Im Januar 1912 begann in Lawrence, Massachusetts ein Streik,
der zu einem der symbolträchtigsten in der Geschichte der
US-amerikanischen Arbeiterbewegung wurde. Er war einer der
spektakulärsten Arbeitskämpfe der Industrial Workers of the
World (IWW) in jener Zeit und widerlegte zugleich die von
konservativen Gewerkschaftsführern der American Federation of
Labor (AFL) aufgestellte Behauptung, Frauen und Migranten,
letztere häufig nahezu ohne Englischkenntnisse und gespalten in
zahlreiche Nationalitäten, könnten nicht gewerkschaftlich
organisiert werden. Zum Hintergrund des Streiks
Die Textilindustrie in den USA war Anfang des 20.
Jahrhunderts tiefgreifenden Veränderungen unterworfen. Die
Einführung neuer Maschinen hatte die bis dahin dominierenden
handwerklichen Qualifikationen der Arbeiter überflüssig gemacht
und nicht nur die Produktionsmethoden technisch revolutioniert,
sondern auch einen neuen Arbeitertypus geschaffen. Angelernte
ArbeiterInnen, die jederzeit ersetzt werden konnten und kaum die
Möglichkeiten hatten, Lohnforderungen durchzusetzen, wurden
anstelle der bisher eingesetzten qualifizierten und über eine
gewisse Produktionsmacht verfügenden Textilarbeiter massenhaft
beschäftigt, viele von ihnen waren gerade erst aus Italien,
Polen, Irland, Ungarn oder Portugal eingewandert, beherrschten
kaum die englische Sprache und waren bereit, zu extrem niedrigen
Löhnen zu arbeiten und lebensgefährliche Arbeitsbedingungen in
Kauf zu nehmen. Nur die Vorarbeiter und Maschinisten waren noch
angloamerikanischer Herkunft. Die eingewanderten ArbeiterInnen
waren gleich mehreren Diskriminierungen unterworfen: sie waren
rassistisch ausgegrenzt und wurden zugleich von den Arbeitern
früherer Einwanderergenerationen als Lohndrücker verachtet. Die
Mobilität der US-amerikanischen Klassengesellschaft war auch
nach dem Ende der territorialen Landnahme im Westen nahezu
ungebrochen und zeigte sich besonders drastisch in der
Konkurrenz der verschiedenen, seit der Mitte des 19.
Jahrhunderts ins Land strömenden Einwanderergruppen und
-generationen untereinander im Kampf um Integration und
Ausschluss, die Verbesserung der eigenen Position im
Produktionsprozess und Hegemonie in den Wohnquartieren und im
gesellschaftlichen Leben. Jede Einwanderergeneration wurde von
der folgenden unter Druck gesetzt, die Engländer und Schotten
von den Iren und Deutschen, diese von den Italienern, diese
wiederum von Polen, Litauern, Russen und Chinesen. Dieser nie
nachlassende Druck verhinderten in vielen Fällen jegliche über
den eigenen ethnischen Tellerrand hinausreichende
Solidarisierung von ArbeiterInnen gegen das Kapital und sicherte
den Kapitalisten einen scheinbar unerschöpflichen Nachschub an
willigen und billigen Arbeitskräften. Die Expansion des
US-Kapitalismus war also neben einer technologischen auch eine
des Arbeitsmarktes, die Einbeziehung immer neuer Menschen in den
kapitalistischen Produktionsprozess. Die Ausweitung der
maschinellen Massenproduktion bedeutete zum einen eine
drastische Absenkung der in der Textilindustrie gezahlten Löhne
und zum anderen die massenhafte Einbeziehung von Frauen und
Jugendlichen in den Produktionsprozess.
Lawrence: Miese Bezahlung und unerträgliche
Lebensbedingungen
So schufteten auch in den Textilfabriken der American Woolen
Company die ArbeiterInnen bei einer Arbeitszeit von 60 Stunden
in der Woche, mit stupiden, sich ewig wiederholenden
Maschinentätigkeiten und einer hohen Zahl von Arbeitsunfällen.
Von 85.000 Einwohnern von Lawrence arbeiteten mehr als 60.000 in
der einen oder anderen Weise für die Textilindustrie, nahezu
sämtliche Einwohner ab dem 14. Lebensjahr. Etwas mehr als 32.000
Menschen waren direkt in den 12 Textilfabriken von Lawrence
beschäftigt. Die Hälfte der Beschäftigten waren Mädchen im Alter
zwischen 14 und 18 Jahren. Die Lebensbedingungen der
Arbeiterfamilien waren hart, die Wohnsituation extrem beengt,
die Kindersterblichkeit lag in diesen Quartieren im Alter von 6
Jahren bei nahezu 50%.
Die ethnische wie auch soziale Zusammensetzung der
ArbeiterInnenbevölkerung der Stadt hatte sich den überregionalen
Entwicklungen entsprechend seit der Gründung von Stadt und
industriellem Zentrum 1845 stark verändert. Bis in die 1880er
Jahre hatten, Engländer, Iren, Schotten und Franco-Kanadier mit
handwerklicher Ausbildung und entsprechenden Löhnen das Bild
bestimmt. Seitdem waren mit der Ausweitung der
Maschinenproduktion neue Einwanderer in die Stadt gekommen, die
inzwischen einen Großteil der Jobs innehatten - andere Jobs
allerdings, denn die alten Produktionsmethoden, in denen
Ausbildung, Erfahrung und handwerkliches Geschick von großer
Bedeutung gewesen waren, gab es nun nicht mehr. Es waren vor
allem Italiener, aber auch Griechen, Portugiesen, Russen, Polen,
Litauer, Syrer und Armenier, die nun in den neuen Großanlagen
arbeiteten. Ganze Familien gingen in die Fabrik, vor allem die
jungen, schmalen, wendigen Familienangehörigen, die inder Lage
waren, auch unter eine Maschine zu kriechen und die Fasern aus
ihr zu entfernen, die sie lahmgelegt hatten. Mit 40 Jahren
spätestens war Schluss, hatte der Arbeitsprozess die Menschen
ausgesaugt, ihre Arbeitskraft zu Ende verwertet. Der
durchschnittliche Wochenlohn der ArbeiterInnen lag bei 8,75
Dollar, wie eine gerade einmal 32 Monate vor dem Streik vom US
Bureau of Labor Statistics in Lawrence erstellte Studie
konstatierte, darin waren Prämien und Bonusleistungen bereits
enthalten, 16 Cent pro Stunde. Diese Durchschnittsangabe
verdeckt allerdings die Tatsache, dass 59% der ArbeiterInnen
weniger als 15 Cent in der Stunde verdienten und immerhin 14%
weniger als 12 Cent. Die Textilunternehmer begründeten ihre
niedrigen Lohnzahlungen bezeichnenderweise mit der harten
Konkurrenz anderer Industriestandorte in Neuengland sowie den
Südstaaten. Diese hatte aber offensichtlich den Profiten der
American Woolen und anderer vor Ort ansässiger Unternehmen
keinen Abbruch getan, genausowenig wie an anderen Standorten, in
den USA, an denen das Lohnniveau vergleichbar war. John Berger,
Kongressabgeordneter der Sozialistischen Partei aus Wisconsin
rechnete 1909 vor, dass in der Textilindustrie noch 1890 bei
Erlösen von 164,6 Millionen Dollar gerade einmal 22% davon als
Lohnzahlungen an die Arbeiter gegangen waren. Im Jahr 1905 waren
die Gewinne auf 212,7 Milionen Dollar angestiegen und
gleichzeitig der Lohnanteil noch einmal auf 19,5% gesunken, ein
deutlicher Indikator für den Verlust an Produktions- und
Verhandlungsmacht der ArbeiterInnen. Die Folge war eine
zunehmende Verelendung der Lohnabhängigen Bevölkerung, die
langfristig dem Gesamtinteresse der Kapitalistenklasse nicht
förderlich sein konnte. Diese Situation begann allmählich auch
die bürgerliche Öffentlichkeit zu interessieren und führte zu
halbherzigen Versuchen, die Arbeitsbedingungen in der
Textilindustrie der Region zu verbessern, da die Gefährdung der
Reproduktion der ArbeiterInnen als Klasse und die befürchtete
soziale Explosion eines durch Verzweiflung auf die Spitze
getriebenen Klassenkonfliktes die Repräsentanten des Staates
zunehmend beunruhigte. Als mit Wirkung zum 1. Januar 1912 der
Staat Massachusetts die gesetzliche Wochenarbeitszeit auf 54
Stunden begrenzte, bedeutete dies, dass bei gleichbleibenden
Stundenlöhnen, die Lohnverluste dazu führen mussten, dass
zahlreiche Arbeiterfamilien nicht mehr in der Lage sein würden,
ihren materiellen Lebensunterhalt zu bestreiten. Parlament und
Regierung des Staates hatten, schwankend zwischen einem
schwachen Impuls der sozialen Befriedung des Klassenkonflikts
und dem wütenden Protest der Textilunternehmer ein Schlupfloch
gelassen, indem sie in das neue Arbeitszeitgesetz keine Klausel
eingefügt hatten, die einen verbindlichen Lohnausgleich
vorgesehen hätte. Die American Woolen Company weigerte sich denn
auch prompt, die bisherigen Wochenlöhne bei verkürzter
Arbeitszeit beizubehalten, eine Haltung, der sich sofort auch
die anderen, kleineren, Textilunternhmen anschlossen.. Als am
11. Januar die ersten abgesenkten Lohnzahlungen erfolgten,
liefen bereits frühmorgens verzweifelte Arbeiterinnen durch die
Straßen von Lawrence und riefen ihre KollegInnen zum Streik auf.
Innerhalb kurzer Zeit formierte sich ein spontaner
Demonstrationszug von 2000 ArbeiterInnen und von diesem Tag an
ruhte die Arbeit in allen 12 Textilfabriken.
Am 12. Januar stürmten mehrere tausend ArbeiterInnen,
italienische und US-amerikanische Fahnen schwenkend, wie Philip
S. Foner in seiner Darstellung des Lawrence-Streiks schreibt,
mit der Parole "Better to starve fighting than to starve working",
eine Textilfabrik nach der anderen und legten den Arbeitsprozess
lahm, während die ArbeiterInnen sich ihnen anschlossen. Erst die
Washington Mill, dann die Wood Mill, in der Ayer Mill sschlossen
sich ihnen weitere 2000 ArbeiterInnen an. Als sie die Duck Mills
erreichten, wurden sie von einem massiven Polizeiaufgebot unter
dem Kommando des Polizeichefs von Lawrence zurückgedrängt.
Dasselbe passierte an der Pacific Mill und der Prospect Mill.
Die Polizeikräfte konnten jedoch nur die Zerstörung von
Maschinen verhindern, die Arbeiter der abgeriegelten Fabriken
traten jetzt ebenfalls in den Streik. Bis zum Samstagabend war
die Anzahl der streikenden ArbeiterInnen nach Einschätzung von
beteiligten IWW-Mitgliedern auf etwa 20.000 angewachsen. Bis
Montagmittag war die Stadt in ein Heerlager verwandelt, denn
auch die Gegenseite hatte die letzten Tage genutzt, um Polizei-
und Milizeinheiten aus dem gesamten Bundesstaat Massachusetts
zusammenzuziehen.
Die IWW übernimmt die Führung des Streiks
Die 1905 als unabhängige klassenkämpferische Organisation
gegründeten Industrial Workers of the World (WW) hatten als
einzige Gewerkschaft bereits seit 1906 eine handlungsfähige
lokale Organisation mit zeitweilig ca. 800 Mitgliedern, da sich
die Textilgewerkschaften der AFL weigerten, die kaum des
Englischen mächtigen neuen Einwanderer in ihre Reihen
aufzunehmen oder deren Interessen zu vertreten und sich darauf
beschränkten, die Fach- und Vorarbeiter zu organisieren, die
eine kleine Minderheit der ArbeiterInnen darstellten.
Entsprechend hatte die mit den United Textile Workers der AFL
organisatorisch verbundene Mule-Spinners Union gerade einmal 200
Mitglieder und keinerlei Verankerung unter den angelernten
ArbeitsmigrantInnen. Bereits 1911 hatten die örtlichen Wobblies
des Local 20 einen erfolgreichen Streik gegen einen kleineren
Textilunternehmer geführt. Als sich Anfang Januar 1912 der
Streik bereits abgezeichnet hatte, war Local 20 zunächst
unvorbereitet und schätzte die Situation als eher ungünstig für
einen Arbeitskampf ein, speziell wenn es gegen die
übermächtige.American Woolen Company ging. Die Bereitschaft der
ArbeiterInnen, alles zu riskieren um gegen die buchstäblichen
Hungerlöhne anzukämpfen, belehrte sie jedoch schnell eines
Besseren und so stellten die Wobblies sich darauf ein, in die
Auseinandersetzung einzugreifen und sich als einzige
Gewerkschaft den ArbeiterInnen zur Verfügung zu stellen. Hierbei
kam ihnen die Tatsache zugute, dass sie eng mit radikalen
Immigrantengruppen verbunden waren, die teilweise am linken Rand
der Socialist Party of America angesiedelt waren, zum teil aber
auch ihre eigenen politischen Strukturen hatten. Bereits am 10.
Januar hatte die IWW zu einer Versammlung der italienischen
ArbeiterInnen eingeladen, der rund 1000 Menschen gefolgt waren.
Dort war beschlossen worden, für den 12. Januar zum
unbefristeten Streik aufzurufen. Die spontane und ungeplante
Arbeitsniederlegung bereits einen Tag vorher hatte diesen Aufruf
obsolet gemacht und zugleich gezeigt, dass jegliche Besorgnis
über mangelnde Streikbereitschaft der Belegschaften unangebracht
gewesen war. Und nun bedurfte es einer Organisationsform, die in
der Lage war, die Wut von tausenden ArbeiterInnen, die mehr als
20 verschiedene Sprachen sprachen und bis dahin keinerlei über
ihre jeweiligen ethnischen Gruppen hinausreichenden Formen
organisierter Solidarität entwickelt hatten, zu bündeln und ihr
einen politischen Ausdruck zu verleihen.
Am Nachmittag des 12. Januar schickten Mitglieder der
italienschen Sektion der lokalen IWW ein Telegramm an Joseph
Ettor in New York, einen erfahrenen italienischenstämmigen
IWW-Organizer, mit der Bitte, nach Lawrence zu kommen und sie zu
unterstützen. Bereits am nächsten Morgen stieg "Smiling Joe"
Ettor aus dem Zug, begleitet von seinem Freund Arturo Giovanitti,
Chefredakteur der italo-amerikanischen sozialistischen Zeitung
"Il Proletario" und Sekretär der "Italian Socialist Federation"
in den USA. Ettor hatte, trotz seines Alters von gerade einmal
27 Jahren bereits einige Bergarbeiterstreiks der IWW im Westen
organisiert, kam gerade von einem erfolgreichen Streik in den
Schuhfabriken in New York City und brachte ein Arsenal der
neuesten Taktiken direkter Aktion mit sich, während Giovannitti,
bis dato kein IWW-Mitglied, das er dann im Laufe des Streiks
wurde, seine langjährigen Erfahrungen in der italienischen
Arbeiterbewegung mit einbrachte. Beide zusammen sollten in den
nächsten Wochen den Verlauf des Kampfes entscheidend mitprägen.
Wenige Tage später formierte sich das von 25.000
ArbeiterInnen gewählte 60-köpfige Streikkomitee der IWW mit dem
Ziel, die Aktionen zu koordinieren und den Forderungen der
ArbeiterInnen nach einer substantiellen Lohnerhöhung zum
Durchbruch zu verhelfen. Um die ArbeiterInnen jeglicher Herkunft
in den Streik einzubeziehen, konnten die 15 am stärksten unter
den ArbeiterInnen vertretenen Nationalitäten jeweils 4
Mitglieder in das Komitee wählen. Nur die Deutschen, die
größtenteils ebenfalls die Arbeit niedergelegt hatten, sich aber
kaum an den Demonstrationen und Blockaden beteiligten, waren
nicht vertreten. Für jedes Mitglied des Streikkomitees wurde
ausserdem ein/e Stellvertreter/in gewählt, damit das Komitee
jederzeit, auch bei größeren Verhaftungswellen arbeitsfähig
bleiben konnte. Neben den Nationalitäten war außerdem die
Belegschaft jeder der 12 bestreikten Textilfabriken im Komitee
vertreten. Zusätzlich wurden Unterkomitees gebildet, etwa für
Finanzfragen, Öffentlichkeitsarbeit etc. Die jeden Morgen
stattfindenden Versammlungen des Streikkomitees waren öffentlich
und die IWW schaffte es tatsächlich regelmäßig, die dort
gehaltenen Diskussionsbeiträge in 25 Sprachen zu übersetzen, da
sowohl die Mitglieder des Streikkomitees als auch die anderen,
an dessen Sitzungen teilnehmenden ArbeiterInnen mehrheitlich
kein oder nur wenig Englisch sprachen. Die für eine bestimmte
Nationalität gewählten Mitglieder des Komitees waren den
Versammlungen der ArbeiterInnen aus ihrem jeweiligen Land
verantwortlich, die ebenfalls regelmäßig stattfanden und ihre
Delegierten mit Voten und Arbeitsaufträgen für das Streikkomitee
ausstatteten. Ein Forderungskatalog wurde aufgestellt, der die
Forderung nach 15 Prozent mehr Lohn bei einer wöchentlichen
Arbeitszeit von 54 Stunden sowie die Verdoppelung des
Stundenlohns bei Überstunden beinhaltete. Die Bezeichnung
"Streikkomitee der IWW" bedeutete übrigens nicht, dass alle
Mitglieder dieses Komitees IWW-Mitglieder gewesen wären. Die IWW
hatte es initiiert, stellte ihre Erfahrung und ihre Organisation
zur Verfügung, aber die meisten Mitglieder des Komitees waren
zunächst keine Wobblies. Viele wurden es im Laufe des Streiks,
als sie die Erfahrung gemacht hatte, dass diese Organisation ein
Instrument der ArbeiterInnenklasse war und nicht umgekehrt. Bill
Haywood, Elizabeth Gurley Flynn und andere überregional bekannte
Wobblies kamen wenig später in die Stadt um die ArbeiterInnen zu
unterstützen, auf Massenkundgebungen zu reden und damit auch zu
verdeutlichen, dass dieser Kampf für die IWW eine weit über den
örtlichen Rahmen hinausreichende Bedeutung hatte.
Der Staat reagiert: Kriegsrecht und Widerstand
Inzwischen hatte der Gouverneur von Massachusetts das
Kriegsrecht in Lawrence ausgerufen, öffentliche Versammlungen
verboten und überregionale Verstärkungen von Polizei, Miliz und
Nationalgarde entsandt, deren Einsatz 4000 Dollar pro Tag
kostete, mehr also, als die geforderte Lohnerhöhung. Die
ArbeiterInnen beschlossen, das Versammlungsverbot zu ignorieren
und die IWW reagierte mit einer Serie von
Free-Speech-Versammlungen. Beginnend mit Montag dem 15. Januar
wurden permanente Streikposten aufgestellt, die mit Massen von
ArbeiterInnen besetzt waren und den Charakter von dezentralen
Dauerkundgebungen annahmen. Aber nicht nur die sichtbare und
hörbare Präsenz vor den Fabriken war der zweck dieser
Streikposten sondern auch die Blockade der Fabriken um
Streikbrecher am Betreten derselben zu hindern. Die Streikenden
an den Blockadelinien trugen Schilder mit der Aufschrift "Sei
kein Streikbrecher!" und sie schafften es wirklich, während des
gesamten Streiks, die Blockaden effektiv aufzuhalten. Dies war
nur möglich durch die massenhafte Beteiligung der ArbeiterInnen.
Reporter, die aus Lawrence berichteten, schrieben über "mass
pickets" von bis zu 20.000 ArbeiterInnen, die jeden Tag und jede
Nacht irgendwann und irgendwo an einem Blockadepunkt standen und
sich im fliegenden Wechsel ablösten. Zusätzlich fanden, entgegen
dem verhängten Versammlungsverbot alle paar Tage Demonstrationen
der Streikenden mit 3000 bis zu 10.000 TeilnehmerInnen statt,
die in der Regel von Musikgruppen begleitet wurden, die die
"Internationale", die "Marseillaise", "Solidarity forever" und
andere Lieder spielten, die für die ArbeiterInnen eine Bedeutung
in ihrem Kampf hatten. Kurz: es war ein Mitmachmach-Streik, der
deshalb erfolgreich sein konnte, weil Zehntausende von
ArbeiterInnen jeden Tag auf den Straßen waren, sich an
Streikposten, Demonstrationen und Blockaden beteiligten,
tatsächlich zu den Versammlungen gingen, praktische Dinge
organisierten und die Arbeitermacht von unten her tatsächlich
praktisch und selbsttätig schufen. Genau dieses Ausmaß der
Beteiligung und dieser selbsttätigen Organisation von unten
musste der Stadtverwaltung und der "Citizens Association", der
Unternehmer- und Honoratiorenvereinigung, die bis dahin in
Lawrence de facto die Macht ausgeübt hatte, in größte Unruhe
versetzen. Dies war weit mehr als das, was sie unter dem Begriff
"Streik" kannten. Ein Milizoffizier der in Lawrence eingesetzt
war, verölffentlichte denn auch in einer bürgerlichen Zeitung
einen Artikel mit dem bezeichnenden Titel "The Lawrence
Revolution", in dem er u.a. darlegte, dass die Streikenden
längst eine Arbeiter-Gegenregierung geschaffen hätten und die
Stadtverwaltung inzwischen teilweise entmachtet sei. Die
Situation in Lawrence schien sich aus Sicht der Unternehmer zu
einem revolutionären Prozess zu entwickeln und das einzige was
der Staatsmacht hierzu noch einfíel, war die nackte Repression.
Verstärkt wurden Streikposten angegriffen, in Demonstrationszüge
geschossen, vereinzelt angetroffene ArbeiterInnen
zusammengeschlagen. Nicht nur der Staat, auch die vor Ort
schwachen AFL-Gewerkschaften betätigten sich gegen den ihrer
Ansicht nach illegitimen, weil von der nicht anerkannten und als
subversiv gebrandmarkten IWW organisierten Streik. Die "United
Textile Workers" der AFL riefen zum Streikbruch auf und karrten
Tausende von Arbeitswilligen heran, die jedoch von den
Streikenden vertrieben wurden. Die Lage spitzte sich erneut zu,
als am 29. Januar die Nationalgarde auf eine friedliche
Streikversammlung von mehreren tausend ArbeiterInnen das Feuer
eröffnete, dabei zahlreiche ArbeiterInnen verletzte und eine
Arbeiterin tötete. Daraufhin wurden wegen Beihilfe zum Mord
nicht etwa die Verantwortlichen der Nationalgarde, sondern Joe
Etter, Arturo Giovanitti und ein weiterer, wie sich
herausstellte völlig Unbeteiligter die
die Versammlung organisiert hatten, festgenommen und 10 Monate
lang eingesperrt, bis sie in einem anberaumten Prozess lange
nach Ende des Streiks schließlich freigesprochen wurden.
Der Streik dauerte insgesamt 9 Wochen, ins einem Verlauf
wurden 335 Arbeiter festgenommen und 320 von ihnen zu Geld- oder
Haftstrafen verurteilt. Darunter waren z.B. 36 Arbeiterinnen die
als Antwort auf Pistolenschüsse der Polizei gegen einen von
ihnen besetzten Streikposten Eisbrocken aus einem Kühlhaus in
die Fabrikfenster geworfen hatten und dafür zu jeweils einem
Jahr Gefängnis verurteilt wurden. Ein örtlicher Unternehmer
hingegen, der an verschiedenen Stellen in der Stadt Dynamit
deponiert hatte um dies den Arbeitern in die Schuhe zu schieben
und den Streik als gewalttätig zu diskreditieren, wurde gegen
Zahlung einer Geldbuße von 500 Dollar freigesprochen, ohne dass
er überhaupt vor Gericht hatte erscheinen müssen.
Solidarität hilft siegen
Während dieser 9 Wochen war die Versorgung der streikenden
ArbeiterInnen ohne nennenswerte Streikkassen nur möglich durch
zahlreiche Solidaritätsspenden. Eine belgische Bäckerei vor Ort
versorgte z.B. wochenlang 20.000 ArbeiterInnen kostenlos mit
Brot, die IWW sammelte US-weit mehr als 74.000 Dollar an Spenden
von ArbeiterInnen für den Streik, eröffnete Suppenküchen und
rief erfolgreich überregional Ärzte, die mit der
Arbeiterbewegung sympathisierten, dazu auf, nach Lawrence zu
kommen und die kostenlose medizinische Versorgung der
Streikenden und ihrer Familien zu gewährleisten. Wochenlang
reisten Redner der IWW durch die gesamten USA um Geld und andere
praktische Unterstützung für den Streik zu sammeln. Über größere
Streikkassen verfügte die IWW zu keinem Zeitpunkt ihrer
Geschichte, daher musste das Geld direkt von den ArbeiterInnen
gesammelt werden, die ihre Solidarität bekunden wollten. Hierfür
wurden alle Kontakte mobilisiert, weit über den engeren
organisatorischen Rahmen der IWW hinaus. Migrantenvereine,
sozialistische Organisationen und Gewerkschaften beteiligten
sich, die New Yorker Wochenzeitung der Sozialistischen Partei
startete eine eigene Solidaritätskampagne. Einige hundert Kinder
von TextilarbeiterInnen wurden für die Dauer des Streiks bei
Mitgliedern und UnterstützerInnen der IWW, der Sozialistischen
Partei und anderen Organisationen in New York City und
Philadelphia untergebracht, um sie versorgen zu können und die
Eltern zu entlasten. Als am 24. Februar Milizeinheiten am
Bahnhof von Lawrence die Abfahrt von 100 Kindern nach
Philadelphia zu verhindern versuchte und auf diese und ihre
Eltern einprügelte, wobei eine Schwangere eine Fehlgeburt
erlitt, gingen Artikel und Photos über diesen Gewaltexzess durch
die Presse der gesamten USA und führten, weit über die Kreise
der organisierten Arbeiterbewegung hinaus, zu einem Aufschrei
der Empörung. Der US-Kongress berief einen
Untersuchungsausschuss ein, der die Arbeitsbedingungen in der
Textilindustrie unter die Lupe nehmen sollte. Dessen Anhörungen
verstärkten den öffentlichen Druck noch, als die Presse über die
Aussagen jugendlicher Arbeiterinnen etwa über unbezahlte
Samstagsschichten und Lohnabzüge für während der Arbeit
ausgeschenktes Trinkwasser berichtete. Es zeigte sich
allmählich, dass zwar der Staat und die Textilunternehmer nahezu
alle Machtmittel auf ihrer Seite hatten, sie aber angesichts
eines gut organisierten Streiks unter Einbeziehung eines
Großteils der lokalen Bevölkerung und einer wachsenden
Solidarisierung von außerhalb, immer deutlicher in die Defensive
gerieten.
Am 1. März unterbreitete die American Woolen Company als
größtes bestreiktes Unternehmen ein erstes Angebot von 5% mehr
Lohn, dass von den ArbeiterInnen auf einer großen Versammlung
noch am selben Tag abgelehnt wurde. Am 13. März schließlich
lenkte der Konzern ein und bot eine nach Lohngruppen
differenzierte Lohnerhöhung an, die zwischen 15 und 21 % sowie
die Einführung von Überstundenzuschlägen bedeutete. Dieses wurde
von den ArbeiterInnen angenommen. Bei den kleineren
Textilunternehmen von Lawrence dauerte der Streik noch bis Ende
März, als schließlich diese die Übereinkunft mit der American
Woolen Company übernahmen. Die ArbeiterInnen hatten einen harten
und ausdauernden Kampf geführt und gezeigt, dass Solidarität
trotz aller Leiden siegen kann, auch gegen Streikbrecher,
Gewehrläufe und rassistische Diskriminierung.
Über den Streik hinaus: Politische und juristische
Auseinandersetzungen
Trotz des siegreichen Streiks gingen die Auseinandersetzungen
jedoch weiter. Zahlreiche Besonders spektakulär war der Prozess
gegen Joe Etter und Arturo Giovanitti, die wegen Mord oder
Beihilfe zum Mord verurteilt werden sollten, weil sie die
Versammlung organisiert hatten, bei der eine Textilarbeiterin
erschossen worden war, was ihnen zur Last gelegt wurde, jedoch
im Laufe des Verfahrens eindeutig den anwesenden
Nationalgardisten zugeordnet werden konnte. Allein schon die
äußere Form des Verfahrens war als Schauprozess angelegt, Etter
und Giovanitti wurden etwa gezwungen, in Metallkäfige
eingesperrt dem Prozess beizuwohnen. Die IWW sammelte weitere
60.000 Dollar für die Prozesskosten und führte eine
internationale Kampagne für die Freilassung der Inhaftierten.
Bill Haywood drohte auf Massenversammlungen mit einem
Generalstreik für den Fall der Verurteilung. Schwedische und
französische Arbeiterorganisationen drohten mit einem Boykott
US-amerikanischer Waren, italienische Gewerkschaften
organisierten Demonstrationen vor US-Konsulaten. Und am 30.
September beteiligten sich noch einmal 15.000
TextilarbeiterInnen in Lawrence an einem eintägigen
Solidaritätsstreik für die Gefangenen. Am 26. November 1912
wurden Etter, Giovanitti und ein unbeteiligter Mitangeklagter
schließlich freigesprochen.
Nach dem Streik ist vor dem Streik
Der Sieg der ArbeiterInnen in Lawrence sollte nicht von Dauer
sein. Die American Woolen Company und andere Textilunternehmen
versuchten nach und nach die Organisations- und Streikfähigkeit
der ArbeiterInnen zu untergraben. Wobblies die sich im Laufe des
langen Arbeitskampfes hervorgetan hatten, wurden selektiv unter
allen möglichen Vorwänden gefeuert, die Lohnerhöhungen teilweise
schrittweise wieder zurückgenommen, teilweise durch weitere
Maschinisierung und Verdichtung der Arbeit ausgeglichen. Hierbei
profitierten sie davon, dass die wichtigste Organisation der
ArbeiterInnen vor Ort, die IWW, es nicht schaffte, ihre im Laufe
des Kampfes enorm gewachsene Mitgliederzahl zu halten und in
eine dauerhafte handlungsfähige Struktur umzumünzen.
Dabei hatte die Entwicklung der IWW nach dem Ende des Streiks
zunächst sehr vielversprechend ausgesehen. Nach ihren eigenen
Angaben waren im Januar und Februar 1912 über 10.000
ArbeiterInnen in Lawrence der IWW beigetreten. Local 20 wurde im
März 1912 in 12 "language branches" und eine Reihe von
Betriebskomitees neu gegliedert. In den drei Monaten nach dem
Ende des Streiks führte Local 20 insgesamt 17 Streiks in
Textilfabriken am Ort durch, die meisten davon waren
Kampfmaßnahmen gegen die Repressalien, die nun gegen aktive
Wobblies in verschiedenen Fabriken anliefen oder gegen die
Aushöhlung der Tarifvereinbarungen. Diese Kämpfe hielten die
Organisation zusammen, genauso wie die Verteidigungskampagne für
Etter und Giovanitti, im September erreichte das Local 20 der
IWW mit leicht über 16.000 Mitgliedern seinen historischen
Höchststand. Unmittelbar danach jedoch begann der Niedergang.
Die erste Krise gab es bereits während der Kampagne für Etter
und Giovanitti: Am 30. September sollte der eintägige Streik in
allen Textilfabriken von Lawrence stattfinden, um der Forderung
nach Freilassung der beiden Streikorganisatoren Nachdruck zu
verleihen. Die Stadtverwaltung von Lawrence hatte aus ihren
Fehlern während des Streiks gelernt und versuchte nicht, den
Streik und die am selben Tag stattfindende Demonstration zu
unterbinden. Stattdessen jedoch wurden Auflagen präsentiert, die
die IWW erfüllen sollte, um legal auf der Straße sein zu können:
die US-amerikanische Flagge war mitzuführen, rote Fahnen
hingegen verboten, ebenso wie Musikkapellen, außerdem sollten
Ordner dafür sorgen, dass der Demonstrationszug nicht die
angemeldete Route verließ. Ein starkes Aufgebot von Polizei und
Miliz wurde in der Stadt zusammengezogen, um bei Verstößen gegen
die Auflagen hart durchgreifen zu können.
Am Morgen des 30. September erreichte ein Demonstrationszug
von mehreren tausend italienischen ArbeiterInnen aus den
umliegenden Orten die Stadt. Mit sich brachten sie eine
Musikkapelle, 50 rote Fahnen und ein riesiges Fronttransparent
mit der Aufschrift "No God, No Master!" Es kam sofort zu
Auseinandersetzungen, als die Polizei die Demonstration angriff.
Carlo Tresca, Wobbly, Anarchist und Organisator der
Demonstration konnte knapp seiner Verhaftung entgehen, bei der
folgenden Straßenschlacht wurden zwei Polizisten erstochen.
Die bürgerliche Presse schlachtete den Vorfall landesweit aus
und begann damit eine groß angelegte Kampagne gegen die IWW.
Auch die katholische Kirche beteiligte sich aktiv daran,
Geistliche gingen in die Arbeiterviertel und versuchten die
italienischen, polnischen und irischen Arbeiterinnen davon zu
überzeugen, dass die IWW eine Organisation sei, die sich gegen
jegliche Religion wende und daher von Christen auch nicht
unterstützt werden dürfe. Diese konzertierte Kampagne von
Presse, Kirche und "Citizens Association" zeigte durchaus
Wirkung. Sichtbar wurde dies am 14. Oktober, dem "Flag Day". Die
Stadtverwaltung und die "Citizens Association" hatten zu einer
Demonstration aufgerufen und 32.000 Menschen nahmen teil, in
wohlgeordneten Reihen, ganze Schulklassen waren geschlossen
hinbeordert worden und jeder einzelne Teilnehmer war von
großzügigen Spendern mit einer kleinen US-Flagge ausgerüstet
worden. Transparente mit der Losung "God and Country" wurden
getragen. Zu einer Gegenveranstaltung der IWW kamen etwa 4.000
ArbeiterInnen, was angesichts der allgemeinen patriotischen
Mobilisierung noch viel war, aber dennoch zeigte, dass sich der
Wind gedreht hatte und die Wobblies nun in der Defensive waren.
Von nun an wurden zunächst vereinzelt, zunehmend aber
systematisch Wobblies gefeuert, ihre Organisationsstruktur in
den Betrieben nachhaltig geschwächt und ihre Kampffähigkeit
schwand rapide. Die Mitgliederzahl der IWW betrug vor Ort im
Herbst 1913 nur noch etwas über 700, also weniger als vor dem
Streik. Der schleichenden Aushöhlung der Macht der ArbeiterInnen
hatten sie damit kaum noch etwas entgegenzusetzen.
Was vom Bread-and-Roses-Streik blieb, war in erster Linie
seine Beispielfunktion für andere Kämpfe, gerade von
MigrantInnen, AfroamerikanerInnen, Wanderarbeitern,
Holzarbeitern und anderen scheinbar "unorganisierbaren"
ArbeiterInnengruppen, unorganisierbar für die AFL-Gewerkschaften
vor allem deshalb, weil sie in erster Linie eine
berufsständische Organisation weißer, angelsächsischer,
männlicher Facharbeiter war und noch lange blieb, in der Frauen,
AfroamerikanerInnen, MigrantInnen, an- und ungelernte
ArbeiterInnen in der Regel nicht aufgenommen, geschweige denn
als gleichberechtigt respektiert wurden. Die IWW führten in den
darauffolgenden Jahren gerade in der Textilindustrie eine Reihe
großer Kämpfe und schafften es zunehmend, ihre ursprünglich in
den Bergwerken und Holzarbeiterlagern des Westens der USA
zentrierte Organisationsbasis auf zentrale Industrien des Ostens
auszudehnen.
Local 20 jedoch erholte sich nie wieder von diesen Schlägen.
Zwar blieb die IWW in Lawrence noch lange als kleine radikale
Gewerkschaft präsent, aber sie war nur noch ein Schatten ihrer
Vergangenheit. Eine General Membership Branch der IWW gab es in
der Stadt noch bis vor wenigen Jahren, die Textilindustrie hat
für das Städtchen, das heute weniger Einwohner hat als vor 100
Jahren, schon lange keine große Bedeutung mehr. Wobblies aus dem
Nordosten der USA organisieren heute u.a. langfristig angelegte
Solidaritätskampagnen mit TextilarbeiterInnen in Bangladesh.
Und eher dort als in Neuengland ist heute wohl das Zentrum der
globalen Textilindustrie und ihrer zu globalisierenden
Arbeitermilitanz zu sehen.
Und bis heute bleibt als Erbe dieses Kampfes das in ihm
entstandene Lied der streikenden Textilarbeiterinnen, das zur
Hymne der proletarischen Frauenbewegung weltweit wurde und unter
anderem auch ins Deutsche übersetzt wurde:
Wenn wir zusammen gehen, geht mit uns ein schöner Tag,
durch all die dunklen Küchen und wo grau ein Werkshof lag,
beginnt plötzlich die Sonne uns‘re arme Welt zu kosen,
und jeder hört uns singen: Brot
und Rosen
Wenn wir zusammen geh‘n kämpfen wir auch für den Mann
weil unbemuttert kein Mensch auf die Erde kommen kann.
Und wenn ein Leben mehr ist, als nur Arbeit Schweiss und
Bauch,
woll'n wir mehr, gebt uns das Leben, doch
gebt die Rosen auch!
Wenn wir zusammen geh‘n, geh‘n uns‘re Toten mit,
ihr ungehörter Schrei nach Brot schreit auch durch unser Lied,
sie hatten für die Schönheit, Liebe, Kunst erschöpft nie Ruh,
drum kämpfen wir ums Brot, und um die Rosen dazu.
Wenn wir zusammen geh‘n, kommt mit uns ein bessrer Tag.
Die Menschen die sich wehren, wehren aller Menschen Plag.
Zu Ende sei, dass kleine Leute schuften für die Grossen!
Her mit dem ganzen Leben: Brot und Rosen!
Literatur:
Philip S. Foner: The Industrial Workers of the World
1905-1917, New York 1997
Fred Thompson/John Bekken: The Industrial Workers of the
World. Ist First 100 Years, Cincinati 2006
Editorische Anmerkung
Der Artikel wurde uns vom Autor zur Verfügung
gestellt.