So konnte man es vor gar
nicht langer Zeit von einem gewissen Herrn Müntefering, seines
Zeichens „Spezialdemokrat“, wieder erfahren.
Auch dem Dümmsten ist
bekannt, dass derjenige, der nichts isst, recht bald stirbt!
Soll der reaktionäre Spruch uns vielleicht die Botschaft
übermittel, wonach derjenige der nicht arbeitet, auch nicht
leben, also sterben soll? Die Nazis haben diese Vision umgesetzt
unter der schönen Lagerbegrüßungsparole "Arbeit macht frei!"
Die Frankfurter
Rundschau berichtet in ihrer Ausgabe vom 19.04.2007 vom
Hungertod eines 20jährigen Hartz IV-Empfängers in Speyer.
Armut
Behörde weist Vorwürfe nach Hungertod zurück
Speyer - Nach dem Hungertod eines 20 Jahre alten
Hartz-IV-Empfängers in Speyer sieht die zuständige Behörde
bei sich keine Versäumnisse. "Wir hätten nichts tun
können", sagte Hans Grohe von der Arbeitsgemeinschaft
(Arge) für die Betreuung von Hartz-IV-Empfängern am
Mittwoch. "Ich kann meinen Mitarbeitern keinen Vorwurf
machen." Der verhungerte 20-Jährige war am Sonntagabend in
seiner Wohnung gefunden worden, in der er mit seiner
ebenfalls arbeitslosen Mutter gelebt hatte. Die stark
geschwächte 48-Jährige sagte, sie hätten kein Geld gehabt,
um Lebensmittel zu kaufen.
Den beiden war von Oktober 2006 an schrittweise die
Unterstützung gestrichen worden, nachdem der Sohn Termine
versäumt hatte. Auf die Streichung der Mittel habe die
Familie nicht reagiert, sagte Grohe. Die Arge habe nicht
den Auftrag, in derartigen Fällen von sich aus aktiv zu
werden. Der Speyerer Bürgermeister Hanspeter Brohm
betonte, es habe keinen Hilferuf der Familie gegeben, auf
den hätte reagiert werden können. Mutter und Sohn, die als
Bedarfsgemeinschaft eingestuft worden waren, hatten vor
der Kürzung ihrer Unterstützung insgesamt 621 Euro im
Monat sowie die Miete für ihre Wohnung erhalten. Laut
vorläufigem Obduktionsergebnis starb der 20-Jährige schon
in der vergangenen Woche. |
Die Familie hat auf
die Kürzungen von Seiten des „Arbeitsamtes“ (lassen wir es
dabei) nicht reagiert. Da konnte die Behörde nichts machen!
Auch die Message ist deutlich: Wer verhungert ist selbst
Schuld!
Na klar, der moderne
bürgerliche Staat ist selbstverständlich Teil der von manchen
Linken immer wieder heraufbeschworenen „Zivilgesellschaft“. Mord
und Massenmord sind nicht seine Sache, es sei denn im weit
weniger zivilen Ausland, unter den „Barbaren“, und dann
geschieht Massenmord auch nur als „Kolateralschaden“ im
chirurgisch sauberen Krieg, der wiederum nur dem Frieden dient.
Wahrscheinlich fehlt auch dort einfach der Hilferuf, auf den die
Strategen bürgerlicher „Befreiung“ warten.
Doch zurück zu Herrn
Grohe. Wer schon mal arbeitslos war, der kennt das ja vom
„Arbeitsamt“: ein Hilferuf genügt und die Stütze fließt weiter!
Man ist dort ganz der Nächstenliebe verpflichtet. Oder?
Wahrscheinlich hätte man den 20ig-Jährigen eher zwangsernährt,
als ihm das nötige Geld zum Leben zu geben.
Jahrelang läuft eine
Kampagne nach der anderen gegen die „Faulpelze“, den Missbrauch
sozialer Leistungen, dem man nun endlich Herr werden will! Die
Beschnüffelung und Verfolgung von Lohnarbeitslosen nimmt immer
krassere Formen an. Immer häufiger wird mit Leistungsentzug
gedroht und man schafft sich immer mehr Möglichkeiten, diesen
Leistungsentzug auch durchzuführen. Für all diese Maßnahmen gibt
es Personal und „Arbeitszeit“. Man ist extrem hellhörig! Der
Hilferuf des bürgerlichen Staates wird gehört und man setzt ihn
sofort um. Schließlich stehen diesem Hilferuf alle Medien offen,
er macht Schlagzeilen!
Die Nachricht vom Tod
des 20jährigen Hartz IV-Empfängers war der Frankfurter Rundschau
gerade mal eine kleine Nachricht in der Rubrik „Aus aller Welt“
wert. Genau, da hört es ja hin, etwas skuril, weit weg, fremd,
eben „aus aller Welt“.
Schlagzeilen ohne Ende
dagegen macht der neuerliche Amoklauf eines Menschen in den USA.
Er bekommt nicht nur Schlagzeilen, sondern die gebüldete
Intelligenz darf seitenlang über Ursachen eines solch
erschreckenden Ereignisses, dass man eigentlich ja gar nicht
verstehen kann, wo alles so toll bestellt ist, räsonnieren. Wenn
Menschen in existentieller Not in dieser besten aller (Business-)Welten
sich Gehör für ihre Hilferufe verschaffen wollen, dann müssen
sie sich schon was einfallen lassen, damit Medien, Staat und
Verwaltungsbürokratie für Armut und Not etwas hören.
Normalerweise sind sie ziemlich taub auf diesem Ohr. Wenn sie
aufschrecken, dann geschieht das primär nicht aus sozialem
Engagement, sondern aus Angst, dass ihre eigene mehr oder minder
privilegierte, jedenfalls erträgliche Position vielleicht von
solchen Verzweifelungstaten irgend wann auch erreicht werden
könnte. Nur dem gilt die Sorge der Schlagzeilen!
Hätten wir eine Presse,
die nicht Kapital ist, die nicht darauf achten muss, dass sie
gewinnbringende Schlagzeilen liefert, deren Inhalt nicht von
Leuten bestimmt wird, die ihrem Privatinteresse verpflichtet
sind, dann stünde der Tod des 20jährigen Hartz IV-Empfängers
überall als „Superskanal“ auf der 1. Seite! Da das nicht so ist,
bleiben die Titelseiten reserviert für die Hartz, Schröder,
Clement und Müntefering und für jene, die durch ihre
Verzweifelung über das, was ihnen in dieser feinen bürgerlichen
Gesellschaft widerfährt, Amok laufen!
Warum ein Mensch (zunächst mal einer) in diesen deutschen Landen
mit überschießendem Reichtum verhungert, das lässt sich
vordergründig schon mal ganz einfach illustrieren:

Editorische Anmerkungen
Peter Trotzig schreibt ab der Nr. 1-05 in unregelmäßigen
Abständen seine Kommentare zum Zeitgeschehen.