Max Schäfer (1913-1986)
Über einen deutschen Kommunisten

von Richard Albrecht

03/2019

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I.

Schäfer, Max, Parteifunktionär; geb. 22. März 1913 Duisburg; Diss.; V. Karl S. (geb. 1871), Former, 1895 SPD, 1920 KPD; M. Henriette, geb. Storkmann (geb. 1872), KpD; G: Reinhard, Former; Helene, Verkäuferin; Josephine, Verkäuferin; Mathilde; Karl, Former, Emigr., gef. als Angehöriger der Internat. Brigaden im Span. Bürgerkrieg; Henriette; - Verh. m. Rosa Hermann (geb. 1913), kaufm. Angest., SPD, KPD, DKP; K.. Karl-Peter (geb. 1953), Ursula (geb. 1955);

StA: deutsch. Weg: 1935 NL; 1937 E; 1938 F, DK; 1941 Deutschland. MaschZeichner; 1930 Polltr. KJVD-Unterbez. Oberhausen u. Mitgl. KJVD-BezLtg. Ruhrgeb., Kontakte zum kath. Jugendführer Kaplan Joseph Rossaint. 1933 Instrukteur Unterbez. Recklinghausen, nach natsoz. Machtübernahme illeg. Tätigkeit in Essen, Mai 1933-Febr. 1935 Haft. 1935 Wiederaufnahme der illeg. Arbeit, dann Emigr. Amsterdam, Mitarb. KPD-AbschnLtg. West; 1937-38 Teiln. Span. Bürgerkrieg, 1938 nach Frankr., anschl. nach Kopenhagen. Aug. 1941 Auslieferung an Gestapo, 14. Okt. 1941 Urteil 5 J. Ztchth. Nach 1945 zeitw. Sekr. KPD-PV, 1954-56 Chefred. Freies Volk, ab 1958 in Frankfurt,/M. als wohnhaft gemeldet, Aufenthalt in Berlin (Ost) u. im Ausland, Mitgl. PolBüro der KPD u. Kommission zur Verhandlung mit der Bundesregierung über Wiederzulassung der KPD. Ab 1969 Mitgl. Bundesvorst., dann des Präs. der DKP, ab 1969 Chefred. Marxistische Blätter. Lebte 1978 in Frankfurt./M. - Ausz.: 1955 Hans-Beimler-Med.; Karl-Marx-Orden. W: u.a. Wer herrscht in der BRD? 1974; Spanien 1936-1939 (Hg.). 1976.

Quelle: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band I. Hg. Werner Röder; Herbert A. Strauss. München: Saur, 1980: 638. - Ein kurzes Doppelporträt mit regionalem Bezug unter dem Titel Kaplan Dr. Joseph Rossaint und der Kommunist Max Schäfer. Klaus Oberschewen zum Leben im Kampf gegen Faschismus, Krieg und Aufrüstung steht seit Ende 2018 hier im Netz -> https://paroli-magazin.de/kaplan-dr-joseph-rossaint-und-der-kommunist-max-schaefer/

II.

"Max Schäfer war kurz einmal mein Chef. Als ich 1972/73 bei „die tat“ voluntierte. Max´ Nachfolger schrieb mir später ein Zeugnis. Ein früherer Westemigrant in der Schweiz kümmerte sich operativ um mich: „Richard, Deinetwegen werden wir uns keine Klage einhandeln, schreib´ den letzten Absatz um und denk an die Schlußfrage“.

Später rezensierte ich dort auch Max´ Bändchen „Wer herrscht in der BRD?“ (1974) und empfahl es „Menschen, die allen gesellschaftlichen Reichtum erarbeiten und in Zukunft weiter erarbeiten werden“ („die tat“ 39/74). Den Autor sah ich gelegentlich bei öffentlichen Diskussionstreffen in Frankfurt (Main). Öffentliche Ansprache war da nicht seine Sache. Er konnte zuhören. Ich erinnere Max als einen etwa sechzigjährigen Mann in Sakko und Rollkragenpullover, mit zwei Gramfalten im Gesicht, so zurückgenommen wie leidend wirkend.

Später hatte ich mit Max über die Zweimonatszeitschrift „Marxistische Blätter“, deren Redaktion er übernommen hatte, zu tun. Ich erinnere, daß Max 1973 auf einen ausdrücklich auf „Richard Albrecht“ zielenden professoralen Denunziationsbrief eines (späteren) Berliner FU-Professors nicht reagierte. Das fand ich richtig. Aufgefunden habe ich einen späteren Brief von Max (1975):

„Lieber Richard, anbei sende ich Dir eine Kritik zu Deinem Beitrag in Nr. 1/75 der Marxistischen Blätter. Der Verfasser bietet sich […] an, eine Replik zu Deinem Beitrag zu schreiben. Ich schicke Dir die Kritik an Deinem Artikel nicht nur zu Deiner Kenntnisnahme, sondern auch um Deine Meinung zur Kritik und zu dem Vorschlag, ob wir darüber eine Diskussion beginnen sollen, zu hören […].“

Aus welchen Gründen immer gab es die MB-„Diskussion“ über „moderne deutsche Sozialgeschichte“ dann doch nicht. Die wenigen Zeilen von Max finde ich auch heute noch klug: einmal, weil er diesmal die Kritik im Gegensatz zur vorgehenden Denunziation als solche erkannte, ernstnahm und damit verdeutlichte, daß es um unsere Sache geht. Und zweitens in der weiterführenden Anregung, den Autor nach dessen Meinung zu fragen.

Heute weiß ich nach Durchsicht auch unveröffentlichter Dokumente mehr über seine Funktionen und daß Max beim – leider erfolglosen – Versuch der Wiederzulassung der 1956 formell aufgelösten Kommunistischen Partei Deutschlands (K.P.D.) und der dann auxiliar erfolgten Neugründung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) aktiv beteiligt war … auch wenn ich bei zwei späteren Treffen mit beiden damals noch lebenden K.P.D.-Bundestagsabgeordneten [Fritz Rische; Grete Thiele] in der Westpfalz (1979) und im Wuppertal (1987) die sich daraus ergebenden Probleme für die Geschichte der (bundes-) deutschen kommunistischen und Arbeiterbewegung und die Rolle, die Max Schäfer dabei spielte, nie angesprochen habe.“

III.

Nachschrift oder Zwischenbericht über die Mühen einer Forschungsebene

Vorstehender Beitrag wurde als zweiter Teil des Dokumentarberichts Kampf zweier Linien: Erinnerunssplitter bisher zwei Mal veröffentlicht: zunächst am 24. April 2011 im von Jochen Hoff (1957-2017) herausgegebenen linksalternativen Blog duckhome (dort war ich von Oktober 2010 bis Dezember 2014 Redaktionsmitglied). Sodann Mitte Mai 2011 gedruckt in der (von mir herausgegeben) Broschüre FlaschenPost. Beiträge zur reflexivhistorischen Sozialforschung (Bad Münstereifel: VerkaaT, 2011; mit Beiträgen von Richard Albrecht, Wilma Ruth Albrecht, Ines Fritz, Johannes Heinrichs, Elisabeth Möller, Gerhard Zwerenz, Ingrid Zwerenz).

Der Blog ging nach Jochen Hoffs Tod im April 1917 vom Netz. Die Broschüre ist seit Jahren vergriffen. Und wird auch nicht wieder aufgelegt.

Auch deshalb diese Wiederveröffentlichung. Sie erfolgt aber auch und vor allem, um noch einmal an den dort als Gegensatz zu linksakademischen alt-bundesdeutschen Professoren kontrastiv vorgestellten Max Schäfer zu erinnern. Dessen Biographie (wie´s heuer ausschaut) vermutlich nicht mehr geschrieben und veröffentlicht werden wird. Auch deshalb wollte ich wenigstens ein Porträt dieses politisch erfahrenen und gebildeten kommunistischen Arbeiterfunktionärs schreiben. Wozu ich Material sammelte, mit einem seiner früheren langjährigen Mitarbeiter sprach und die sogenannte Wiedergutmachungs- oder Entschädigungsakte, die sich irgendwo in einer seis hessischen seis niedersächsischen seis nordrhein-westfälischen Behörde befinden sollte, aufwändig suchte ... schließlich auch dessen "Standort" auffand. Diese Akte sollte „im Prinzip“ intessierten Forschern und Journalisten zugänglich sein – mir jedoch nicht ...

Nachdem das bekannte Behördenpingpong – eine Stelle verweist auf eine andere, die wiederum auf eine weitere und so weiter – nicht funktionierte, gingen meine letztbeiden ePost-Anfragen vom 23. Januar und 1. Februar 2018 mit Aktenzeichennennung an die „zuständige“ Stelle des Düsseldorfer Landesarchivs („Betreff: 010218³ - 230118²-Entsch.akte Max Schäfer (née 22. 3. 1913), in Ihrem Außenarchiv Az. Düsseldorf 72688. Gesendet: Donnerstag, 1. Februar 2018 11:59:28“). Dort jedoch wurde nicht mal wie erbeten jeweils formal eingangsbestätigt. Beide e-Postanfragen wurden vielmehr am 22. November 2018 14:33:01 von Sachbearbeiterin H. K. „ungelesen gelöscht“ … was freilich nichts an diesem Fakt ändert:

Im PARABELLUM (Privatarchiv Richard Albrecht, Bereich Europa, lange Liegengebliebenes und mehr) gibt es ein für politikhistorische Forschungen zur postfaschistisch-antikommunistischen Politik (in) der Alt-BRD besonderes und relevantes Dokument – es ist das in der Entschädigungssache Max Schäfer von „Prof. Dr.jur. Helmut Ridder Fachbereich Rechtswissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen“ dem „Landgericht Köln (I. Entschädigungskammer)“ vorgelegte 21-seitige Gutachten vom 11. Oktober 1980 zur entschädigungspolitisch wichtigen und rechtserheblichen Leitfrage „War die Tätigkeit der KPD auch nach ihrem Verbot durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. 8. 1956 noch auf ein Bekämpfen und eine Beseitigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung in der Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet – oder beschränkte sich ihre Tätigkeit auf Bemühungen um eine Wiederzulassung der Partei ?

Bad Münstereifel, 12. Febr. 2018

Editorische Hinweise

Den Beitrag erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.