Ein umfassender Versuch
der Begriffsbestimmung des Monopols stellt der Aufsatz
von Fred Oelßner „Ein Beitrag zur Monopolstheorie" dar.
Ausgehend von der historischen Bedeutung des Monopols
in den verschiedenen Entwicklungsstufen der
menschlichen Geschichte versucht Oelßner den Inhalt
dieser Kategorie im Kapitalismus darzulegen.
„Theoretisch wie
historisch betrachtet ist das Monopol eine Kategorie
der auf dem Privateigentum an den Produktionsmitteln
beruhenden Warenproduktion. Es ist genauso ein
Attribut dieser Warenproduktion wie die
Konkurrenz." (34) Analog zur Warenproduktion begreift
Oelßner Konkurrenz und Monopol zwar als historische
Kategorien, aber zunächst einmal entkleidet der
jeweiligen gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse.
Erst mit der soziallistischen Warenproduktion „kommen
auch die Attribute Konkurrenz und Monopol zum
Fortfall." (35) Bis dahin besitzen sie jedoch eine
entscheidende Bedeutung in der geschichtlichen
Entwicklung, da Konkurrenz und Monopol sich nicht
gleichberechtigt gegenüberstehen, sondern ihre
Beziehung stellt immer eine Bewegung dar, die durch die
jeweiligen geschichtlichen Umstände geprägt wird. „Der
durch Jahrtausende zu verfolgende Kampf zwischen
Monopol und Konkurrenz hat sich oft als
vorwärtstreibende Kraft in der Geschichte erwiesen."
(36)
Obwohl diese Kategorien,
losgelöst von den jeweiligen Produktionsverhältnissen,
leere Abstraktionen darstellen und daher von Oelßner
auch nur durch den nichtssagenden Begriff 'Attribute
der Warenproduktion' charakterisiert werden, mißt er
ihnen jedoch eine entscheidende Bedeutung in der
geschichtlichen Entwicklung bei. So geht Oelßner selbst
davon aus, daß Monopol und Konkurrenz in dieser
Bestimmung nur etwas an der Oberfläche liegendes
Gemeinsames ausdrük-ken können, da das Wesen des
Monopols „nur aus den konkreten gesellschaftlichen
Verhältnissen begriffen werden kann." (37) Welchen Sinn
hat jedoch die Anwendung einer formal gleichen
Kategorie auf mehrere gesellschaftliche Epochen, wenn
diese jeweils einen unterschiedlichen Inhalt ausdrückt?
Die ganze Konstruktion, das Verhältnis von Monopol und
Konkurrenz in den Mittelpunkt der menschlichen
Entwicklung zu stellen, läuft letztlich bei Oelßner
darauf hinaus, daß im Kapitalismus der Widerspruch
zwischen Konkurrenz und Monopol „zu einem die ganze
Existenz der bestehenden Produktionsweise bedrohenden
Faktor" (38) wird. „Dieser Widerspruch ist ein Ausdruck
der Tatsache, daß die kapitalistische Warenproduktion
von Anfang an den Todeskeim in sich trägt." (39)
Um dieses Ziel zu
erreichen, versucht Oelßner als erstes, die
inhaltlichen Unterschiede des kapitalistischen
Monopols im Gegensatz zum feudalen herauszuarbeiten.
Der Kapitalismus konnte sich in dem Maße historisch
durchsetzen, wie er die mittelalterlichen Zünfte,
Monopole usw. zerschlug, d.h. die Momente aufhob, die
der freien Konkurrenz entgegenstanden und damit seiner
eigenen Bewegung widersprachen. Der Sieg der freien
Konkurrenz bedeutet nach Oelßner zugleich eine neue
qualitative Stufe der Warenproduktion, die zum
einen dadurch gekennzeichnet ist, daß die Arbeit
selbst die Warenform angenommen hat, zum anderen die
Produktionsmittel zum Monopoleigentum der besitzenden
Klasse geworden sind. Aus dieser Entwicklung ergibt
sich für Oelßner, daß „auch der Widerspruch zwischen
Konkurrenz und Monopol auf eine qualitativ
höhere Stufe gehoben" (40) worden ist. Mit dieser
Aussage reproduziert sich Oelßners falsches Verständnis
der katego-rialen Erfassung der menschlichen
Geschichte. Mit der Ablösung der feudalen durch die
kapitalistische Produktionsweise werden die
Widersprüche des Feudalismus nicht auf erweiterter
Stufenleiter reproduziert, sondern durch die neue
Produktionsweise aufgehoben. Die Widersprüche* die für
den Kapitalismus konstitutiv sind, müssen aus der
spezifischen Formbestimmtheit dieser
gesellschaftlichen Produktionsweise ab-, geleitet
werden und nicht aus dem quasi überzeitlichen
Verhältnis von Monopol und Konkurrenz, das im
Kapitalismus eine systembedrohende Form annimmt.
Welche inhaltliche
Veränderungen haben sich nun konkret im Verhältnis von
Konkurrenz und Monopol ergeben? Oelßner führt die
positive Bestimmung der Konkurrenz an Hand eines
Marx-Zitates an: „Begrifflich ist die Konkurrenz
nichts als die innere Natur des Kapitals,
seine wesentliche Bestimmung erscheint und resultiert
als Wechselwirkung der vielen Kapitalien aufeinander,
die innere Tendenz als äußerliche Notwendigkeit." (41)
Diese Stelle interpretiert Oelßner als die neue
Qualität der Konkurrenz, da sie „als Attribut der
Warenproduktion zum Wesen und zur inneren Natur des
Kapitals" (42) wird. Dieser Umschlag ist
jedoch nicht einsichtig. Die Konkurrenz
erscheint nicht zuerst als ein äußerliches Verhältnis
zur Ware, sondern ist von Anfang an Voraussetzung für
ihre Existenz, wie für jede andere Kategorie der
bürgerlichen Produktionsweise. Solange die menschlichen
Beziehungen jedoch nicht durch die vom
Kapitalverhältnis bedingte Form der freien Konkurrenz
geregelt war, stellten die Ware, wie auch der Wert,
keine umfassenden Kategorien dar, sondern waren nur ein
Randprodukt in den vorangegangenen gesellschaftlichen
Produktionsweisen. Es findet also kein Umschlag im
Verhältnis der Ware zur Konkurrenz statt, sondern die
Ware entfaltet sich in dem Maße, d.h. sie wird zur
herrschenden Kategorie, wie sich die freie Konkurrenz
als Synonym für die kapitalistische Produktionsweise
historisch durchsetzt. „Keine Kategorie der
bürgerlichen Ökonomie, nicht die erste, z. B. die
Bestimmung des Wertes, wird daher erst wirklich durch
die freie Konkurrenz, d.h. durch den wirklichen Prozeß
des Kapitals, der als Wechselwirkung der Kapitalien
aufeinander erscheint und aller anderen vom Kapital
bestimmten Produktions- und Verkehrsverhältnisse."
(43)
Wichtig ist es, exakt die
Abstraktionsebene festzuhalten, auf der sich Oelßners
Bestimmung der Konkurrenz festmacht. Indem er sie
richtig als die innere Natur des Kapitals benennt,
bewegt er sich auf der Ebene des Kapitals im
Allgemeinen. Auf der gleichen Ebene ist auch der
Monopolbegriff zu entwickeln. Er kann aber in diesem
Zusammenhang nichts anderes bedeuten als das Kapital
selbst, als ein gesellschaftliches Verhältnis, daß das
Eigentumsmonopol einer Klasse an den
Produktionsmitteln darstellt. „Ja die Konkurrenz setzt
das Monopol schon voraus, nämlich das Monopol des
Eigentums." (44) Konkurrenz setzt immer voraus, daß ein
veräußerbarer Gegenstand monopolisierbar ist. Das
Eigentumsmonopol ist jedoch nach Oelßner nicht mit dem
'modernen Monopol' gleichzusetzen. Das moderne
Monopol, um dessen Bestimmung es geht, entwickelt sich
auf der Grundlage des Eigentumsmonopols, es ist
sozusagen ein Monopol im Quadrat." (45) Das
bestimmende Moment dieser Entwicklung stellt der
Prozeß der Konzentration und Zentralisation des
Kapitals dar. „Die freie Konkurrenz ruft über die
Kapitalakkumulation, über die Konzentration und
Zentralisation des Kapitals und der Produktion mit
Naturnotwendigkeit das moderne Monopol ins Leben! Das
ist die Quintessenz der marxistischen
Wirtschaftstheorie." (46)
Wie bestimmt nun Oelßner
das Wesen des modernen Monopols? Das Gesetz der
Konzentration stellt für ihn den Schlüssel zur Lösung
des Problems dar. Dieser Prozeß umfaßt alle
gesellschaftlichen Bereiche, so daß sich im
wesentlichen fünf zentrale Monopole herausbilden:
Industrie-, Handels-, Bank-, Versicherungs- und
Verkehrsmonopol. An Hand der gemeinsamen Bestimmungen
dieser Monopole in den verschiedenen Sektoren liefert
Oelßner folgende Definition: „Monopole sind aus der
Konzentration der Produktion und des Kapitals
erwachsende ökonomische Machtpositionen der
Finanzoligarchie zwecks Erlangung von
Monopolprofiten." (47) Der zentrale Gehalt des Monopols
besteht also im Monopolprofit, dieser macht „das Wesen
des Monopols aus." (48) Der Monopolprofit selbst stellt
einen riesigen Tribut dar, den das Finanzkapital der
gesamten Gesellschaft auferlegt.
Entscheidend ist der
Charakter dieser Kategorie. Da der Imperialismus nach
Oelßner die Zersetzungsphase des Kapitalismus und damit
den Übergang zu einer höheren Gesellschaftsformation
bedeutet, können sich die inneren Gesetze, die die
innere Struktur und regelnde Basis des Systems
darstellen, nur noch unvollkommen durchsetzen. Der
Kapitalismus sieht sich daher wie in seiner Frühphase
gezwungen wieder „Zuflucht zurpolitischen Gewalt zu
nehmen, deren Einfluß auf die Wirtschaft er einst
verpönte." (49) Es ist daher hoffnungslos, „den
Monopolprofit des Finanzkapitals mit rein ökonomischen
Gesetzen erklären zu wollen" (50), da er im
wesentlichen durch die politische Gewalt bestimmt
wird. Das „Monopol ist Herrschaft und Gewalt unter der
Hülle der freien Marktbeziehungen" (51), es stellt
demnach ein 'Herrschaftsverhältnis' (52) dar.
Von dieser Bestimmung
ausgehend läßt sich noch einmal die Fragwürdigkeit der
im Abschnitt 3.2. dargelegten Analyse von Kumpf
aufzeigen. Das Monopol als ein Herrschaftsverhältnis
wird der Kategorie der Ware als Ausgangspunkt
gleichgesetzt, um eine Analogie in der Methode von Marx
und Lenin herzustellen. Das Ziel der
wissenschaftlichen Analyse von Kumpf bestand darin,
die Richtigkeit der These zu beweisen, daß der
Leninismus der Marxismus unserer Epoche sei. In der
formalen Gleichsetzung wird er aber weder der Marxschen
noch der Leninschen Theorie gerecht. Marx nahm die Ware
als Ausgangspunkt, um aus ihrer Widersprüchlichkeit
heraus die ökonomische Basis, d.h. das
Kapitalverhältnis, zu entwickeln. Erst auf dieser
Grundlage leitete er die spezifische
Herrschaftsstruktur als den politischen Überbau ab. Bei
Lenin läßt sich der Monopolbegriff dagegen nicht auf
ein einfaches Herrschaftsverhältnis reduzieren, sondern
stellt als revolutionärer Kampfbegriff eine
umfassendere Kategorie dar, die die zugespitzten
Widersprüche in der konkreten Situation in der Einheit
von Ökonomie und Politik erfaßt. Für Kumpf ist das
Monopol jedoch selbst voraussetzungslos im
Imperialismus. Das bedeutet, daß Lenin allein von einem
Herrschaftsbegriff ausgehend den Imperialismus in all
seinen Widersprüchen erfaßt haben soll! Da Kumpf die
politische Form der Herrschaft nicht mehr aus der
Kapitalbewegung ableitet, sondern der ökonomischen
Basis als selbständige Form gegenüberstellt, gibt er
jede rationale Grundlage zur Erfassung der
gegenwärtigen Kapitalbewegung auf.
Die Stamokap-Theorie
versucht allgemein den Kapitalismus in seinem jetzigen
Entwicklungsstadium dadurch zu kennzeichnen, daß sie
das Primat der Politik über die Ökonomie betont. Dies
wird außer der Systemauseinandersetzung dadurch
begründet, daß das System „schon nicht mehr auf seinen
eigenen Grundlagen, nach seiner eigenen Logik
funktioniert." (53) Da das regelnde Prinzip der
Durchschnittsprofitrate nicht mehr seine Funktion
erfüllt, muß immer mehr die monopolistische Macht und
Gewalt sowie die staatliche Monopolisierung an seine
Stelle treten. Die dem Kapital entsprechende
Herrschaftsform wird „durch die offene oder
verschleierte Wiederherstellung von persönlichen
Abhängigkeitsverhältnissen" (54) abgelöst. „Das
kapitalistische System funktioniert heute nur noch auf
Basis und unter Ausnutzung der politischen Gewalt."
(55) Um diese These zu überprüfen, ist es notwendig,
zunächst näher auf die Frage der
Durchschnittsprofitrate einzugehen.
Das Monopol wird abstrakt
als eine qualitative Anpassung an die veränderten
Verwertungsbedingungen des Kapitals begriffen. Der
Kapitalismus hat seine historische Mission verloren,
da er nicht mehr in der Lage ist, die Produktivkräfte
adäquat auf Grundlage seiner eigenen Gesetzmäßigkeiten
weiterzuentwickeln. Durch die Systemauseinandersetzung
wird aber der Kapitalismus gezwungen, weiter zu
akkumulieren, da das Problem des Wirtschaftswachstums
zur entscheidenden Frage des ökonomischen Wettbewerbs
wird. Um aber überhaupt noch eine
Akkumulationsfähigkeit herzustellen, müssen die dem
Kapital immanenten Verteilungsgesetze, die sich nach
der Stamokap-Theorie im wesentlichen in der
Durchschnittsprofitrate kristallisieren, durch
ökonomische und außerökonomische Machtpositionen
ersetzt werden. „Das Wesentliche des Monopols ist (
...) eine dem Kapital eigentümlichen Mechanismus
gerichtete Umverteilung des Mehrwerts und des
Mehrprodukts der Gesellschaft zu seinen Gunsten
durchzusetzen, der Gesellschaft im Interesse der
Akkumulation einen monopolistischen Profit
aufzuerlegen" (56). Die Stamokap-Theorie liefert aber
keine Begründung dafür, warum der Kapitalismus nicht
mehr die Produktivkräfte weiter entwickeln kann. Dies
wäre besonders wichtig im Zusammenhang mit dem
tendenziellen Fall der Profitrate, da „der letzte
ökonomische Zweck des Monopols" darin besteht, „der
Tendenz der abnehmenden Profitrate (...)
entgegenzuwirken." (57) Offen bleibt in dieser
Formulierung die Frage, ob die Profitrate bereits auf
ein Niveau gefallen ist, das keine ausreichende
Verwertung des Kapitals mehr garantiert. Dieser
Zusammenhang ist vor allem unter dem Aspekt
interessant, daß Lenin selbst in seiner
Imperialismustheorie auf den tendenziellen Fall der
Profitrate in keiner Weise eingegangen ist. Die These,
daß der Durchschnittsprofit für die normale
Reproduktion der Kapitale nicht mehr ausreicht, wurde
nach Oelßner zuerst von Stalin aufgestellt. Die These
ist zwar allgemein akzeptiert worden, obwohl sie aber
ganz unterschiedlich begründet wurde. Nach Oelßner
dürfte „der Hauptgrund (...) wohl in dem sehr großen
und ständig zunehmenden Umfang des fixen Kapitals
liegen." (58) Er führt diese Begründung jedoch nicht
näher aus, da es gleichgültig ist, „welche Gründe dafür
immer maßgebend seien, wenn die These richtig ist, dann
widerspricht sie der These von der
Durchschnittsprofitrate als Regulator des
Monopolprofits." (59)
Die zentrale Frage,
welche Veränderungen im Begriff des Kapitals der
Tendenz zur Herausbildung der Durchschnittsprofitrate
entgegenwirken, wird ausgeklammert. Stattdessen widmet
sich Oelßner um so gründlicher der Frage, wie sich
Monopolprofitrate und Durchschnittsprofitrate
zueinanderverhalten. Er geht zunächst richtig davon
aus, „daß durch die Monopole das Wertgesetz als der
einzige Regulator der kapitalistischen Warenwirtschaft
nicht außer Kraft gesetzt werden kann. ( . . .) Die
Hauptfrage besteht in diesem Zusammenhang darin, wie
das Wertgesetz im monopolistischen Kapitalismus wirkt."
(60) Oelßner gerät mit dieser Position in einen
Widerspruch zur ständig beschworenen
Grundvoraussetzung, daß der Kapitalismus nicht mehr auf
Grundlage seiner eigenen Gesetzmäßigkeiten
funktioniert.
Die Auffassung
Hilferdings, daß sich zwei Profitraten
(monopolistischer und nicht- Sektor) herausbilden,
hält Oelßner für falsch. Eine
Monopoldurchschnittsprofitrate kann es nicht geben, da
der Monopolpreis nicht eindeutig ökonomisch bestimmbar
ist, sondern im wesentlichen von politischen Faktoren
abhängt. Der Monopolpreis bedeutet gerade keine weitere
Entfaltung des Wertgesetzes über den Produktionspreis
hinaus und stellt in dem Sinne keine ökonomische
Kategorie wie der Wert oder der Produktionspreis dar.
Das Wertgesetz besitzt nur noch in dem Sinne eine
Funktion, daß es die ökonomischen Grenzen der
Umverteilung absteckt, da letztlich nichts umverteilt
werden kann, was nicht bereits produziert worden ist.
Der Monopolpreis kann in der Tendenz nur
Mehrwertabzüge des nichtmonopolisierten Sektors
darstellen. Von dieser Annahme ausgehend ergibt sich
aber ein Widerspruch in der Argumentation Oelßners,
wenn er das Vorhandensein einer
Durchschnittsprofitrate für den nichtmonopolisierten
Sektor konzediert. „In den Bereichen, in denen das
Monopol noch nicht herrscht, werden die Preise
weiterhin grundsätzlich durch den Wert bzw. den
Produktionspreis bestimmt." (62) Wenn die Funktion der
Monopole doch gerade darin besteht, sich durch Macht
einen größeren Mehrwertanteil als ihrem Kapitaleinsatz
gemäß anzuzeigen, dann muß sich der wirkliche Preis des
nichtmonopolistischen Sektors jeweils entsprechend dem
Abzug unter dem Produktionspreis bewegen. Das bedeutet
aber, daß trotz 'freier Konkurrenz' auch in diesem
Sektor das Wertgesetz nicht mehr die Grundlage der
Preisbewegung darstellt.
Oelßner scheint bei
dieser Bestimmung auf folgende Aussage von Marx zu
rekurrieren, obwohl er es nicht explizit ausführt. „Es
würde nichts ändern, wenn
Kapitale in bestimmten Produktionsphären aus
irgendwelchen Gründen nicht dem Prozeß der Ausgleichung
unterworfen würden. Der Durchschnittsprofit wäre dann
berechnet auf den Teil des Gesellschaftskapitals, der
in den Ausgleichungsprozeß eingeht." (63) Diese Aussage
ist aber nur unter der Bedingung richtig, daß durch die
Monopolbildung keine Mehrwertabzüge aus dem anderen
Sektor stattfinden. Das wäre nur möglich, wenn in dem
monopolistischen Produktionsbereich eine niedrigere
organische Zusammensetzung des Kapitals vorhanden
wäre, so daß der Wert dieser Produkte über ihrem
Produktionspreis steht, was aber in den meisten
Industriezweigen nicht der Fall ist. Praktische
Bedeutung besitzt diese Bestimmung aber für das
Eigentumsmonopol an Grund und Boden. Marx führt dies
näher im „Kapital" für den Agrarsektor aus, wobei
vorausgesetzt ist, daß hier die organische
Zusammensetzung des Kapitals geringer ist als in der
Industrie. „Ihr Monopol bestände darin, nicht wie
andere Industrieprodukte, deren Wert über den
allgemeinen Produktionspreis steht, zum
Produktionspreis nivelliert zu werden." (64) Die
absolute Grundrente macht die Differenz zwischen Wert
und Produktionspreis aus, da der wirkliche Preis
aufgrund des Monopols an Grund und Boden um den
Marktwert und nicht um den Produktionspreis oszilliert.
„Das Grundeigentum (...) hindert diese Ausgleichung für
die im Boden angelegten Kapitale und fängt einen Teil
des Mehrwerts ab, der sonst in die Ausgleichung zur
allgemeinen Profitrate eingehen würde." (65)
Wichtig ist hier, daß
kein Mehrwertabzug aus anderen Bereichen stattfindet,
sondern ein Teil wird dem allgemeinen Prozeß der
Ausgleichung entzogen, der aber in diesem Sektor
selbst produziert wurde. Dadurch wird in keiner Weise
die Herausbildung einer Durchschnittsprofitrate in den
anderen Sektoren behindert. Es erscheint uns daher die
Bestimmung von Varga gegenüber Oelßner sinnvoller. „Das
Ergebnis des Nebeneinanderbestehens von Monopolen und
unorganisierten kapitalistischen Unternehmen ist die
Spaltung der Profitrate, die rein theoretisch bei
freier Konkurrenz für jedes Kapital tendenziell gleich
ist, in Monopolprofitraten, die über der
Durchschnittsprofitrate stehen, und deren Höhe von der
Stärke des Monopols abhängt, und in Profitratender
unorganisierten Kapitale, die unter der
Durchschnittsprofitrate stehen " (66)
Von dieser theoretischen
Ableitung her ist es notwendig, noch einmal die
eingangs von Oelßner als selbstverständlich
aufgestellte These aufzugreifen, daß das Wertgesetz
allgemeine Gültigkeit für die kapitalistische
Produktionsweise besitzt. Nur die Form der Durchsetzung
soll sich geändert haben. Was bedeutet aber das
Wertgesetz noch inhaltlich, wenn für keine
Preisbewegung der Wert oder der Produktionspreis die
Grundlage der Bewegung darstellt? Bei Oelßner reduziert
sich letztlich das Wertgesetz auf die banale
Feststellung, daß die Grenzen des Monopolpreises durch
die gesamte Mehrwertsumme bestimmt sind. Damit wird
aber nicht mehr die spezifische Art der Verteilung der
Arbeit und der Produkte charakterisiert, sondern diese
Aussage läuft auf den allgemeinen Tatbestand hinaus,
der für jede gesellschaftliche Produktionsweise gilt,
daß nicht mehr konsumiert und verteilt werden kann, was
nicht bereits vorher produziert worden ist. Bei Marx
bedeutet das Wertgesetz jedoch weit mehr. „Es ist in
der Tat das Gesetz des Werts, wie es sich geltend
macht, nicht in Bezug auf die einzelnen Waren oder
Artikel, sondern auf die jeweiligen Gesamtprodukte der
besonderen, durch die Teilung der Arbeit
verselbständigten gesellschaftlichen
Produktionssphären; so daß nicht nur auf jede einzelne
Ware nur die notwendige Arbeitszeit verwandt ist,
sondern daß von der gesellschaftlichen Gesamtarbeit
nur das nötige Quantum in den verschiedenen Gruppen
verwandt ist." (67) Diese spezifische Art der
Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit, die den
Kapitalismus als eine bestimmte historische
Produktionsweise charakterisiert, wird jedoch gerade
durch die Herrschaft der Monopole durchbrochen. Als
richtige Konsequenz aus Oelßners Überlegungen würde
dann aber folgen, daß die Wirkungsweise des
Wertgesetzes für den Monopolkapitalismus aufgehoben
ist.
Um dieser Konsequenz sich
aber zu entziehen, führt Oelßner, wie schon oben
erwähnt, eine rigide Trennung der Abstraktionsebenen
zwischen der Wirkungsweise des Wertgesetzes und der
Durchschnittsprofitrate ein. Während das Wertgesetz
als einziger Regulator für jede kapitalistische
Warenproduktion gelten soll, ist die Form der
Durchsetzung verschieden. Im Kapitalismus der freien
Konkurrenz wirkt es nur vermittelt über die
Produktionspreise und die Durchschnittsprofitrate,
während es im staatsmonopolistischen Kapitalismus
mittels der Macht und Gewalt der Monopole und des
Staates durchgesetzt wird. Dieses willkürliche
Auseinanderreißen von Wertgesetz und
Durchschnittsprofitrate widerspricht der logischen
Struktur des Kapitals. Besonders deutlich wird dieses
Verfahren in der Aussage von Hess: „Die
(vormonopolistische) kapitalistische Produktionsweise
hat also ein allgemeines objektives,
auch quantifizierbares Ziel, nämlich den
(Durchschnitts-) Profit." (68) Es ist aber falsch von
einem gesamtgesellschaftlichen Ziel zu sprechen,
sondern es existieren vielmehr nur die Ziele der
einzelnen Kapitale, die jedoch nicht in der Erreichung
der Durchschnittsprofitrate, sondern in der Erzielung
eines maximalen Profits bestehen. Im Gegensatz zur
Marktrate des Zinses, die trotz aller Schwankungen in
jedem Moment als eine fixe Größe gegeben ist,
„existiert die allgemeine Profitrate beständig nur als
Tendenz, als Bewegung der Ausgleichung der besonderen
Profitraten" (69), wobei sich die Ausgleichung nur „als
nie festzustellender Durchschnitt ewiger Schwankungen"
(70) durchsetzt. Sie kann offenbar nur ein Resultat
sein, aber nicht der Ausgangspunkt, den sich das
Einzelkapital als objektives Ziel setzt.
Für Marx stellt die
Durchschnittsprofitrate keine empirisch faßbare
Oberflächenkategorie dar, sondern ist selbst ein Moment
der Untersuchung des Kapitals im Allgemeinen. Dem
scheinen zunächst einige Formulierungen von Marx zu
widersprechen, wenn er den Profit als eine verwandelte
Form des Mehrwerts und damit auch als dessen
Erscheinungsform begreift. „Mehrwert und Rate des
Mehrwerts sind relativ, das Unsichtbare und das zu
erforschende Wesentliche, während Profitrate und daher
die Form des Mehrwerts als Profit sich auf der
Ober-fläche der Erscheinungen zeigen." (71) Damit ist
offensichtlich eine andere Stufe der Abstraktion in der
Analyse von Marx miteinbezogen. Die Unterscheidung
zwischen dem 3. Band des Kapitals und den beiden
vorangegangenen liegt aber nur in der Unterscheidung
zwischen den einzelnen Kapitalien und dem
Gesamtkapital. Insofern stellen auch Produktionspreis
und Durchschnittsprofitrate vermittelnde Kategorien des
Wertgesetzes dar, aber nur insoweit sie vom
Gesamtkapital ausgehend formbestimmend sind für die
Bewegung der Einzelkapitale und das Bewußtsein der
beteiligten Agenten. Marx untersucht nur das Verhalten
der Einzelkapitale in ihrem idealen Durchschnitt in
Hinblick auf die Bewegungsformen des Gesamtkapitals,
was aber bedeutet, daß er die Ebene des Kapitals im
Allgemeinen nicht verläßt. Das Wertgesetz kann im
Kapitalismus nur in der verkehrten Form der
Durchschnittsprofitrate, als Aktion und Resultat der
Einzelkapitale erscheinen.
Dadurch werden aber
weder „die Bestimmung der Preise durch die Werte, noch
die gesetzmäßigen Grenzen des
Profits" (72) aufgehoben, sondern es ändert sich nur
die Verteilung des Profits, das jetzt anteilsmäßig im
Verhältnis des vorgeschossenen Kapitals zum
Gesamtkapital aufgeteilt wird.
Wertgesetz und
Durchschnittsprofitrate stellen also eine begriffliche
Einheit auf der Ebene des Kapitals im Allgemeinen dar.
Die Argumentationsweise der Stamokap-Theorie ist
demnach falsch, wenn sie davon ausgeht, daß das
Wertgesetz noch gilt, aber die Funktion der
Durchschnittsprofitrate durch die Macht und Gewalt der
Monopole ersetzt worden ist. Solange der Kapitalismus
noch existiert, müssen beide Gesetzmäßigkeiten noch
gelten. Die Aufgabe der Analyse würde vielmehr darin
bestehen, im Gegensatz zum „Kapital", wo das reine
Wirken der Gesetze vorausgesetzt wird, die Form der
Durchsetzung der Tendenz zur Herausbildung der
Durchschnittsprofitrate in der konkreten
Akkumulationsbewegung des Kapitals herauszuarbeiten. Es
müßte untersucht werden, ob in der konkreten Bewegung
der Mobilität des Kapitals und der Arbeiterklasse, die
die wesentlichen Bedingungen für die Herausbildung der
Durchschnittsprofitrate darstellen, Hemmnisse
entgegenstehen. Auf dieser konkreten Stufe müßte auch
der Weltmarkt, nicht als ein äußerliches Verhältnis,
sondern als integraler Bestandteil der Untersuchung
miteinbezogen werden. Beim jetzigen Stand der
Konkurrenz auf dem Weltmarkt und der teilweisen
Integration der kapitalistischen Staaten, besonders in
Westeuropa in der Form der EWG, stellt sich die Frage,
ob die Tendenz zur Herausbildung der
Durchschnittsprofitrate im nationalen Rahmen überhaupt
noch möglich ist. Auch wenn man diese Frage verneint,
würde das nicht bedeuten, daß das Kapital eine neue
Qualität als Monopolkapital angenommen hat, sondern daß
es in seiner wirklichen Bewegung eher in der Tendenz
seinen Begriff, Kapital auf dem Weltmarkt zu sein,
adäquat wird. (72a) Die Untersuchung der Form der
Durchsetzung der Durchschnittsprofitrate kann überhaupt
nur die Frage berühren, inwieweit die empirischen
Verhältnisse aufgrund der Entwicklung der
gesellschaftlichen Antagonismen ihrem Begriff
entsprechen. Ob der Begriff selbst eine neue Qualität
angenommen hat, kann diese Analyse nicht beantworten.
Anmerkungen
34)
F. Oelßner, Ein Beitrag zur Monopoltheorie,
a.a.O., S. 14 (Hervorh. d. Verf.)
35)
F. Oelßner, a.a.O., S. 25
36)
F. Oelßner, a.a.O., S. 14 (Hervorh. d. Verf.)
37)
F. Oelßner, a.a.O., S. 16
38) F. Oelßner, a.a.O., S. 21
39) F. Oelßner, a.a.O., S. 23
40) F. Oelßner, a.a.O., S. 21 (Hervorh. d.
Verf.)
41) Karl Marx, Grundrisse, S. 317
42) F. Oelßner, a.a.O., S. 21
43) Karl Marx, Grundrisse, S. 545
44) Friedrich Engels, Umrisse zu einer Kritik
der Nationalökonomie, in: MEW Bd. 1, Berlin DDR 1970,
S. 514
45) F. Oelßner, a.a.O., S. 49 (Hervorh. d.
Verf.)
46) F. Oelßner, a.a.O., S. 22 f.
47)
F. Oelßner, a.a.O., S. 68.
Wir gehen hier nur auf die kürzere Definition
von Oelßner ein, die zwar nach seinen eigenen Aussagen
unvollständig ist, aber doch das wesentliche erfaßt.
48) F. Oelßner, a.a.O., S. 69
49) F. Oelßner, a.a.O., S. 89
50) F. Oelßner, a.a.O., S. 89
51) P. Hess, Die Monopolproblematik . . . ,
a.a.O., S. 23
52) Vergl. Der Imperialismus der BRD, S. 172
53)
P. Hess,
Monopoltheorie und Kapitalismuskritik, in: Institut für
Marxistische Studien und Forschungen (Hrsg.),
Ökonomische Theorie, politische Strategie und
Gewerkschaften, Frankfurt/Main 1971, S. 25
54) P. Hess, a.a.O., S. 24
55) P. Hess, a.a.O., S. 28
56) P. Hess, Die Monopolproblematik . . . ,
a.a.O., S. 18
57) Heininger/Hess, Zur Aktualität. . . ,
a.a.O., S. 26 „Die ökonomische Wirkung des Monopols
besteht doch
u.a. darin, die fallende Profitrate nicht nnr durch die
Masse des Profits, sondern durch Umverteilung des
gesamtgesellschaftlichen Mehrwerts zugunsten der
Monopole zu kompensieren und so das Gesetz des
Durchschnittsprofits zu durchbrechen, daß angesichts
des Entwicklungsstandes der Produktivkräfte den
Anforderungen an die Kapitalakkumulation und
-zentralisation nicht mehr genügt." Katja Nehls,
Kapitalexport und Kapitalverflechtung, Frankfurt/Main
1970, S. 142
58) F. Oelßner, Ein Beitrag . . . , a.a.O., S.
73
59) F. Oelßner, a.a.O., S. 69
60) F. Oelßner, a.a.O., S. 69
61) entfällt
62)
F. Oelßner,
a.a.O., S. 83
63) Karl Marx, Das Kapital Bd. III, S. 183
64) Karl Marx, a.a.O., S. 771
65) Karl Marx, a.a.O., S. 780
66) Eugen Varga, Die Krise des Kapitalismus und ihre
politischen Folgen. Frankfurt/Main 1969, S. 14
67) Karl Marx, Das Kapital Bd. III, S. 648
68) P. Hess, Monopol, Rationalität und
gleichgewichtiges Wachstum, in: Marxismus-Digest 2. Jg.
(1971), Heft 3, S. 57 (Hervorh. d. Verf.)
69) Karl Marx, Das Kapital Bd. III, S. 379
70) Karl Marx, a.a.O., S. 171
71) Karl Marx, a.a.O., S. 53
72) Karl Marx, a.a.O., S. 867
72a) Vergl. Ch. Neusüß, Imperialismustheorie . . . ,
a.a.O., S. 225 ff.
Literatur
-
Heininger, Horst und Hess, Peter:
Die Aktualität der Leninschen Imperialismuskritik,
Frankfurt/Main 1970
-
Hess, Peter: Die
Monopolproblematik und der heutige Kapitalismus, in:
DWI-Forschungshefte 5. Jg. (1970), Heft 1
-
Oelßner, Fred: Ein Beitrag zur
Monopoltheorie, in: Deutsche Akademie der
Wissenschaften zu Berlin (Hrsg.), Probleme der
politischen Ökonomie Bd. 3, Berlin DDR 1960
Editorischer Hinweis:
Der
Text ist ein Leseauszug aus: Joachim Schubert, Die
Theorie des Staatsmonopolistischen Kapitalismus -
Kritik der zentralen Aussagen, erschienen in:
Mehrwert Nr. 4, Erlangen, 1973, S. 43-53
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