Frank Deppe

Die "Methode Gauck" - Zur Diskussion  um Wolfgang Abendroth
Gespräch mit der Zeitschrift "Sozialismus"

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Vorbemerkung:

Am 7.April 1998 veröffentlichte die FAZ im Feuilleton einen Artikel von Wolfgang Kraushaar über "Unsere unterwanderten Jahre - Die barbarische und gar nicht schöne Infiltration der Studentenbewegung durch die Organe der Staatssicherheit". Kraushaar versucht hier den Nachweis zu führen, wie "die SED versuchte, ...die Außerparlamentarische Opposition (Apo) und insbesondere deren Motor, den Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) für ihre Zwecke zu benutzen." Dabei habe "die Gruppe um den Marburger Politikwissenschaftler Professor Wolfgang Abendroth" eine "besondere Rolle" gespielt. Als Beleg dient ein fünfseitiges Dokument vom 18.7.1967 über Gespräche mit Abendroth in den Tagen vom 12.-15.Juli 1967 über die Gründung einer sozialistischen Partei in der BRD. In der FAZ behauptete J. Staadt am 20.5.98, dass Abendroth "spätestens seit Herbst 1967...innerhalb der westdeutschen Linken auf der Grundlage konkreter Absprachen mit dem SED-Politbürop "agierte).". Welchen Charakter hat diese Quelle?

Entscheidend ist zunächst einmal die Frage nach dem Charakter des Dokumentes. Es handelt sich um eine „Information" der „Westabteilung" der SED „über Gespräche mit Professor Abendroth in Marburg". Gesprächspartner war Dr. Jahncke. In dieser Information heißt es am Anfang, dieser habe ein langes Gespräch „im Auftrage der Westabteilung des ZK" (dieser Zusatz ist in Klammern gesetzt, die nachträglich handschriftlich angefügt wurden!) geführt. Aus dem Dokument geht noch nicht einmal hervor, daß es von Jahncke verfaßt wurde und natürlich gibt es überhaupt keine Bestätigung von Seiten Abendroths über das Gespräch und seine Inhalte. In dem Dokument wird nicht einmal behauptet, daß Abendroth von diesem Auftrag unterrichtet war - ebensowenig wie die Mitarbeiter des Instituts und andere Personen, die als Gesprächspartner genannt werden.

Jahncke war als Wissenschaftler - genauer: als Historiker der Arbeiterjugendbewegung und des antifaschistischen Widerstandes - (wenn ich mich recht erinnere) mehrfach Gast des Marburger Instituts. Mitarbeiter und Abendroth führten Gespräche mit ihm - offenbar über verschiedene Themen. Niemals wurde bei solchen Gesprächen irgend ein „Auftrag" oder ein quasi-offizieller Status erwähnt. Da zu dieser Zeit das Projekt einer Parteigründung im Vordergrund stand, spielte dieses in den Gesprächen natürlich eine zentrale Rolle. Abendroths Erläuterungen zum Parteiprojekt entsprechen vollständig den Ausführungen, die er in einem öffentlichen Vortrag bei einer Konferenz der Initiatoren in Frankfurt gemacht hatte.

Auch die Ausführung zur Erarbeitung eines Aktionsprogramms enthalten nichts Geheimnisvolles, wohl aber einen Fehler. Für den Programmausschuß der Sozialistischen Opposition waren verantwortlich: Wolfgang Abendroth, Gerhard Gleissberg, Theodor Bergmann und ich (Frank Deppe). Der in der Information genannte Altert Berg, VUS, gehörte nicht dazu. Für die Quellenforscher sei auf die gedruckten „Informationen der sozialistischen Opposition" (Frankfurt/Main, Lersnerstr. 13) hingewiesen. Der „Extra2/67" enthielt „Materialien zur Programmdiskussion".

Diese zunächst einmal eher nebensächliche Details zeigen, daß es sich  um Informationen handelte, die im Gespräch mit jedem Teilnehmer dieser Parteigründungsinitiative, durch die gedruckten Informationen der Initiative selbst sowie durch Presseberichte leicht zugänglich waren.

S: Nun heisst es in dem Dokument: "Die Neugründung einer sozialistischen Partei erfordert nach Meinung Abendroths eine Abstimmung mit den leitenden Genossen der KPD und der SED". (...) Kann hieraus eine "Absprache" abgeleitet werden? Diese Passagen sind zumindest interpretationsbedürftig.

Hier verfälscht das Dokument Abendroths Position, indem es eine „weitgehende Übereinstimmung mit der DDR und den führenden Genossen der SED... in allen entscheidenden Fragen" suggeriert (der Konjunktiv in diesem Satz unterstreicht dies noch zusätzlich). Diese Passagen werden überhaupt nur verständlich, wenn zunächst einmal zwei Tatsachen festgehalten werden:

Erstens: das Vorbild für die Gründung einer linkssozialistischen Partei für Abendroth u.a. waren die italienische PSIUP von Lelio Basso und entsprechende kleine Parteien in anderen Ländern. Der Hinweis im Dokument, daß sich Abendroth gerade bei einem Treffen dieser Kräfte in Rom befinde, unterstreicht nur diesen grundlegenden politischen Sachverhalt.

Zweitens: Die bestimmenden Kräfte in der KPD und SED waren gegen diese Parteigründung. Dafür gab es verschiedene Gründe. Zunächst einmal betrachteten viele Kommunisten in Führungspositionen des Apparates die Anhänger der sog. „Zwischengruppen" (historisch: in der Tradition der KPO und der SAP) als ihre entschiedenen Gegner. Die Verfolgung von ehemaligen KPOlern in der SBZ nach 1945 ist vielfach belegt - und die Umstände der Flucht von Abendroth und seiner Familie sind vor Jahren in dieser Zeitschrift von Lisa Abendroth dargelegt worden. Dazu kam, daß die KPD-Führung in ihrer Mehrheit in der Illegalität die Konkurrenz einer Organisation fürchtete, die (im Zusammenhang des Aufschwungs der außerparlamentarischen Protestbewegungen in dieser Zeit) zu einer relevanten Kraft der sozialistischen Linken werden könnte und damit auch Einfluß auf ihre Genossinnen und Genossen ausüben könnte. Es ist hinreichend bekannt, daß Initiativen zur Gründung einer sozialistischen Partei vor dem Abendroth’schen Projekt (ich denke dabei an die Gründung der Vereinigung Unabhängiger Sozialisten, VUS, und die Rolle von Viktor Agartz), aufgrund solcher Überlegungen gebremst wurden.

Richtig ist, dass es in der Führung der KPD Kontroversen darüber gab, ob die Partei für ihre Wiederzulassung durch die Aufhebung des KPD-Verbotes kämpft oder ob sie auch organisatorisch mit anderen sozialistischen Kräften zusammenarbeitet. Offenbar gab es - vor allem nach dem XX. Parteitag der KPdSU - Personen, die sich über eine solche Zusammenarbeit auch eine Überwindung der stalinistischen Traditionen der Partei erhofften. Abendroth wußte offenbar von solchen Kontroversen und der Verfasser des Dokumentes gibt sie - wenn auch nicht hinreichend klar - wider. Abendroth wollte ganz offensichtlich diese zweite Tendenz stärken. Wie sich im Scheitern der Parteigründungsinitiative (bis zum Frühjahr 1968), vor allem aber dann mit der völlig überraschenden Neugründung einer kommunistischen Partei, der DKP, im August 1968, zeigte, setzte sich diejenigen Positionen durch, die gegen das Projekt der Gründung einer linkssozialistischen Partei im Jahre 1967/68 eingestellt waren.

S.: Es ging also dezidiert nicht um die Neugründung der KPD, sondern um die Gründung einer autonomen linkssozialistischen Partei.

Aus dem Dokument geht eindeutig hervor: Abendroth besteht auf der Eigenständigkeit des Parteiprojektes. Das ist der unbedingte Ausgangspunkt seiner Bündnisüberlegungen. Damit vertritt er eine Position, von der er weiß, daß von der Westabteilung der SED mit Mißtrauen verfolgt wurde. Er hat sich für die Zusammenarbeit mit den Kommunisten eingesetzt, wußte aber, daß diese Position auf Seiten der Kommunisten nur von einer Minderheit geteilt wurde. Er hat sich für Gespräche mit führenden Genossen der SED ausgesprochen, um eben diesen Standpunkt zu vertreten. Damit verband er die strategische Überlegung, Teile der Kommunisten für ein politisches Projekt zu gewinnen, das sich zunächst einmal durch politische (übrigens auch finanzielle) Autonomie auszeichnete. In der damaligen politischen Situation nannte man diese Politik: Unterstützung „reformkommunistischer" Positionen durch autonome linkssozialistische Kräfte. (...)  Um diese Politik zu verstehen, muß man versuchen, die Entwicklungen in der damaligen Periode - insbesondere in der internationalen kommunistischen Bewegung - zu rekonstruieren. Da war zunächst die Entwicklung in der CSSR, die von einer „reformkommunistischen" Bewegung ausging, die dann im August 1968 gewaltsam unterdrückt wurde. Wahrscheinlich war dies - aus der Sicht der Historiker - die letzte bedeutende Chance einer Reform des „Realsozialismus" von innen; und wahrscheinlich wurden im August 1968 in Prag bereits die Weichen für das Scheitern der Gorbatschow’schen Politik in den 80er Jahren gestellt. Auch in Jugoslawien hatten sich zu dieser Zeit - nicht nur vertreten durch die „Praxis-Gruppe" - Positionen entwickelt, die im Westen aufgegriffen wurden.

Dazu kam, daß - nicht nur im Zusammenhang mit der Entwicklung in der CSSR - in den westeuropäischen kommunistischen Parteien - vor allem in der italienischen KP - bedeutende Veränderungen stattfanden, die das Verhältnis dieser Parteien zum „realen Sozialismus", ihre Beziehung zur Demokratie, ihre Bündnispolitik sowie insgesamt ihre Transformationskonzepte in hochentwickelten kapitalistischen Gesellschaften des Westens betrafen. Schließlich hatte sich bereits mit dem sino-sowjetischen Konflikt seit den frühen 60er Jahren eine vollständig neue Konstellation der kommunistischen Weltbewegung entwickelt und in der „Dritten Welt" - vor allem in Lateinamerika und zu dieser Zeit in Kuba - wurden Revolutionskonzeptionen bzw. Strategien des antiimperialistischen Kampfes vertreten, die sich deutlich von der Linie der kommunistischen Staatsparteien - vor allem der KPdSU - unterschieden. Und schließlich war die beginnende Revolte der Intellektuellen, der Studenten und der Jugendlichen in den westlichen Metropolen des Kapitalismus (die stark auf die Macht der antiimperialistischen Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt bezogen war) eine ganz neue Entwicklung, die zunächst von den „alten" kommunistischen Parteien (vor allem den Staatsparteien) falsch eingeschätzt wurde. Gerade der von Perry Anderson so genannte „westliche Marxismus" (neben Abendroth und Basso wären hier zu nennen: Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir, Henri Lefebvre, Louis Althusser, André Gorz, Herbert Marcuse, die New Left Review Gruppe um Perry Anderson, Robin Blackburn und Stuart Hall in England, die neue Gramsci-Rezeption in Italien usw. usf.) nahm jedoch diese Bewegungen positiv auf und begriff sie zugleich als Herausforderungen im Hinblick nicht nur auf die Analyse der entwickelten kapitalistischen Gesellschaften, sondern auch der Konzeptionen sozialistischer Politik.

S.: Ein Parteigründungsprozess lag also gleichsam in der Luft...(...)

Ja, das Parteigründungsprojekt entstand in diesen politischen Umbruchproizessen und reformkommunistischen Erneuerungsversuchen,   auch wenn schließlich doch (aufgrund des Ausscheidens jener, die sich mehr auf die antiiautoritäre Bewegung orientierten) eine eher traditionalistische Ausrichtung obsiegte, die allerdings auch das ganze Projekt zum Scheitern verurteilte. Und doch ist es wichtig, noch einmal an solche politischen Kontexte der Jahre 1966 bis 1968 zu erinnern, um auch zu verstehen, warum die Führung der illegalen KPD und offenbar die Westabteilung der SED gegen dieses Projekt agierten. Sie wollten eben - wenn die Quelle überhaupt verläßlich ist - bei Abendroth erkunden, wie ernst dieses Projekt gemeint ist. Und da haben sie eine ziemlich klare Antwort bekommen. (...)

Um die Aussagen von Wolfgang Abendroth (sofern überhaupt dem „Dokument" zu glauben ist) richtig zu verstehen, muß man allerdings auch die politische Biographie von Wolfgang Abendroth mit einbeziehen. In den von B. Dietrich und J. Perels herausgegebenen Gesprächen über sein „Leben in der Arbeiterbewegung" (Frankfurt: Suhrkamp 1976), aber auch in dem von der Zeitschrift „Sozialismus" aus Anlaß seines Todes im November 1985 herausgebenen Sonderheft ist dies alles ausführlich nachzulesen. Wolfgang Abendroth war seit den frühen 20er Jahren Mitglied der KPD gewesen. 1928/29 schließt er sich der „rechten Opposition" (KPO) um Brandler und Thalheimer an. Beide hat er bis zu seinem Tode als seine Vorbilder und Lehrer bezeichnet. Er gehörte der Gruppe „Neu Beginnen" an, arbeitete im Widerstand, im Zuchthaus und im Strafbatallion 999 mit Kommunisten zusammen. Wolfgang Abendroth hat als typischer Vertreter dieser „Zwischengruppen", die in der Weimarer Republik entstanden waren, sein politisches Leben in den Dienst einer großen Idee gestellt. Er war (wie viele andere, z.B. Willi Bleicher) davon überzeugt, daß die Spaltung und Konfrontation zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten nach dem Weltkrieg und der Oktoberrevolution eine wesentliche Ursache für das Scheitern der Revolution im Westen wie im Osten, aber auch des Sieges der Reaktion (vor allem in Gestalt des Faschismus), gewesen war. Er lebte in kämpfte in der real existierenden Arbeiterbewegung seiner Zeit - also auch unter ganz unterschiedlichen Bedingungen vor und nach 1945 - für die Überwindung dieser Spaltung. Selbstverständlich wußte Abendroth, daß diese Idee nur dann zu verwirklichen war, wenn auch in den „realsozialistischen Systemen" - und eben vor allem in der Sowjetunion - Reformen realisiert werden, die insbesondere auf den Abbau der Bürokratie und die Entwicklung der wirklichen Selbstverwaltung, auf die Herstellung von Rechtsstaatlichkeit und sozialistischer Demokratie gerichtet sind. Deshalb hat er alle Entwicklungen - vom XX. Parteitag der KPdSU bis zum Prager „Frühling" und nachfolgenden Entwicklungen - stets in dieser Perspektive betrachtet. Auch diese Position teilte er mit den meisten oben genannten Vertretern des „westlichen Marxismus" - z.B. mit dem Trotzkisten Ernest Mandel, den er schon in den frühen 60er Jahren als Referenten für den Marburger SDS empfohlen hat.

Aber, um es zu wiederholen, seine große Idee war die „Utopie" der Wiedervereinigung der gespalteten Fraktionen der internationalen sozialistischen Arbeiterbewegung. Ich bin heute mehr als früher davon überzeugt, daß diese Position von Wolfgang Abendroth am pragnäntesten im Jahre 1936 von dem Austromarxisten Otto Bauer in seiner Schrift „Zwischen zwei Weltkriegen" unter dem Titel des „integralen Sozialismus" dargelegt worden ist. Die Schrift endet mit den folgenden Sätzen: „Was dem Dogmatiker als eine Halbheit, ein verfluchtes Einerseits-andrerseits, ein innerer Widerspruch unseres Denkens erscheint, ist nichts anderes als die dialektische Methode, die freilich so mancher nicht erträgt, der besonders gern vom dialektischen Materialismus spricht. In der Enwicklungsphase von heute den Kern zu entdecken, der, indem er seine Hüllen sprengt, die Entwicklungsphase von morgen sein wird, in den Gegensätzen von heute die Synthese von morgen aufzufinden, den zwieschlächtigen Charakter der sozialen Phänomene zu begreifen, die die Vergangenheit zunächst in antagonistischer Form überwinden, um, indem sie diese antagonistische Form sprengen, über die Gegenwart hinauszustürmen: das ist der Wesenskern der dialektischen Methode in ihrer Anwendung auf die Gesellschaft. Es ist keine Halbheit, kein zaghaftes Einerseits-andrerseitts, kein innerer Widerspruch, sondern die Anwendung der dialektischen Methode, wenn wir den zwiespältigen Charakter der Entwicklungsphasen der bürgerlichen Demokratie, des reformistischen Sozialismus, der Diktatur des Proletariats erkennen und gerade durch diese Erkenntnis die polaren Gegensätze des reformistischen und des bolschewistischen Sozialismus in der Synthese des integralen Sozialismus aufheben" (Otto Bauer, Werke, Band 4, Wien 1976, S. 324).

S.:  Für Historiker, die sich mit dem Verhalten von Genossen dieser Generationen beschäftigen, wäre zumindest zu fordern, daß sie nicht nur den Intentionen der handelnden Akteure, sondern auch den spezifischen Zeitumständen gerecht zu werden versuchen.

Bei Kraushaar und Staadt scheint  das Interesse im Vordergrund zu stehen, mit der „Enthüllung" der subversiven Dimensionen linker Politik bzw. der „Stasi-Connections" eben diese linken Traditionen diskreditieren, oder abzuwickeln. Alle linken Traditionen, die nicht bei Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit in der Gegenwart enden, also beim zivilgesellschaftlichen Anti-Sozialismus und Machtopportunismus in einer - immer barbarischer werdenden - kapitalistischen Gesellschaft, werden als totalitär und damit tendenziell „von einer fremden Macht" gesteuert, diffamiert.

Ich habe mich  auch immer wieder gefragt, was Leute wie Kraushaar, Staadt u.a. antreibt, über die FAZ eine Wiederbelebung des McCarthy’ismus in seinem primitivsten Formen zu betreiben. Ich denke, daß der Schlüssel bei der Behörde Gauck und ihrem Leiter zu finden ist. Herr Gauck will seine Behörde offenbar als oberste Staatschutzbehörde in das kommende Jahrhundert retten und betreibt deshalb mit großem Engagement - nach der Abwicklung im Osten - die Ausweitung auf eine Abwicklungskampagne im Westen. Gerade im Vorfeld eines Buntestagswahlkampfes fällt es zwangsläufig auf, daß der Pastor Hinze und der Pastor Gauck - „kampagnemäßig" hätte es im alten Jargon geheißen - am gleichen Strang ziehen. Daß dabei den ehemaligen Bürgerrechtlern, die inzwischen - zusammen mit    Manfred Willke - zur CDU übergewechselt sind, eine besondere propagandistische Funktion zukommt, liegt auf der Hand. Nunmehr bieten sich auch Historiker aus dem Westen an, die mit ihrer totalitarismustheoretischen Wende schon vor einiger Zeit Vorentscheidungen für die Schwerpunktverlagerung des ideologischen Kampfes gegen die Linke getroffen haben und zugleich ein neues Terrain für publizistische und wissenschaftliche Karrieren vorfinden. Die „Kampfgruppe Gauck" bekommt natürlich in der Zeit des Niedergangs der Kohl-Ära, der Ernüchterung über die Politik der Einheit, und des zunehmenden Widerstandes gegen die Politik des Neoliberalismus eine Schlüsselfunktion als zentraler ideologischer Apparat des herrschenden konservativen Blocks. Auch nach dem Ende des Kalten Krieges darf dieser nicht aufhören! 

Erschienen in: Sozialismus 7-8/1998 S.19-21