Aufruf zur Großdemonstration gegen die schöne neue EXPO-Welt am 27.05.00
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 Treffpunkt: Sa., 27. Mai, 12.00 Uhr auf dem Klagesmarkt in Hannover

Die Beherrschung verlieren - EXPO NO!

Am 1. Juni 2000 soll in Hannover die »erste Weltausstellung auf deutschem Boden«, die EXPO 2000, ihre Pforten öffnen. Fünf Monate lang wollen rund 200 Regierungen und Großkonzerne den erwarteten 40 Millionen BesucherInnen »aus aller Welt« unter Aufwendung der modernsten und teuersten Multimedia-Präsentationstechniken ihr Bild der Zukunft schmackhaft machen.

»Die EXPO 2000 steht unter dem Motto "Mensch - Natur - Technik", sie soll an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter ein völkerverbindendes Signal für die Menschen setzen. Ein Signal dafür, daß wir erkannt haben, daß wir Menschen auf dieser Erde alle zusammen in einer Welt leben. Es macht keinen Sinn mehr, uns in eine erste, zweite, dritte oder vierte Welt aufzuteilen, wenn wir neue Wege suchen. Wege, damit Menschen einen menschenwürdigen Lebensstil in Freiheit und Selbstbestimmung finden können und zugleich künftig das Gleichgewicht des globalen Ökosystems besser gewährleisten und das friedliche Miteinander nicht gefährden.« (EXPO 2000 GmbH, 1995)

Die Wölfe haben Kreide gefressen. Während Armut, Ausbeutung und Unterdrückung weltweit verschärft werden, geloben sie Besserung und malen die Zukunft in den rosigsten Farben. Während die bestehenden patriarchalen, rassistischen und kapitalistischen Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse immer unerträglicher werden, soll das Bewußtsein dafür durch modische Modernisierungsfloskeln zum Verschwinden gebracht werden. Krieg heißt heute »Humanitäre Mission«, die verschärfte Ausbeutung von Mensch und Natur »Nachhaltige Entwicklung«, rassistische Ausgrenzung »Innere Sicherheit«, Imperialismus »Globale Verantwortung«. Und das Patriarchat gilt spätestens dann als abgeschafft, wenn auch Frauen »ihren Dienst an der Waffe« versehen dürfen ...

Nachhaltige Ausbeutung und Herrschaft

Die EXPO soll BesucherInnen eine »Welt der Zukunft« zeigen, die nach den ökotech-nokratischen Maßgaben der Agenda 21 und deren nicht mehr ganz so taufrischen Herrschaftskonzept »Nachhaltigkeit« gebaut sein soll. Und das heißt prak-tisch: Nur durch neue umweltzerstörerische Techno-logien, durch die ungehemmte Entfaltung kapitalisti-scher Akkumulation und – wie es die EXPO-GmbH nennt und wie es auch integraler Bestandteil der Agenda 21-Ideologie ist – durch den Einsatz der »Lösungskompetenz von Unternehmen« seien die soge-nannten globalen Menschheits-probleme zu lösen.

Miseren wie die steigende Rohstoffverknappung, Umweltzerstörung, Hunger und Armut sind für die EXPO-GmbH natürlich nicht Folgen der jahrhunderte-langen kolonialen Ausbeutung, der fortdauernden imperialistischen Abhängigkeitsverhältnisse und der kapitalistisch-patriarchalen Arbeitsteilung, sondern seien auf psychische Ursachen zurückzuführen. Die Ursachen für ökologische Zerstörung und soziale Verelendung liegen angeblich in den Menschen selbst und ihrem »Fehlverhalten«, genauer: in ihrer angeblichen Technikfeindlichkeit und dem Fortpflanzungsverhalten der Menschen im Trikont.

Feindbild Mensch

Die alte reaktionäre Legende von der »Bevölkerungs-explosion« als Hauptübel wird von den EXPO-MacherInnen wieder aufgewärmt – es leben ihnen noch immer zu viele, verelendete, vom Kapital aus-geraubte und vertriebene Menschen auf der Erde.
Die imperialistischen Zentren wollen sich mittels Bevölkerungspolitik/-kontrolle den Zugriff auf die Frauen weltweit sichern: Sie degradieren den Körper von Frauen zum medizinischen Experimentierfeld im Dienste der weißen Herrenrasse. Im Trikont beinhalten ihre Zukunftsvisionen Zwangssterilisation und -abtreibung als Mittel der »Geburtenkontrolle«, damit zukünftige »unnütze EsserInnen« gar nicht erst in die Welt gesetzt werden. In den Metropolen bedeutet dies Eugenik mit den Konsequenzen von Selektion und Geburtenzwang.

Die Unternehmen der Zukunft sollen im EXPO-Entwurf nur noch aus wenigen lohnabhängigen Festange-stell-ten bestehen. Nach der Methode »hire and fire« soll der Rest gegeneinander um befristete Honoraraufträge konkurrieren, ohne soziale Absicherungen leben und zum ständigen Pendeln zwischen Phasen von Erwerbs-arbeitslosigkeit und Überausbeutung gezwungen wer-den. Der EXPO-Themenpark plädiert für eine voll-ständige »Öffnung« von Tarifklauseln in Arbeitszeit und -vergütung. Damit die Ausgebeuteten nicht »vereinsamen«, seien »Gilden« statt Gewerkschaften zu schaffen.

Verstärkte Naturzerstörung durch Gentechnik und Atomenergie

Gentechnik - so die bekannten Lügen von Pharma- und Chemiekapital, Regierungen, WissenschaftlerInnen und Gewerkschaftsspitzen - soll den Welthunger besiegen und die Bevölkerung reduzieren helfen. AKWs werden als Lösung für Energieversorgung und Klimakatastrophe propagiert (z. B. durch den Nach-bau des Leitstands des geplanten »Europäischen Druckwasserreaktors« im Themenpark »Energie«). Zur Modernisierung der Atomenergie wird die Atom-fusion versteckt in einem angebli-chen Energiemix aus Fusionsreaktoren, Solarenergie und fossilen Brenn-stoffen. Informations- und Kommu-nikations-techno-logie sollen weltweiten Handel und kapitalistische Produktion koordinieren und ermög-lichen. Der menschenverachtende und umweltzerstörerische Charakter dieser Technologien wird verschwiegen.

Deutschland marschiert - an der Spitze des Fortschritts

Die ausgestellte Hochtechnologie wird für militärische und repressive Zwecke genutzt. Autoritäre, reaktionäre und kriegführende Staaten wie Mexico, USA, Türkei, Spanien usw. erhalten anläßlich von »Nationentagen« Gelegenheit zur Selbstdar-stel-lung; die BRD feiert den ihren am 3. Oktober. Ein Jahr nach der Beteiligung am Angriffskrieg gegen Jugoslawien will die BRD »zeigen, wie wir sind - weltoffen, mit gelebter Menschlichkeit, mit der Fähig-keit zur internationalen Solidarität« (Kohl 1997). Das »Bild der Deutschen wird mit der EXPO 2000 vielfach neu bestimmt ... Deutschland kann mit der EXPO ... beweisen, daß es aus dem Schatten dieses Jahr-hunderts mit zwei Weltkriegen herausgetreten ist« (EXPO-Generalkommissarin Birgit Breuel 1996). Mit dem Abfeiern von zehn Jahren »Wiedervereinigung« will sich die BRD endgültig von der Last ihrer NS-Vergangenheit befreien, während das BRD-Kapital die Ausstellung für seine imperialistischen Ambitionen nutzt.

Während der Zeit der EXPO wird Hannover exemplarisch für das Vertreibungs- und Repressionskonzept, das auch in anderen BRD-Städten praktiziert wird, zu einer Polizeifestung ausgebaut werden. Mit Unterstützung von Polizei aus ganz Europa soll den Gästen eine gesäuberte Metropole präsentiert werden. Die Stadt wird zum Sicherheitsstaat: BGS und VS sperren die kameraüberwachte Innenstadt ab. Die Vorbeugehaft wurde von maximal 48 Stunden auf vier Tage ausgeweitet. Mit Beginn der EXPO wird ein zusätzlicher Knast eingerichtet mit der Begründung, daß insbesondere durch »ausländische Täterinnen und Täter« die Kriminalitätsrate steigen würde. Ab 2001 wird das EXPO-Gefängnis als Abschiebeknast genutzt.

Für einen vielfältigen Widerstand - EXPO angreifen !

»Lust auf Zukunft« soll sie machen, die EXPO. »Wir alle« sitzen angeblich in einem Boot und wenn alle die Ärmel hochkrempeln und ihren Teil zur Rettung des Planeten beitragen, wird schon alles gut - als wären die heutigen Verhältnisse Ergebnis mangelnden Wissens oder Willens. Das Eingeständnis der »Krise« dient vor allem der Herstellung von Leistungs- und Anpassungsbereitschaft für die gemeinsame große Sache. Und wer nicht mitmachen will, macht sich schuldig am Elend in der Welt und hat in der neuen Mitte der wohligen Weltrettungsgemeinschaft nichts verloren. Wir werden trotzdem nicht mitmachen. Mehr noch halten wir diese Propagandaveranstaltung der herrschenden Weltordnung - ebenso wie die bekannteren Inszenierungen kapitalistischer Macht wie EU- und »Welt«wirtschaftsgipfel oder WTO-Tagungen - für ein Ereignis, gegen das es Widerstand zu entwickeln gilt.

Wir stellen uns eine ganz andere Zukunft vor als die, die sie uns mit der EXPO verkaufen wollen. Gegen den patriarchalen, rassistischen und kapitalistischen Zukunftsentwurf und den Bauplan der Konzerne, Regierungen, Technokraten für ihre »Schöne Neue Welt« setzen wir den weltweiten Widerstand von AtomkraftgegnerInnen bis Zapatistas, von antipatriarchal bis zersetzend. Wir wollen anläßlich der nahen Eröffnung der EXPO mit einer kraftvollen Demonstration unsere gemeinsame Kritik an den Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnissen sichtbar und konfrontativ auf die Straße tragen und damit den Auftakt zu weiteren Aktionen gegen die »schöne neue EXPO-Welt« setzen. Wir machen nicht mit! Entwickeln wir einen vielfältigen Widerstand!

Bundesweites Anti-Expo-Bündnis

Kontakt:
Anti-EXPO-AG
c/o AstA Uni Hannover
Welfengarten 2c
30167 Hannover
Fax: 0511 - 717441