Der 1. Mai steht wieder kurz bevor – der Tag an dem seit weit über 100 Jahren Arbeiterinnen und Arbeiter zusammenkommen um zu zeigen, wofür sie einstehen, um zu fordern was ihnen wichtig ist und um dafür zu kämpfen. Es ist der eine Tag, der weder der herrschenden Politik, der Wirtschaft, den Konzerne noch irgendwelchen rechten Hetzern gehört. Es ist unser Tag. Für unsere gemeinsamen Interessen als Arbeiterinnen und Arbeiter – ob arbeitslos oder angestellt ändert daran nichts – gehen wir auf die Straße.

Der Streit um bessere Arbeitsbedingungen, für einen besseren Lohn oder für mehr bezahlten Urlaub, um bezahlbaren ausreichenden Wohnraum, eine gute Gesundheitsversorgung, um Existenzsicherheit auch für arbeitslose oder nicht erwerbsfähige Menschen, das sind unsere Themen. Unsere Themen sind das solidarische Eintreten für unsere Interessen im Betrieb und der Gesellschaft, unabhängig davon, ob wir seit Generationen hier leben oder auch nicht. Und unsere Themen sind der Widerstand gegen Aufrüstung und Militarisierung, gegen Rassisten, die AfD und den Rechtsruck in Deutschland, der uns immer öfter auch in unserem Alltag begegnet.

Die bürgerliche Politik überschlägt sich währenddessen mit Forderungen nach Gesetzesverschärfungen, dem Ruf nach mehreren Tausend neuen Polizisten, nach noch stärkerer Abschottung der EU und massenhafte Abschiebung von Schutz- und Broterwerb suchenden Menschen. Während sie den Kurs nach rechts weiter vorantreiben finden die tatsächlichen gesellschaftlichen Probleme, die hier bestehen allenfalls im Wahlkampf Beachtung.

Allein bei uns in der Region leben über 1500 Kinder unter 18 Jahren in sogenannten „Bedarfsgemeinschaften“ was bedeutet, dass sie mehr oder weniger vom Jobcenter abhängig sind – sei es wegen Arbeitslosigkeit der Familien oder weil diese schlicht zu wenig verdienen und so gezwungen sind „Aufzustocken“. Das bedeutet im Schwarzwald-Baar-Kreis, der sich gern als Gewinnerregion bezeichnet, 1500 Kinder und ihre Familien sind dem Druck und den Disziplinarmaßnahmen der Jobcenter ausgesetzt.

Der durch die „Agenda 2010“ geschaffene, riesige Billiglohnsektor drückt sich in unserer Region dadurch aus, dass hier mehr Leiharbeitsfirmen als in jedem anderen Landkreis in Baden-Württemberg ansässig sind. Diszipliniert durch die Jobcenter dienen sie der Wirtschaft als Arbeitskraftreserve, als Drohkulisse gegen beschäftigte Kolleginnen und Kollegen und Druckmittel gegen die Forderungen der Gewerkschaften in Arbeitskämpfen. Darüber hinaus werden unzählige, von der Wirtschaft für „überflüssig“ und „gescheitert“ erklärte Menschen, durch meist nutzlose „Fortbildungsmaßnahmen“ und „Bewerbungstrainings“, aus der Arbeitslosenstatistik herausgekürzt.

In unserer Stadt haben viele Menschen große Probleme vergleichsweise günstigen Wohnraum zu finden. Davon betroffen sind StudentInnen, ArbeiterInnen und Familien – wir alle. Auf die wenigen in Villingen-Schwenningen freiwerdenden günstigen Wohnungen der Wohnungsbaugesellschaften wie „WBG“ oder „Familienheim“ müssen Menschen, die dringend auf genau solchen Mietwohnraum angewiesen sind, bis zu drei Jahre warten. Zwar werden derzeit zahlreiche neue Wohnungen in der Region gebaut, doch werden diese meist nur für Besserverdienende bezahlbar sein. Was fehlt ist günstiger Wohnraum. Allein in Villingen-Schwenningen fehlen hunderte solcher Wohnungen. Und wer über kein festes Einkommen verfügt, sich in Ausbildung befindet oder Schulden hat wird von einem Großteil der Vermieter schnell aussortiert.

Obdachlosigkeit ist ein zunehmendes Problem, wer seine Wohnung z.B. wegen Eigenbedarf des Vermieters verliert kann schnell selbst in diese Situation kommen. Die kommunale Obdachlosenunterkunft „beherbergt“ neben alleinstehenden Männern auch Frauen, ohne eigenen geschützten Bereich und immer öfters auch Familien mit Kindern. Die ursprüngliche Aufgabe kommunaler Unterbringung – Menschen z.B. nach einem Wohnungsbrand vorübergehend Obdach zu geben – ist für viele Menschen zu einer dauerhaften Notlösung geworden. Wenn sich nichts ändert, wird sich die soziale Not und Ausgrenzung vieler Menschen in den nächsten Jahren noch weiter zuspitzen.

Ursache dieser Entwicklung ist eine völlig verfehlte Wohnungsbaupolitik, der langjährige Wegfall eines öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau und das Auslaufen der Bestandsgarantie für die bestehenden Sozialwohnungen, die damit zu einer gewöhnlichen Handelsware werden. Wer für diese Misere allerdings die zu uns geflüchteten Menschen verantwortlich macht, betreibt entweder bewusst rassistische Hetze oder hat zumindest keinen blassen Schimmer von der Materie. Das Ergebnis bleibt jeweils aber das Gleiche: am katastrophalen Mangel an gutem bezahlbaren Wohnraum ändert sich dadurch nichts.

Hinter all diesen offensichtlichen Problemen gibt es eine gemeinsame Ursache – die kapitalistische Wirschaftsweise. Unternehmen handeln einzig nach der Logik des Profits, sparen beim Personal, erhöhen den Arbeitsdruck und versuchen die Löhne so niedrig wie möglich zu halten. Produziert und geschaffen wird was gewinnbringend erscheint. Das Handeln des Kapitals ist dabei einzig nach der kurzfristigen Maximierung des Profits ausgerichtet. Allgemeine gesellschaftliche Bedürfnisse oder das Wohle der Menschen haben dabei keine Bedeutung. Und mit der Zerstörung der Natur vernichtet die kapitalistische Wirtschaft dabei gerade langfristig auch unser aller Existenzgrundlage.

Wer meint, dass dieses System, der Kapitalismus, es nicht länger verdient auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung immer wieder aufs Neue gerettet zu werden, muss selbst aktiv werden. Die eigene Situation wird sich nicht ändern, wenn wir uns darauf beschränken unser Schicksal zu delegieren und alle ein paar Jahre nur bei den Wahlen unser Kreuz machen. Für gesellschaftliche Veränderungen müssen wir unser Schicksal gemeinsam selbst in die Hand nehmen – es geht um unsere Zukunft und unser Leben.

Sobald es für die Parteien darum geht, die vielbeschworene „Regierungsverantwortung zu übernehmen“ werden die meisten Versprechungen auf später verschoben oder gänzlich fallen gelassen. Auch das in der letzten Zeit oft beschworene Rot-Rot-Grüne Bündnis wird dabei keine Ausnahme bilden – durchsetzen werden sich am Ende die Interessen der Wirtschaft.

Bessere Arbeitsbedingungen und ein besseres Leben müssen von unten erkämpft werden, wir bekommen sie nicht durch ein Kreuz bei der Wahl einfach gegeben. Mit dem Zusammenschluss in den Betrieben – über die oft unsichtbaren aber trennenden Grenzen von Leiharbeit, Werksvertrag und Stammbelegschaft hinaus – und durch gewerkschaftliche Kämpfe, durch Streit für bezahlbaren Wohnraum, durch Widerstand gegen den Rechtsruck und an der Seite von Ausgegrenzten und Diskriminierten können wir selbst für unsere gemeinsamen Interessen aktiv sein. Mit den Erfahrungen die wir sammeln, wenn wir zusammenstehen und uns solidarisch unterstützen, können wir ein gemeinsames Bild einer besseren Zukunft entwerfen. Eine Zukunft in der ein Leben fern von Unterdrückung und Ausbeutung, Unterwürfigkeit , Ausgrenzung und Diskriminierung wirklich sein wird. Machen wir uns auf den Weg und Stellen unsere Kämpfe – das Engagement in den Gewerkschaften, in antifaschistische Gruppen, gegen Aufrüstung und Kriegstreiberei der NATO, dem Einsatz für Frieden, in der Hilfe für Geflüchtete, in Kämpfen für eine bessere Situation von Frauen und vielen mehr in Zusammenhang.

Als Arbeitende Menschen haben wir im Grunde alle die selben Interessen, lassen wir uns in Konkurrenz zueinander setzen, nutzt das einzig der Wirtschaft in ihrem Streben nach Profiten – nutzt das einzig den kapitalistischen Verhältnissen.

Darum werden wir am 1. Mai, nicht alleine auf die Straße sein, überall auf der Welt Demonstrieren GewerkschafterInnen, ArbeiterInnen – Linke. In den Direkten Nachbarländern wie der Schweiz, Frankreich oder Polen aber auch in Griechenland, der Türkei und Rußland, kurz: International. Dabei werden die Forderungen großteils die gleichen sein – bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne Schluss mit der kapiatlistischen Ausbeutung und für eine Solidarische Gesellschaft.