Das Jahr 2019
war geprägt von weltweiten Massenprotesten.
Trotz Versuchen seitens der Regierungen, die
Maßnahmen, die zu den Aufständen führten,
schnell zurück zu nehmen, ließen sich die
Protestierenden nicht mehr aufhalten. Die
Menschen wehrten und wehren sich mit teils
enormer Stärke gegen die kapitalistische
Ausbeutung und diejenigen, die von ihr
profitieren oder durch Gesetze und Reformen
versuchen, den Status Quo zu erhalten oder
gar zu verschärfen. Die Menschen kämpfen
gegen Ausbeutung und Unterdrückung und
fordern ein Umdenken sowie eine grundlegende
Veränderung der Gesellschaft. In vielen
Ländern stehen Frauen an der Spitze der
Proteste und sind ein wichtiger Antrieb der
politischen Bewegungen. Sie sind Teil der
gesamtgesellschaftlichen Proteste, aber
kämpfen gleichzeitig auch in den eigenen
Bewegungen für ihre Befreiung. Sie haben
einen doppelten Antrieb und verbinden den
Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung mit
dem Kampf gegen das Patriarchat und geben
damit feministischen Forderungen in den
Protesten Raum. Die Unterdrückung der Frau
in der patriarchalen Gesellschaft, Femizide
und religiöser Fundamentalismus sind nur
einige der bestimmenden Themen der
internationalen Frauenbewegung.
- In
Chile gehen seit Oktober 2019 die
Menschen auf die Straße, um gegen
staatliche Gewalt und das neoliberale
System mit prekären Gehältern,
schlechten Renten und einem mangelhaften
Gesundheitssystem zu protestieren.
Feministische Kämpfe stehen dabei als
soziale und populäre Bewegung im
Mittelpunkt des politischen Lebens. Sie
richten sich gegen die hohe Rate an
Femiziden im Land, die oft als
„Verbrechen aus Leidenschaft“
verharmlost werden. Den Betroffenen wird
eine Mitschuld an Vergewaltigungen und
sexueller Gewalt gegeben und die Täter
in Schutz genommen.
- Die
Gesellschaft in Indien ist geprägt vom
Kastensystem und patriarchalen
Geschlechterrollen. Frauen werden
herabgewürdigt, Mädchen gelten in
Familien als Belastung und werden oft
als Säuglinge getötet. Gerade in den
niedrigeren Kasten werden Frauen
entmenschlicht und sind brutalen
körperlichen und sexuellen Übergriffen
ausgeliefert. In den letzten Jahren
entstand eine immer größer werdende
Bewegung die sich für die Bestrafung von
Vergewaltigungen und Misshandlungen von
Frauen einsetzt. Eine führende Rolle
übernimmt hier die Gulabi Gang, die
gerade in ländlichen Gebieten
organisiert ist. Die Mitgliederinnen
wenden sich gegen die Tendenz des
Rechtsstaats die angezeigten Fälle
versanden zu lassen und sorgen somit
nicht nur für antipatriarchalen
Selbstschutz sondern sind auch
Anlaufpunkt für ausgestoßene Frauen.
- Der
iranische Staat wird von religiösen
Würdenträgern regiert. Gesetze und
Rechtsprechung beruhen auf dem Koran und
die Rechte der Frauen werden generell
stark eingeschränkt. In der
Öffentlichkeit gilt die Kopftuchpflicht,
es ist ihnen verboten zu rennen oder
Fahrrad zu fahren. Auch
Zwangsverheiratungen von Jugendlichen
sind an der Tagesordnung, ab 13 Jahren
darf offiziell geheiratet werden. Die
iranische Regierung fürchtet die starke
Frauenbewegung, da sie sich allen
gesellschaftlichen Problemen annimmt und
den Kampf für eine Veränderung in den
Alltag integriert. Durch ihren
„friedlichen“ aber vehementen Protest
sind die Frauen federführend in der
Protestbewegung und vereinen die Kämpfe
bürgerlicher Frauen mit revolutionären
Ansätzen.
-
Ähnlich wie im Iran kämpfen die Frauen
in Rojava an vorderster Front gegen ein
patriarchales, religiös geprägtes
Weltbild, das in Syrien durch den Daesh
weiter durchgesetzt werden soll. Die
Frauen führen jedoch nicht nur den Kampf
gegen die selbsternannten islamischen
Gotteskrieger, sondern bewirken die
Veränderung auch nach Innen. In der
eigenen Gesellschaft und den neu
aufgebauten Strukturen sollen
patriarchale Familienstrukturen und
Verhaltensweisen aufgelöst werden. Es
gibt verpflichtende Frauenquoten in
allen sozialen und politischen
Strukturen, Bildungsprogramme speziell
für Frauen und eine eigenständige
bewaffnete Frauenmiliz.
Die
genannten Länder und die Kämpfe der Frauen
dort scheinen weit weg zu sein von unserem
vermeintlich emanzipierten und freien Leben
in Deutschland. Doch auch hier sind Frauen
gefangen im System der doppelten
Unterdrückung durch Kapitalismus und
Patriarchat. Die Unterdrückungsmechanismen
unterscheiden sich von Region zu Region
durch Qualität und Quantität der Übergriffe,
doch weltweit ist die Herrschaft des Mannes
über die Frau manifestiert. Eine Veränderung
dieser Gesellschaftsordnung und aller
Probleme, die sie mit sich bringt, ist nur
möglich, wenn der antikapitalistische mit
dem Kampf gegen das Patriarchat verbunden
wird. Denn was uns die weltweiten Beispiele
verdeutlichen ist, dass der Kampf für die
Befreiung der Frau immer auch ein Kampf im
Inneren der Bewegungen und der Familien sein
muss. Zu tief verwurzelt sind Rollenmodelle
und die Angst vor dem Verlust männlicher
Privilegien.
Daher ist
es nötig, dass Frauen solidarisch und
selbstbestimmt für die Veränderung des
Systems auf die Straßen gehen. Durch
vorangegangene feministische Kämpfe in
Deutschland, gilt hier, zumindest auf dem
Papier, die Gleichstellung der Geschlechter.
Doch faktisch gibt es viele Bereiche, in
denen dies nicht der Fall ist und es gibt
viele Ziele, für die es noch zu kämpfen
gilt:
- Recht
auf körperliche Selbstbestimmung
-
gleiche Bezahlung und Wertung von
weiblich und männlich konnotierter
Arbeit
-
gerechte Verteilung der Haus- und
Sorgearbeit z.B. durch kollektivierte
Kindererziehung und Bildung
-
Überwindung von Geschlechterrollen
Die
Forderungen der Frauenbewegung sind
vielfältig. Oft hört man z.B. den Ruf nach
einer Frauenquote, die Unternehmen zwingen
soll mehr weibliche Führungskräfte
einzustellen. Auch wünschen sich viele ein
ausgeglichenes Verhältnis der Löhne durch
10-20% Lohnerhöhung für Frauen. Wir dürfen
uns aber nicht mit schnellen und einfachen
Lösungen zufrieden geben, denn diese
Maßnahmen allein ändern nichts an der
kapitalistischen Ausbeutung des Menschen
durch den Menschen. Der feministische
Befreiungskampf darf nicht auf ökonomische
Aspekte reduziert werden, sondern muss auf
allen Ebenen geführt werden, die der
Unterdrückung der Menschen gelten. Der Kampf
für die Befreiung der Frau muss immer auch
antikapitalistisch sein, denn nur in einer
Gesellschaft, in der es nicht nur um den
Profit geht, können neue Formen des
Zusammenlebens und des Zusammenspiels der
Geschlechter geschaffen werden. Gleichzeitig
gilt aber auch, in allen
antikapitalistischen Kämpfen
antipatriarchale Forderungen zu integrieren.
Ein progressiver Ansatz hierfür kann der
Frauen*streik zum 8. März sein. Durch die
Möglichkeit selbstorganisiert im
Streikmoment die Kämpfe gegen Patriarchat
und Kapitalismus zu verbinden ist es möglich
über althergebrachte Forderungen in
gewerkschaftlichem Arbeitskampf
hinauszuwachsen. Die Kraft dieses Streiks
liegt hierbei in der selbstbestimmten
Nutzung dieses Kampfmittels.
Alleine für
sich, ist es unmöglich, die Ziele zu
erreichen. Daher ist es notwendig, uns
zusammen zu schließen und gemeinsam mit
unseren Nachbarinnen, unseren Kolleginnen
und unseren Freundinnen zu kämpfen. Das Ziel
einer Gesellschaft ohne Ausbeutung und
Unterdrückung eint uns. Durch gleiche
Erfahrungen und ähnliche Lebensrealitäten
verstehen wir uns besser, gemeinsam können
wir den Kampf um Gleichberechtigung in
unserem Alltag führen, uns unterstützen und
bestärken. Aus kleinen Anfängen kann so
Großes entstehen: Solidarität ist nicht nur
in der direkten Umgebung notwendig, sondern
auch die internationalen Kämpfe brauchen
unsere Unterstützung. Feministinnen weltweit
bekämpfen das Patriarchat in all seinen
Ausprägungen. Durch Zusammenarbeit und
gegenseitigen Beistand schaffen wir es, den
Kämpfen die weltweite Aufmerksamkeit zu
geben, die nötig ist. Nur durch die Stimme
vieler werden die Forderungen hör- und
sichtbar.
Nutzen wir
also den Internationalen Frauenkampftag
nicht nur dazu, auf die Lage der Frauen in
Deutschland und Europa aufmerksam zu machen,
sondern Probleme und Forderungen der
weltweiten Frauenbewegung aufzunehmen und
auf die Straße zu tragen.
Kommt zur Demonstration des Frauenbündnis
Stuttgart am 7. März
2020 ab 15 Uhr auf den Schlossplatz.
Mobilisiert alle in eurem Umfeld mit uns auf
die Straße zu gehen und reiht euch ein in
den lautstarken Frauen*block, der die
Demonstration anführen wird. Solidarische
Männer dürfen gerne im hinteren Teil der
Demonstration mitlaufen.
Für
die Befreiung der Frau!
Zusammen kämpfen gegen Patriarchat
und Kapitalismus!
*Wir
setzen das Wort Frau/Frauen für Personen,
die sich als Frau definieren und/oder von
der Gesellschaft als Frau gelesen werden und
somit ähnliche Erfahrungen machen.
Quelle:
https://zkstuttgart.wordpress.com/ |