Querfrontstrategen von Antifas geoutet

Monatelang blieben Rechte im Bündnis gegen Rechtsextremismus unbehelligt
Antifa-Recherche zu Faschisten in Berlin-Schöneberg 

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Im Bündnis gegen Rechtsextremismus, Neofaschismus, Antisemitismus und Rassismus in Tempelhof & Schöneberg (BgR) waren sechs Monate zwei Menschen anwesend, die erhebliche Sympathien und Kontakte zu Nazis und anderen Rechtsextremisten haben: es handelt sich um Irmgard Kohlhepp und Bernhard Heldt. Während Irmgard Kohlhepp schon bei der Gündung des BgR im September 2000 mit am Tisch saß und ziemlich regelmäßig bei den Bündnistreffen zugegen war, taucht Bernhard Heldt eher unregelmäßig im Windschatten von Kohlhepp auf. Der nach eigenen Aussagen ehemalige Republikaner Heldt war seit 1990 Mitglied bei Bündnis’90/DieGrünen. Die Anfang der 70er im Wedding als Lehrerin tätige Irmgard Kohlhepp war Gründungsmitglied der Alternativen Liste Berlin und der Grünen. Nachdem beide im April 1999 bei den Grünen schon mal als Rechtsextremisten geoutet worden waren, hat ihnen der Berliner Landesverband zum 30. April 1999 wegen säumiger Beiträge die Mitgliedschaft gekündigt. Vor kurzem bemühte sich Kohlhepp um eine Wiederaufnahme bei den Grünen in Schöneberg, was dort aber abgelehnt wurde.  

Kohlhepp und Heldt sind die InitiatorInnen der recht obskuren Organisation Association Liberal Soziale Ordnung (ALSO). Als “theoretische Grundlagen” bemühen die beiden ALSO-MacherInnen u.a. die Dogmen des Anti-Marxisten und Theoretikers eines sogenannten Dritten Weges Franz Oppenheimer (“Liberalsozialismus” und “Freibürgerschaft”) sowie des antisemitischen Zinsgeldtheoretikers Silvio Gesell. 

Auf dem Treffen des BgR am 8. März 2001 boten Kohlhepp und Heldt eine Zusammenarbeit mit ihrer Organisation “ALSO” an. In einem Anschreiben an das BgR schlugen sie den Herausgeber der als extrem rechts bekannten Zeitschrift Sleipnir sowie Betreiber des rechtsextremen “Verlag der Freunde”, Andreas Röhler als Diskussionspartner vor. Als Grundlage einer solchen Diskussion sollte der von Horst Mahler, Reinhold Oberlercher und Uwe Meenen verfasste und in Sleipnir (Heft 32, Februar 2001) erschienene Artikel “Ausrufung des Aufstandes der Anständigen” dienen, um Kernfragen des Faschismus und Antisemitismus zu analysieren. In diesem Zusammenhang legten sie mehrere Ausgaben der Sleipnir auf den Tisch.  

Erstmalig auf dem BgR-Treffen anwesende AntifaschistInnen trauten angesichts solcher Vorgänge ihren Augen nicht, vor allem auch weil es zu keiner entschiedenen Reaktion des BgR kam. Angesichts offensichtlicher Unkenntnis der Zeitschrift Sleipnir seitens der Mitglieder des BgR, erschien den Antifas ein sofortiges Outing der Personen Kohlhepp und Heldt ohne vorherige gründliche Recherche wenig erfolgversprechend. Ein solches Outing hätte den ALSO-Leuten vermutlich die Möglichkeit zu weiterer Selbstdarstellung verschafft, da bei einem großen Teil der Anwesenden falschverstandene Toleranzbereitschaft angenommen werden mußte - immerhin hatten es Kohlhepp/Heldt geschafft, ein halbes Jahr unbehelligt im Bündnis mitzuarbeiten.

Nun galt es eindeutige Fakten zu recherchieren um dem BgR überzeugend nachzuweisen, daß Kohlhepp/Heldt nicht ernsthaft Politik gegen Rechtsextremismus, Neofaschismus, Antisemitismus und Rassismus machen wollten, sondern im Gegenteil die Verbreitung ihrer diffusen, rechtsextremen Politikvorstellungen im BgR Tempelhof & Schöneberg anstrebten. Die zusammengetragenen Materialien belegten dann auch eindeutig Kohlhepps und Heldts Verstrickungen mit dem Rechtsextremismus.  

Im folgenden sollen einige prägnante Fakten aus dem ca. 70seitigen Rechercheergebnis benannt werden.In einem großen Ladenlokal am Gustav -Müller-Platz 1/Ecke Leberstr. in Berlin-Schöneberg hat die ALSO ihren Sitz und versucht dort für rechte Propaganda ein Forum zu schaffen. Unter dem unverdächtigen Namen Bürgerforum Berlin werden u.a. Veranstaltungen mit Personen der rechtsextremen Szene durchgeführt. Im April führten Kohlhepp/Heldt drei Veranstaltungen mit den Sleipnir-Faschisten durch. Unter dem Titel “Ist das Grundgesetz noch zu retten?” beklagten sie die “Diffamierung” und “Verfolgung” “deutscher Patrioten” sowie ein “Berufsverbot” für Andreas Röhler und dem durchgeknallten “Nationalanarchisten” Peter Töpfer, der auch Mitbegründer von Sleipnir war. Außerdem wird die faschistische Zeitschrift Sleipnir im Ladenlokal des ALSO-Bürgerforum vertrieben.  

Die ALSO-Leute verbindet ein besonders solidarisches Verhältnis mit Sleipnir. Das hängt sicher mit ihren ähnlichen Politikansätzen zusammen. ALSO und Sleipnir verfolgen eine Querfrontstrategie die vorgibt “die Gegensätze zwischen Linken und Rechten abzubauen”. In Wirklichkeit zielt man dabei aber auf unbedarfte Personen aus dem linken und alternativen Spektrum und versucht sie in Diskussionen mit rechten Themen hineinzuziehen und somit fürs rechte Lager zu gewinnen. Sleipnir-Herausgeber Röhler brüstet sich damit rechte wie linke Autoren gleichermaßen zu Wort kommen zu lassen. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Texte von linken AutorInnen wurden aus anderen Publikationen ohne deren Wissen in Sleipnir abgedruckt bzw. wurden linke AutorInnen mit dem unscheinbar klingendem “Verlag der Freunde” hinters Licht geführt. Ganz anders verhält es sich dagegen bei den rechten Beiträgen. Das vom Geschichtsrevisionisten bis zum bekennenden Nationalsozialisten reichende Spektrum rechter Schreiberlinge nutzt ganz bewußt das Forum in Sleipnir - so z.B. der französische Holocaust-Leugner Serge Thion, die Nazi-Mutanten Horst Mahler und Reinhold Oberlercher und auch der stadtbekannte Berliner Neonazi Christian Wendt, ehemaliger Redakteur der Nazi-Postille Berlin-Brandenburger Zeitung und heute Redaktionsmitglied der NPD-Zeitung Deutsche Stimme. 

In einem Offenen Brief vom 19.11.1999 an Horst Mahler, wurde dieser für den 9. Januar 2000 ins Bürgerforum Berlin eingeladen. In diesem Brief sprechen Kohlhepp/Heldt Mahler einerseits ihre Hochachtung aus für seinen Versuch, im Frankfurter Café ‘Exzess’ mit “Antifas” über “Antifaschismus” zu reden. Andererseits bezweifeln sie den Sinn solcher Aktivitäten und bezeichnen Linke und Antifas als “nützliche Idioten”, “Hofnarren von Herzog, Grass und Schröder” und als “politische Analphabeten”. Da die Frankfurter Antifas damals auch keinerlei Interesse hatten, mit dem durchgeknallten Profilneurotiker Horst Mahler zu diskutieren, warfen sie ihn “mit blauen Augen” aus dem Café “Exzess”.

Bereits im Januar 1999 waren Kohlhepp und Heldt auf einem Treffen von Horst Mahlers sogenannter Bürgerbewegung Unser Land anwesend. Auch auf der ersten von Mahler initiierten Berliner Montagsdemonstration am 15. Februar 1999, auf der gegen die doppelte Staatsbürgerschaft demonstriert wurde, war zumindest Bernhard Heldt zugegen. Zur ersten Montagsdemonstration in Kassel am 12. April 1999 wiederum hatte ein Bündnis für Volksabstimmung unter dem Motto “Für unser Land! Für eine Nationalversammlung! Gegen Überfremdung!” aufgerufen. Dieses Bündnis für Volksabstimmung war 1997 in Berlin auf Initiative der ALSO in persona Heldt/Kohlhepp gegründet worden. Die Kasseler Montagsdemonstration konnte damals durch Proteste dortiger AntifaschistInnen verhindert werden.

Am 15. April 1999 traf sich im Lokal “Paddenwirt” im Berliner Nikolaiviertel ein “Nationaler Stammtisch”, den Bernhard Heldt gemeinsam mit dem stellvertretenden Landesgeschäftsführer der Partei Pro DM, Klaus Weichhaus, organisiert hatte. An dieser Veranstaltung, die im Rahmen des o.g. Bündnis für Volksabstimmung stattfand, nahmen Horst Mahler, der damalige Berliner NPD-Geschäftsführer Andreas Böhme sowie Ernst Steppan und Gernot Holstein vom Berliner Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V. (BVR) teil. Holstein sammelte politische Erfahrungen als Vorsitzender der neonazistischen Deutschen Kulturgemeinschaft Berlin, heute Berliner Kulturgemeinschaft Preussen (BKP), und als Mitglied der Artgemeinschaft. Daß ein NPD-Mann sich hier als Rechter und ‘Reichsdeutscher’ bekennen konnte und ebenso unbehelligt die Position vertreten wurde, daß die Frage der deutschen Ostgebiete wieterhin ungeklärt sei, wurde von Heldt mit Stolz hervorgehoben.  

Als dann die umfassende Recherche dem BgR Tempelhof&Schöneberg übergeben wurde zeigte man sich dort betroffen und empört. Es wurde beschlossen die Personen Kohlhepp und Heldt umgehend aus dem Bündnis zu entfernen und teilte ihnen das telefonisch mit. Dem April-Treffen des BgR blieben die beiden Querfrontstrategen somit fern.