Dokumentation: DKP & Co. sauer auf die Rote Hilfe

Offener Brief an die Rote Hilfe bezüglich des Schwerpunktes der Rote Hilfe Zeitung 1.2019 „Repression gegen linke Oppositionelle in der DDR“

von Ulla Jelpke*

03/2019

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onlinezeitung

Werte Genossinnen und Genossen vom Bundesvorstand der Roten Hilfe und der Redaktion der Roten Hilfe Zeitung,

als ich die aktuelle Ausgabe der Rote Hilfe Zeitung (RHZ) aus dem Briefkasten holte und die Überschrift „Repression gegen linke Oppositionelle in der DDR“ las, wollte ich meinen Augen nicht trauen. Mein erster Eindruck war, dass dies nur eine peinliche Anbiederung an den antikommunistischen Zeitgeist darstellt, in der irrigen Hoffnung, auf diese Weise einem laut Presseberichten geplanten Verbotsverfahren durch das Bundesinnenministerium zu entgehen.

Ist Euch eigentlich bewusst, was so ein Zeitungsschwerpunkt gerade in Zeiten wie den heutigen signalisiert? Angesichts drastisch verschärfter Polizeigesetze in mehreren Bundesländern, der Aufdeckung von Putschisten- und Nazinetzwerken in Bundeswehr, Polizei und Geheimdiensten, dem Vorgehen der Polizei gegen Demonstrantinnen und Demonstranten im Hambacher Forst, von unrechtmäßigen Polizeirazzien in Flüchtlingsunterkünften und geplanten Gesetzesverschärfungen zur Kriminalisierung von Flüchtlingsrettung gibt es doch wahrlich dringlichere Themen.

Mir ist zwischenzeitlich klar geworden, dass diese Ausgabe der RHZ eine Reaktion auf den DDR-Schwerpunkt in RHZ 4/2016 darstellt. Dazu kann ich nur sagen, dass bereits diese Pro-DDR-Ausgabe aus meiner Sicht ein Fehler gewesen ist. Aufgabe der Roten Hilfe ist es laut Satzung, Solidarität gegen die aktuelle staatliche Repression gegen Linke in der BRD zu organisieren. Diese Repression und den Widerstand dagegen gilt es in der RHZ abzubilden. Kontroverse geschichtspolitische Themen in Form einseitiger Schwerpunkte abzuhandeln, schadet dem notwendigen Widerstand gegen autoritäre Tendenzen in der BRD, die wir immer schärfer erleben. Das widerspricht zudem dem strömungsübergreifenden Charakter der Roten Hilfe.

Meine erste Reaktion auf den Anti-DDR-Schwerpunkt war tatsächlich die Absicht, sofort aus der Roten Hilfe auszutreten. Denn grundsätzlich gilt: ich muss nicht in jedem Verein Mitglied sein, mit dem ich solidarisch bin. Und meine Solidarität gegen ein drohendes Verbot und sonstige Repression durch Staat und Nazis wird von meinem Ärger über diese RHZ natürlich nicht geschmälert.



Liste der Artikel, die DKP & Co. nicht gefallen

14 „Wenn wir brüderlich uns einen …“ – Repression gegen linke Oppositionelle in der DDR
15 Eine Vorgeschichte – Kommunistische Internationale und oppositionelle Genoss_innen
18 „Die Rummurkserei mit der Antifa muss aufhören“ – Die Antifaschistischen Ausschüsse in der sowjetisch besetzten Zone
21 Ungewollte politische Akteure – Die SED und die Kommunisten von Buchenwald
23 „Mangelnde Wachsamkeit gegenüber den Klassenfeinden“? Politische Repressalien auch gegen Antifaschisten
26 „… wurden sie zu Werkzeugen des Klassenfeindes” – Die „Überprüfungen“ der Parteikontrollkommission ab 1948 und der Fall Merker
30 Durchsetzt von Parteifeinden, Agenten, Verbrechern … ? Zu den Parteisäuberungen in der KPD (1948-1952) und der Mitwirkung der SED
36 Gegen die, die „Morgenluft wittern und frech zu werden versuchen“ – Die radikaloppositionelle Studentengruppe und der IM
40 Repression gegen jugendliche Oppositionelle in der DDR – Die Unterwanderung und Zerschlagung der Leipziger Alternativ- und Punkszene
44 Homosexualität in der Deutschen Demokratischen Republik
46 Feindlich-Negative Antifa? Vom Missverhältnis des staatsoffiziellen Antifaschismus der DDR zum unabhängigen Antifaschismus ihrer letzten Generation
47 „Er war zugleich Spitzel, aber auch ein guter und wichtiger Genosse“ – Repressionserfahrung von Potsdamer Antifas in den späten 80ern
51 „Misstrauen war ein Hebel, der nur scheinbare Sicherheit schafft“ – Interview mit Hans Modrow
55 Real existierende Repression – Anmerkungen zu „sozialistischer Gesetzlichkeit“

Doch mir ist auch klar, dass ein Austritt in der jetzigen Situation ein falsches Signal vor allem an die rechten Gegner der Roten Hilfe wäre. Daher bleibe ich Mitglied in der Hoffnung, dass es zukünftig nicht wieder zu solchen Ausrutschern kommt und sich die Rote Hilfe auf ihr Kernthema der Antirepressionsarbeit konzentriert. Denn zu tun gibt es in diesem Bereich wahrlich genug!

Viele Grüße

Ulla Jelpke

*) Ulla Jelpke ist Mitglied des Bundestages 1990 bis 2002 und seit 2005; innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke.

Quelle:  https://www.ulla-jelpke.de/2019/03/offener-brief-an-die-rote-hilfe-bezueglich-des-schwerpunktes-der-rote-hilfe-zeitung-1-2019-repression-gegen-linke-oppositionelle-in-der-ddr/  / 18.3.2019



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