Militanter Antifaschismus vor 50 Jahren

Herbert & friends did the right thing

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10. März Im Bundestag in Bonn kommt es zu einem Zwischenfall mit Handgreiflichkeiten. Als Bundestagspräsident Erich Köhler die Debatte über die Regierungserklärung zur Saarfrage eröffnen will, ertönen laute Zwischenrufe aus dem Plenum. Zahlreiche Abgeordnete der SPD-Fraktion fordern mit Nachdruck: »Hedler raus!« Sie haben den rechtsradikalen Bundestagsabgeordneten Wolfgang Hedler entdeckt, dessen Immunität seit Ende letzten Jahres wegen seiner antisemitischen und antidemokratischen Äußerungen ruht und der nur versehentlich zu der Sitzung eingeladen worden ist.

Der Präsident richtet an Hedler, der aus der in der Regierungskoalition vertretenen Deutschen Partei (DP) ausgeschlossen worden ist und nun in der Fraktion der Deutschen Reichspartei (DRP) hospitiert, den Appell, den Sitzungssaal freiwillig zu verlassen. Seine Revisionsverhandlung sei ebensowenig abgeschlossen wie sein Entnazifizierungsverfahren.

Als sich Hedler trotz mehrfacher Aufforderung weigert, wird er wegen groben Ordnungsverstoßes des Saales verwiesen. Mit ihm verläßt auch die gesamte DRP-Fraktion das Plenum. Als Hedler kurze Zeit später im Ruhesalon der Abgeordneten zwei amerikanischen Journalisten ein Interview geben will, wird er von dem SPD-Abgeordneten Rudolf Ernst Heiland, der die ressentimentgeladenen Ausführungen des Rechtsradikalen stoppen will, wüst beschimpft. Mehrere Kollegen seiner Fraktion, darunter Herbert Wehner, Alfred Gleißner und Ernst Roth, kommen ihm dabei zu Hilfe. Sie zerren Hedler aus seinem Sessel, stoßen ihn durch die Tür und prügeln ihn durch die Wandelgänge. Mit den Rufen »Raus, du Nazi-Lump!« und »Wir lassen uns nicht noch einmal im KZ die Knochen polieren!«, werfen sie ihn schließlich am Hinterausgang des Bundeshauses auf die Straße. Dort wird Hedler von einem Polizisten aufgelesen, zunächst ins Fraktionszimmer der DRP und anschließend zum Bundeshaus-Arzt gebracht.

Nach der Behandlung seiner Blutergüsse, Hautabschürfungen und verschiedener anderer Blessuren stellt sich der verprügelte Rechtsradikale den Photographen mit den Worten: »Diese Propaganda wäre mit 200.000 DM nicht zu hoch bezahlt.«

Quelle: Wolfgang Kraushaar, Die Protest-Chronik 1949-1959, Eine illustrierte Geschichte von Bewegung, Widerstand und Utopie, Band l:1949-1952, S.192