Die Gefahren durch das Corona-Virus sind unbestritten. Deswegen wurde die ursprüngliche Anmeldung von einer Demonstration mit 300 Teilnehmenden massiv verändert, um unter den gegebenen Bedingungen des Infektionsschutzes eine gefährdungsarme Versammlung durchführen zu können. Die Route der Demonstration wurde verkürzt und die Teilnehmendenzahl auf 20 Personen begrenzt, die den Veranstaltenden bereits im Vorfeld bekannt sein sollten. Dementsprechend wurde in den öffentlichen Aufrufen explizit davon abgeraten, zu der Veranstaltung zu kommen.[1] Stattdessen sollten Anwohner*innen sich aus ihren Fenstern beteiligen und virtuelle Formate der Partizipation via Livestream ausprobiert werden. Auf der Demonstration selbst sollten alle Teilnehmenden Mund-Nasen-Schutz und Handschuhe tragen. Außerdem wurde geplant, dass die Demonstrierenden jeweils zu zweit ein mindestens zwei Meter langes Transparent tragen und diese Zweiergruppen in jeweils ca. fünf Meter Abstand zueinander laufen, um damit den notwendigen Abstand untereinander zu gewährleisten. Am Startpunkt sollte es Kreidemarkierungen zur Einhaltung des Abstands geben.
All das war dem Neuköllner Gesundheitsamt und der Berliner Versammlungsbehörde nicht genug. In der Verbotsbegründung heißt es, dass grundsätzlich jede Menschenansammlung ein Infektionsrisiko darstellt und insbesondere im Rahmen einer Versammlung unter freiem Himmel nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich immer wieder Personen dem Aufzug nähern oder gar anschließen könnten.” Dies gelte insbesondere für die geplante Versammlung in Solidarität mit der Kiezkneipe “Syndikat”, da die Thematik Menschen interessieren könnte, wodurch diese wiederum teilnehmen wollen. Selbst der Vorschlag, aus der Demonstration eine stationäre Kundgebung vor dem “Syndikat” zu machen, änderte nichts an der Einschätzung.
Die Verbotsbegründung ist so beliebig gehalten, dass damit grundsätzlich jede Versammlung verboten werden kann, was die Ausnahmeregelung des pauschalen Versammlungsverbotes konterkariert. Auch die Annahme, das Interesse an einem Thema führe dazu, dass Menschen “wie Motten in das Licht” fliegen, sich und andere somit einem gesundheitlichen Risiko aussetzen würden, entspreche einem kruden Bild von Bürgern und Bürgerinnen. Diese seien nämlich sehr wohl in der Lage vernünftige Entscheidungen zu treffen und solidarisch zu handeln. Dazu Pressesprecher Matthias Sander: “Das Verbot unserer Versammlung trotz aller Bemühungen zeigt, dass der Infektionsschutz in Berlin als politisches Instrument missbraucht wird, um jegliche Meinungsäußerung im öffentlichen Raum zu untersagen. Wie soll denn bitte unter diesen Umständen eine konforme Versammlung aussehen? Doch der Kampf für eine alternative Kiezkultur wird mit Corona nicht enden, sondern durch das Virus und seine Folgen noch massiv verschärft werden. Das Schicksal vom Syndikat steht vielen kleinen Betrieben und Mieter*innen bevor.”[2]
[1] Geänderter
Aufruf zum
gefährdungsarmen
Protest
[2] Vergleichen sie
zu dieser
Einschätzung einen
Beitrag des
Ärzt*innenklollektiv:
https://www.praxiskollektiv.de/aktuelles-zu-covid-19/