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Nr. 04-04
Notausgabe
3. April 2004

9. Jahrgang online

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Was wollte der Siemens Chef im UN- Sicherheitsrat?

von Max Brym

Am Donnerstag den 14 April gab es in New York eine Premiere. Zum ersten mal in der Geschichte der UN, referierte der Boß eines großen Weltkonzerns vor dem UN Sicherheitsrat. Der Chef des Siemens Konzerns, Heinrich von Pierer, erhielt die Gelegenheit, vor dem erlauchten Gremium zu sprechen. Die Idee stammte vom deutschen UN- Botschafter Gunter Pleuger, der derzeit turnusgemäß den Vorsitz im UN- Sicherheitsrat hat. Herr Pierer stellte seine Rede unter das Motto: „Was Unternehmen für den Frieden tun können“. In Wahrheit ist das Ganze ein geschickter Schachzug, um die schnöden Profitinteressen der deutschen Konzerne global durchzusetzen. Herr Pierer legte in seiner Rede Wert darauf festzustellen, „welch breiten internationalen Horizont das Unternehmen Siemens hat“. Herr Pierer plauderte aus dem Nähkästchen, indem er auf den traditionellen Siemens Standort Afghanistan verwies. Bereits in den dreißiger Jahren eröffnete der Siemens Konzern ein Büro in Afghanistan. Dieser Außenposten soll jetzt so rasch wie möglich wieder eröffnet werden. „Unsere Grundphilosophie lautet: Wir sind hier um zu bleiben“, sagte Pierer. Das gilt für Siemens um so mehr in einem Land wie dem Irak, das zu den ölreichsten Ländern der Welt gehört. Siemens beteiligt sich bereits an der Instandsetzung von Kraftwerken und am Aufbau eines Mobilfunknetzes. Besonders im Nord Irak oder Südkurdistan ist Siemens geschäftlich aktiv.

Kapitalverwertung und Konkurrenz

Herr Pierer machte vor dem Gremium klar, dass „die Unternehmen im Irak und Afghanistan nur im Windschatten der Politik schwimmen könnten“. Bekanntlich ist das Kapital ein scheues Reh und dort wo Kugeln fliegen und Bomben explodieren wird Kapital nicht investiert. Herr Pierer verlangte „Sicherheit und Ruhe“, um marktgerechte Bedingungen herzustellen. Diese marktkompatible Sicherheit kann nur durch robuste militärische Aktion oder durch geschickte Diplomatie bewerkstelligt werden. Im Irak ist die USA trotz ihres gewaltigen Millitärpotentials an Grenzen gestoßen. Am Erfolg der USA im Irak ist Herr Pierer und das deutsche Kapital nicht interessiert. Den deutschen Unternehmen ist im Irak seitens der US- Administration höchstens die bescheidene Rolle von Subunternehmen zugedacht. Dagegen haben amerikanische Konzerne wie Halliburton und Bechtel, Milliarden Aufträge von der US- Regierung erhalten. Der US- Kongreß hatte im Oktober vergangenen Jahres insgesamt 18,4 Milliarden Dollar für den irakischen Wiederaufbau bereitgestellt. Insgesamt sollen dabei 2300 Projekte finanziert werden. An diesem Auftragsvolumen ist Siemens nur peripher beteiligt. Der „Irakische Widerstand“, der den US- Imperialismus in Schwierigkeiten bringt, wird deshalb von Siemens nicht abgelehnt. Im Rahmen der zwischenimperialen Konkurrenz ist alles in Ordnung, was den imperialistischen Rivalen schwächt. Die deutsche und europäische Politik versucht die UN gegen die USA zu instrumentalisieren. Stärker muß die Rolle der UN im Irak sein, das ist der Grundkonsens der deutschen politischen Elite. Das Ganze Gefasel von Völkerrecht und Humanität hat nur den Zweck, deutsche Konzerne im globalen Konkurrenzkampf stärker zu machen. Herrn Pierer geht es um Maximalprofit und er benötigt wie seine Klasse neben dem nationalen Heimatbiotob, Einfluß auf andere staatliche Gebilde ( UN), um die Kapitalverwertung durchzusetzen. Das war der Sinn seines Auftrittes vor der UN. Der Gegner ist für die deutsche Bourgeoisie der US- Imperialismus. Diesem Gegner soll über diplomatische Schachzüge, unterlegt mit ökonomischer Macht, aber auch mit dem Aufbau einer eigenen EU- Millitärmacht zugesetzt werden. Es scheint kein Zufall zu sein, dass nach dem Auftritt von Herrn Pierer im UN- Sicherheitsrat, am Freitag den 16 April in der Frankfurter Rundschau ein Aufruf deutscher „Linksliberaler“ erschien. In dem Aufruf wird für eine stärkere Rolle der „Europäer“ in der Welt geworben und natürlich eine gestärkte UNO eingeklagt. Herrn Pierer werden solche Aufrufe freuen, kann doch das deutsche Kapital jede Rückendeckung in der weltweiten Schlacht um Marktanteile gebrauchen. Störend und korrekt wäre in Deutschland hingegen eine Politik, die den Hauptfeind im eigenen Land ausmacht. Die Firma Siemens ist momentan Vorreiter im Kampf für Arbeitszeitverlängerungen ohne Lohnausgleich. Siemens betätigt sich seit mehr als hundert Jahren als Global Player. Welch „positive“ Folgen das hatte, konnte in den beiden Weltkriegen des vergangenen Jahrhunderts hinlänglich beobachtet werden. Dabei gibt es keine persönliche Charaktereigenschaft einzelner Kapitalisten, sondern das ökonomische Grundgesetz des monopolistischen Kapitalismus dominiert den einzelnen „Bürgerkopf“. Dieses ökonomische Grundgesetz besteht in der Sicherung des kapitalistischen Maximalprofites, durch Ausbeutung, Ruinierung und Verelendung der Mehrheit der Bevölkerung des gegebenen Landes, durch Versklavung und systematische Ausplünderung anderer Länder, besonders der zurückgebliebenen Länder sowie durch Kriege und Militarisierung der Volkswirtschaft. Das genannte Gesetz gilt für den US Imperialismus wie für den deutschen Imperialismus. Die beiden imperialen Räuberbanden fechten eine harte Konfrontation aus, es gilt allen Verlockungen für ein Bündnis mit einem der beiden Räuber zu trotzen.

Quellen: SZ- 16.4.04 Handelsblatt 16.4.04
 

Editorische Anmerkungen

Der Autor schickte uns seinen Artikel in der vorliegenden Fassung am 17.4.2004 mit der Bitte um Veröffentlichung.

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