Berlin: Neue Sicherheitspartnerschaft besiegelt

von
Thomas Brunst
04/06

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„Wer sich von Angehörigen eines privaten Sicherheitsdienstes falsch behandelt fühlt, sollte im Zweifel immer die Polizei rufen, empfiehlt ein Sprecher der Berliner Polizei. Die hat allerdings zu den privaten Sicherheitsdiensten kein neutrales Verhältnis mehr, denn im März 2002 ist die Berliner Polizei eine so genannte Sicherheitspartnerschaft mit dem privaten ‘Arbeitskreis für Unternehmenssicherheit Berlin-Brandenburg‘ (Akus) eingegangen.“ (Berliner Zeitung, Lokales, 10.09.03) In der Bundeshauptstadt wurde das zweite Kooperationsabkommen zwischen der Berliner Polizei und privaten Sicherheitsdiensten unterzeichnet. “Police Private Partnerships“ liegen im Trend.<

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Vereinbarung zwischen dem Polizeipräsidenten in Berlin und dem Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. über ein Zusammenwirken zur Stärkung der Öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Bundeshauptstand Berlin

In mehreren Deutschen Städten und ganzen Bundesländern (z.B. Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern) existieren Kooperationsabkommen bzw. Sicherheitspartnerschaften zwischen der Polizei und privaten Sicherheitsdiensten. Hierbei werden zwischen den Sicherheitspartnern Informationen ausgetauscht und gemeinsame Fahndungen durchgeführt. Die Polizei unterrichtet und schult zudem das private Sicherheitspersonal.

Die Bahnpolizei (Bundespolizei) führt mit dem Sicherheitsdienst der Deutschen Bahn (DB) AG sogar gemeinsame Streifengänge durch; private und staatliche BahnschützerInnen sitzen – trotz der Kritik von DatenschützerInnen - seit einiger Zeit gemeinsam an den Kontrollmonitoren der neuen Sicherheitszentrale der DB AG in Berlin. Zur WM 2006 wollen Polizei und Sicherheitswirtschaft noch enger kooperieren als bisher – damit soll eine neue Ära in der Zusammenarbeit eingeläutet werden (siehe hierzu: http://www.jungle-world.com ). Mit “beobachten, erkennen und melden“ alleine lässt sich für die Juniorpartner der Polizei kein Geld verdienen; sie wollen der Polizei lukrative Aufgaben abnehmen.

In Berlin wurde nun die zweite Sicherheitspartnerschaft dieser Art besiegelt: Obwohl die Sicherheitsunternehmen des “Arbeitskreises für Unternehmenssicherheit“ (AKUS) Berlin-Brandenburg (AKUS ist eine Kommunikationsschnittstelle zwischen Sicherheitsbehörden und privaten Sicherheits-/Ermittlungsdiensten) seit einigen Jahren in einen Kooperationsvertrag mit der Berliner Polizei eingebunden sind, schloss die Landesgruppe (Berlin) des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) e.V. vor einigen Tagen eine zusätzliche Vereinbarung (siehe hierzu: http://www.taz.de) mit der Berliner Polizei ab. Das merkwürdige hieran ist: Die mit der Berliner Polizei kooperierenden “Gütesiegelunternehmen“ des BDWS und des AKUS sind identisch!

Zur Zeit sind folgende (BDWS)Unternehmen an der AKUS-Sicherheitspartnerschaft beteiligt: ASB, Allgemeine Sicherheits- und Kontrollgesellschaft (ASK), Brink’s Sicherheit GmbH, P. Dussmann GmbH, Gegenbauer Sicherheitsdienste GmbH (GSD), G&S, Industrie- und Handelsschutz (IHS), Kötter Security, Piepenbrock Sicherheitsdienste, Securicor, Securitas GmbH & Co. KG und Wachschutz. (siehe hierzu: http://www.berlin.ihk24.de )

Überregionale Dienstleister wie Securitas und Kötter Services sind an fast allen Kooperationsabkommen mit den verschiedenen Länderpolizeien beteiligt. In den Städten Essen und Hamburg sowie im Bundesland Sachsen haben die kooperierenden Sicherheitsunternehmen Schriftzüge auf den Firmen-Pkw’s die auf die Partnerschaft mit der Polizei hinweisen. Auf den Fahrzeugen sächsischer Sicherheitsunternehmen ist beispielsweise zu lesen: „Sicherheitspartner der sächsischen Polizei“.

Durch die Verschmelzung zwischen öffentlicher und privater Sicherheit sind für die Polizei Konflikte vorprogrammiert. Die Aufweichung des staatlichen Gewaltmonopols und die Einhaltung des Datenschutzes erweisen sich bereits heute als problematisch, weil private Sicherheitsdienste immer mehr öffentliche Sicherheits- und Ordnungsaufgaben übernehmen. Und wie eingangs bereits beschrieben kann sich die Polizei bei Auseinandersetzungen zwischen BürgerInnen und kooperierenden Privaten nicht mehr “neutral“ verhalten.
Der größte Interessenkonflikt der Sicherheitspartner dürfte aber folgender sein: Im Gegensatz zur polizeilichen Arbeit ist die Kriminalitätsangst bzw. das Unsicherheitsgefühl der Bevölkerung ein entscheidender Umsatzfaktor für die Sicherheitswirtschaft – Sicherheitsunternehmen dürfen kein Interesse an einer entspannten Kriminalitätslage bzw. sinkenden Kriminalitätsstatistik haben. Alleine diese Tatsache verbietet “Police Private Partnerschips“.


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Editorische Anmerkungen

Den Artikel und die Vereinbarung erhielten wir vom Autor am 5.4.2006