Sinn
eines Zeichens oder einer Zeichenreihe ist sein bzw. ihr
operativer oder auch eidetischer Sinn. |
Nach Gottlob FREGE drücken wir «mit einem Zeichen dessen
Sinn aus und bezeichnen mit ihm dessen Bedeutung» (Sinn und
Bedeutung, 1892). Danach haben die Wörter «Abendstern» und
«Morgenstern» dieselbe Bedeutung, aber nicht denselben Sinn.
FREGES Unterscheidung zwischen Sinn und Bedeutung ist heute
der Sache nach, nicht aber der Terminologie nach allgemein
anerkannt. Was FREGE «Bedeutung» nennt, wird heute als
Designat oder Denotat bezeichnet. |
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Die Bedeutung eines Zeichens, wie sie hier gefaßt wird, ist
demgegenüber als Bestandteil des Sinns dieses Zeichens
anzusehen. Eine allgemeine genaue Abgrenzung zwischen dem Sinn
und der Bedeutung von beliebigen Zeichen und Zeichenreihen zu
geben, ist bisher noch kaum möglich; sie braucht auch vielfach
nicht beachtet zu werden. Dagegen kann die Unterscheidung
zwischen dem Sinn bzw. der Bedeutung eines Zeichens einerseits
und seinem Designat andererseits niemals, ohne Fehler
hervorzurufen, vernachlässigt werden.
Der Terminus «Sinn» wird noch in einem ganz anderen
Zusammenhang benutzt. Man spricht etwa vom Sinn der Geschichte,
vom Sinn des Lebens usw.
Für viele Formen der idealistischen Weltbetrachtung ist der
Sinn eines Gegenstandes, eines Prozesses, einer Entwicklung
durch die Ausrichtung auf ein
anzustrebendes Ziel (Teleologie) gegeben. Es wird auch häufig
vom Sinn einer Struktur, einer gesellschaftlichen Organisation
usw. gesprochen. Hier ist der Begriff des Sinns mit dem der
Funktion verknüpft. Sinnvoll ist eine Struktur, die in der Lage
ist, eine bestimmte Funktion zu realisieren. In diesem Sinne
bezeichnen wir eine technische Konstruktion, eine Maschine usw.
als sinnvoll. Der größere oder kleinere Sinngehalt wird hier
festgelegt durch die bessere oder schlechtere Art und Weise, wie
diese Struktur usw. eine Funktion realisiert.
Der Mensch allein ist bewußter Gestalter von Sinn, und er allein
kann durch seine Tätigkeit den Dingen und Prozessen einen Sinn
verleihen.
Die unbewußte Natur erscheint sinnvoll insofern, als sie
ausschließlich auf Grund des Wirkens von Naturgesetzen
Strukturen zuwege bringt, die eine Funktion mehr oder weniger
gut realisieren. Das gilt auch für den Bereich der organischen
Welt. Dem Beobachter, der nicht in das Wesen der Dinge
eindringt, scheinen viele lebende kybernetische Systeme als
sinnvoll insofern, als sie bestimmte Funktionen in einer Weise
optimal realisieren, die der menschlichen Technik vielfach bis
heute verschlossen ist. Dies erweckt dann den Eindruck, als sei
ein Sinn von außen her - aus einer übernatürlichen Sphäre - i n
diese Systeme hineingetragen. Tatsächlich aber haben sich
optimale Strukturen in der Auseinandersetzung der betreffenden
Systeme mit der Umwelt, unter Verwendung des
Trial-and-error-Verfahrens und auf der Grundlage eines
Ausleseprozesses herausgebildet. Es ist deshalb sinnlos, vom
«Sinn der Welt», vom «Sinn der Natur» usw., jedoch sinnvoll, vom
«Sinn des Lebens», vom «Sinn der Geschichte» usw. zu sprechen.
Editorische
Anmerkungen
Der Text wurde entnommen
aus:
Buhr, Manfred,
Klaus, Georg
Philosophisches Wörterbuch Band 2, Berlin 1970, S.982
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