen Parteigeschichte. Diese Seite der Forschung wird auch unmittelbar der moralisch-politischen Einheit der Bevölkerung der DDR beitragen, bilden diese Traditionen doch eine der Grundlagen für die Politik der Blockparteien.”8

Demnach sollten primär Problemkreise, die in der Kolloquiumsarbeit auftraten, bearbeitet werden: a) bürgerliche Parteien und ihre Haltung zum Militarismus, b) der Kampf der bürgerlichen Parteien um die Demokratie und c) die Haltung der bürgerlichen Parteien zur Arbeiterbewegung und zum Sozialismus.9

Praktisches Ergebnis des Forschungsprogramms sollte die Erarbeitung eines Handbuches sein. Diese Aufgabe wurde jedoch erst 1964 aktuell, obwohl sich das Autorenkollektiv schon am 4. Juni 1963 konstituierte.10

An diesem Handbuch, dessen erster Band 1968 und dessen zweiter 1969/70 verlegt wurde, arbeiteten fünfundsechzig Historiker, Vertreter der Blockparteien und zwanzig Geschichtslehrer und Studenten mit. Das bedeutete den Versuch, die Erarbeitung, die Vermittlung und die Praxis eines Problems kollektiv anzugehen, und nahm in diesem Sinne das wissenschaftlich-produktive Studium, wie es in dem Beschluß des Staatsrates der DDR “Die Weiterführung der dritten Hochschulreform und die Entwicklung des Hochschulwesens bis 1975” vom 3. April 1969 festgelegt wurde, vorweg.

2. Probleme, die sich aus der Methode des historischen Materialismus in Bezug auf die Behandlung der bürgerlichen Parteien ergeben

Schon auf der Gründungstagung 1962 wurde der theoretische und methodische Bezugsrahmen abgeklärt, innerhalb dessen die Behandlung der bürgerlichen Parteien erfolgen sollte: es ist der dialektisch-historische Materialismus.

Akzeptiert man die Theorie von antagonistischen Klassen innerhalb einer Gesellschaftsformation, dann erhebt sie Frage, wie sich das Verhältnis Partei-Klasse darstellt, oder allgemeiner: wie Partei definiert wird. Allgemein akzeptiert wurde die Determinierung der Partei durch die Klasse und zwar in Anlehnung an Lenin: “Der vollendeste, stärkste und klarste Ausdruck des politischen Kampfes der Klassen ist der Kampf der Parteien.”11

Fricke nahm schon früh dieses Definitionsansatz auf12, indem er betonte, “daß die grundlegenden Interessen der verschiedenen Klassen und Klassengruppierungen das Wesen und die Funktion der Parteien bestimmen”13. Zugleich versuchte Fricke aber auch, diese sehr weite Formel mit dem Hinweis im Brief Engels an Mehring vom 14.7.1893 zu relativieren: “Das Wesen der einzelnen Parteien werde zwar ohne Zweifel primär von der Basis, den Produktionsverhältnissen, bestimmt, aber die Wechselbeziehung zwischen Basis und Überbau, zwischen Ideologie und politischer Praxis muß in seiner ganzen Vielfältigkeit gesehen werden.”14

Diese Vielfältigkeit bestimmte sich für Fricke in Organisationsformen, Ideologien und Persönlichkeiten. Gegen eine mögliche Verselbständigung dieser Faktoren bei der wissenschaftliche Behandlung wandte sich der Protokollant, indem er, an Frickes Ausführungen anknüpfend, betonte: “Trotzdem soll m. E. gerade das Problem der sozialen Grundlage einer Partei nicht unterschätzt werden. Die Untersuchung der einzelnen Führungsgruppen, der parlamentarischen Vertretungen, der Mitglieder und der Wähler einer Partei in dieser Hinsicht deckt immerhin wichtige Prinzipien und Methoden der Klassenpolitik auf.”15

Damit war ein Problemkreis angesprochen, um den es hauptsächlich in der DDR-Historiographie, so auch in der Liberalismusdiskussion, ging: die Frage nach dem subjektiven Faktor in der Geschichte bzw. dem Grad der Verselbständigung von Ideen und Organisationsformen gegenüber den Produktionsverhältnissen, also der Beziehung von Ökonomie und Politik sowie der Wechselwirkung zwischen Strategie und Taktik der herrschenden Klasse.

Die Abgrenzungsproblematik dieser Faktoren oder die Verhältnisbestimmung spielt auch für die Parteidefinition eine Rolle: Wird “Partei” zu eng kausalistisch-ökonomisch definiert, erfährt der Aktionsraum für die parteiliche Praxis eine “fatalistische” Beschränkung. Wird jede bürgerliche Partei und Organisation als Instrument von Kapitalisten angesehen, dann finden bestimmte historische Erscheinungen im Parteienleben keine Erklärung, dann läßt sich keine Bündnispolitik der Arbeiterklasse mit anderen Interessenorganen und Volksschichten entwickeln und die Blockpolitik der DDR nicht legitimieren.

a) Die Durchsetzung der leninistischen Parteidefinition

Die vorausgehenden Ausführungen lassen erkennen, daß die allgemeine Bestimmung von Partei durch die Klasse einen großen Spielraum für differenzierte Auffassungen, selbst konträre, zuläßt. Nicht zuletzt, um solche Auffassungen zu erfassen und zu problematisieren wurde vom 9. bis 11. November 1964 eine weitere Konferenz zum Thema bürgerliche Parteien durchgeführt, die sich hauptsächlich methodologischen Problemen der Parteiengeschichtsschreibung widmete. Hauptreferent auf dieser Konferenz16 war wiederum Fricke. Er sprach über “Die Geschichte der bürgerlichen Parteien und anderer Interessensorganisationen in Deutschland von den Anfängen bis 1945. Methodologische Probleme ihrer Erforschung und Darstellung.”17

Wesentlich waren hier die angeführten Bestimmungselemente zum Eigenleben bürgerlicher Parteien, die Inkongruenz von Partei und Klasse, die parteiinternen Auseinandersetzungen und der Parlamentarismus. Die Eigenständigkeit der Parteien ergäben sich: “a) aus der Tatsache, daß Parteien und Klassen nicht miteinander zu identifizieren sind; b) aus der Vorherrschaft bzw. dem Kampf zwischen einzelnen Gruppen oder Einzelpersönlichkeiten in der jeweiligen Partei, die das Interesse einer bestimmten Fraktion innerhalb der Bourgeoisie vertreten; c) aus solchen Klassen- und Interessengegensätzen, wie die zwischen der monopolistischen Großbourgeoisie und dem Kleinbürgertum, die die Kräfte zwischen den bürgerlichen Parteien direkt und indirekt beeinflussen; d) aus dem Kampf um Wähler und Mitglieder, Parlamentssitze und entscheidende Regierungsämter, aber auch um den größtmöglichen Anteil an der Parteienfinanzierung.”18

Damit versuchte Fricke sich von Positionen, die sozialpsychologischen Faktoren bei der Parteibestimmung stärker berücksichtigt sehen wollten, abzugrenzen. So plädierte A. Schröter (Berlin) unterstützt durch R. Sonnemann (Halle) dafür, zu untersuchen “durch welche anderen Faktoren als nur ökonomische, z. B. Familienbeziehungen, religiöse Bindungen usw., Gruppierungen im Monopolkapital entstehen”.19

Daraufhin entwickelte sich eine Diskussion, deren Ergebnis allerdings offen blieb. Fricke nahm hierzu in seinem überarbeiteten Referat Stellung: “Die Sozialpsychologie kann uns grundlegende Einblicke in die Methoden der imperialistischen Massenbeeinflussung und in die Funktion der bürgerlichen Parteien und Verbände als ´Zwischenfilter´ vermitteln […] Die marxistische Sozialpsychologie kann aber nicht für die Erforschung der gesamten subjektiven Seite der gesellschaftlichen Beziehungen und Prozesse verantwortlich gemacht werden. Es geht um die Frage, welche gesellschaftlichen Faktoren als psychische anzusehen sind und mit welchen Methoden sie unterstützt werden. Diese Frage haben wir im Bereich unseres Forschungsgegenstandes noch nicht bzw. erst unbefriedigend beantwortet.”20

Auch H. Schwab (Jena) versuchte 1964 eine organisationssoziologische Bestimmung von Partei. Er bestimmte als Charakteristikum von Parteien beim Übergang zum Imperialismus ihre Entwicklung von “parlamentarisch orientierten Wählerparteien mit Komiteecharakter” vor 1890 zur “parlamentarisch orientierten Mitgliederparteien”.21

Man kann jedoch feststellen, dass in der wissenschaftlichen Literatur nach 1965 die Leninsche Parteidefinition dominierte. Bei der Klärung von Definitionsfragen hinsichtlich des Parteibegriffes ging es auch um Methodenfragen, speziell die Weiterentwicklung des historisch-dialektischen Materialismus in den Gesellschaftswissenschaften.22

b) Die Beschränkung der Kategorie Praxis in der methodologischen Parteiendiskussion

Von den vorausgehenden Ausführungen läßt sich nur analytisch der folgende Komplex trennen. Trat zu Beginn der wissenschaftlichen Arbeit um bürgerliche Parteien ein stark pragmatischer Zug in den Vordergrund, der dazu führte, dass die Parteienforschung zu stark auf die Praxis und Gegenwartrelevanz gerichtet war, so nahm diese Tendenz, die auch methodologische Auswirkungen hatte, zunehmend ab. Deutlich wurde dies besonders in der Kritik Frickes an Doernberg.23 Doernberg betrachte die Partei lediglich als ein Macht- und Herrschaftselement der Bourgeosieherrschaft. Diese umfasse als Ensemble: (1) Herrschaft über die ökonomischen Ressourcen des Landes, (2) System der Verbände, (3) Staat mit seinen Einrichtungen, (4) Parteien, (5) Organisationen mit “politisch-operativen und propagandistischen Funktionen” und (6) Publikationsorgane. Die Funktion der Partei sei eine doppelte: “Erste und Hauptfunktion der Parteien ist es den führenden Monopolen die Massenbasis für ihre Machtausübung zu schaffen” und durch ihre Führungsgruppen “an der Ausarbeitung und Durchsetzung der Politik der herrschenden Klassen wesentlich beteiligt” zu sein. “Die Parteien sind Umschlagplätze der Macht. Von ihnen führt ein direkter Weg zur Regierung und ins Parlament.”24 Hierzu Fricke: “Einwände gibt es besonders gegen bestimmte Teile der Einleitung, z. B. bestehen in bezug auf die Art der Darstellung und die Definition der allgemeinen Funktionen der Partei in Westdeutschland in mancher Beziehung andere Auffassungen. Zur Zeit findet hierüber ein Meinungsstreit statt.25

Mit dem Zurückdrängen des Gegenwartbezuges in der Methodologie und der intensiveren Parteiengeschichtsforschung der einzelnen Zeitabschnitte der Neuzeit erreichten die wissenschaftlichen Erkenntnisse ein höheres Niveau. Die Durchsetzung der leninistischen Parteidefinition und die intensivere Erforschung bürgerlicher Parteien und Interessenorganisationen von ihren Anfängen bis zur Gegenwart durch die Tätigkeit der AG bildeten den Hintergrund der schon 1964 einsetzenden Liberalismusdiskussion.

II. Die Liberalismusdiskussion

Die Liberalismusdiskussion fand in den Jahren 1964-1969 statt. Es ging um die marxistische Charakterisierung des Liberalismus, seines Wesens und seiner Funktion sowie seiner Wandlung vom Ausgang des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart der sechziger Jahre. Drei Problemkomplexe standen im Mittelpunkt: a) Liberalismusbewegung – Arbeiterbewegung, b) Liberalismus – Demokratie und c) Liberalismus - Imperialismus.

Den Beginn der Liberalismusdiskussion im Jahre 1964 anzusetzen ist darin begründet, dass auf der Methodologiekonferenz der AG “Bürgerliche Parteien” im November 1964 Ludwig Elm (*1934) seine These vom fiktiven Charakter des Liberalismus entwickelte. In der Plenumsdiskussion zum zweiten Problemkreis “Die Wechselwirkung zwischen der Strategie und Taktik der herrschenden Klassen und der Parteipolitik” vertrat Elm die Ansicht, dass mit dem Übergang des Kapitalismus der freien Konkurrenz zum Imperialismus der historische Wendepunkt in der Entwicklung er bürgerlichen Parteien in Deutschland anzusetzen sei, der sich auch parteigeschichtlich nachweisen lasse: “[…] die Wende liegt dort, wo die Arbeiterklasse in den Mittelpunkt des geschichtlichen Geschehens tritt, die innerlich zerfallene Bourgeoisie aus dieser von ihr innegehabten Stellung verdrängt und neue geschichtliche und politische Maßstäbe setzt.”26

Die zu Beginn der Tagung geführte Plenumsdiskussion verfolgte das Ziel, Thesen mit Leitlinienfunktion zu erstellen. Dabei wurde Elms These zum Liberalismus nicht übernommen. Deshalb versuchte er sie in dem Arbeitskreis, der die Periode der bürgerlichen Parteien von 1866/71 bis zur Jahrhundertwende behandelte, durchzusetzen: “Anknüpfend an die Diskussion im Plenum über den Liberalismus versuchte Elm eine genaue Wesensbestimmung des Liberalismus zu geben. Seine These, daß der Übergang zum Imperialismus sich auch auf das Wesen des Liberalismus auswirkte, wurde allgemein anerkannt, doch bemerkte J. Petzold (Berlin), daß dem Liberalismus nicht nur für die Zeit des vormonopolistischen Kapitalismus historische Existenzmöglichkeiten eingeräumt werden dürfe.”27

Während 1964 Elms These zum Liberalismus noch auf Widerstand stieß, wurden Bertschs Ausführungen zum Liberalismus in der Plenumsdiskussion zum Problemkreis vier: “Die Wandlung des Liberalismus und die Differenzierung in den bürgerlichen Parteien” akzeptiert. Bertsch warf die Frage auf, “ob nicht die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse in unserer Zeit und die sich verschärfenden Widersprüche in Westdeutschland unter den Bedingungen des staatsmonopolistischen Kapitalismus die Möglichkeit einer neuerlichen Wandlung des Liberalismus mit sich bringen”.28

Obgleich auch er die historische Überlebtheit und Nichtidentität des frühen Liberalismus mit dem der Nachkriegszeit nach 1945 erkannte und betonte, glaubte der dennoch, dass die progressiven Kräfte des westdeutschen Bürgertums “aus bestimmten positiven Elementen des deutschen Liberalismus, besonders dem Humanismus, Lehren ziehen”29 könnten. Damit wurden Aspekte der liberalen Ideologie eine größere Allgemeingültigkeit, die weit über den Grad ihrer historisch-sozialen Abhängigkeit hinausreicht, zuerkannt.

Der Beharrungseffekt einer Ideologie, hier die des Liberalismus, und die Behauptung, dass eine politische Erscheinung im öffentlichen Leben der BRD noch als Liberalismus bezeichnet werden dürfe, ja, dass der Liberalismus die Möglichkeit der Wandlung und Anpassung an wesentliche Strukturveränderungen des Kapitalismus impliziere, bildete den Kern der Auseinandersetzungen zwischen Bertsch und Elm. Dies wurde auch Thema der am 19. September 1966 in Jena stattfindenden Tagung “Probleme des Liberalismus”.30

Eingeladen zu dieser Tagung wurde vom Historischen Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Zur Diskussion standen Thesen zum Liberalismus von 1866-1933 von S. Schmidt und H. Schwab31 sowie ein Artikel von L. Elm32 (alle Jena), indem er die Auffassung vom fiktiven Charakter des Liberalismus im Imperialismus darlegte und eine Reihe kritischer Anmerkungen zum Buch von Bertsch33 machte.

a) Der “fiktive Charakter des Liberalismus im Imperialismus”

Bei der Charakterisierung des Liberalismus durch Elm treten folgende konstitutive Elemente auf: (1) Geschichtliche Prozesse und Ideen sollten ökonomisch determiniert werden, (2) daraus folge die dem Materialismus entsprechende Auffassung des Liberalismus als historische und soziale Bewegung der Bourgeoisie und deren Ausdruck als Ideologie und (3) der historischen, sozialen und ideologischen Gebundenheit des Liberalismus an die Bourgeoisie entspreche seine zwiespältige Natur, gekennzeichnet in der dialektischen Einheit von Konservativismus und Fortschrittlichkeit.

Dieses Charakteristikum besitze der Liberalismus deshalb, weil die Klasse der Bourgeoisie und ihre Herrschaft lediglich eine Stufe (wenn auch eine notwendige) bilde in der - sich nach marxistischer Auffassung durch antagonistische Klassen konstituierenden - Geschichtsentwicklung. Da die Bourgeoisieherrschaft nicht den Geschichtsprozeß selbst aufheben könne, da sie als notwendiges Konstitutens der Institution des Privateigentums bedürfe, dadurch wiederum eine Klasse produziere, mit deren Herrschaft allerdings nicht nur der Geschichtsprozeß weitergetrieben, d.h. auch die Bourgeoisieherrschaft abgelöst sondern auch aufgehoben würde, impliziere die Bourgeoisieherrschaft sowohl ein fortschrittliches als auch ein reaktionäres Element. Das fortschrittliche Moment bestehe darin, daß die Bourgeoisie die Feudalherrschaft ablöst und aufhebt und dabei Forderungen stellte, die nicht nur zur Errichtung ihrer eigenen Herrschaft notwendig sei, sondern auch die potentielle Befreiung anderer Klassen und Schichten mit einbeziehe. Solche allgemeinen Forderungen seien Demokratie, Freiheit und Gleichheit, die auch die Bauern erhoben, um sich vom Feudalismus zu befreien. Doch mit der eigenen Übernahme der Herrschaft schränke die Bourgeoisie die mit Demokratie, Freiheit und Gleichheit verbundenen, formellen Rechte materiell wieder ein. Diese Implikationen führen Elm zu folgender Definition des Liberalismus:

“Der Liberalismus ist als soziale und historische Bewegung der Bourgeoisie Produkt, Ausdruck und Agenz einer bestimmten historischen Epoche, im wesentlichen des vormonopolistischen Kapitalismus, die von der bürgerlichen Aufklärung, der antifeudalen und antiabsolutistischen bürgerlichen Bewegung und Revolution des 18. Jahrhunderts bis zum Übergang des Kapitalismus in den Imperialismus und den Ausdruck der allgemeinen Krise des Kapitalismus reicht. Als typisch-ideologische Äußerung der ökonomischen Natur des vormonopolistischen Kapitalismus umspannt und repräsentiert er die Summe und Vielfalt jener weltanschaulichen, ökonomischen, sozialen, rechtlichen, politischen und moralischen Ideen und Leitsätze und der sie tragenden Bewegungen, Organisationen, Institutionen und Schulen, in denen sowohl das bürgerlich antifeudale Streben nach ökonomischer und politischer Freiheit als auch die in der Klassenlage der Bourgeoisie wurzelnde Zwiespältigkeit und Inkonsequenz im Kampf um Frieden, Demokratie und gesellschaftlichen Fortschritt ihren Ausdruck finden.”34

Aus der engen ökonomischen Verknüpfung des Liberalismus mit dem vormonopolistischen Kapitalismus folgt, dass nach dem Übergang des Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium dem Liberalismus seine ökonomischen Wurzeln entzogen werde, er losgelöst von ökonomischen Interessen als Ideologie bestehe, das heißt mit fiktivem Charakter auftrete: “Der Liberalismus als historische und soziale Bewegung endet in der Geschichte des Kapitalismus notwendig dort, wo die Bourgeoisie objektiv und subjektiv dieser führenden geschichtlich progressiven Potenz und Rolle verlustig ging. Das ist ein widerspruchsvoller, sich in verschiedenen Phasen vollziehender Prozeß. Seine letzten vereinzelten Ausläufer reichen in die Frühzeit des Imperialismus und den Beginn unserer Epoche…”35

Die Bestimmungsmerkmale des Zeitpunktes, zu dem der Liberalismus fiktiven Charakter annimmt, seien: a) die Ausbildung von Widersprüchen innerhalb der Bourgeoisie, die sich aus den ökonomischen Strukturwandlungen, der Erhöhung der Zahl der Unternehmen, des Handels und Verkehrs sowie deren Konzentrations- und Differenzierungsprozess ergaben, b) die Erhöhung der Rolle des ökonomischen und politischen Gewichts des Bankkapitals und der Monopolisierungstendenzen in der Industrie, c) die Vertiefung des nichtantagonistischen Widerspruches Bourgeoisie-Kleinbürgertum und das quantitativen Anwachsens der Arbeiterklasse, damit einhergehend des antagonistischen Widerspruches Bourgeoisie-Arbeiterklasse. Dieser Differenzierungsprozess in der ökonomischen und sozialen Basis des Liberalismus wirke sich auch auf die Politik der liberalen Parteien aus.36

Die Kriterien, an denen sich die Politik der liberalen Parteien zu messen haben und die gleichzeitig ihren Niedergang veranschaulichen sollen, bildeten: (1) die Haltung der liberalen Parteien zur Arbeiterbewegung, deren historische Einschätzung, das Verhalten im Wahlkampf (Mandatsunterstützung in Stichwahlen), Wählerpotential aus der Arbeiterklasse, (2) die Stellung der Liberalen zur Expansions-, Rüstungs- und Wirtschaftspolitik der bürgerlichen und junkerlichen herrschenden Kreise, wobei besonders die Kolonialpolitik, die Flottenpolitik (1897-1900), die Zolltarifkämpfe (1900-1912) und das Verhältnis zur Frage der Demokratie berücksichtigt werden sollte und 3) die Ausbildung des Revisionismus und deren Übernahme als Teil der liberalen Ideologie.37

Als Ergebnis konstatiert Elm, dass ab 1871 der Zersetzungsprozess des Liberalismus einsetze, der mit der Krise des Kapitalismus, dem Beginn des Ersten Weltkrieges, dieses ersten großen „Weltfest des Todes“ (Thomas Mann) 1914, der Russischen Revolution 1917 und der deutschen Revolution 1918/19 seinen Abschluss finde. Deutlich würde die politische Perspektivlosigkeit des Liberalismus in der Beteiligung der Liberalen an der Blockpolitik (1906-1909) sowie in ihrer Parteiendifferenzierung und -auflösung: 1893: Aufspaltung der Freisinnigen Partei in Freisinnige Volkspartei und Freisinnige Vereinigung, 1896: Bildung des Nationalsozialen Vereins und dessen Auflösung 1903, 1908: Bildung der Demokratischen Vereinigung, 1910: Fusion von Freisinniger Volkspartei und Freisinniger Vereinigung zur Fortschrittlichen Volkspartei und deren Selbstauflösung 1918. Das Auftreten liberaler Parteien und deren programmatische Forderungen besitze in der Folgezeit nur noch fiktiven Charakter.

Mit dieser These des “fiktiven Charakters des Liberalismus” konnte sich Elm 1966 noch nicht durchsetzen.

b) Die Gegenargumente zur These vom “fiktiven Charakter des Liberalismus”

Versucht man die Vertreter, die eine Gegenposition zu Elm einnahmen, zu charakterisieren, dann lässt sich feststellen, dass es Historiker waren, deren spezifisches Forschungsfeld im Komplex bürgerlicher Parteien und Organisationen nicht den Zeitraum 1866/71-1918/19 abdecken. So bearbeiteten E. Schwab und S. Schmidt die Zeit 1815-1866/71, die gekennzeichnet ist durch einen sich ausbildenden Kapitalismus in Deutschland, einen hohen Grad an Differenzierung politischer Gruppen und Organisationen und durch eine starke Abhängigkeit ideologischer Positionen vom westlichen Ausland sowohl in Fragen der Nationalökonomie als auch der Gesellschaftstheorie.38

Ein anderer Widersacher von Elm, Bertsch, war auf die Nachkriegszeit nach 1945 spezialisiert und ließ sich bei seiner theoretischen Charakterisierung des Liberalismus sehr stark von politisch-taktischen Gesichtspunkten bestimmen.39

Des weiteren waren es Historiker, die sich nicht klar von Ergebnissen der bürgerlichen Forschung abgrenzten oder deren Ergebnisse rezitierten. Elm kritisierte Bertsch scharf: Dieser betrachte die Nationalliberalen als Hauptgruppe des deutschen Liberalismus und fiele damit selbst noch hinter progressive Vertreter bürgerlicher Historiker zurück: “Sigmund Neumann hat aus bürgerlicher Sicht die Herausbildung des Nationalliberalismus als Preisgabe des Liberalismus gewertet. Dagegen betrachten Ludwig Bergsträsser, F. C. Sell, H. Grebing u. a. im Gefolge ihrer konservativ-antidemokratischen Liberalismus-Konzeption die Nationalliberalen als wesentliche, wenn nicht sogar hauptsächliche Fraktion der deutschen Liberalen der Wilhelminischen Ära. Dieser Auffassung hat sich Bertsch angeschlossen.”40 Hinzu kommt die Überbewertung des ideologischen Aspektes des Liberalismus und die Beeinflussung, die sich aus dem Praxisbezug der Forscher zum Liberalismus ergebe. Dies wird auch bei Seemann erkennbar, der versuchte die “Wirksamkeit liberaler Auffassungen” von LSD und Jungdemokraten für den “Kampf um eine echte Alternativlösung in Westdeutschland” zu gewinnen.41

Letztlich lassen sich - nach marxistischer Vorstellung - bei den Vertretern der Gegenposition zur These vom fiktiven Charakter des Liberalismus zu geringe Kenntnisse des Marxismus-Leninismus und eine ungenügende Abgrenzung von sozialdemokratischen und revisionistischen Forschungsansätzen feststellen. Dies wird besonders bei S. Schwab, der auf der Liberalismustagung Elms These am stärksten widersprach, deutlich, wenn er sagte: “Liberale Auffassungen existierten in verschiedenen Organisationen weiter und erlebten im Bereich der bürgerlichen Wirtschaftstheorie in veränderter Gestalt einen gewissen Aufschwung, als mit der Weltwirtschaftskrise eine neue Entwicklungsstufe des staatsmonopolistischen Kapitalismus eingeleitet wurde. Die sozialökonomischen Grundlagen für das Weiterbestehen liberaler Auffassungen in Wirtschaft, Politik und Kulturpolitik ist in der nichtmonopolistischen Bourgeoisie, verschiedenen Gruppen der Mittelschichten und in der Intelligenz zu finden.”42

Dabei könnte sich Schwab nach Meinung Engelbergs (Berlin) sogar auf Lenin stützen, der 1919 darauf hinwies, “dass auch unter den Bedingungen des Imperialismus die sozialökonomische Basis für eine Fortexistenz und für ein teilweises Wiedererwachen liberaler Ideen vorhanden ist, da der Imperialismus nicht ohne den Kapitalismus der freien Konkurrenz in einer ganzen Reihe von Wirtschaftszweigen existieren kann”.43

c) Diskussionsergebnisse

Letztlich jedoch setzte sich Elms These vom “fiktiven Charakters des Liberalismus im Imperialismus” durch. Das zeigte sich zuerst mit der Publizierung der Arbeiten von Seeber und Elm selbst44, des weiteren in der Fortsetzung der Auseinandersetzung mit neueren wissenschaftlichen Publikationen in der BRD zum Parlamentarismus und der bürgerlichen Parteien45 sowie der Tagung zur Thematik der bürgerlichen Parteien im Imperialismus vom 9. und 10. Dezember 1968.46 Letztlich führte sie zur offiziellen Definition von Liberalismus, Linksliberalismus und der Kennzeichnung der FDP im “Sachwörterbuch der Geschichte Deutschlands und der deutschen Arbeiterbewegung” (1970).47

IV. Die Liberalismusdiskussion in der DDR und ihre gesellschaftspolitische Funktion innerhalb des Systems

Betrachtet man den Verlauf und das Ergebnis der Liberalismusdiskussion hinsichtlich der Funktion von Wissenschaft in der DDR48, dann lassen sich gewisse Beziehungen zwischen dem Stand der Diskussion und Fragen der Gesellschafts- und Wissenschaftspolitik der DDR aufzeigen.

a) Der „Übergang zum umfassenden Aufbau des Sozialismus in der DDR“

Mit der Verabschiedung des Beschlusses auf dem VI. Parteitag der SED im Januar 1963 zum umfassenden Aufbau des Sozialismus trat die DDR in eine neue Phase ihrer staatlichen Entwicklung ein, die sich auch auf den Wissenschaftsbereich auswirkte. Dem Beschluss war am 13. August 1961 die Schließung der offenen Grenze zu Westberlin mit dem Mauerbau vorausgegangen. Mit der weitgehenden Verhinderung offener “illegitimer” außerstaatlicher Einflüsse war eine Erweiterung innenpolitischer Freiheiten verbunden. Hermann Weber kennzeichnet demnach die Zeit von 1962-1965 als “Liberalisierungsphase”, die er allerdings einseitig vom Direktiv des XXII. Parteitag der KPdSU, dem Beginn der sogenannten “Entstalinisierungsphase”, ableitet.49

In diese Zeit fiel auch die verstärkte ideologische Arbeit der SED, der Parteien der Nationalen Front und deren Organisationen: “Durch ideologische Überzeugungskraft versuchte die SED-Führung auch aus den neutralisierten Schichten neue Anhänger zu gewinnen. Nach 1961 stellte sie dabei weniger ihre philosophischen Theorien in den Vordergrund, sie zog vielmehr die nationale Tradition und die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung zur Bewußtseinsbildung heran. Im Mittelpunkt der ideologischen Arbeit der DDR stand das im März 1962 von der Nationalen Front verabschiedete so genannte ´Nationale Dokument´: ´Die geschichtlichen Aufgaben der DDR und die Zukunft Deutschlands´”.50

Die Veröffentlichung dieses Dokuments leitete eine “beispiellose Volksaussprache” ein, an der etwa sieben Millionen Bürger teilnahmen.51 In diesem Zusammenhang sollte auch die Beschäftigung mit bürgerlichen Parteien gesehen werden, deren Beginn gerade in diese Zeit fiel.

1) Die Neubestimmung der Funktion der LDPD

Parallel mit dieser Entwicklung zeigte sich eine Änderung des Charakters der LDPD.52 Sie hatte bis Anfang der 60ger Jahre als Ziel, den Mittelstand für das sozialistische System zu gewinnen: “Handwerker, Geschäftsleute und Gewerbetreibende waren jetzt direkt in die sozialistischen Produktionsverhältnisse einbezogen, bzw. in entscheidendem Maße dadurch mit ihnen verbunden, daß sie in einem sozialistischen Lande lebten und arbeiteten. Sie entwickelten sich zu sozialistischen Werktätigen. Die aus bürgerlichen Kreisen stammenden Angehörigen der Intelligenz entwickelten sich gemeinsam mit der aus der Arbeiterklasse und der Bauernschaft hervorgegangenen Intelligenz.”53

Demgemäß wurde auch der Aufgabenbereich der LDPD neu bestimmt. Die Partei sollte nun: a) die aggressive Rolle der FDP aufdecken und b) demokratische Bewegungen in der BRD ideologisch und organisatorisch unterstützen: “Andererseits wurde es erforderlich, den Differenzierungsprozeß in Westdeutschland zugunsten einer breiten Front gegen den staatsmonopolitischen Kapitalismus größere Aufmerksamkeit zuzuwenden und nachzuweisen, welche realen Möglichkeiten durch Übereinkommen zwischen Arbeiterparteien und Gewerkschaften in beiden deutschen Staaten bestehen. Dadurch würden auch die humanistisch gesinnten Vertreter des westdeutschen Bürgertums um Frieden und Entspannung eine größere Wirksamkeit erhalten.”54

Der LDPD sollte in stärkerem Maße ideologische und außenpolitische Aufgaben wahrnehmen. Dabei überschnitt sich ihre Tätigkeit mit der der Arbeitsgemeinschaft “Geschichte der bürgerlichen Parteien”, an der auch die Parteitheoretiker der LDPD mitarbeiteten und besonders Gewicht auf praxisnahe Ergebnisse legten.

Mitentscheidend war auch, dass das Gewicht der Mittelschichten in der sozialökonomischen Struktur der Berufstätigen der DDR sowie auch der Anteil privater Betriebe an der Nettoproduktion der Volkswirtschaft stark zurückging.55 Somit kann es auch nicht verwundern, dass mit den Wahlen vom 20. Oktober 1963 die Repräsentanz des Mittelschichten in der Volkskammer verringert wurde. Die personelle Vertretung bürgerlicher Parteien wurde dezimiert zugunsten der Erweiterung der Sitze der Massenorganisationen.56

2) Die Funktion der Liberalismusdiskussion in der Wissenschaftspolitik

Die zweite wichtige Funktion der Liberalismusdiskussion lag auf dem Gebiet der Wissenschaftspolitik der DDR. Sie sollte jungen und angehenden Wissenschaftlern die Möglichkeit zur Profilierung geben und neue Wege der produktiven wissenschaftlichen Arbeit, die Leitlinienfunktion für eine Studienreform abgeben könnte, eröffnen. Beides wird ersichtlich, wenn man sich die Schwierigkeiten vergegenwärtigt, der die SED in der Hochschulpolitik gegenüberstand. Bis 1948 waren die Lehrmeinungen an den Universitäten recht heterogen: neben bürgerlichen Lehrmeinungen traten Marxisten unterschiedlicher Ausrichtung auf. Um die intellektuellen Lehrmeinungen zu zentralisieren und zu kontrollieren wurden von der Parteileitung der SED zentrale Tagungen, Dozenten- und Aktivzirkel einberufen.

Gerade die Geschichtswissenschaft als spezielle Disziplin der Gesellschaftswissenschaften hatte lange Zeit eine besondere Rolle inne und besaß einen gewissen Freiraum: “Zwar gab es Tagungen von SED-Dozenten, nicht aber rein wissenschaftliche Tagungen, an denen alle Vertreter eines bestimmten Faches teilnehmen konnte […] Seit 1950 hat sich das allmählich geändert. Nun ist es SED-Dozenten bereits als Fehler angekreidet worden, daß sie es versäumt hatten, öffentlich mit anderen Gelehrten zu diskutieren. Die ´theoretische Konferenz´ der SED vom 23. bis 24. Juni 1951, die sich mit Stalins Linguistikbriefen beschäftigte, ist der Wendepunkt in der hier beschriebenen Entwicklung. Seitdem dringt die SED-Führung auf die Abhaltung wissenschaftlicher Konferenzen für die einzelnen Fächer.”57

1955 fasste das Politbüro des ZK der SED einen Beschluss über die Verbesserung von Forschung und Lehre. Damals wurde das Projekt “Grundprobleme der Geschichte Deutschlands und der deutschen Arbeiterbewegung”, das primär quellengeschichtlich ausgerichtet war, in Angriff genommen. Die theoretische Ausrichtung erfolgte im Zuge des Beschlusses des VI. Parteitages der SED 1963 und des dort beschlossenen Parteiprogramms.58

Dieses Parteiprogramm der SED rief alle Geschichtswissenschaftler auf, „tief in die Gesetzmäßigkeiten des sozialistischen Aufbaus einzudringen, sie theoretisch zu verallgemeinern und so zur Gestaltung der sozialistischen Gesellschaftsordnung beizutragen.”59 Diese theoretischen Forderungen standen in engem Zusammenhang mit der Übernahme des Neuen Ökonomischen Systems (NÖS), das das Rentabilitätsprinzip als Grundlage der Volkswirtschaft übernahm und die volkseigenen (VEB-) Betriebe auch zu “profitorientierten sozialistischen Großkonzernen” (Libermann) machte. Damit wurde - so Ernst Richert als zeitgenössischer Beobachter - eine Wende vollzogen, „die fraglos unerhört weitgehende Preisgabe traditioneller Dogmen einschließen und besondere ökonomische Forschungen fortan in dem Sinne freistellen muß, daß man nun nicht mehr von vornherein feststellen kann, was aus den Analysen herauskommt. Für diesen weitesten Bereich […] ist damit ein sehr hohes Maß wissenschaftlicher Freiheit greifbar nahe.”60


Anmerkungen

1 Dieter Frickes (*1927) wissenschaftlicher Aufstieg begann 1957, als er die Position des Chefredakteurs der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (ZfG) übertragen bekam, nachdem Fritz Klein (*1924) und Joachim Streisand (1920-1980) ihrer Funktion innerhalb des Redaktionskollektivs enthoben worden waren. Den Hintergrund dieses Positionswechsels bildete die Auseinandersetzung um Aufsätze von Jürgen Kuczynski (1904-1997), die in der ZfG veröffentlicht worden waren. Darin wurde Kritik an der dogmatischen Behandlung des historischen dialektischen Materialismus geübt und Elemente von E. Blochs und G. Lukacs massentheoretischen Ansätzen aufgenommen. In dieser Auseinandersetzung wurde Kuczynski von Klein und Streisand unterstützt. Klein wurde als Chefredakteur der ZfG abgelöst, weil er Kuczynskis und Streisands Aufsätze unter Umgehung des Redaktionskollektivs veröffentlichte. Vgl. Richert, E.: Sozialistische Universität. Die Hochschulpolitik der SED. Berlin 1967, S. 154 ff.; Seeber, G.: Gründungstagung der Arbeitsgemeinschaft „Geschichte der bürgerlichen Parteien in Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. In: ZfG, Berlin X. Jg. 1962, Heft 5, S. 1 151 ff. [Keßler, Mario: Exilerfahrung in Wissenschaft und Politik. Remigrierte Historiker in der frühen DDR, Köln 2001, S. 131 ff.]

2 Was nicht besagen soll, daß nicht schon vorher Literatur zum Liberalismus, zu liberalen Parteien und Parteipolitikern veröffentlicht wurde, wie z. B. Müller, Rudi: Die Stellung der liberalen Parteien im Deutschen Reichstag zu den Fragen der Arbeiterversicherung und des Arbeitsschutzes bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. Phil. Diss. Jena 1952; Winter, Kurt: Rudolf Virchow und die Revolution von 1848. In: ZfG, II. Jg., Heft 6, S. 844 ff.; Naumann, Robert: Theorie und Praxis des Neoliberalismus. Das Märchen von der freien und sozialen Marktwirtschaft, Berlin 1957; Theodor, Gertrud: Friedrich Naumann oder der Prophet des Profits. Ein biographischer Beitrag zur Geschichte des frühdeutschen Imperialismus. Berlin 1957, hierzu die Besprechung von Horst Büttner in ZfG VII. Jg., Heft 1, 1957, S. 174 ff.; Farkas, L.: Virchow und der Marxismus. In: Art und Philosophie. Humanismus, Erkenntnis, Praxis. Hrsg. v. F. Jung, G. Klaus, A. Melte u. a., Berlin 1961, S. 205-207; Weber, Rolf: Kleinbürgerliche Demokraten in der Deutschen Einheitsbewegung 1863-1866. Berlin 1962, hierzu die Besprechung von Seeber in ZfG, XII. Jg. 1964, Heft 2, S. 336f

3 Denn: „Neben den landläufigen Mitteln der sozial control, wie gesellschaftliche Organisation, Erziehung und Propaganda, wird schließlich die Wissenschaft selbst zum Herrschaftsmittel erster Ordnung gemacht. Aufgrund der Wissenschaftsauffassung, welche die ´Anleitung zum praktischen Handeln´, d. h. zur Praxis der bolschewistischen Herrschaftstechnik, als vornehmste Aufgabe der Theorie definiert, wird der Wissenschaft eine doppelte Funktion zugesprochen: Bewegende Kraft des kulturellen Ganzen, Werkzeuge der gesellschaftlichen Umgestaltung in der Hand der politischen Führung zu sein und der intellektuellen Legitimation der Herrschaft, der Sicherung und Festigung der herrschenden Ideologie und damit der Beeinflussung von Verhaltensweisen und Meinungen der Führungskader und der Machtunterworfenen zu sein.“ Otto Stammer: Vorwort. In: M. L. Lange: Wissenschaft im totalitären Staat. Die Wissenschaft der Sowjetischen Besatzungszone auf dem Wege zum „Stalinismus“. In: Schriften des Instituts für Politische Wissenschaft, Bd. 5, Stuttgart/Düsseldorf 1955, S. X.

4 Fricke, Dieter.: Vorwort. In: Die bürgerlichen Parteien in Deutschland. Handbuch der Geschichte der bürgerlichen Parteien und der bürgerlichen Interessenorganisationen vom Vormärz bis zum Jahre 1945. 2 Bände, hrsg. v. einem Redaktionskollektiv unter der Leitung von D. Fricke, Berlin, 1968, Band 1, S. V.

5 Fricke, D.: Die bürgerlichen Parteien und die Lebensfragen der deutschen Nation. Zur Erforschung und Darstellung der Geschichte der bürgerlichen Parteien in Deutschland (im folgenden zitiert als Lebensfragen). In: ZfG, XI. Jg. 1963, Heft 1, S. 29f, vgl.. auch: Fricke, D.: Methodologische Probleme der Erforschung der Geschichte der bürgerlichen Parteien. In: ZfG, XIII. Jg., 1965, Heft 2, S. 190

6 Fricke, D.: Lebensfragen, aaO (Anm. 5), S. 34

7 Fricke, D.: Forschungen zur Geschichte der bürgerlichen Parteien. In: ZfG: Historische Forschungen, S. 258

8 Seeber, G.: Gründungstagung, aaO (Anm. 1), S. 1155

9 Seeber, G.: Gründungstagung, aaO (Anm. 1), S. 1155

10 Weißbecker, M.: Zur Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaft „Geschichte der bürgerlichen Parteien in Deutschland von den Anfängen bis zur Gegenwart“. In: ZfG, XII. Jg. 1964, Heft 7, S. 1228 f.

11 Lenin, W. I.: Sozialdemokratische Partei und parteiloser Revisionismus. In: Lenin: Gesammelte Werke, Bd. 10, Berlin 1958, S. 65. Vgl. auch Lenins Ausführungen zu bürgerlichen Parteien und Interessensorganisationen in: Lenin, W. I.: Über das Verhältnis des revolutionären Proletariats zu den bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien. Moskau 1958 [russ.]. „Um die Klassengegensätze der bürgerlichen Gesellschaft aufzudecken, muß man die Parteien auf die Klassen zurückführen.“ Lenin, W. I.: Wie man Resolutionen nicht schreiben soll. In: Lenin Gesammelte Werke, Bd. 12, Berlin 1959, S. 221

12 „Ihr Wesen und ihre Politik [der Parteien, WRA] werden durch die Interessen der Klassen und Klassengruppierungen bestimmt, die sie jeweils vertreten. Das heißt also: Die Gliederung der politischen Parteien entspricht im großen gesehen der Klassengliederung der bürgerlichen Gesellschaft, die den ´tiefsten Grund der politischen Gruppierungen´ darstellt und sie, wie Lenin hervorhebt, ´letzten Endes immer´ bestimmt.“ Fricke, D.: Die bürgerlichen Parteien und die Lebensfragen…, aaO (Anm. 5), S. 49

13 Seeber, G.: Gründungstagung…, aaO (Anm. 1), S. 1154

14 Seeber, G.: Gründungstagung…, aaO (Anm. 1), S. 1154

15 Seeber, G.: Gründungstagung…, aaO, (Anm. 1) S. 1154

16 Becker, G., Heider, P., Lozek, G., Seeber, G.: Konferenz über die Geschichte der bürgerlichen Parteien in Deutschland. In: ZfG, XIII, Jg. 1965, Heft 2, S. 296 ff.

17 Überarbeitet abgedruckt in: ZfG, XIII. Jg. 1965, Heft 2, S. 189 ff.

18 Fricke, D.: Methodologische Probleme…, aaO (Anm. 5), S. 207

19 Konferenz über die Geschichte…, aaO (Anm. 16), S. 296

20 ebenda, S. 300

21 ebenda, S. 300

22 Vgl. hierzu Becker, G.: Tagung der Sektion Geschichte zu methodologischen Problemen der Geschichtswissenschaft. In: ZfG, XIII. Jg., Heft 3, S. 496f. Sie mündete in eine wissenschaftliche Diskussion über Geschichtsforschung und Geschichtsstudium und führte zur 3. Hochschulreform.

23 Vgl. Doernberg, S.: Vormerkungen zu: Die westdeutschen Parteien 1945-1965. Ein Handbuch. Hrsg. vom Deutschen Institut für Zeitgeschichte. Berlin 1966, hierzu die Rezension von D. Fricke in ZfG, XVI. Jg. 1968, H. 8, S. 1066

24 Doernberg, S.: Vormerkungen …, aaO (Anm. 23 S. 13f

25 Fricke, D.: Rezension, aaO, S. 1066

26 Konferenz über die Geschichte …, aaO (Anm. 16), S. 297

27 ebenda, S. 301

28 ebenda, S. 298

29 ebenda, S. 298

30 Vgl. Weißbecker, M.: Probleme des Liberalismus. Konferenz der Arbeitsgemeinschaft „Geschichte der bürgerlichen Parteien in Deutschland“. In: ZfG, XV. Jg. 1967, H. 1, S. 81 ff.

31 Die angeführten Diskussionsartikel finden sich in: Jenaer Beiträge zur Parteiengeschichte. Mitteilungsblatt der Sektion Geschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften „Geschichte der bürgerlichen Parteien in Deutschland“, Nr. 17 (Juli 1966), S. 2-34

32 Elm, L.: Eine marxistische „Tragödie des Liberalismus?“ Kritische Bemerkungen zur Liberalismus-Konzeption von H. Bertsch. In: Mitteilungsblatt.., aaO (Anm. 31), Nr. 15/16 (April 1966), S. 3-32

33 Elm, L.: Liberalismus und Imperialismus. Zur geschichtlichen Einschätzung der „Krise des Liberalismus“ in Deutschland. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich-Schiller Universität Jena, Geschichts- und Sprachwissenschaftliche Reihe, 1965, H. 2, S. 247 ff.

34 Elm, L.: Zwischen Fortschritt und Reaktion. Geschichte der liberalen Bourgeoisie in Deutschland 1893-1918. In: Schriften des Instituts für Geschichte. Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Reihe 1: Allgemeine und deutsche Geschichte, Bd. 32. Akademie-Verlag, Berlin 1968, 269 S.

35 Elm, L.: Zwischen Fortschritt und Reaktion, aaO (Anm. 34), S. 270f

36 Elm kennzeichnet nur die in der Literatur als linksliberal bezeichneten Parteien als liberal, nämlich: die Freisinnige Volkspartei (1893-1910), die Freisinnige Vereinigung (1893-1910), die Deutsche Volkspartei (1868-1910) und den Nationalsozialen Verein (1908-1918). Bei der Aufhebung der geschichtlichen und klassenmäßigen Grundlagen des Liberalismus stützte er sich auf Untersuchungen von DDR-Wirtschaftswissenschaftler wie: Naumann, R.: Theorie und Praxis des Neoliberalismus. Das Märchen von der freien und sozialen Marktwirtschaft. Berlin 1957, S. 40, 48, 52 ff., Bürgerliche Ökonomie im modernen Kapitalismus. Ideologie und praktische Bedeutung der westdeutschen Wirtschaftstheorie. Hrsg. v. H. Meißner, Berlin, Kapitel 2: Der westdeutsche Neoliberalismus von W. Krause.

37 Zum Revisionismus vgl. G. Lukacas: Die Zerstörung der Vernunft, 6. Kapitel

38 Vgl. Konferenz…, aaO (Anm. 16), S. 299, Probleme des Liberalismus…, aaO (Anm. 30), S. 81f, S. Schmidt: Zur Frühgeschichte der bürgerlichen Parteien in Deutschland. In: ZfG, XIII. Jg. Heft 6, 1965, S. 973 f.

39 Bertsch, H.; Die FDP und der deutsche Liberalismus (1789-1963), Berlin 1965, S. 9 (Definition) sowie Kapitel II: Charakter und Tendenzen des deutschen Liberalismus bis 1933, S. 107 ff.; vgl. auch die Rezension von Weißel in ZfG, XIII. Jg., 1965, H. 1, S. 1062f. Weißel kritisiert Bertsch in folgenden Punkten: a) besonders in der „Einordnung des Stoffes in die jeweilige konkret-historische Problematik der einzelnen Epochen“, b) der ungenügenden ideologischen Auseinandersetzung mit bürgerlich-wissenschaftlichen Problemstellungen, c) der Unsicherheit in der Interpretation und d) der einseitigen Literaturauswahl. Vgl. auch: Elm, L.: Zwischen Fortschritt und Reaktion…, aaO (Anm. 34), S. 263

40 Vgl. Elm, L.: Zwischen Fortschritt und Reaktion…, aaO (Anm. 34), S. 274, Bertsch, H.: Die FDP…, aaO Anm. 39), S. 97, 100, 104f, 107, Neumann, S.: Die Parteien der Weimarer Republik. Mit einer Einführung von Karl Dietrich Bracher, Neuauflage der Ausgabe von 1932: „Die politischen Parteien in Deutschland“, Stuttgart 1965, S. 23, vgl. auch: Rezension von Weißel, aaO (Anm. 39), S. 1064

41 Probleme des Liberalismus…, aaO (Anm. 30), S. 82

42 Probleme des Liberalismus…, aaO (Anm. 30), S. 32

43 Probleme des Liberalismus …, aaO (Anm. 30) S. 82; Lenin, W. I.: Werke, Bd. 29, Berlin 1961, S. 150 ff.

44 Seeber, G.: Zwischen Bebel und Bismarck. Zur Geschichte des Linksliberalismus in Deutschland. Berlin 1965; Elm, L.: Zwischen Fortschritt und Reaktion, aaO (Anm. 34)

45 Fricke, D.: Neuere westdeutsche Literatur des Parlamentarismus und der bürgerlichen Parteien. In: ZfG, XIV. Jg. 1966, H. 7, S. 1221 ff., XV. Jg. 1967, H.1, S. 144 ff., XVI. Jg. 1968, H. 6, S. 735, XVII. Jg. 1969, H. 11, S. 1457 ff.

46 Lange, H., Schellenor, J.: Kontinuität und Wandel der bürgerlichen Parteien in der Auseinandersetzung zwischen Imperialismus und Sozialismus in Deutschland. In: ZfG, XVII. Jg., Heft 6, S. 765f

47 Vgl. Stichwort Liberalismus, Linksliberalismus, Freie demokratische Partei. In: Sachwörterbuch der Geschichte Deutschlands und der Deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 1 (A-K), Berlin 1969, S. 622,Bd. 2 (L-Z), Berlin 1970, S. 33, 39f. Besonders das Stichwort „Linksliberalismus“ nimmt alle wesentlichen Kennzeichen von Elms Liberalismusdefinition auf.

48 Stammer, O.: Einleitung.., aaO (Anm. 3), S. 5

49 Weber, H.: Von der SBZ zur DDR 1945-1968. Hannover 1968, S. 159

50 Weber, H.: Von der SBZ…, aaO (Anm. 49), S. 160, Doernberg, S.: Kurze Geschichte der DDR. Berlin 1965, S. 460

51 Vgl. Weber, H.: Von der SBZ…, aaO (Anm. 49), S. 161, vgl. Die geschichtliche Aufgabe der Deutschen Demokratischen Republik und die Zukunft Deutschlands (Nationales Dokument, Beschluß des Nationalkongresses der Nationalen Front des demokratischen Deutschland vom 16. und 17. Juni 1962). In: Programmatische Dokumente der Nationalen Front des demokratischen Deutschlands. Hrsg. und eingeleitet von Helmut Neef. Berlin 1969, S. 200 ff.

52 Sie anerkannte in der Auseinandersetzung um das Nationale Dokument die führende Rolle der Arbeiterklasse und näherte sich damit dem Standpunkt der SED an. Vgl. hierzu: Suhrbier, M.: Die LPDP und das Dokument des Nationalrats. In: ZfG, X. Jg. 1962, Heft 4, S. 792 ff. In: Zwanzig Jahre Liberaldemokratische Partei Deutschlands. Der Morgen. Berlin 1965, S. 220 ff. , beschlossen am 8. Juli 1960

53 Thesen zur Geschichte der Liberaldemokratischen Partei Deutschlands hrsg. Vom Sekretariat des Zentralvorstandes der LDPD. Buchverlag der Morgen. Schriften der LDPD, Heft 1, Berlin 1965, S. 108

54 Thesen zur Geschichte…, aaO (Anm. 53), S. 118

55 Vgl. Statistisches Jahrbuch 1970 der Deutschen Demokratischen Republik, 15. Jg. Hrsg. Von der staatlichen Zentralverwaltung für Statistik. Staatsverlag der DDR. Berlin 1970, S. 52, S. 39

56 Weber, H.: Von der SBZ…, aaO (Anm. 49), S. 171, Statistisches Jahrbuch 1970, aaO, S. 487

57 Lange, M. G.: Wissenschaft im totalitären Staat, aaO, S. 278

58 Vgl. Programm der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. In: Einheit, Heft 1, 1963, S. 44 f.

59 Bartel, Diehl, E., Engelberg, E.: Die Geschichtswissenschaft der DDR 1960-1970. In: ZfG Bd. XVIII., Jg. 1970, S. 22

60 Richert, E.: Sozialistische Universität, aaO (Anm. 1), S. 225.

Editorische Hinweise

Wir erhielten diesen Beitrag von der Autorin für diese Ausgabe.

Wilma Ruth Albrecht ist Sprach- und Sozialwissenschaftlerin (Dr.rer.soc., Lic.rer.reg.) Sie veröfentlichte unter anderem die Bücher Harry Heine (Shaker Verlag 2007), Nachkriegsgeschichte(n) (Shaker Verlag 2008), Max Slevogt 1868-1932 (Hintergrund Verlag 2014), PFALZ & PFÄLZER. LeseBuch Pfälzer Volksaufstand 1849 (Verlag freiheitsbaum 2014) und zuletzt ihr vierbändiges Werk ÜBER LEBEN. Roman des Kurzen Jahrhunderts (Verlag freiheitsbaum: Edition Spinoza 2016-2019). - Der hier wiederveröffentlichte (fach)wissenschaftliche Beitrag zu einer (fach)wissenschaftlichen Debatte in der DDR erschien zuerst im Berliner Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, 11.Jg. 2012, H. II, S. 102ff.