Plakat  zum 9.Mai 2002
z. Z. verbreitet in Berlin
auch als Handzettel erhältlich
05/02
 
trend
onlinezeitung
Briefe oder Artikel info@trend.partisan.net ODER per Snail: trend c/o Anti-Quariat 610610 Postfach 10937 Berlin

Bekanntmachung

Ausgangssperre für Männer am 09. Mai 2002

1.) Für die Zeit vom 08. Mai 2002, 23.00 Uhr bis zum 10.Mai 2002, 01.00 Uhr wird im gesamten Stadtgebiet eine Ausgangssperre für alle deutschen, heterosexuellen Männer verhängt.

2.) Ausnahmegenehmigungen für besondere Berufsgruppen wie Ärzte und Feuerwehrmänner können bei der zuständigen Behörde bis zum 03. Mai 2002 beantragt werden.

3.) Außer dem Arbeitsrecht bleiben alle weiteren Gesetzte von der Verfügung unberührt.

4.) Zur Durchführung und Durchsetzung der Ausgangsperre wird auf die Erkenntnisse der Meldestellen und anderer Behörden zurückgegriffen.

Am so genannten „Herrentag" häufen sich seit Jahren sexistische, rassistische, faschistische und antisemitische Pöbeleien, Übergriffe und Anschläge. Bei den Tätern handelt es sich fast ausnahmslos um deutsche, heterosexuelle Männer. Jahr für Jahr ziehen diese alkoholisiert durch die Straßen und praktizieren Gewalt gegen Frauen, Lesben, Schwule, Migrantinnen, Behinderte und andere Menschen die sie nach ihrer patriarchal-nationalistischen Ideologie für minderwertig halten. Am so genannten „Männertag" tritt diese in Deutschland zur Normalität gewordene Gewalt in potenzierter Form auf. Die Berliner Polizei ist auf Grund ihrer patriarchalen Strukturen und der reaktionären Weltanschauung des Großteils der Beamtinnen nicht in der Lage solcherart Übergriffe zu unterbinden. Aus diesem Grund haben wir uns zu dem ungewöhnlichen Schritt der Ausgangssperre entschlossen. Ausschlaggebend für die Entscheidung waren zudem die positiven Erfahrungen mit dem Modelprojekt „Platzverweis aus der Wohnung in Fällen häuslicher Gewalt". Bei diesem von der ehemaligen Frauensenatorin Gabriele Schöttler und dem Polizeipräsidenten Gerd Neubeck gemeinsam initiierten Projekt wurden gewalttätige Männer bis zu 7 Tage der Wohnung verwiesen. Denn die auch am so genannten „Vatertag" auf die Straße getragene sexistische Gewalt findet zum überwiegenden Teil im privaten Raum statt. So stammen die Täter sexualisierter Gewalt zum Großteil aus dem Bekanntenkreis der betroffenen Frauen und Kinder. Mit der Ausgangssperre für Männer soll diese Gewalt nicht wieder in den nicht-öffentlichen, familiären Raum verdrängt werden um sie damit unsichtbar zu machen. Vielmehr soll der öffentliche Raum an diesem Tag als Schutzraum für die Betroffenen etabliert werden. Der Männergewalt soll an diesem Tag ganz praktisch aber vor allem symbolisch etwas entgegengesetzt werden. Es soll aufgezeigt werden, dass rassistische, sexistische, ... Übergriffe immanenter Teil der Verhältnisse sind in denen wir leben und die von jedem und jeder einzelnen mehr oder weniger getragen werden. Am 09. Mai 2002 sollen im gesamten Berliner Stadtgebiet Veranstaltungen, Konzerte, Partys, usw. von und für Frauen, Lesben, Schwule, Behinderte, Migrantinnen und Kinder stattfinden. Damit soll den Tätern der (öffentliche und private) Raum genommen werden, den sie sonst so selbstverständlich in Anspruch nehmen.

Im April 2002, Gregor Gysi ( Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen )

V.I.S.d.P.: Sabine Koch; Wedekindstr. 22; 10243 Berlin                                                             Satire!

 

Editorische Anmerkungen:

Der Text stammt von einem Handzettel - OCR-Scan by Red. trend