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Eine überfällige Debatte
Glanz und Elend der DDR-Geschichtsforschung über Faschismus und zweiten Weltkrieg. 

Von Karl Heinz Roth (*)

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In der neuesten Ausgabe vom Bulletin für Faschismus- und Weltkriegsforschung hat Werner Röhr einen umfassenden Rückblick auf die Faschismusforschung der DDR veröffentlicht, der die Aufmerksamkeit eines größeren Publikums verdient. Er wirft Fragen auf, die nicht nur die Identität der historisch Arbeitenden, sondern auch das Selbstverständnis der gesamten Linken berühren.

Ansätze in diese Richtung hatte es schon 1989/90 gegeben, als die DDR-Gesellschaft und mit ihr auch ihre Historikerinnen und Historiker auf eine demokratische Selbsterneuerung zusteuerten. Diese Phase der selbstkritischen Vergewisserung wurde rasch beendet, im Gefolge des Anschlusses wurde die DDR-Geschichtswissenschaft 1991 abgeräumt. Ihre Akademie-Institute wurden geschlossen, ihre Hochschuleinrichtungen verfielen der Landnahme durch westdeutsche Fachkollegen. Ihre Forschungsergebnisse wurden diskreditiert. Wer sich nicht pauschal von der Vergangenheit seines Fachs distanzierte, bekam keine Chance für einen Neuanfang. Die Scheidelinien des Verdikts waren messerscharf gezogen. Die von den neuen Machtverhältnissen erzwungene Schwarz-Weiß-Konstellation machte Bemühungen um eine selbstverantwortete, kritische Standortbestimmung weitgehend zu Makulatur. Die meisten verstummten. Nur wenige fanden die Kraft zur Weiterarbeit und reorganisierten sich in der Diaspora des prekären Überlebens.

Die Faschismusforschung wird noch lange das brisanteste und umstrittenste Terrain der Geschichtsschreibung bleiben. An ihren Fragestellungen, Themenschwerpunkten und Ergebnissen läßt sich am deutlichsten ablesen, wie es um die Beziehung zwischen Wissenschaft und politischer Macht bestellt ist. Ihre Resultate können dem gesellschaftlichen Fortschritt dienen und dazu beitragen, die Barbarei zu bannen. Sie können aber auch apologetischen Zielen unterworfen sein und sich in das breite Spektrum der Legitimationswissenschaften einreihen. Vor zwei Jahren haben wir am Beispiel der Instrumentalisierung des Vermächtnisses von Auschwitz für den Angriffskrieg gegen Jugoslawien miterlebt, daß dieses Verhältnis sogar bis zur Enteignung des antifaschistischen Forschungsanliegens pervertiert werden kann.

Die Lichtseiten

Wie jede andere Wissenschaft haben historische Forschungen über den Faschismus eingreifenden Charakter. Selbst dann, wenn sie wie im Fall der DDR mit den Zukunftshoffnungen des Widerstands und der auf die Erhaltung des Friedens verpflichteten Staatsdoktrin übereinstimmten, konnten Blockaden entstehen, denn »Wissenschaft basiert auf kritischer Analyse, der Zweifel und die Öffentlichkeit des Streits sind ihre Lebensbedingung«. (S. 4) Das politisch begründete Anliegen der Forschung besagt deshalb noch nichts über ihre politisch determinierten Realisierungsbedingungen. Auch eine aus dem Antifaschismus entstandene politische Macht zielt vor allem auf Selbsterhaltung und Selbstbestätigung, während gerade auch eine dem Antifaschismus verpflichtete Wissenschaft ihre Hypothesen und Arbeitsergebnisse ständig hinterfragen und weitertreiben muß. Die kritische Dynamik der historischen Forschung reibt sich somit grundsätzlich mit der auf Selbsterhaltung ausgerichteten Statik der Macht, selbst der antifaschistisch legitimierten. Röhr hat sich der Aufgabe unterzogen, dieses Problem anhand der wichtigsten Schwerpunkte der DDR-Forschung über den Faschismus aufzuarbeiten.

Resümieren wir, ihm folgend, zunächst die Lichtseiten. In den sechziger Jahren setzten umfangreiche quellenorientierte Forschungen ein, die wie bei den Historikerschulen der früheren Alliierten und der von den Deutschen besetzten Länder auf die Geschichte des Zweiten Weltkriegs konzentriert waren (S. 25 ff.). Im Ergebnis entstanden Studien über die Kriegswirtschaft und deren Regulierungssysteme, breit angelegte Untersuchungen und Dokumentationen über die Okkupationspolitik im deutsch beherrschten Europa, über das faschistische Terrorsystem und die Entwicklung der Zwangsarbeit. Den Gravitationspunkt bildeten das sechsbändige Werk über »Deutschland im zweiten Weltkrieg«, die neunbändige Serie »Europa unterm Hakenkreuz« sowie die von Dietrich Eichholtz und Mitarbeitern verfaßte »Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft«. Als roten Faden sahen die Autoren dabei die Kriegszielprogramme an, wobei vor allem die Nachkriegsplanungen der Großunternehmen detailliert untersucht wurden (S. 46ff.). Hinzu kamen erhebliche Bemühungen um eine synthetische Betrachtungsweise. Das Autorenkollektiv von »Deutschland im zweiten Weltkrieg« bemühte sich um die Integration der militärischen Ereignisse in eine breitangelegte Gesellschafts- und Wirtschaftsgeschichte des deutschen Faschismus.

Die Historiographie der Kriegsjahre wurde durch vielfältige Versuche untermauert, dem Gesamtphänomen des deutschen Faschismus gerecht zu werden. Dazu gehörten Studien über die NSDAP, den politischen Machtpfeiler des »Dritten Reichs« (S. 6ff.), vereinzelte Untersuchungen über die Naziideologie und ihre Ursprünge in der »konservativen Revolution« (S. 16f.), aber auch die - wenn auch viel zu spät begonnene - Aufarbeitung des Antisemitismus und der Judenverfolgung im Kontext der faschistischen Bevölkerungs- und Vernichtungspolitik (S. 15, 47ff.). Dabei werden zu Recht die Arbeiten von Kurt Pätzold hervorgehoben. Pätzold rekonstruierte die antijüdische Verfolgungs- und Vertreibungspraxis im Kontext der faschistischen Rassen- und Expansionspolitik und erreichte dadurch im Gegensatz zu den vor allem in der BRD zu beobachtenden Spezialisierungs- und Mystifikationstendenzen eine analytische Tiefenschärfe, die für weitere Studien wegweisend sein sollte.

Röhr zufolge können diese vielfältigen Ansätze am besten anhand zweier Sammelpublikationen nachvollzogen werden, in denen sich der Forschungsstand zu Beginn und gegen Ende der achtziger Jahre bündelte. In dem 1980 erschienenen Sammelwerk »Faschismusforschung« präsentierten sich diese Ansätze am ausgewogensten und bezogen auch Untersuchungen über die Massenbasis des deutschen Faschismus ein (S. 21 ff.). Der 1989 erschienene Sammelband »Der Weg in den Krieg« habe dagegen das Augenmerk auf die dem Zweiten Weltkrieg unmittelbar voraufgegangenen Aggressionsakte gegen Österreich und die Tschechoslowakei gelenkt und bei gleichzeitigem Verzicht auf breiter angelegte faschismustheoretische Fragestellungen den Forschungshorizont in diese Richtung erweitert (S. 23 ff.).

Mit Einschränkungen verbucht Röhr auch die wirtschaftstheoretische Grundlage der Faschismus- und Weltkriegsforschung auf der Aktivseite (S. 30-47). Hier haben wir das entscheidende Methodenproblem seines Beitrags vor uns, und Röhr wägt entsprechend genau ab. Nach seiner Auffassung hat trotz mancher ritueller Scholastik nicht die enge Linienführung der umstrittenen Dimitroff-Formel, sondern die flexibel erweiterte leninistische Konzeption des »Finanzkapitals« beziehungsweise der »Monopolbourgeoisie« als Matrix gedient und sich unter den spezifischen historischen Fragestellungen auch durchaus bewährt. Auch wenn es keine stringente Beziehungslogik zwischen Monopolkapital und Faschismus gäbe, habe dieser Ansatz entscheidend zur Aufklärung der Hochzüchtung der faschistischen Massenbewegung in der Weimarer Republik, der politischen Machtübertragung von 1933 und der Entscheidung zur Überwindung der Weltwirtschaftskrise durch eine vom Weltmarkt abgeschottete Rüstungskonjunktur beigetragen.

Dagegen sei die Analyse der seit 1936 erfolgten Differenzierungsprozesse zwischen den verschiedenen Kapitalgruppen mißglückt.

Die Defizite

Den größten Teil seiner Abhandlung widmet der Autor jedoch Reflexionen über Defizite und Versäumnisse der Faschismusforschung (S. 17 ff., 56 ff., 65ff.). Über vieles, was er dabei auflistet, herrscht sicher auch unter Linken inzwischen Konsens: Das weitgehende Fehlen alltags-, mentalitäts- und sozialhistorischer Fragestellungen; die auffällig unterrepräsentierte Vorkriegsgeschichte; die Ausblendung des Phänomens des faschistischen Massenanhangs; die fast völlige Abwesenheit des faschismustheoretischen Vergleichs; die Legende vom breiten proletarischen Massenwiderstand, den die Exilführung der KPD gesteuert habe; das Aufbauschen des Nationalkomitees »Freies Deutschland« zum Widerstandszentrum als Beispiel für die Unergiebigkeit der besonders privilegierten Widerstandsforschung; die weitgehend unterbliebenen Untersuchungen über das System der Vernichtungslager und den Völkermord an den europäischen Juden; aber auch die seitens der sowjetischen Historiographie vorgegebenen Tabus über den Hitler-Stalin- Pakt und seine Folgen sowie der Mythos von der »Gesetzmäßigkeit« der faschistischen Niederlage.

Röhr bleibt nicht bei der Auflistung stehen, sondern fragt, wie es zu diesen Verzeichnungen, Leerstellen und Tabuisierungen überhaupt hatte kommen können. Ausgehend von der eingangs skizzierten Grundüberlegung über das spezifische Dilemma der DDR-Geschichtsforschung präsentiert er einige überraschende Ergebnisse.

Erstens: Das kollektive Gedächtnis der überlebenden Opfer kann kritisch-historische Forschung durchaus hintertreiben, wenn seine Idealisierungen zur Staatsdoktrin geworden sind; hier reflektiert sich in administrativ zugespitzter Form ein Dilemma, das jedem, der schriftliche und mündliche Quellen miteinander abgleicht, auch aus der eigenen Werkstatt bestens vertraut ist.

Zweitens: Die politische Macht verhängte ihre Tabus ausgesprochen zielgerichtet. Von den vielen Fallbeispielen, die Röhr nachweist, sei nur eines exemplarisch aufgeführt: Während in Westdeutschland die für den Wiederaufbau als unentbehrlich erachteten NS-Führungsschichten und Funktionseliten vor der kritischen Historie abgeschirmt wurden, sollte in der DDR die breite Masse der Mitläufer für einen alternativen Neuanfang gewonnen und gesellschaftlich integriert werden, und deshalb waren Untersuchungen über ihre voraufgegangenen Loyalitäten, mentalen Strukturen und verbrecherischen Verstrickungen verpönt.

Drittens: Die politische Macht entschied nicht nur über die für ihre Selbstlegitimation wichtigen Forschungsschwerpunkte, sondern setzte auch durch direkte Eingriffe weitreichende analytische Prämissen. Sie unterwarf darüber hinaus wichtige Bereiche der Geschichtswissenschaft taktischen Tagesinteressen und sekretierte zur Eigensicherung auch noch das ihren Vorgaben widersprechende Archivgut.

Theoriescheu

Um die in der DDR tätige Faschismusforschung war es somit nicht so gut bestellt. Sie war erheblichen politischen Vorgaben unterworfen. Sie war Akteur und Opfer des Kalten Kriegs, und die westlichen Forschungsverbote standen ihr oft spiegelbildlich gegenüber. Dagegen gab es trotz der sich seit den siebziger Jahren im Westen durchsetzenden Erosion der apologetischen Zeitgeschichtsschreibung keine vergleichbaren Liberalisierungstendenzen im Osten. Bis kurz vor ihrem Untergang fehlten der historischen Faschismusforschung der DDR die in der BRD zeitweilig eroberten Freiräume und Verunsicherungspotentiale gegenüber der politischen Macht. Innovative Leistungen mußten hartnäckig erkämpft und Handlungsspielräume überaus vorsichtig ausgelotet werden, wie Röhr am Beispiel der Darstellung des deutschen Überfalls auf Polen im ersten Band von »Deutschland im zweiten Weltkrieg« exemplarisch nachweist.

Röhr läßt aber auch keinen Zweifel daran, daß bei mehr Zivilcourage weitaus mehr zu erreichen gewesen wäre. Für ihn besteht das Dilemma deshalb auch nicht so sehr in der Wissenschafts- und Theoriefeindschaft der regierenden Staatspartei, sondern im Verhalten der Fachkollegen: »Verwundern muß allein, wenn Wissenschaftler diese Theoriescheu verinnerlichen. ... Die schlimmste Wirkung der führenden Rolle der SED in der Wissenschaft waren theoretische Sterilität und Abstinenz. Diesen Schaden für die Faschismusforschung halte ich für weit gravierender als inhaltliche Vorgaben.« (S. 70)

Mit dieser Schlußbemerkung wendet sich der Verfasser an seine Fachkollegen. Er macht es ihnen nicht leicht, aber der von ihm geforderte Disput ist überfällig. Röhr liegt quer zu der zu beobachtenden larmoyanten Tendenz, defizitäre Leistungen ausschließlich auf die Engstirnigkeit und Theoriefeindschaft des politischen Regimes zurückzuführen. Als Außenstehender kann ich in diese seit langem überfällige Debatte nicht eingreifen. Statt dessen möchte ich einige kritische Bemerkungen zur Bestandsaufnahme beisteuern.

Kritik der Kritik

Ich stimme erstens Röhr nicht in der Auffassung zu, daß das vom Austromarxismus herstammende Finanzkapital/Monopolbourgeoisie-Konzept eine adäquate wirtschaftstheoretische Grundlage für die historische Faschismusforschung lieferte. Solange das Verhältnis von Wirtschaft, Gesellschaft und Staat durch den Goldstandard und das liberale Deflationsmodell bestimmt war, hatte dieses analytische Konzept zweifellos einen erheblichen Erkenntniswert. Damit war es jedoch vorbei, als 1933/34 die wirtschaftspolitische Staatsintervention begann. Die gesamtwirtschaftlichen Regulierungselemente gewannen als Instrumente der Krisenüberwindung erheblich an Bedeutung.

Der Staat wandelte sich vom ideellen zum reellen Gesamtkapitalisten, so daß sich aus der bisherigen eingipfligen Herrschafts- und Regulierungspyramide des kapitalistischen Systems eine zwei- beziehungsweise dreigipflige Herrschaftskonstellation herausbildete und in Gestalt der Rüstungskonjunktur auch gesamtgesellschaftlich durchsetzte. Diesen Wandlungsprozessen gegenüber blieb das Finanzkapitalkonzept weitgehend blind. Die gesamtwirtschaftliche Dynamik und die immanenten Krisenprozesse der Aufrüstung konnten nicht wahrgenommen werden. In diesem erkenntnistheoretischen Defizit sehe ich die Ursache für die weitgehende Ausblendung der Vorkriegsjahre. In der DDR-Faschismusforschung wurde es erst wieder lebendig, als sich das Monopolkapital gegen Ende der Aufrüstungsperiode zurückmeldete und seit 1940 seinen in die Kriegszielprogramme verkleideten alleinigen Herrschaftsanspruch über die Rüstungswirtschaft geltend machte.

Zweitens scheint mir, daß Werner Röhr die Leistungen und Defizite der DDR-Faschismusforschung zu einseitig aus der Perspektive des Akademie-Zentralinstituts für Geschichte betrachtet, wo er ja auch selbst tätig gewesen war. Auch am Institut für Wirtschaftsgeschichte der Akademie der Wissenschaften und an der Hochschule für Ökonomie in Berlin-Karlshorst sind umfangreiche historische Studien über den deutschen Faschismus entstanden. Auch wenn sie - wohl aus den von Röhr angegebenen politischen Gründen - auf eine explizite theoretische Klärung verzichteten, hielten viele der dort erschienenen Untersuchungen Distanz zum »Finanzkapital«-Korsett der Politikhistoriker vom Zentralinstitut für Geschichte, und das hatte deutliche Rückwirkungen auf den Erkenntnisgewinn. Ich finde es bedauerlich, daß diese Unterschiede im wirtschaftstheoretischen Ansatz offensichtlich nie thematisiert wurden, konkret gesprochen: Daß sich die Kollegen Wolfgang Schumann, Dietrich Eichholtz und Gerhart Hass nie mit Jürgen und Thomas Kuczynski sowie Lotte Zumpe von den Wirtschaftshistorikern und den Karlshorstern Alfred Schröter und Hans Mottek zusammengesetzt haben, um eine Methodendiskussion anzuzetteln und das seit 1933/34 von der Geschichte überholte leninistische Finanzkapital-Konzept zu Grabe zu tragen.

Drittens kann ich Röhrs positiver Beurteilung der umfangreichen Dokumenteneditionen zur Geschichte des deutschen Faschismus nur bedingt zustimmen. Zweifellos trugen sie wesentlich dazu bei, die Defizite und Leerstellen der westdeutschen Forschung sichtbar zu machen. Die Quellenauswahl war jedoch oft zu willkürlich und selektiv, die Dokumente selbst wurden oft massiv gekürzt, und der wissenschaftliche Apparat ließ häufig zu wünschen übrig. Die DDR kleckerte, statt wie in der BRD wirklich umfangreiche und repräsentative Dokumentationen herauszugeben (Akten der Reichskanzlei, Akten zur Deutschen Auswärtigen Politik).

In der DDR gab es umfangreiche Unternehmensarchive, zu denen die dort tätigen Historiker privilegierten Zugang hatten. Ich habe es bis heute nicht verstanden, warum die Archivare und Historiker der DDR daraus keine vielbändige Dokumentenedition zusammengestellt haben, die dem Umfang der Aktenedition des Auswärtigen Amts entsprach. Damit hätten sie nicht nur ihr Finanzkapital-Konzept für alle hinterfragbar auf den Prüfstand gebracht, sondern auch auf internationaler Ebene zur Schließung einer besonders schmerzlichen Forschungslücke beigetragen, denn im Westen waren die Unternehmensarchive damals so gut wie unzugänglich.

Bleibende Leistungen

Trotz ihrer Defizite hat die DDR-Geschichtswissenschaft bleibende Leistungen hervorgebracht, die nie aus den Studierstuben und Seminaren der Geschichtswissenschaft verschwinden werden. Es gibt allein etwa 100 ungedruckte DDR-Dissertationen zur Geschichte des deutschen Faschismus, die weltweit zum eisernen Kernbestand der Forschung gehören. Aber auch in Bereichen, die Röhr nur am Rande behandelt, ist Hervorragendes entstanden, so beispielsweise die medizinhistorischen Arbeiten des Leipziger Sudhoff-Instituts, die seinerzeit auch intensiv in die BRD ausstrahlten.

Für eine abschließende Bilanz der historischen Faschismusforschung der DDR ist es sicher noch zu früh. Jedoch wird es Zeit, sich um sie zu bemühen. Werner Röhr hat mit seinem Beitrag für den dafür erforderlichen Auslöser gesorgt, und nun können wir auf die Antworten seiner Kolleginnen und Kollegen gespannt sein.

*** Werner Röhr: Faschismusforschung in der DDR. Eine Problemskizze. Bulletin für Faschismus- und Weltkriegsforschung, 16/ 2001. Edition Organon. Vertrieb: Argument-Ariadne-Versand Klaus Gramlich. Reichenberger Str. 150, 10999 Berlin. Tel. 030/6113983, Fax. 030 61 142 70, E-Mail: Versand@Argument.de

(*) Der Arzt und Sozialhistoriker Karl Heinz Roth gehört zum Vorstand der Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts in Bremen und zur Redaktion der Zeitschrift 1999