trend spezial: Die Organisations- und Programmdebatte

Die Agonie der Kommunistischen Initiative und der Zustand der kommunistischen Kräfte in der BRD

von Anna C. Heinrich / Frank Flegel

04-2013

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Vorbemerkung: Wir haben immer vertreten, dass es jenseits der SiB-NaO-Initiative relevante Vereinigungsversuche auch in anderen Spektren gibt. Heute dokumentieren wir den Zustand bzw. das Scheitern der Kommunistischen Inititiative. Bezeichnend ist hier, wie für andere Zirkel, die sich für den Wiederaufbau einer revolutionären Partei in Deutschland einsetzen, dass programmatische und organisatorische Fragen als rein ideologische völlig losgelöst von den Klassenkämpfen behandelt werden. Dass revolutionäre Theorie auf den Prüfstand der politischen Praxis gehört, erscheint bei jenen Kräften  nur als ein reines Lippenbekenntnis aus der Froschperspektive der selbstverschuldeten Zirkelnische. Die Frage der Einheit wird damit auf schlichte Lippenbekenntnisse heruntergebrochen und verkommt zum moralischen Appell an den Willen. / kamue - red. trend

Seit ca. 2005 hatten wir in der offen-siv, in unserem Herausgebergremium und dann auch im von uns organisierten marxistisch-leninistischen Fernstudium die Frage der Einheit derjenigen Genossinnen und Genossen, die den Marxismus-Leninismus auch unter dem Druck des immer weiter um sich greifenden Revisionismus und Zentrismus bewahren und behaupten wollen, diskutiert.

Diese Diskussionen führten im Jahr 2008 zur Formulierung des Aufrufes zur Gründung der Kommunistischen Initiative in Deutschland.

Er sei hier nochmals wiederholt:

Aufruf: Schafft die Kommunistische Initiative in Deutschland!

Der Imperialismus

Jugoslawien, Kongo, Irak, Tschetschenien, Libanon, Kolumbien, Georgien – die Liste der Kriege ließe sich verlängern; sie steht für die sich zuspitzenden imperialistischen Versuche, nach dem Sieg der Konterrevolution in Ost-Europa die Welt neu aufzuteilen. Dieser Aggression des Imperialismus nach außen entspricht eine wachsende Aggression nach innen: immer rasanter werdender Sozialabbau, Zerschlagung demokratischer und sozialer Rechte bis hin zu Faschisierungstendenzen, aggressiver Chauvinismus, Rassismus, die Vernichtung der ökologischen Grundlagen des Lebens. Das alles ist nichts anderes als ordinärer Imperialismus, auch wenn er in die Worte „Neue Weltordnung“ oder „Globalisierung“ gehüllt wird. Seit dem zeitweiligen Sieg der Konterrevolution Ende der 80er/Beginn der 90er Jahre in Ost-Europa, besonders in der Sowjetunion und der DDR, belegen dies die imperialistischen Verteilungskämpfe als Ausdruck der sich immer rasanter entwickelnden Konkurrenz unter den imperialistischen Hauptmächten. Vor allem verschärfen sich die Widersprüche zwischen der imperialistischen (noch) Hegemonialmacht USA und einem systematisch stärker und aggressiver werdenden imperialistischen Europa unter deutsch/französischer Führung.

Wie wir es auch drehen und wenden mögen: die Leninsche Imperialismustheorie hat nichts an ihrer Aktualität und ihrem Wert verloren. Die alltägliche Barbarei des Imperialismus belegt sie immer wieder auf Neue!

Weltweiter Widerstand

Wir können allerdings gerade in den letzten Jahren beobachten, dass sich die Widerstandskräfte - wenn immer auch noch sehr widersprüchlich, spontan und unkoordiniert – immer erkennbarer zu formieren beginnen, besonders im Nahen Osten und Lateinamerika (Stichworte hierfür sind u.a. entsprechende Entwicklungen in Nikaragua, Bolivien oder Ecuador). In diesem Zusammenhang spielen jene Länder, die sich weiterhin einem sozialistischen Entwicklungsweg verpflichtet fühlen oder gar eine revolutionäre Etappe beschritten haben, eine ganz besondere, orientierende Rolle.

Vor allem das sozialistische Cuba und das revolutionäre Venezuela seien hier stellvertretend genannt. Der Sieg des libanesischen Widerstandes unter Führung von Hizbollah gegen eine überlegene israelisch-zionistische Invasionsarmee 2006, der ungebrochene Widerstand des palästinensischen Volkes sowie der anhaltende, auch bewaffnete Widerstand des irakischen Volkes gegen die imperialistischen Yankee-Okkupanten sind im Nahen Osten heroische Beispiele dafür, dass auch unter den imperialistischen Bedingungen der so genannten „Neuen Weltordnung“ Widerstand möglich ist und sogar siegreich sein kann!

Folgen der Konterrevolution

Dieser Widerstand entwickelt sich wieder und auch schneller, obwohl die Ideologen der Bourgeoisie nach dem zeitweisen Sieg der Konterrevolution siegestrunken das „Ende der Geschichte“ verkündeten. Zu Beginn der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts schienen ihnen einige Entwicklungen, oberflächlich betrachtet, auch Recht zu geben. Nicht wenige nationale und revolutionäre Befreiungsbewegungen brachen entweder zusammen oder gingen existenzbedrohende Kompromisse mit dem imperialistischen Feind ein, die kommunistische Bewegung schien zu implodieren:  einige Parteien lösten sich nahezu lautlos auf, andere verwandelten sich direkt in offene sozialdemokratische Formationen oder begaben sich ganz offiziell auf revisionistische Entwicklungswege. Nur eine kleine Minderheit verteidigte den Marxismus-Leninismus als Fundament und Programmatik. In Deutschland wurde in diesem Zusammenhang aus der SED über einige organisatorische Zwischenschritte die sozialdemokratisierte Partei „Die Linke“; die DKP hat sich auf einen immer abschüssiger werdenden revisionistischen Weg begeben.

Die Lage in Deutschland

Aber auch im imperialistischen Deutschland nimmt der Widerstand - ebenfalls sehr zäh und langsam, spontan und unkoordiniert - zu. Die objektiven Bedingungen für einen sich verschärfenden Widerstand, ein immer rasanter werdender Sozialabbau mit sich ausbreitender Armut sowie eine immer reaktionärer werden Formierung des bürgerlichen Staates, der sogar bürgerlich-demokratische Rechte zu ersticken sucht, wachsen an. Immer mehr Menschen, vor allem junge Arbeiter, Schüler und Studenten, suchen nach einer Alternative zum imperialistischen System. Dies ist unter anderem eine Erklärung für die anhaltende, deutliche Unterstützung für die sozialdemokratische Partei „Die Linke“, die aber mit ihrer antikommunistischen Politik und ihrem affirmativen Parlamentarismusverständnis objektiv systemintegrativ wirkt, die wachsende Wut der Menschen im Rahmen des bürgerlichen Systems kanalisierend. An dieser Tatsache ändert auch die so genannte „Kommunistische Plattform“ (KPF) in der Partei „Die Linke“ nichts; im Gegenteil, diese Formation dient als „linkes“ Feigenblatt einer insgesamt nicht-marxistischen, sozialdemokratischen Partei. Mit Marxismus-Leninismus, wissenschaftlichem Sozialismus, hat dies nichts mehr zu tun... Die formal stärkste unter den kommunistischen Formationen, die „Deutsche Kommunistische Partei (DKP)“ trabt objektiv der Entwicklung der PDS/Linkspartei/Die Linke seit dem Sieg der Konterrevolution in der DDR und der revisionistischen, schrittweisen Umwandlung der SED zur sozialdemokratisierten Partei „Die Linke“ hinterher. Sie hat sich mit dieser Bündnispolitik fast schon in eine babylonische Gefangenschaft Partei „Die Linke“ manövriert, die auch nicht wesentlich vom in der Partei „Die Linke“ anwachsenden Antikommunismus erschüttert wird – sogar, wenn es, wie mit Genossin Christel Wegner, eigene Mitglieder trifft. Erklärlich wird dies nur, wenn man die Entwicklung der DKP in den vergangenen Jahren betrachtet, die 2006 in die Annahme eines revisionistischen Parteiprogramms mündete und damit einer weiteren

Entwicklung einer noch offener revisionistischen Politik und Programmatik eine Basis gab. Diese nun revisionistische DKP sucht u.a. danach, weiterhin kompatibel zur Partei „Die Linke“ zu bleiben...

Was aber trotzdem jeden Tag deutlicher wird: es fehlt eine revolutionäre Kraft mit klaren Positionen und einer Strategie, die in der Lage ist, den Widerstand zuzuspitzen, ihm Organisation, Ziel und Orientierung zu geben. Kurzum: es fehlt eine einheitliche Kommunistische Partei, die fest auf dem Boden des Marxismus-Leninismus steht.

Die Notwendigkeit der Kommunistischen Partei

Die Widersprüchlichkeit der Situation der kommunistischen Bewegung in Deutschland zeigt sich immer zugespitzter. Auf der einen Seite wird die Notwendigkeit einer einheitlichen, marxistisch-leninistischen Kommunistischen Partei immer deutlicher; auf der anderen Seite hält der Niedergang der kommunistischen Bewegung in Deutschland an. Sie ist zersplittert, in verschiedene Parteien, Organisationen, Projekte gespalten. Politisch in ihr dominant sind nach wie vor unterschiedlichste revisionistische Konzeptionen. Verschiedene Versuche, in den letzten Jahren zu mehr Einheitlichkeit unter den zersplitterten Kommunisten zu kommen, sind kläglich gescheitert, weil sie über keine klare, marxistisch-leninistische Basis und damit auch keinerlei strategische Konzeption verfügten. Tatsache ist: verantwortlich für die anhaltende Zersplitterung, Schwäche sowie den schleichenden Niedergang der kommunistischen Bewegung (nicht nur) in Deutschland ist der Revisionismus, d.h. die Erosion der politisch-ideologischen wie auch organisatorischen Grundlagen des wissenschaftlichen Sozialismus und damit der Kommunistischen Partei. Gleichzeitig wird jedoch der Wunsch nach Einheit unter den Kommunisten stärker. Die Erfahrungen wie auch die vorhin kurz skizzierte Lage der kommunistischen Bewegung in Deutschland macht es jedoch unrealistisch, darauf zu hoffen, dass eine solche Einheit von den Organisationen herbeigeführt, getragen und umgesetzt wird.

Alternative Beispiele aus dem Ausland

Es geht jedoch auch anders, auch im imperialistischen Europa. Die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) verbindet alle Elemente, die das Wesen einer lebendigen, revolutionären Kommunistischen Partei ausmachen: das prinzipielle Festhalten an allen wissenschaftlichen Grundlagen des Marxismus-Leninismus, die Orientierung auf die revolutionäre Führung der Arbeiterklasse und deshalb die organische Verbindung mit ihr, die fundamentale Klarheit zur Schaffung aller notwendigen Voraussetzungen für einen revolutionären Sturz des imperialistischen Systems, die Errichtung der Diktatur des Proletariats, des Aufbaus des Sozialismus und Kommunismus. Diese Klarheit und Prinzipienfestigkeit hat die KKE zu einer Partei geschmiedet, die lebendig und den Massen zugewandt ist, deren Einfluss ständig wächst! In Österreich haben Genossinnen und Genossen die „Kommunistische Initiative“ gegründet, um KommunistenInnen gegen die völlig im revisionistischen Sumpf entartete Bundes-KPÖ („Kommunistische Partei Österreichs“) zu sammeln und erfolgreich zu organisieren. Ihr langfristiges Ziel ist es dabei, eine einheitliche Kommunistische Partei in Österreich aufzubauen, die sich vom Marxismus-Leninismus leiten lässt.

Klarheit vor Einheit

Die Analyse der Rolle des Revisionismus als Basis für die Konterrevolution sowie der Spaltung, Zersplitterung und dem Niedergang der kommunistischen Bewegung wie aber auch die unterschiedlichen positiven aktuellen Erfahrungen u.a. der griechischen wie auch der österreichischen Genossen halten uns deutlich vor Augen, dass Klarheit das Fundament jeder kommunistischer Politik und Organisation sein muss, will sie nicht ihren Charakter verlieren. Diese Klarheit muss im Wesentlichen aus drei Elementen bestehen, die durch den wissenschaftlichen Sozialismus deutlich formuliert werden:

- das Anerkennen ALLER wissenschaftlichen Grundlagen des Marxismus-Leninismus, so besonders der Gültigkeit der Leninschen Imperialismus-, Staats-, Revolutions- und Parteitheorie, des proletarischen Internationalismus sowie auch der heroischen Geschichte der kommunistischen Bewegung als notwendige Antwort auf die reformistische Versumpfung und den Klassenverrat der Sozialdemokratie;

- das Anerkennen der Rolle der sozialistischen Länder, insbesondere der Sowjetunion und der DDR als größter Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung. Der Sozialismus, für den wir im imperialistischen Deutschland kämpfen, wird vom revolutionären Erbe der DDR, des ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Boden, geprägt sein. Damit wird das klare und eindeutige Verhältnis zur DDR zum Prüfstein für jeden deutschen Kommunisten, gerade und insbesondere auch heute!

- das Anerkennen der Notwendigkeit des Kampfes der Kommunistischen Partei gegen jede Form des Revisionismus und Reformismus, denn der Revisionismus war und ist die Hauptbasis für den zeitweiligen Sieg der Konterrevolution in Europa, die Spaltung, Zersplitterung und Schwächung der kommunistischen Bewegung!

Nach Lenin steht Klarheit hinsichtlich dieser politisch-ideologischen Basis vor Einheit. Für diese Klarheit soll auch die „Kommunistische Initiative“ in Deutschland stehen.

Die Möglichkeiten einer „Kommunistischen Initiative“ in Deutschland

Sie eröffnet die Perspektive für eine von uns angestrebte Sammlung und Organisierung von Genossinnen und Genossen. Zunächst wollen wir deshalb mit diesem Aufruf alle ansprechen, die für die Einheit der Kommunisten auf marxistisch-leninistischer Grundlage in Deutschland eintreten. Wir wollen damit die Unterstützerinnen und Unterstützer dieses Aufrufs zunächst einmal sammeln. Dafür haben wir ein Koordinierungsgremium ins Leben gerufen, dessen Aufgabe es ist, in engem Kontakt mit den Unterstützerinnen und Unterstützern die nächsten organisatorischen Schritte für die Gründung der „Kommunistischen Initiative“ in Deutschland als eines organisierten Sammelbeckens aller marxistisch-leninistischen Kräfte vorzubereiten. Damit öffnet die „Kommunistische Initiative“ in Deutschland zugleich den Horizont für eine langfristig anzustrebende Formierung einer einheitlichen, marxistisch-leninistischen Kommunistischen Partei.

Wir wendet uns daher an alle in Deutschland, die sich als Kommunisten verstehen - ob organisiert, unorganisiert oder nicht mehr organisiert sowie an alle – besonders junge Arbeiter, Schüler und Studenten -, die nach einem revolutionären Bruch mit dem imperialistischen System streben: diskutiert die Lage! Nehmt Kontakt zum Koordinierungsgremium der „Kommunistischen Initiative“ auf! Propagiert und schafft gemeinsam mit uns eine „Kommunistische Initiative“, die willens und in der Lage ist, in einem längerfristigen Prozess die Bedingungen für die Formierung einer einheitlichen, marxistisch-leninistischen Partei in Deutschland zu schaffen!

Diese Partei wird uns nicht geschenkt werden, WIR müssen die Formierung der Kommunistischen Partei in unsere Hände legen! Ohne eine lebendige, einheitliche, marxistisch-leninistische Kommunistische Partei wird es keinen revolutionären Bruch mit diesem imperialistischen System, kein Ende der Barbarei, keinen Sozialismus und Kommunismus geben!

Gehen wir deshalb mit klaren Positionen und revolutionären Visionen einen Schritt vorwärts: Schaffen wir DESHALB die „Kommunistische Initiative“!

Sozialismus oder Barbarei!
 

So weit der Aufruf.

Es meldeten sich mehrere Hundert Interessierte, ein Ansturm, der die das Ganze organisierenden Genossen fast überforderte.

Wir hatten zwischen durch Pläne, die geplante Sammlungsbewegung in Regionalgruppen zusammenzufassen, dabei niemanden aus seinen bisherigen Strukturen herausberechen zu wollen, sondern ein zusätzlicher, klärender und auf Grundlage der Klärung vereinigender Faktor zu sein. Wir wollten ein möglichst regelmäßig erscheinendes Print-Organ, die „Einheit“ schaffen, wir wollten eine breit angelegte interne Schulungsaktivität entfalten, die mit der Kaderschulung begann, wir hatten einen recht gut funktionierenden Internet-Auftritt und ein hervorragend gemachtes monatliches KI-Info als Internet-Zeitung.

Nun, Anfang 2013, stehen wir am Ende dieses Projektes. Im ersten Drittel des vergangenen Jahres schieden wir, also Anna und Frank, aus der KI aus. Die mit einem unglaublichen Wagenburgdenken verbundene rüde Form der Kritik nach innen und die ebenso rüde Abgrenzungspraxis nach außen, dazu die innere, informelle Machtstruktur, die jedes gewählte Organ aushebelte und eine wachsende Anzahl nicht mehr diskutierbarer Wertungen und Entscheidungen hervorbrachte, ließen uns persönlich keine andere Möglichkeit mehr. Die darauf folgenden Überlegungen und Verhandlungen über eine mögliche Übergabe der offen-siv an die führenden Kader der KI - wir wollten ja keinen endgültigen, offenen, für alle sichtbaren Bruch - scheiterten dann im Sommer 2012. Daraufhin mussten wir nicht nur persönlich, sondern nun auch öffentlich und politisch, nämlich für die offen-siv einen organisatorischen Trennungsstrich ziehen und das bisherige Herausgebergremium, den „Verein zur Förderung demokratischer Publizistik“, der inzwischen mehrheitlich aus KI-Mitgliedern bestand, auflösen(75).

Seit September 2012 ist die Homepage der KI nicht mehr aktualisiert worden, es erschien seitdem kein KI-Info mehr, vorher schon ist die Kaderschulung abgebrochen worden zugunsten eines inneren Klärungsprozesses, dieser jedoch ist schon vor seiner Umsetzung stecken geblieben. Ein Exekutivkomitee nach dem anderen hat sich als nicht handlungsfähig erwiesen oder wurde dafür erklärt, so dass regelmäßig andere Genossinnen und Genossen einspringen mussten. Immer mehr Genossinnen und Genossen verstummten, wurden inaktiv, zogen sich zurück, so dass in einem internen Rundbrief der Vorsitzenden der KI Anfang Dezember 2012 feststellen muss, dass die KI nicht mehr in der Lage ist, eine jährliche Mitgliederversammlung zu organisieren (so, wie sie in der Satzung der KI festgeschrieben ist), weil die Kaderdecke zu dünn und die Führungsgremien inaktiv und handlungsunfähig seien. Da es sich um einen internen Rundbrief handelt, kann er hier nicht abgedruckt oder in den gesamten Inhalten wiedergegeben werden. Es soll deshalb nur noch eine Äußerung erwähnt sein: Der Vorsitzende der KI stellt das Scheitern des Gründungsaufrufs der KI fest. Originalton: „Zudem war der Ur-Gedanke, die „Einheit“ der Kommunisten in der BRD auf diese Art und Weise herbeizuführen, ersichtlich gescheitert. Große organisierte ML-Zirkel in den revisionistischen Parteien gibt es nun nach mehreren Prüfungen in der Praxis nicht und damit auch keine Grundlage für den Aufruf der KI in dieser Art.“ Wir wollen es dahingestellt sein lassen, ob er den Aufruf falsch verstanden hat oder nicht. Eins aber ist deutlich: das ist das Ende, auch wenn sich die KI nicht formell aufgelöst hat.

Damit entsteht eine neue Situation, was die kommunistische Bewegung bzw. das, was von ihr übrig geblieben ist, angeht.

Ein kurzer Überblick:

Wir haben schon viele Analysen über den Weg und den Charakter der DKP gebracht. Im letzten Jahr hat sich nichts wesentliches verändert, die DKP ist noch immer eine Partei mit einem revisionistischen Programm - insofern eine revisionistische Partei - , in der offen revisionistische, reformistische, anti-leninistische Kräfte die Führung stellen und große Teile der Politik bestimmen – und in der es eine Minderheitsströmung, die so genannte „DKP-Linke“ gibt, die vorgibt, den Marxismus-Leninismus zu verteidigen, aber dann, wenn es darauf ankommt, jede revisionistische Kröte schluckt, weil die Einheit der Partei nicht gefährdet werden dürfe. Somit verhält sie sich zentristisch. Apropos Zentrismus(76): Es scheint sich – vor allem in Berlin und auf dem Territorium der früheren DDR – so eine Art zentristischer Block herauszubilden, der aus Personen aus der PDL (um Hans Modrow), aus der KPF, aus dem Marxistischen Forum, aus der DKP, aus dem RotFuchs, aus der Tageszeitung junge Welt („Wir sind eine multiplurale linke Zeitung“, so Peter Wolter als Begründung für die Ablehnung eines Artikels) sowie aus den ostdeutschen Verbänden besteht. Der RotFuchs hat in diesem Formierungsprozess eine herausragende Rolle, wie das Referat von Götz Dieckmann in Rostock belegt. Die politisch-ideologische Ausrichtung leitet unter dem Deckmantel eines immer aggressiver werdenden „Antistalinismus“ den Abschied von leninistischen Positionen ein - wie Parteitheorie, Imperialismustheorie, Planwirtschaft als aufzubauende Wirtschaftsform des Sozialismus usw. Gleichzeitig wird in diesem Block ein DDR-Bild kultiviert, das sehr oberflächlich eine gewisse DDR-(N)ostaligie fördert. Natürlich ist der Prüfstein für jeden Kommunisten in der imperialistischen BRD sein Verhältnis zur DDR als größter Errungenschaft der Arbeiterbewegung in Deutschland. Der skizzierte Block (und insbesondere der RotFuchs) beschränken sich jedoch auf Oberflächenaspekte. Sie betonen nicht, sondern lassen ganz im Gegenteil unter den Tisch fallen, dass wegen der Verwirklichung von Grundpositionen der Kommunisten (Diktatur des Proletariats, Entwicklung der SED zur Partei Neuen Typs, Planwirtschaft) die Verteidigung der DDR vor allem als Orientierung und Kompass in die Zukunft weist. Auch verschweigt der Block die Rolle des Revisionismus wie auch seiner herausragenden Figuren (wie z.B. Hans Modrow, Egon Krenz, die Brie-Brüder, Mischa Wolf, Gregor Gysi, Ellen Brombacher usw.) als notwendiges Fundament für die schließlich siegreiche Konterrevolution. Verständlich, denn verschiedene genannte revisionistische Persönlichkeiten spielen wichtige Rollen innerhalb des Blocks, der sich natürlich durch ganz besondere Aggressivität bei der Bekämpfung marxistisch-leninistischer Kräfte auszeichnet.

Und was bewegt sich „links“ davon, also auf Positionen des Marxismus-Leninismus? Da gibt es unorganisierte Genossen/innen, einzelne Genossen/innen der DKP, da gibt es (noch) die KPD, bei der man allerdings Angst haben muss vor einer Anpassung an den skizzierten Block, denn die KPD tut fast alles für eine Anerkennung ihrer selbst durch die oben genannten Kräfte und hat deshalb die Kritik am Revisionismus fast gänzlich eingestellt. Da gibt es die offen-siv, und da gab es die KI.

Das Ende bzw. die Agonie der KI lässt eine dramatische Situation entstehen, weil nach ihrem Scheitern – mal wieder – keine selbstbewusste Kraft zu erkennen ist, die das Spektrum des Marxismus-Leninismus zusammenfassen und organisieren könnte. Die Gegenkräfte gegen den Revisionismus sind wesentlich geschwächt, damit wird sich der Zentrismus noch weiter ausbreiten können. Nach solchen Katastrophen wie der der Agonie der KI ist der Boden meistens für einige Zeit verbrannt.

Die Lage der kommunistischen Bewegung in der BRD wird in Zukunft also noch schwieriger werden. Die offen-siv ist von der Situation stark in Mitleidenschaft gezogen, wir haben in den letzten beiden Jahren langsam, aber stetig und auf die Länge nicht unwesentlich viele Abonnenten/innen verloren und im Gegenzug nur sehr, sehr langsam neue Leser/innen gewinnen können. Der Rechenschaftsbericht für das Jahr 2012 spricht Bände…

Um so mehr müssen wir uns anstrengen, um der Funktion, die die offen-siv schon immer hatte, aufrecht zu erhalten, nämlich im tiefen Tal dieser seit nun schon rund 25 Jahren anhaltenden Epoche der Konterrevolution die Flamme der Revolution, des Marxismus-Leninismus, der Befreiung der Menschheit von Unterdrückung, Ausbeutung, Imperialismus und Krieg nicht erlöschen bzw. von linkssozialdemokratischen und revisionistischen Kräften ersticken zu lassen, sondern sie weiter zu tragen bis in bessere Zeiten. Zugegeben, das ist ein sehr bescheidener Anspruch, der wenig von Mobilisierungs- und Organisationskraft, Einmischen in die Kämpfe und Widerstandsentwicklung spricht.

Aber leider zwingt uns die Situation der offen-siv zu solcher Bescheidenheit: wir wären zur Zeit weder in der Lage, solche Großveranstaltungen wie die zum 50. und 60. Jahrestag der Gründung der DDR 1999 bzw. 2009 oder die Imperialismus-Veranstaltung im Jahr 2000, Veranstaltungen wie die Lesung mit Harpal Brar und Kurt Gossweiler in Berlin, die beiden Lesereisen mit Harpal Brar zum Thema Imperialismus und zum Thema Gorbatschowismus/Perestroika durch West- und Ostdeutschland (alles Anfang der 2000er Jahre) oder ein marxistisch-leninistisches Fernstudium, wie wir es in mehreren Durchgängen während der Jahre 2006 - 2009 organisiert haben, durchzuführen.

Dazu fehlen uns im Moment sowohl die finanziellen als auch die personellen Möglichkeiten. Die Brötchen, die wir jetzt backen müssen, sind viel kleiner: es geht darum, ob die offen-siv die entstandene Katastrophe überlebt oder nicht.

Anmerkungen

75) Wie richtig diese Entscheidung war, zeigt ein kleines Beispiel: Das Vereinsrecht schreibt vor, dass bei einer Vereinsauflösung das Vereinsvermögen liquidiert werden muss, die Mitglieder also vor der Auflösung entscheiden müssen, was damit geschehen soll. Die Mehrheit der KI Mitglieder in unserem Herausgebergremium sorgte dafür, dass das vorhandene Vereinsvermögen, das sich aus den Mitgliedsbeiträgen angesammelt hatte, komplett - wir hatten 50% vorgeschlagen - an die KI überwiesen wurde. Mit einem sich solcherart gebärdenden Herausgebergremium wäre die Zukunft der offen-siv sicherlich nicht gestaltbar gewesen. Deshalb sind wir froh, den Schritt der organisatorischen Trennung vollzogen zu haben.

76) Der Begriff besagt, dass man die Koexistenz von Revisionismus und Marxismus-Leninismus in einer politischen Organisation für möglich hält, damit die Einheit grundsätzlich widersprüchlicher Klassenlinien postuliert und dem Revisionismus in der kommunistischen Partei ein Daseinsrecht zuspricht, das alles, ohne selbst auf offen revisionistische Positionen überzugehen. Gerade letzteres Verhalten macht den Zentrismus so schwer durchschaubar.

Editorische Hinweise

Quelle: offensiv – Zeitschrift für Sozialismus und Frieden, Ausgabe Januar/ Februar 2013, S. 68-77