Der Historiker Sándor Szakály
wurde zu Beginn des Jahres von der Regierung Orbán mit der
Leitung eines unmittelbar dem Staatssekretär im Amt des
Ministerpräsidenten unterstehenden Geschichtsinstituts
beauftragt, das, den Statuten folgend, unter anderem die Aufgabe
hat, in Ungarn die "Stärkung des nationalen Zusammenhalts" zu
fördern - oder was man derzeit in der ungarischen Regierung
unter Wissenschaft versteht. Ein sich wissenschaftlich tarnendes
Regierungsinstitut!
Skakály hat sich vor kurzem damit unbeliebt gemacht, daß er die
Maßnahmen der Gendarmerie des faschistischen Horthyregimes, mit
denen zehntausende Juden und Jüdinnen, auch Roma, nach Polen und
in den Tod geschickt wurden, als "fremdenpolizeiliche Maßnahme"
verharmlost hat.
Dahinter steht die Auffassung, Juden und Jüdinnen wären nichts
als heimatlose Parasiten – eine Auffassung, die in der neuen
Rechten, den neuen faschistischen und nazistischen Bewegungen,
Organisationen und Milieus immer mehr um sich greift und schon
Gemeingut geworden ist.
Diese Äußerung war der Höhepunkt in einer Reihe von
revisionistischen und faschismusverharmlosenden Äußerungen und
Thesen dieses Rechts-Historikers, die insgesamt auf ein großes
Projekt hinauslaufen, nämlich den Horthy-Faschismus, dessen
Ideologie die derzeitige Regierung als Vorläuferkraft,
Rechtfertigung und ideologische Konsolidierung ihrer eigenen
Politik verwendet, salonfähig zu machen.
Der Verband der Jüdischen Kultusgemeinden Ungarns Mazsihisz hat
aus Protest gegen den „Sager“ Szakálys die Teilnahme an den
staatsoffiziellen Gedenkfeiern zum khurbn (shoah, Holocaust)
abgesagt.
Ein im Wiener Collegium Hungaricum (dem Ungarischen
Kulturinstitut) angesiedeltes Geschichtsinstitut (das
Balassi-Institut) hatte diesen Historiker nach Wien eingeladen.
Er sollte am Montag den 24. 3. um 19 Uhr im Collegium Hungaricum
in der Hollandstraße 4 (gegenüber dem Schwedenplatz) einen
Vortrag mit dem Titel „Ungarn im 2. Weltkrieg“ halten.
Hat man jetzt einen Rückzieher gemacht? Der antifaschistische
Blog „Pusztaranger“, der die Propagandaveranstaltung als erster
in deutscher Sprache verbreitet hatte, teilte am 19. 3. mit, die
Veranstalter hätten den Vortrag abgesagt. Auch auf der Homepage
des Balassi-Instituts ist die Absage vermerkt.
Ob man dem trauen kann, ob es nur ein Schmäh ist, kann man
derzeit nicht sagen. Jedenfalls müssen derlei Institutionen
Zielpunkte unserer Aufmerksamkeit bleiben.
Editorische
Hinweise
Den Kommentar
erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe
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