Thema:  Repression
Ein Bericht über den Knastalltag in Berlin.

von Christian

04/08

trend
onlinezeitung

Der Tagesablauf in den Berliner Knästen orientiert sich am jeweilgen Sicherheitsstandart. Überall beginnt der Tag zwischen 6.00 und 6.30 mit einer Anwesenheits- und Lebendkontrolle. Das bedeutet, dass der Sationsbeamte jede Zelle aufschließt und den menschlichen Inhalt feststellt. Jede Station hat 20-40 Gefangene. Erst wenn alle Stationen der Zentrale den richtigen Bestand an Inhaftierten gemeldet haben, kann der Ablauf weitergehen. Dieser erste Aufschluß dauert in Moabit nur Sekunden bruchteile, dabei können Post und Müll rausgegeben werden.

In Tegel und Plötzensee folgen 45 Minuten Versorgungsaufschluß. Hier wird im Gegensatz zu Moabit kein Frühstück ausgegeben. Tauchsieder sind nur in Moabit erlaubt , in den anderen Anstalten wird sich jetzt um den Wasserboiler in der Spülzelle gedrängelt. Jede Station hat eine Spülzelle, nur hier gibt es warmes Wasser. In diesem Zeitraum können auch Sani oder Dusche aufgesucht werden.

Zwischen 7.00 und 8.00 erfolgt wieder Einschluß der Nichtarbeiter, die Arbeiter rücken in die Betriebe aus. Die Hälfte der Gefangenen arbeitet nicht, manchen sind froh darüber, andere leiden unter Lnageweile. In Moabit beginnen die Freistunden, Stationsweise auf verschiedenen Höfen. Unter ständigem Gebrüll versucht das Personal das Kommunikationsverbot zwischen Gefangenenverschiedener Stationen durchzusetzen. In Tegel streifen spezielle Sicherheitsteams durch die Anstalt, immer auf der Suche nach Verstößen gegen die Hausordnung.

Mittags ist in Tegel und Plötzensee erneut eine Stunden Aufschluß. man kann sich nun im ganzen Haus bewegen. Speisesäle wie in Knastfilmen gibt es nicht, gegessen wird auf der Zelle, in Moabit bei verschlossener Tür. Anliegen die der Gefangene bis jetzt nicht geklärt hat, können erst am nächsten Tag wieder vorgebracht werden, für die Verwaltung ist Feierabend.

Von 12.30 bis 15.00 werden Nichtarbeiter wieder eingeschlossen. In Moabit findte jetzt Umschluß statt, man kann sich beim Nachbarn einschließen lassen, ausgenommen sind Gemeinschaftszellen und Leute mit Sicherheitsverfügungen. Von 15.00 an finden in Tegel und Plötzensee die Freistunden statt, nach Häusern getrennt, Arbeiter und Nichtarbeiter zusammen. In diesem Zeitraum wird auch das Abendessen verteilt. Jetzt gibt es ein allgemeines hin und her gerenne, bei dem alle versuchen ihren Bedarf an Kaffee, Drogen, Tabak oder Zucker zu befriedigen. Ist auch die Zeit der meisten Schlägereien.

In Moabit ist um 17.00 Nachtverschluß, danach werden Zellen nur noch im Notfall von meheren Beamten geöffnet. In Tegel ist von 16.45 bis 18.00 Einschluß um den Bestand zu überprüfen, in Plötzensee ist Aufschluß bis 19.45. In Tegel ist am fünf Wochentagen nochmal Aufschluß von 18.00 bis 21.45. In diesem Zeitraum ist es möglich sich auf der Station zu bewegen. Die soziale Beziehungen im Stationsleben verlaufen häufig an Herkunftgrenzen, die Russen haben untereinander das kollektivste Verhältnis, Araber kochen mit Araber, Türken spielen mit Türken und Deutschen haben die unsolidarischten Verhaltensweise. Die wichtigsten Gesprächsthemen sind Knastinterna und juristische Probleme. Wer nach dem Grund seiner Inhaftierung gefragt wird sollte das wenigstensAnsatzweise erklären, es gibt nämlich nur eine Personengruppe die ihr Delikt verschweigt.

Das ist der Tagesablauf im Normalfall, in Tegel gibt es Teilanstalten mit kürzeren Aufschlußzeiten bis hin zu Isolationen. In Moabit sind "gefährliche" Gefangene über die Stationen verteilt nehmen aber nicht mit anderen an Freistunde oder Dusche teil. Alle genannten Knäste sind Altbauten aus dem vorletzten Jahrhundert und der entsprechende zustand der Hafträume führt bei manchen Gefangenen zu physischen und psychischen Problemen. Die meisten sind in Einzelzellen, in Tegel gibt es sogar 6Mannzellen. In Moabit verläßt der Gefangene nur noch wegen Besuch, Arzt oder Anwalt seinen Haftraum, vielleicht hat er einmal die WocheSport. In Tegel gibt es zweimal pro Woche Sport, in Plötzensee täglich. Wr grade aus der U-Haft ineine der Strafanstalten verlegt wurde freut sich zunächst mal über die Aufschlußzeiten, eine Kochplatte in der Spülzelle und ein Telefon auf dem Flurkönnen genutzt werden. Die absolut sinnfreie Alltag bringt aber auch viele dazu ihre Zelle gar nicht mehr zu verlassen. Freizeitangebote oder Behandlungsangebote im Sinn des Strafvollzugsgesetzes wurden hier nicht beschrieben, sie existieren nicht in Berlin für Insassen des Regelvollzugs.
 

Editorische Anmerkungen

Der Artikel erschien am 7.4.08 bei Indymedia.