Dass dem Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte
e.V. das Thema „Zweite Generation" besonders wichtig ist, haben
Sie als Leser unserer Zeitschrift ja schon seit langem zur
Kenntnis genommen. Spätestens mit unseren beiden Fachtagungen
in den Jahren 2009 und 2011 wurde dies auch nach außen hin
deutlich. Vorüberlegungen und Gespräche fanden bereits ab 2006
statt. Es ist völlig klar und eindeutig, dass der Bundesverband
zunächst die Überlebenden des Nazi-Terrors in allererster Linie
im Blick hat, das darf jedoch keinesfalls den Blick versperren
auf die psychischen Konsequenzen für die „Zweite Generation"
bzw. die Folgegenerationen. Die Begrifflichkeit „Zweite
Generation" ist zwar die geläufige, tatsächlich geht es aber
nicht nur um die Kinder der Verfolgten, sondern um die
Nachfolgegenerationen. Wie so häufig, wenn es um die Opfer des
NS-Regimes und deren Nachkommen geht, stieß der Bundesverband
mit dem Thema in politischen Kreisen zunächst auf wenig
Akzeptanz. Parteiübergreifend bestand offensichtlich die
Befürchtung, dass das Anerkennen der Schädigung auch der
„Zweiten Generation" mit materiellen Forderungen verbunden sein
könnte. Eine der unangenehmsten und stark an die
Schlussstrich-Debatte erinnernde Äußerung, mit der wir uns
konfrontiert sahen, war: „Was sollen wir denn noch alles
bezahlen?"
Daraus wird deutlich, welchen massiven Widerständen wir uns
gegenüber sahen. Nun ist uns dieses Phänomen nicht neu.
Verbesserungen für die Opfer des NS-Regimes mussten immer
erstritten werden.
So gelang es uns, auch bei der Stiftung „Erinnerung,
Verantwortung und Zukunft" das Bewusstsein dafür herzustellen,
dass es hier um ein großes Problem geht, dem man sich
gesellschaftlich stellen muss. Der Bundesverband plant nunmehr
eine Konferenz zum Thema „Zweite Generation" im Frühjahr 2015 in
Berlin,für die er um die Unterstützung der Stiftung nachgesucht
hat. Da bereits einige Organisationen wie z.B. die
Lagergemeinschaft Ravensbrück oder die „Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes" zu diesem Thema arbeiten, geht es
in dieser Konferenz darum, die verschiedenen Ansatzpunkte zu
hören, zu sammeln, zu bündeln, um letztlich zu einem gemeinsamen
Vorgehen zu gelangen. Der Bundesverband verfügt aufgrund seiner
jahrelangen Erfahrung zu diesem Themenkomplex über die
erforderliche Kompetenz, eine solche Konferenz sachgerecht und
zielorientiert durchzuführen. Wie so häufig, wenn es um die
Rechte der NS-Opfer und deren Nachkommen geht, übernimmt das
Land Nordrhein-Westfalen eine rühmliche Vorreiterrolle. Als
erste Landesregierung anerkennt sie, dass auch die „Zweite
Generation" unter den mittelbaren Folgen der NS-Diktatur zu
leiden hatte und gesteht diesen Menschen zu, dass sie der
Beratung und Unterstützung bedürfen.
Quelle:
Mitteilung des Bundesverbandes vom Dezember 2013
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