Am Samstag den 8. April fand der
Landesparteitag der WASG-Bayern in Nürnberg statt. Der Termin
war hauptsächlich deshalb angesetzt, um dem Landesverband Bayern
nach zwei vergeblichen Anläufen endlich eine Satzung zu geben.
Aber auch dieses mal wurde keine Satzung verabschiedet. Statt
dessen gab es wüstes Durcheinander, viel Geschrei und offene
Manipulation.
Braucht Bayern einen „Landesrat“
und eine „Satzung“?
Der Parteitag begann kurz nach 11
Uhr vormittags und endete gegen 20 Uhr. Die Hauptdebatte drehte
sich um den von der Satzungskommision vorgelegten
Satzungsentwurf, indem unter anderem ein „Bayern-Rat“ vorgesehen
ist. Zuerst wollten die Gegner einer Landessatzung um
Schmalzbauer und Ernst, die Diskussion auf die Frage
konzentrieren, ob der Landesverband einen „Bayern-Rat“ braucht
oder nicht. Fritz Schmalzbauer (Landesvorsitzender) und sein
Mitvorsitzender Frank Firsching sprachen relativ wütend gegen
den „Bayern-Rat“, weil der Landesverband „Effektivität benötige
und keine zusätzlichen Gremien“. Vertreter der
Satzungskommission und viele Delegierte wiesen sie allerdings
darauf hin, dass eine funktionierende Organisation demokratische
Kontrolle benötigt. Ein Delegierter griff den Landesvorstand
direkt mit folgenden Worten an: „Ihr wollt euer
Alleinregententum, was sich nicht mit Demokratie verträgt,
ungehindert fortsetzen.“ Die Stimmung gegen den Landesvorstand
verschärfte sich noch, nachdem Klaus Ernst in die Bütt stieg.
Ernst wollte den Delegierten suggerieren, wie überflüssig eine
Satzungsdebatte sei. Klaus Ernst erklärte: „Ich bin in eine
politische Partei eingetreten und in keine Satzungspartei“. Ergo
Klaus Ernst stört sich nicht sonderlich an der Tatsache, dass
der Landesverband Bayern der WASG keine Landessatzung hat.
Flapsig meinte Ernst zu der Angelegenheit im ERNST: „Die Satzung
brauchen wir eh nur noch ein halbes Jahr“. Die Mehrheit der
Delegierten lehnte solche Positionen ab und beschloß gegen die
Initiative von Schmalzbauer und der bulligen Gestalt des
Landessekretärs Bayern, Albert Locher, in die Satzungsdebatte
einzusteigen. Nachdem die Diskussion immer deutlicher werden
ließ, dass es zu einer Satzung und zu einem Landesrat kommen
würde, stellte Klaus Ernst fest, „man kann über die Sache nicht
debattieren, denn den Delegierten liegen bestimmte Unterlagen
nicht vor.“
Was war passiert?
In der Tat, erst in der Nacht vor
dem Landesparteitag wurde den meisten Delegierten die endgültige
Zusammenstellung des Satzungsentwurfes per E-Mail zugesandt. Es
wurde der Anschein erweckt, als ob dies das Versagen der
„Satzungskommission“ gewesen sei. In Wahrheit befand sich das
Material über eine Woche im Büro des Landessekretärs Albert
Lochner. Albert Lochner hatte den traurigen Mut zuerst diesen
„Fehler“ der Satzungskommission indirekt in die Schuhe zu
schieben, indem er erklärte: „Die Unterlagen wurden durch mich
umgehend an die Delegierten weitergeleitet.“ Nach einer
persönlichen Erklärung des Mitglieds der Satzungskommission
Peter Knappe aus Augsburg sprach Lochner von „Computerproblemen
in seinem Büro“. Diese Erklärung von Lochner löste bei vielen
Delegierten Wut und Empörung aus, denn Lochner sprach sich in
der vorausgegangenen Diskussion gegen „diese Satzung“ aus. Die
Manipulation des Parteitages durch den geschäftsführenden
Landesvorstand und seines Sekretärs Lochner war deutlich. Es
wurde im Vorfeld des Parteitages ein Sicherheitsventil gegen
unangenehme Beschlüsse eingebaut. Die Delegierten erhielten kein
vollständiges Material um im Notfall die Reißlinie gegen
unangenehme Beschlüsse aus formalen Gründen ziehen zu können.
Der Dieb schrie haltet den Dieb, oder wir können nichts
beschließen, da Unterlagen fehlen. Für das Fehlen der
Materialien wurde in weiser Voraussicht selbst gesorgt. Die
Versammlung wurde mit diesem miesen Trick dazu genötigt
festzustellen: „Wir können heute keine Satzung verabschieden“.
Die Gegner einer demokratischen Satzung um Lochner und Ernst
grinsten sich ins Fäustchen, die Satzungskommission legte mit
scharfen persönlichen Erklärungen speziell gegen den
Landessekretär ihr Mandat nieder und die Delegierten strömten
ins Freie um Dampf und Wut abzulassen. Die vornehmste Bemerkung
die zu hören war, war die: „Wenn die schon bescheißen, dann
sollen sie es wenigstens geschickter anstellen und nicht so
saudumm.“ Viele Delegierte hatten gegen 16 Uhr das Interesse am
Landesparteitag verloren, sie blieben oft länger vor dem
Tagungslokal sitzen, genossen die Sonne und einige gaben sich
vor und in der Tagungsstätte dem Bierkonsum hin. Einige reisten
auch bald nach 16 Uhr ab.
Initiativantrag zu Berlin
Dem Landesparteitag lag ein von
12 Delegierten unterschriebener Initiativantrag vor, der sich
gegen jegliche administrative Maßnahmen gegen den Berliner
Landesverband der WASG aussprach. In dem Antrag wurde die
Linkspartei, PDS in Berlin als Problem für die Schaffung einer
starken neuen Linken in Deutschland bezeichnet. Die Diskussion,
die gegen 19 Uhr zu diesem Punkt begann, hatte es in sich. Der
Nürnberger Kreisvorsitzende Harald Weinberg wetterte gegen
„Sektierer“ und „Parteizerstörer“, die sich nun auch im „Lande
Bayern“ breitmachten. Fritz Schmalzbauer sagte: „Wir haben keine
administrativen Maßnahmen gegen die Berliner WASG-Spitze
geplant, aber wir lassen uns von ein paar Sektierern nicht das
Projekt einer bundesdeutschen Linkspartei kaputt machen“. Andere
Redner aus dieser Ecke verwiesen auf das Papier, dass in Berlin
vergangenen Donnerstag mit der Linkspartei verabschiedet wurde.
Damit wollten sie suggerieren: „Die Kuh ist vom Eis“. In der
aufgehitzten Atmosphäre gelang es den Initiatoren des Antrages
nachzuweisen, „dass keinerlei Kuh vom Eis ist“. Arno
Pfaffenberger aus Kulmbach sagte: „Es handelt sich um ein Papier
mit einigen guten Stellen, aber das Kriterium für die Wahrheit
liegt in der Realität. Die unsoziale Senatspolitik wird durch
die Linkspartei fortgesetzt“. Ein anderer Debattenredner aus
München informierte die Delegierten über den Landesparteitag der
Linkspartei, der am Freitag den 7. April in Berlin stattfand.
Den Versammelten wurde erläutert, dass die Linkspartei sich
selbst und ihre Senatspolitik abfeierte, „den berüchtigten
Harald Wolf“ zum Spitzenkandidaten nominierte und zu dem Papier
vom Donnerstag keinen Beschluß fasste. Diese Argumente brachten
einige Delegierte, die zuvor bei Schmalzbauer klatschten
offenkundig ins Nachdenken.
Fritz Schmalzbauer und der
„exterritoriale“ Herr Stanicic aus Berlin
In seinem zweiten Redebeitrag
verstieg sich Schmalzbauer zu folgender Äußerung: „Ich habe es
satt, dass der exterritoriale Herr Stanicic aus Berlin versucht
in den Landesverband Bayern hineinzuregieren. Wir machen unsere
Politik in Bayern schon selber“. Dieser Beitrag löste
Verwirrung, Heiterkeit und Empörung im Saal aus, denn der
SAV-Bundessprecher Stanicic war nicht in Nürnberg zugegen. Aber
Schmalzbauer beschwor den „bösen Geist des Berliners“ und
erklärte damit de facto die Delegierten die für den Antrag waren
„zu ferngesteuerten landfremden SAV Agenten“. Dagegen verwahrten
sich einige Delegierte entschieden. Es wurde auch bemerkt, ob
hier jemand die Politik von Franz Josef Strauß mit linker
Schminke nach dem Motto “Wir in Bayern, die in Berlin“
wiederholen möchte. Geradezu grotesk wurde es, als ein relativ
unbekannter Delegierter aus Nürnberg für den Antrag sprach.
Sofort hagelte es Zwischenrufe wie „bist du aus Berlin“. Dies
war offensichtlich die paradoxe Reaktion auf die Situation, dass
der reale Stanicic nicht aufzufinden war. Allein schon der
fränkische Dialekt des Redners hätte die Schmalzbauer Crew
belehren müssen, dass es vernünftige Kräfte auch in Franken und
Bayern gibt. Aber ab einem bestimmten Punkt gibt es keine
Vernunft mehr. Nur dem Schreiber des Artikels der WASG und SAV
Mitglied aus München ist, wurde ein eigener Kopf zugestanden, es
hieß, „ du bist ein gelernter Sektierer und Profi“. Zu guter
letzt wurde den Antragstellern von einem Landesvorstandsmitglied
unterstellt, „ihr seid Schuld, dass wir immer noch keine Satzung
haben, denn wir müssen uns zu stark mit euch beschäftigen“.
Daraufhin riefen Delegierte ironisch „die sind auch für das
Hochwasser verantwortlich und die SAV für den strengen Winter“.
Abstimmung und Ende des
Landesparteitages.
Der Antrag wurde in der
Abstimmung kurz vor 20 Uhr mit knapper Mehrheit abgelehnt. Viele
Delegierte waren bereits abgereist und es gab überraschend viele
Enthaltungen. Ein Antrag von Harald Weinberg gegen den Berliner
Landesvorstand der WASG konnte nicht mehr abgestimmt werden, da
die Versammlung um diese Uhrzeit im Flächenland Bayern nicht
mehr beschlußfähig war.
Resümee
Der Landesvorstand der WASG
Bayern bekommt zunehmend kalte Füße. Er muß Parteitage faktisch
manipulieren um eine Satzung zu verhindern. Der Vorwurf des
„Sektierertums“ hindert immer weniger Mitglieder und Delegierte
daran ihre eigenen Positionen zu vertreten. Noch allerdings
haben Schmalzbauer, Locher und Ernst die Mehrheit bestehend aus
einer festen Seilschaft, die das nötige Sitzfleisch hat. Es
besteht die Gefahr, dass diese Seilschaft mit ihren Methoden
viele Mitglieder in die Resignation treibt. Dennoch zeigt der
Parteitag eine relativ starke Opposition, die in Fragen der
innerparteilichen Demokratie die Mehrheit haben dürfte. Auch
die sogenannten „Sektierer“ die „WASG Linke Bayern“ wird
stärker, vor allem in der Oberpfalz und in Niederbayern.
Editorische Anmerkungen
Den Artikel
erhielten
wir vom Autor am 11.4.2006
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