Stadtumbau & Stadtteilkämpfe

Neues vom Berliner Mietendeckel
"N
ach der Strategie des immobilienbesitzenden Generals Moltke"

von Red. Mieterecho

04/2020

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Das Abgeordnetenhaus hatte das Gesetz zur Neuregelung ge­setzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung (MietenWoG Bin), den sogenannten Mietendeckel, Ende Januar beschlos­sen, am Samstag, den 22. Februar 2020, wurde es im Amts­blatt veröffentlicht und am Tag darauf trat es in Kraft. Nachdem die intensive Propagandakampagne der Immobili­enlobby und ihrer Parteien, wie nicht anders zu erwarten, oh­ne größeren Erfolg geblieben ist, hat der Kampf gegen den Mietendeckel nun auf rechtlicher Ebene begonnen. Parteien, Immobilienverbände und Einzelvermieter marschie­ren dabei getrennt, schlagen aber vereint, ganz nach der Stra­tegie des immobilienbesitzenden Generals Moltke. Die Vorhut bildeten einige Vermieter, die versucht hatten, per Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht die Verletzung der Regelung zu bestimmten Auskunftspflichten und zur gesetz­lich bestimmten Höchstmiete nicht als Ordnungswidrigkeit einstufen zu lassen.

Zu den Auskunftspflichten gehört die Information über die nach Mietendeckel zulässige Höchstmiete. Ein Verstoß gegen diese Informationspflicht kann als Ordnungswidrigkeit mit ei­ner Geldbuße bis zu 500.000 Euro bestraft werden. Dieser Gefahr wollten sich die Vermieter nicht aussetzen und so zo­gen sie vor das Bundesverfassungsgericht. Ihr Antrag wurde jedoch für unzulässig erklärt. Allerdings nicht wegen inhalt­licher Substanzlosigkeit, sondern weil er verfrüht war. Die Antragsteller hätten bis zur Sicherstellung, dass es nur zu zwei und nicht drei Lesungen im Abgeordnetenhaus gekom­men wäre, warten müssen. Ein erneuter Vorstoß ist also nicht ausgeschlossen.

In Berlin wollen CDU und FDP einträchtig noch vor der Sommerpause ein Normenkontrollverfahren vor dem Verfas­sungsgerichtshof des Landes Berlin anstrengen. Sie erhoffen sich, dass die Unvereinbarkeit des Mietendeckels mit dem Grundgesetz auf Landesebene festgestellt wird und flankieren damit die Bemühungen der Bundestagsfraktionen ihrer Par­teien, die dabei sind, ihr schon lange angedrohtes Normen­kontrollverfahren ebenfalls noch vor der Sommerpause vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen. Der Lobbyverein Haus und Grund verwirrt das Geschehen mit einer eigenwilligen Zwei-Mieten-Theorie. Zukünftig wer­den viele Berliner/innen zwei Miethöhen genannt bekommen, meint er: „Die im Mietvertrag genannte und die durch den Mietendeckel womöglich geringere Miete, die der Vermieter tatsächlich einfordert." Neben dieser „doppelten Mietenbuch­haltung" empfiehlt der Verein seinen Mitgliedern, nach In­krafttreten des MietenWoG Bin, dessen vorgegebene Miethö­hen auch bei neuen Mietverträgen nicht zu beachten. Der Ver­einsvorsitzende Carsten Brückner ist der Auffassung, durch den „Mietendeckel" sei es zwar verboten „eine bestimmte Miethöhe zu kassieren, aber nicht, die gewünschte Miete trotzdem in den Vertrag zu schreiben." Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) schließlich warnt: „Berlin steigt ab". Sein Präsident Andreas Mattner sieht im Mietendeckel „ein Zeichen für den Abstieg Berlins als Metro­pole". Für ihn ist eine Metropole offenbar immer dort, wo der Mietwucher blüht. Und der scheint in Berlin nun etwas einge­schränkt.

Editorische Hinweise

Der Text erschien als Editorial der Nr. 408 des "MieterEcho", Zeitung der Berliner Mietergemeinschaft e.V. im März 2020.