Ali Yetgin wurde durch internationales Engagement gefunden!


aus: Zeitschrift PARTIZAN / Türkei vom 23. März 2010

04/10

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Der seit dem 8. März vermißte Sozialist Ali Yetgin wurde am 16. März “gefunden”. Laut der türkischen Polizei befindet sich Yetgin seit dem 12. März in istanbuler Metris Gefängnis. Für die linke Opposition, seine Genossen/Freunde und Menschenrechtler in der Türkei ist die Inhaftierungspolitik der türkischen Polizei und Justiz in diesem Vorfall ein neues Beispiel der Mißachtung von Menschenrechten.

Die Politik von Verschwindenlassen im Interesse des Staates

Der leise Tod” oder “Das Verschwindenlassen” sind als Methoden der politischen Ermordung im Interesse des Staates noch weltweit sehr aktuell. Diese Art der Repression der diktatorischen Regime gegen soziale und nationale Befreiungskämpfe sind die brutalsten Methoden der sogenannten “außergerichtlichen Vollstreckung”.

Die Türkische Republik hat in dieser Hinsicht ein besonders negativen Register. Es gibt nämlich laut der Menschenrechtsvereine in der Türkei, mehr als 17.000 Menschen, die als politisch motiviert “Verschwunde” gelten.

In diesem Falle war es nicht verwunderlich, dass ein Abonnenment der revolutionären Zeitschrift “PARTIZAN” oder ein sozialistischer Oppositioneller wie Ali Yetgin eine Woche lang von sich nichts hören lässt, weil er sich in sogenannten “inoffiziellen Polizeigewahrsam” befand. Uns, seiner Familie und seinen Freunden war es von Anfang an klar, dass auch er mit dieser Repressionsmethode “kalt gestellt” werden sollte.

Wenn diese Person, für die Belange der TEKEL ArbeiterInnen in Ankara sich wochenlang aktiv eingesetzt hat, ist er sehr schnell “ein Dorn im Auge” der türkischen Staatssicherheitsorgane. Deswegen wurde Ali Yetgin, als er sich mit den TEKEL Arbeitern in den Widerstandszelten solidarisierte, von der Polizei in Ankara mit den Worten “Wir kennen dich aus Istanbul, warte ab, wir werden uns noch sehen” regelrecht bedorht.

Ein Tag vor seines “Verschwindens” wurde Ali Yetgin auf die Polizeiwache seines Wohnortes bestellt, um angeblich ein Dokument abzuholen. An dem Tag, als er als “verschwunden” erklärt wurde, war sogar die Polizei an seinem Arbeitsplatz, um angeblich nach ihm zu suchen. In Wirklichkeit war die Polizei an seinem Arbeitsplatz um die Öffentlichkeit irre zu führen.

Mit diesen Informationen war uns von ersten Moment an klar, das er von der politischen Polizei fest genommen wurde -obwohl die Festnahme von Anfang an dementiert wurde- und er ein neues Opfer des “Verschwindenlassen” sein würde. Deswegen wurde am 10. März eine sofortige Presseerklärung abgehalten und eine Such und Aktionsgruppe gebildet, um gleichzeitig auch eine internationale Solidaritätskampagne zu starten.

Deswegen wurde auch sofort die Aktionsgruppe “Samstagmütter” über den Fall Ali Yetgin informiert. (Samstagmütter sind Mütter von Verschwundenen, die seit Jahren jeden Samtstag vor dem Galatasaray Gymnasium in Istanbul für die Gerechtigkeit Ihrer Kinder und der Opfer kämpfen.)

Von Ali Yetkin konnten seine Familie und Freunde seit dem Abends des 8. Märzes keine Informationen und Lebenszeichen erhalten. Anti Terror Abteilungen der Polizei, die Gefängnisse in Istanbul, die Krankenhäuser und sogar die sämtlichen Obduktionshäuser der Gerichtsmedizin wurden abgefragt. Die einzige Antwort war “Hier ist er nicht”.

PSTA - startet am 12. März gemeinsame Suchaktionen in Istanbul

PSTA (Familien von Gefangenen und Gefallenen Partizanen) hat eine Aktionsprogramm erarbeitet und diese anderen demokratischen Organisationen vorgestellt. Nach der gemeinsamen Optimierung der Suchaktionen wurde am 12. März im Haus des Menschenrechtsvereins (IHD-Istanbul) eine Pressemitteilung abgehalten.

Diese Pressemitteilung von PŞTA wurde von Birsen Gülünay, die selbst seit Jahren ihren Ehemann vermisst, vorgetragen. Sie hat auf diese politische “Problematik des Verschwindenlassen” hingewiesen und hat die Staatsicherheitsorgane zur Verantwortung gerufen. Auch die Familie von Yetgin hat sich bei der Presseerklärung zum Wort gemeldet und die sofortige Aufklärung verlangt.

Täter sind bekannt, Wo ist Ali Yetgin?”

Am 14. März vor dem Galatasaray Gymnasium wurde diese Frage gemeinsam gestellt, um Ali Yetgin endlich zu finden machen. Bei dieser gemeinsamen Aktion in Form einer Demo wurde ein Transparent mit dem Schrift “Ali Yetgin will man im Gewahrsam verschwinden lassen” getragen. Vor dem Gymnasium wurde eine Sitzblockade abgehalten, wobei die Mutter von Ali Yetgin ohnmächtig wurde. Darauf hin wurden die Menschen gemeinsam laut und riefeb den Slogen “Der Zorn der Mütter wird die Mörder besiegen!”.

Währende dieser Sitzblockade hat Birsen Gülünay die gemeinsame Erklärung vorgetragen. Kurz danach hat der Bruder Haydar Yetgin im Namen der Familie eine Erklärung abgegeben, in der er die sofortige Aufklärung forderte und seine Befürchtung um das Wohlergehen seines Bruders mitteilte.

Jeden Abend Demonstration in Taksim

Am 15. März wurde in Taksim/Istanbul eine Demonstration organisiert. “Ali Yetgin will man in Gewahrsam verschwinden lassen!”, “Er wurde gesund festgenommen, wir wollen ihn gesund und lebend zurück!”, “Der faschisticher Staat wird zur Verantwortung gezogen!”, “Ali Yetgin ist nicht alleine!”, “Gemeinsam sind wir stark!”.

Solche Parolen wurden wieder gemeinsam und laut gerufen. Der Demozug ging wieder bis vor dem Galatasay Gynasium, wobei die Vertreterin der PSTA Semiha Köz eine Rede hielt. Köz sagte: “ Yetgin wurde bis vor seinem Verschwindenlassens von der Polizei “gesucht”. Aber nach dem er verwunden ist, wird nicht mehr nach ihm gesucht. Ist doch sehr auffällig, oder?” Sie hat für das Verschwinden von Ali Yetgin die Polizei verantwortlich gemacht und hat die Öffentlichkeit zur Wachsamkeit aufgerufen um die sogenannte “außerordentliche Volstreckungspolitik des Staates” zu verhindern.

“Er wurde gesund festgenommen, wir wollen Ihn gesund und lebend zurück!”

Nach dieser gemeinsamen Parole wurden weitere Soli-Aktionen durchgeführt, um ein Lebenszeichen für Ali Yetgin zu erhalten. So wurde die legändere erste Brücke von Istanbul von vielen Menschen besetzt. Dabei wurden 12 Personen durch die Polizei regelrecht verprügelt und vorübergehend festgnommen und am nächsten Tag wieder freigelassen. Bei dieser Besetzungsaktion stellten die Aktionisten die Frage “Wo ist Ali Yetgin?”

Um diesen öffentlichen Fragen noch mehr Ausdruck zu verleihen haben die Leser der Zeitschrift Partizan vor dem Büro der Regierungspartei AKP weitere Aktionen durchgeführt, wobei Birsen Gülünay, Pınar Kalaycı, Süleyman Şahin und Ekin Kaan durch brutale Polizeigewalt in Gewahrsam genommen wurden. Auch Sie wurden misshandelt, bedroht und am nächsten Tag wieder freigelassen.

Serafettin Halis, als Abgeordnete der Partei BDP, stellte im türkischen Parlament die Frage von Ali Yetgin auf die Tagesordnung des türkischen Palaments gebracht. Der Innenminister Besir Atalay wurde mit den Fragen konfrontiert wie “ Herr Atalay werden Sie im Fall Ali Yetgin was unternehmen? Wollen Sie diesen Fall aufkären? Oder werden Sie gegen Polizeibeamte, die gesagt haben sollen “wir sehen uns in Istanbul wieder” was unternehmen? Auf diese Fragen wurden leider keine konkrete Antworten erhalten.

Aktionen in ANKARA

Demokratische Institutionen und Organisationen in Ankara haben erklärt “wenn Ali Yetgin was passiert, werden wir den Innenminister und den Sicherheitsdirektor von Istanbul zur Verantwortung ziehen”.

Die Zeitschrift Partizan, Volkshäuser, Sozialistische Partei der Unterdrückten (ESP), Föderation der demokratischen Rechte, Einheitliche Revolutionäre Gewerkschaftsplatform (BDSP) haben im IHD Büro in Ankara eine Presseerklärung veröffentlicht, in der die sofortige Aufklärung des Falles gefordert wurde. Am 16. März wurde durch den Polizeidirektor Hüseyin Capkin der Familie mitgeteilt, dass Ali Yetgin sich in Metris Gefängnis/Istanbul befindet.

Bis heute (23. März) konnten seine Anwälte mit ihm keine Verbindung aufnehmen. Bis heute wissen wir nicht weswegen er dort festgehalten wird? Bis heute wissen wir nicht wie sein gesundheitlicher Zusatand ist? Bis heute wissen wir nicht, ob er mißhandelt wurde oder nicht? Bis heute haben wir kein Lebenszeichen von anderen tausenden Verschwundenen?

Für die Öffentlichkeit stellen sich bestimmte Fragen wie z.B. warum die Sicherheitsbehörden im diesem Fall eine Woche lang geschwiegen haben? Warum wurde seiner Familie die Festnahme nicht mitgeteilt, obwohl er am 12. März der Gefängnisleitung in Metris ein Antrag gestellt hätte mit der Forderung sofort mit seiner Familie und dem seinem Anwalt zu kontakten? Weshalb hat die Polizei es nötig, jemanden wie Ali Yetkin, dessen Wohn und Arbeitsort bekannt ist, auf inoffizieller Art und Weise fest zu nehmen?

Zeitschrift PARTIZAN bedank sich

Die Zeitschrift Partizan bedankt sich bei der internationalen Öffentlichkeit für die schnelle und beispielhafte Solidarität. Denn nur durch diese effektive internationale Solidarität konnte verhindert werden, dass Ali Yetgin nicht zu den Opfern der Verschwundenen gehört. Die Aktionen unter dem Motto “Er wurde gesund festgenommen, wir wollen ihn gesund undlebend zurück” haben einen großen Etappensieg errungen. Jetzt geht es darum, ihn aus dem berüchtigten METRIS Gefängnis raus zu holen.

Deshalb senden wir unsere solidarische und kämpferische Grüße an allen internationalen Organisationen, die sich bei der Suchaktion in irgendeiner Form beteiligt haben.

Bitte verfolgt diesen Fall weiterhin und erhöht den gemeinsamen Kampf gegen Faschismus, Imperialismus und jegliche fundemantalistiche Reaktion!

  • Hoch die internationale Solidarität!

  • Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker!

  • Schluss mit der Repression gegen Revolutioäre und Sozialisten!

  • Freiheit für alle politischen Gefangenen

Kontakte für weiteres Engagement:

Zeitschrift Partizan: umutyayincilik1972@hotmail.com,

PSTA
:
psta_bulten@hotmail.com
Tel: 0090-212- 521 34 30, Fax: 0090-212-621 61 33

Menschenrechtsverein
  Tel: 0090-2122444423 Fax: 0090-2122513526, istanbul@ihd.org.tr

Rechtsanwältin von Ali Yetgin:
GÜL ALTAY, ACILIM JUSTIZ BÜRO

Tel: 0090-
532- 367 15 33,
acilim2000@hotmail.com

Für internationale kontakte ATIK, konsey@atik-online.net, international@atik-online.net

Editorische Anmerkungen

Wir  erhielten die deutsche Übersetzung des  Artikels von ATIK.