Vor 30 Jahren: Saigon ist frei!

Zur Geschichte der vietnamesischen Revolution 

05/05

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EXTRABLATT der KPD/ML vom Mai 1975, verteilt auf den revolutionären 1. Mai-Demos
Für die Jugend- und Studentenbewegung und die aus ihr hervorgegangenen K-Gruppen war die Vietnam-Solidarität ein Focus, um den man sich zusammenschloss. Der Sieg im Frühjahr 1975 der kambodschanischen und vietnamesischen KommunistInnen über den US-Imperialismus markiert den Beginn des Zerfalls der K-Gruppenbewegung vermittelt über die Frage, worauf sich nun die Internationale Solidarität zu beziehen habe.
Fünf Jahre später wird sich als erstes die KPD auflösen.
Vor etwas mehr als 45 Jahren, im Februar 1930, wurde die Kommunistische Partei Vietnams (später Kommunistische Partei Indochinas) gegründet. Mit dieser Gründung erhielt der seit nahezu hundert Jahren dauernde Widerstandskampf des vietnamesischen Volkes gegen den französischen Kolonialismus eine zum Erfolg führende Perspektive. Seit 1958 hatten die französischen Kolonialisten das Land besetzt, unterdrückt und ausgebeutet. Sie hatten Vietnam in eine Kolonie mit halbfeudaler Struktur verwandelt In Vietnam hatte der Kolonialismus zwei Widersprüche geschaffen: „Der Widerspruch zwischen der vietnamesischen Nation und dem französischen Kolonialismus und der Widerspruch zwischen dem vietnamesischen Volk, hauptsächlich der Bauernschaft und der Klasse der feudalen Großgrundbesitzer. Die vietnamesische Gesellschaft konnte sich nur entwickeln, wenn diese beiden Widersprüche aufgehoben wurden." (aus: Kurze Geschichte der Partei der Werktätigen Vietnams, Verlag Rote Fahne)

Es war die Kommunistische Partei, die den Widerstandskampf der Bauern, der in eine Sackgasse geraten war, unter die Führung der durch den Kolonialismus entstandenen Arbeiterklasse stellen konnte, die das Bündnis mit dem Kleinbürgertum, das wie die Bauern zumindest die Unabhängigkeit anstrebte, herstellen konnte. Im revolutionären Aufschwung der Jahre 30 und 31 wurde dieses zukunftsweisende Bündnis erstmals Wirklichkeit. Ausgehend von Streikkämpfen von Zehntausenden von Arbeitern entwickelte sich eine breite revolutionäre Bewegung, die die Bauern, Kleinhändler und Studenten erfaßte und die in der Bildung der ersten befreiten Gebiete, der Sowjets in Nghe Tinh, mündete.

In den Jahren 1936 bis 39 wurde der Widerstandskampf in Indochina zum Massenkampf.

Im September 1940 erhob sich das Volk von Vietnam gegen die japanische Besetzung. Im Oktober desselben Jahres wurden erste Guerilla-Einheiten aufgestellt, die unter der Leitung der Kommunistischen Partei standen. 1941 kehrte Ho Chi Minh nach Vietnam zurück. Unter seiner Führung .gründete die Partei die Liga für die Unabhängigkeit Vietnams, die Viet Minh, deren Programm das vietnamesische Volk zuni entschlossenen Kampf zusammenschloß. Im April 1945 waren die Vorbereitungen für einen nationalen Aufstand nahezu abgeschlossen, die militärischen Kräfte zu einer einheitlichen Armee zusammengefaßt. Am 19. August 1945 war der Aufstand in Hanoi siegreich, am 23. August in Hue und am 25. in Saigon. Am 2. September 1945 konnte Genösse Ho Chi Minh im Namen der Provisorischen Regierung die Unabhängigkeitserklärung und die Gründung der Demokratischen Republik Vietnam verkünden.

Es war die Führung des Widerstandskampfes und des Aufstandes durch die Kommunistische Partei, die den Erfolg gesichert hatte. Sie hatte die verschiedenen Schichten der Bevölkerung mobilisiert, erzogen und organisiert, die Arbeiter und Bauern mobilisiert und das Bündnis hergestellt. Die Augustrevolution war eine nationale Befreiungsrevolution, die durch die Arbeiterklasse und ihre Partei geführt wurde.

Nach dem Ende des zweiten imperialistischen Krieges verhalfen britische und Tschiang Kai Tschek-Truppen den französischen Kolonialisten wieder ihre Herrschaft in Indochina zu errichten. Bis 1948 versuchten die französischen Kolonialtruppen, die bewaffneten Streitkräfte und die Basen des vietnamesischen Volkes zu zerschlagen. Nach entscheidenden Niederlagen gingen sie 48 dazu über, ihre Herrschaft in den von ihnen gehaltenen Gebieten zu konsolidieren. Die Kommunistische Partei verstärkte daraufhin ihre Anstrengungen auf militärischem, wirtschaftlichem, kulturellem und sozialem Gebiet, die Kolonialherrschaft anzugreifen.

Bis zum Frühjahr 1954 gelang es der Befreiungsbewegung, dem Feind ihre Strategie aufzuzwingen. In den befreiten Gebieten wird die Volksmacht gefestigt, der wirtschaftliche Aufbau vorangetrieben, werden die Grundlagen für den Aufbau des Sozialismus gelegt.

Diese Festigung und Stärkung der Befreiungsbewegung, ihre tiefe Verankerung in den Volksmassen schufen die Voraussetzung für die vollständige und letzte Niederlage des französischen Kolonialismus in Indochina, der Vernichtung des größten Teils der Kolonialarmee in Dien Bien Phu am 7. Mai 1954.

Die durch den Sieg des vietnamesischen Volkes erzwungene Genfer Konferenz sicherte die Unabhängigkeit und Freiheit des Nordens und damit die Voraussetzungen für den sozialistischen Aufbau, aber gleichzeitig brachen die USA-Imperialisten, die seit 1950 und verstärkt seit ihrer Niederlage in Korea 1953, die Rolle der französischen Kolonialmacht in Indochina übernommen hatten, das Genfer Abkommen im Süden.

Gegen das Eingreifen sogenannter amerikanischer Militärberater hatten bereits 1950 in Saigon über eine halbe Million Menschen demonstriert. Bis 1964 hatten die USA-Imperialisten ihre Truppen in Vietnam auf 25 000 verstärkt. Ihre nach dem Weltkrieg eingesetzte Marionette Diem hatten sie 1963, als der Widerstand der Volksmassen zu groß wurde, einfach ermorden lassen, um in seiner Nachfolge imit den Marionetten Minh, Kanh und Ky ebenso zu verfahren: waren sie abgewirtschaftet, wurden sie ausgewechselt.

Aber diese Manöver konnten dem Massen-widerstand gegen die imperialistische Herrschaft nicht die Spitze abbrechen, im Gegenteil.

1960 bildete sich die Nationale Befreiungsfront Südvietnams (FNL), die die Führung des Kampfes übernahm, und deren Hauptaufgabe war: „Unser ganzes Volk zu vereinigen, die aggressiven und kriegslüsternen Amerikaner entschlossen zu bekämpfen, die Ngo Dinh Diem-CHque zu stürzen, im Süden eine breite Allianz der nationalen und demokratischen Kräfte zu errichten, die nationale Unabhängigkeit sowie die demokratischen Freiheiten, den gesellschaftlichen Fortschritt und die Erhaltung des Friedens zu verwirklichen und eine Politik der Neutralität zu verfolgen, sowie die friedliche Vereinigung des Vaterlandes in Angriff zu nehmen ..."

Die Jahre 1965 bis 69 nach dem Scheitern des „Spezialkrieges" waren durch die massive amerikanische Intervention gekennzeichnet. Erst 200000, dann 500000 USA-imperialistische Soldaten wurden in Vietnam eingesetzt.

Der Norden Vietnams wurde brutal bombardiert, trotzdem brachte das den USA-Imperialisten nur die Niederlage ein: 1968 stellten sie die Bombardements ein. In den folgenden Jahren versuchten die USA-Imperialisten mit verschiedenen Mitteln, ihre Herrschaft über Indochina zu erhalten. Die Stationen der USA-imperialistischen Niederlage und der Siege der indochinesischen Völker: 1968 schwerste Verluste in der Tet-Offensive, 1970 Putsch gegen die neutralistische Regierung in Kambodscha, der zum Erstarken der entschlossenen antiimperialistischen Kräfte rührte, ebenfalls 1970 erfolglose Invasion in Kambodscha. Im gleichen Jahr einigten sich die Vertreter der drei indochinesischen Völker auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den USA-Imperialismus. 1971 wurde die Invasion der USA-Truppen in Laos zurückgeschlagen. Die schweren Verluste der USA-Imperialisten in der Frühjahrsoffensive der Befreiungsstreitkräfte, 1972 ihre Niederlagen bei der erneuten Bombardierung in Kambodscha und Nordvietnam, die Massenbewegung in den USA gegen den Krieg zwangen die USA-Imperialisten das Pariser Friedensabkommen zu unterzeichnen und ihre Truppen aus Indochina abzuziehen.

Der Zerfall ihrer Marionettencliquen in Vietnam und Kambodscha war nur noch eine Frage der Zeit. In Laos mußten die USA-hörigen Kräfte ebenfalls einer Koalitionsregierung zustimmen und ihre Marionetten werden ein ähnliches Schicksal erleiden wie Thieu und Lon Nol, wenn sie weiter wie bisher das Abkommen brechen.. „Zum ersten Mal in der Geschichte hat ein kleines Land ein mächtiges kolonialistisches Land besiegt. Das ist ein glorreicher Sieg des vietnamesischen Volkes. Es ist auch ein Sieg der Kräfte für den Frieden, die Demokratie und den Sozialismus in der Welt. Der Marxismus-Leninismus hat der Arbeiterklasse und dem vietnamesischen Volk den Weg erleuchtet, der sie zum Sieg im Kampf gegen die Aggression, zur nationalen Rettung und zur Erhaltung ihrer revolutionären Errungenschaften geführt hat." (Ho Chi Minh)

Editorische Anmerkungen

Der Artikel erschien in. Die Rote Fahne, Zentralorgan der KPD, 6 Jhg. Nr. 18. Seite 10.

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