Heil, wie … Heiligendamm
Nationalrevolutionäre Sammlung an der Ostsee

von Fluchschrift und Café Morgenland 

05/07

trend
onlinezeitung

Noël Martin lebt in Edgbaston, einem Stadtteil von Birmingham. Als Bauarbeiter arbeitete er leider auch mal in Deutschland, genauer: auf ostdeutschen Baustellen. Bis zum Juni 1996. Als die Beschimpfung "Nigger" nicht mehr ausreichte, ging der Mob in Mahlow (Brandenburg) zum Angriff über. Noël Martin und zwei Freunde saßen in ihrem Auto und wurden durch die Stadt gejagt. Ein Stein in die Heckscheibe und ein Baum brachten das Auto gewaltsam zum Stehen. Seitdem ist Noël Martin querschnittsgelähmt. Ein Montageschlosser und ein Maurerlehrling wurden zu acht bzw. fünf Jahren Haft verurteilt. Mittlerweile sind sie wieder auf freiem Fuß und gehen wieder ihrer Arbeit nach. Deutschland liebt und braucht Wert- und Facharbeit.

In der Schweiz will Noël Martin in einigen Monaten sein Leben durch eine Gift-Spritze beenden lassen. „Sie haben mir alles genommen, mein Privatleben, meine Würde, alles.“ (siehe auch: www.Fluchschrift.net/deutsch/d070507.htm

Der politische Arm des ostdeutschen Mobs mobilisiert gegen den G8 Gipfel. Im Gegensatz zu den Linksradikalen haben die Nazis ein Gespür für historische Daten. Am 8. Mai (Tag der Kapitulation Deutschlands) eröffnete die NPD auf einer Veranstaltung in Berlin die Kampagne gegen den G8-Gipfel."Gestern eine Niederlage. Heute eine Chance. Morgen ein Sieg" lautet ihre politische Stoßrichtung. Dazu Aufrufe im klassischen Antiimp-Jargon und bester antikapitalistischer Gewerkschaftstradition: "Nein zum G-8-Gipfel - für eine Welt freier Völker", "Zukunft statt Globalisierung - Arbeit für Millionen statt Profit für Millionäre", "Globalisierung stoppen - Kapitalismus abschaffen!"

Schon vor Jahren hat die NPD ihren Führungsanspruch bekundet: „Wir werden uns an die Spitze einer neuen deutschen Friedensbewegung und aller Globalisierungsgegner stellen" (Parteichef Udo Voigt).

Und dies gelingt ihnen zusehends. Die verhärteten Fronten werden aufgebrochen:
„Auch wenn wir als Verfasserinnen dieser Einladung aus dem linksradikalen Spektrum kommen, wollen wir an diesem Tag zusammen mit allen aktiv werden, die wie wir ihre Wut auf die Verhältnisse den Verantwortlichen am G8-Tisch zeigen wollen“(aus: Die Sternmarsch-Vorbereitung des dissent!-Netzwerkes)

Im Jahr der Deutschen (1989), als die hiesige Population sich wiedervereinigt, wieder gefunden hatte, als die Brüder und Schwestern – insbesondere in dem ostzonalen Bereich – nach Jahren der zwangsweisen Abstinenz die Früchte der wiedergewonnenen Freiheit genießen durften, fing es an im deutschen Lande für Migranten und Flüchtlinge gefährlich zuzugehen, mit Brandanschlägen auf Flüchtlingsheime (Hoyerswerda, Lichtenhagen, Schönau usw.), mit Auslöschung von ganzen Familien (Solingen, Mölln...), mit Angriffen auf „Undeutsche“, mit Verbrennungen von „Negern“ und „Kanaken“ (Lübeck in der Grevesmühlener Nachbarschaft) oder von libanesischen Kindern (Hünxe), mit volksfestartigen Pogromen gegen Roma und vietnamesische Familien (Lichtenhagen in Rostock). Das deutsche Treiben eskalierte seit dem besagten Jahr über 150.000-mal mit über 140 Toten. Allein im Jahr 2005 waren die „rechtsextremistische Straftaten“ (Polizeijargon) auf 15.000 angestiegen. Letztes Jahr erreichten sie die inflationäre Zahl von 18.000. 

Und mitten drin, im Eldorado der teutonischen Gewohnheitstriebe, das Land Mecklenburg-Vorpommern, eine küstenreiche, landschaftlich reizvolle und idyllische Gegend: „Gruselige Ostseeküste: Wenn die rechtsextremen „Jungs und Mädels“ sich „austoben“ auf der Insel Usedom und an Mecklenburg-Vorpommerns schöner Ostseeküste, dann kleben sie nicht nur rechtsextreme Plakate und Aufkleber, singen "Landser"-Songs am Strand-Lagerfeuer, treffen sich zu Aufmärschen und Demonstrationen, schreiben rechtsextreme Schülerzeitungen, Internetseiten oder die Postille „Der Inselbote“ mit rassistischen, nationalistischen und revisionistischen Hetzparolen voll. Wenn sie sich richtig „austoben“, gehen sie Asylbewerber aufschlagen oder alternative Jugendliche. Im schlimmsten Fall traten sie einen Obdachlosen tot, weil sie fanden: „Asoziale Landstreicher passen nicht in die Gesellschaft“ (passiert im Juli 2000 in der als ‚Kaiserbad’ berühmten Touristenhochburg Ahlbeck).“(aus: „Mut gegen rechte Gewalt“) Misstraue der Idylle, sie ist ein Mörderstück (André Heller). 

Die kulturelle Hegemonie von rechts ist gesetzt. Längst hat sich das spontane jugendliche „Austoben“ und die einst ungelenke Form des Bürgerzusammenschlusses vor Ort eine rechte ideologische und organisatorische Infrastruktur geschaffen. Die national befreite Zonenideologie ist Praxis in großen Teilen Ostdeutschlands, "wo sich kaum noch jemand hintrauen kann, der auch nur ansatzweise ausländisch, oder was man dafür hält, aussieht", schreibt Forums-User "Pacific". Sein Onkel, ein eingebürgerter Deutscher, habe bei einem Auftrag seiner Firma im Osten das Hotel nach 18 Uhr nicht ohne Begleitung verlassen dürfen. "Auch seine japanischen und amerikanischen, genauso wie dunkelhäutige holländische und britische Kollegen mussten sich an diese Sicherheitsanweisung halten, da die Firma das freie Herumlaufen ihrer ausländischen Mitarbeiter für lebensgefährlich hielt. Internationale Großkonzerne haben schon seit Jahren diese hausinterne policy." (aus Spiegel-Online). Wenn Flüchtlinge dorthin gebracht werden, wird drohend auf die Hauswände die jüngste Erfahrung gesprüht: »Lichtenhagen! Solingen! Mölln! Wolgast?«  

Wir sprechen von den Aufständischen in Grevesmühlen und Lichtenhagen, in Goldberg und Wismar, in Ahlbeck und Usedom, in Freiberg und Neubrandenburg, in Ueckermünde und Rügen und in vielen, sehr vielen anderen kleinen und großen Ortschaften, wo das Deutschsein wächst und eskaliert, wo der rassistische und antisemitische Angriff gedacht, gefördert, vollzogen und gewählt wird. Die NPD erreichte bei den letzten Landtagswahlen manchenorts traumhafte 12%, 13% oder 18% der Stimmen und zog mit 7 Komma paar Skinheads Prozent ins Schweriner Landesparlament ein.

All das ist lokal und global bekannt – wer erinnert sich nicht an den weltweiten medialen Erfolg eines Sohnes dieses Bundeslandes, den Lastwagenfahrer aus Rostock, der vor all zu viel Begeisterung (oder „innerem Reichsparteitag“, wie die Alltagsdeutschen zu sagen pflegen) im Anblick des brennenden Heimes der Vietnamesen in Lichtenhagen die automatische Armerhebung vollzog und in seine Jogginghose pisste, die er unter dem Schwarz-Rot-Gold-T-Shirt trug. 

Dort mobilisieren jetzt sowohl die Neo-Nazis als auch die linken Gegner des G8-Gipfels. Somit entsteht eine bilderbuchmäßige Situation, wo die begehrte Braut (rassistischer Mob) von beiden Lager für Heiligendamm (neben Bad Doberan) umworben wird. „Die Gemeinde Bad Doberan in Mecklenburg-Vorpommern hat Adolf Hitler nach 75 Jahren die Ehrenbürgerschaft aberkannt. Der Bürgermeister hofft nun auf ein Ende der Diskussionen vor dem G-8-Gipfel in Heiligendamm“. Nun können die Linksdeutschen auch dort bedenkenlos mit den regionalen Neo-Führern mobilisieren bzw. ihren Gottesdienst am 3.6. abhalten.

Die Linke trommelt mit rührseligen Parolen, die bis vor einigen Jahren jeden Linksradikalen den Kopf schütteln ließen (heute wird mitgemacht): „Für einen schnellen und radikalen Wechsel zu den erneuerbaren Energien. Zusammen mit einer deutlichen Erhöhung der Energieeffizienz und der Umstellung auf ein nachhaltiges Wirtschaften können nur so ein gefährlicher Klimawandel und weitere Kriege um Öl- und Gasreserven verhindert werden“. (aus: Zentraler Aufruf, 26.2.2007)

„Eine Einladung an alle, die sagen: "Ya basta! Es reicht! Eine andere Welt ist möglich!" Eine Welt der sozialen und ökologischen Gerechtigkeit, der gleichen Rechte aller, des Friedens. Heiligendamm wird ein Anfang sein. Unser Anfang.“ (aus: www-heiligendamm2007.de, Rostock, 15. April 2007) Diese Drohung, dass dies erst ihr gemeinsamer Anfang ist, ist durchaus erst zu nehmen.  Sie wollen die Statistiken der antisemitischen und rassistischen Angriffe nicht kennen, aber die apokalyptischen Reiter der Biologie-Statistik beten sie herunter:

„Wir alle kennen die erschreckenden Statistiken: eine Million Arten werden bis 2050 ausgestorben sein, seit 1980 wurden 19 der 20 wärmsten Jahre registriert, Grönland und die Antarktis schmelzen, Dürre, Überschwemmungen, Hungersnöte.“ (aus: dissent!). Bekanntlich schmelzen bei solchen Botschaften die Gefühle der deutschen Arten- und Naturliebhaber schneller als Antarktis und Grönland zusammen. Dabei wird das starke, mobilisierende Gefühl vermittelt, eine Schicksalsgemeinschaft anzugehören, die umzingelt wird – und zwar global (wie immer) - von Industrie-Abgasen, Jahrhundertflut und Ozonloch, die die heimische Artenvielfalt und die deutsche Wälder zerstören… exakt bis zum Nostradamus-light-Jahr 2050. Eine krude Endzeitstimmung (Klimawandel, Hühnerwahn und Rindergrippe oder Busverspätungen). 

Und damit niemand übersehen kann, dass all das in Deutschland stattfindet, werden die üblichen gruppentherapeutischen Maßnahmen ergriffen:

„Seminarreihe März bis Mai 2007: "…Was ist überhaupt unter dem Begriff Globalisierung alles zu verstehen? Wer profitiert bisher und wer sind die Verlierer? Kann es jeden treffen – also auch mich? Oder ist jeder seines eigenen Glückes Schmied? Was kann ich schon tun? … Wir freuen uns auf jeden kritischen Seminarteilnehmerin, entweder zu einem speziellen Abend oder als interessierte Begleiterin. Intensiv-Workshop + Aktionstraining“ (Attac Dresden)

oder die Simultan-Prügel-Variante: „...Dafür ist es wichtig, dass sie verschiedene Aktionsformen kennen lernen, darüber reflektieren und sie durchführen können. Ein Aktionstraining, um verschiedene Blockadeformen zu üben, sowie hilfreiche praktische Tipps und juristische Infos runden diesen Workshop ab.“ ( www.blockaid.org )

Während die außerparlamentarische Bewegung sich in den jeweils geeigneten Protestformen für den großen Showdown übt, „entlarvt“ die parlamentarische Linke ihren antikommunistischen und antikapitalistischen Reflex, um das Ost-Klientel zu bedienen:

"Im Namen der Sicherheit der ›freien Welt‹ ausgerechnet in der ehemaligen DDR ein solches Sperrwerk zu errichten, ist entlarvend“ (Ulla Jelpke, Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag).

Andere wiederum üben sich in obskurer Logik, um ideologische Bauchschmerzen zu verdrängen und den Drang nach Mitmachen zu rechtfertigen: „Den Deutschlandgipfel der G8 zum Anlass für radikale Gesellschaftskritik zu nehmen, bedarf der zweifachen Rechtfertigung. Gegen die kritischen Kritiker allen globalisierungsbewegten Protestes gilt es den bürgerlichen Standpunkt stark zu machen: Gerade weil die Regierungschefs, die in Heiligendamm zusammenkommen, sich selber als Repräsentanten einer Volkssouveränität begreifen, ist folglich der Protest des „Volkes“ gegen solche Treffen eine völlig legitime Angelegenheit. Rein formell ist er weder a priori reaktionär noch latent antisemitisch sondern vollzieht sich in Gänze innerhalb eines bürgerlichen Paradigmas.“ (autonome antifa (f), Dez. 2006).

„Rein formell“ ist das Ganze „weder a priori reaktionär noch latent antisemitisch sondern vollzieht sich in Gänze innerhalb eines“ volksgemeinschaftlichen Urinstinkts. Sie müssen von Glück reden, dass die Regierungschefs, sich nicht als Repräsentanten einer Nazisouveränität begreifen, sonst hätten sie sich – nach dieser Logik – als Nazis outen müssen.

Das Schicksal der Flüchtlinge bleibt für sie eine Fußnote im globalen Kampf gegen staatliche Standortfragen, damit sie kein einziges Wort über die unmittelbare Lebensbedrohung der Flüchtlinge, dem Objekt der Begierde (deutsche Bevölkerung) verlieren müssen: „Und wir werden unsere Anwesenheit in Mecklenburg Vorpommern nutzen für Aktionen gegen menschenunwürdige Flüchtlingslager, Nazistrukturen, Gentechnik-Felder und Militärstandorte. Alles für Alle! Make capitalism history!“ (ak internationalismus (münchen), radikale linke (nürnberg), revolutionäre aktion (stuttgart), libertad!süd) 

Der inzwischen inflationäre Populismus braucht das Hantieren mit faschistischem Gedankengut zwangsläufig: „Das gesamte Gipfeltreffen wird etwa 40 Millionen Euro kosten, alleine der Zaun dürfte mit zehn bis 14 Millionen Euro zu Buche schlagen. Den Landespolitikern Mecklenburg-Vorpommerns stehen wahrscheinlich jetzt schon die Haare zu Berge: Sie befürchten, dass das arme Bundesland auf Kosten von etwa 30 Millionen Euro für das Spektakel von Bundeskanzlerin Angela Merkel sitzen bleibt.“ (aus: dissent!).

Wobei die NPD-Variante erfrischender ist: "Bekloppt! 116.000 Euro für Gipfel-Logo", heißt es auf der NPD-Sonderwebsite "gib8". Bereits im vergangenen November war die NPD-Fraktion im Schweriner Landtag ihren Linken zuvor gekommen und hatte den Antrag gestellt, den Gipfel vom 6. bis 8. Juni aus Kostengründen abzusagen. 

Nicht nur die Kritik an den Kosten einigt rechts und links, sondern auch Antisemitismus und Rassismus werden diskursiv verhandelt:

"Eine 'deutsche Volksgemeinschaft', antisemitische Verschwörungstheorien und rassistische Ausgrenzung sind keine Lösungen, sondern Teil des Problems!" (aus: Gemeinsame Erklärung gegen Nazis, www-heiligendamm2007.de). Die Frage, ob Auschwitz damals oder die Verbrennungen von Flüchtlingen heute, eine Lösung sein könnte, ob dies nach Erwägung aller Pro und Kontras eine Alternative wäre, zeigt die moralische Verkommenheit der Verfasser.

Das „Problem“ der sozialen Frage und Vernichtung wurde schon einmal zugunsten des national-sozialen Volksstaates gelöst. (Götz Aly: Hitlers Volksstaat)  

Diese Dialogangebote wirken: Während man früher die Nazis gesucht und gejagt hatte, ist man heute froh, wenn sie einem nicht direkt in die Arme fallen: „Wie können wir praktisch verhindern, dass die Neonazis sich an den Protesten beteiligen?“ (aus red side, Veranstalterinnen: Autonome Jugendantifa, organisierte autonomie (OA), [’solid] Nürnberg) oder "Die Neonazis müssen dort, wo sie versuchen sich Protesten gegen den G8-Gipfel anzuschließen, ausgeschlossen werden“ (aus: Gemeinsame Erklärung gegen Nazis,  www.heiligendamm2007.de   )

All das in einer Gesellschaft, deren Ursprung der Vollzug eines unvorstellbaren Verbrechens war, wo praktische Vernunft, Humanität, Moral oder Hemmungen keine Tradition haben, wo diese Bändigungsinstrumente sich in einem aussichtslosen Konkurrenzkampf gegen den deutschen Instinkt befinden.

Was sich da bewegt und aufbauscht ist nichts anders als nationalrevolutionäres Getue, ist nichts als die von der Entstehungsgeschichte dieser Gesellschaft befreiten und normalisierten Linke, eine die diese lästige Vergangenheit wörtlich links liegen ließ, um sich (endlich wieder) den großen Problemen der Menschheit widmen zu können.

Es ist die Wiedererweckung der Begegnungslinken, eine Mischung aus Friedens- und Ökologie-Innerlichkeiten, eine Paarung aus Esoterik und Weltuntergangsstimmung, eine Synergie aus nationalem Sumpf und deutsch-revolutionärer Romantik. Zusammengeschweißt durch Antisemitismus, Antizionismus und Antiamerikanismus.

Das ganze stramm organisierte Spektakel der Gefühlsduselei ist die WM der Linksdeutschen, manches abgeguckt, manches selber kreiert. Ob sie dabei auch organisatorische Maßnahmen ergriffen haben wie ihre Vorbilder, die zum Schutz der ausländischen Mannschaften diese im Westen (mit einer Ausnahme) einquartieren ließen, wissen wir nicht, empfehlen wir aber unbedingt.

Sie wittern ihre große Chance, der Welt ihre ganzen Fähigkeiten und ihre avantgardistische Rolle zu zeigen: Beste Organisation, beste Vorbereitung, beste... alles vom Feinsten (made in germany).

Und weil bekanntlich am deutschen Wesen die Welt genesen soll, reisen zahlreiche linksdeutsche Delegationen aller Couleur ins Ausland, um für die Antiglob-Mobilisierung zu werben. Ohne nur ein Wort über die Zustände, in denen sich ihre Gäste bewegen werden zu verlieren. Ohne auch nur die allseits bekannten Fakten über die Taten der mitdemonstrierenden Masse anzudeuten, weil wohl ähnliche Reaktionen zu befürchten sind, wie die „imageschädigende“ Diskussion, die kurz vor dem WM-Start über die „national befreiten Zonen“ stattgefunden hatte. Ohne sich ein Dreck darum zu kümmern, dass in den meisten Ländern, wo sie ihre Mobilisierungsveranstaltungen abhalten, Mobilmachungen von ihren Vorfahren stattgefunden haben - mit heute noch unvergesslichen Spuren.

Es handelt sich eben um die linke Variante der Globalisierer, die die regionalen, besonderen politischen Gegebenheiten ignorieren, ob Genua, Petersburg oder Heiligendamm - ganz egal. Im Ausland vollziehen sie den internationalen Akt, damit sie zu hause umso mehr ihrem nationalen Alltag nachgehen können. Deswegen interessiert es sie nicht, dass sie hier mitten im Mörderstück stehen und einen weiteren Akt mit inszenieren. 

Und die „Kritiker“? Ein Blick auf manche Verlautbarungen (z.B. aus dem antiislamischen Lager), zeigt das Ausmaß der Abstumpfung dieses Milieus: Die antiislamische Linke spart in ihrer Kritik an dem Anti-G8-Protest die rassistischen Verhältnisse komplett aus. Ganze Texte und Aufrufe kommen ohne das Wort Rassismus aus (Bahamas und Co.). Die Verharmlosung feiert fröhliche Urstände: „…und auch eine wirkliche Stärkung der Massenbasis von NPD und Kameradschaften steht nicht zu befürchten“ (aus: Diskussions-Veranstaltung in Halle, am 29.05.2007).

Für sie sind 18.000 „rechtsextreme Straftaten“ keine Befürchtung. Das alltägliche Grauen soll nicht zur Sprache kommen, damit ihre Weisheiten darüber, dass die Deutschen Antirassisten seien, aufrecht erhalten bleibt. Dafür haben sie Verbündete: Die Selbstzensur der deutschen Gazetten im Lande, die beschlossen haben, nichts mehr über solchen exportschädigenden Ereignisse zu berichten.

Sie kritisieren bei den Antiglobs deren antiamerikanische und antisemitische Inhalte, ohne ein Wort über die herrschenden und mordswirksamen rassistische Exzesse zu verlieren. (Zugegeben, immerhin besser als für das Abfackeln von Moscheen aufzurufen, wie anlässlich des Neubaus der Moschee in Kreuzberg). Ausnahmsweise können wir die Gründe einmal nachvollziehen: Die Fans von Pro Köln und Fallaci und ihre Brut (siehe www.gruene-pest.de), haben zwar mit allem und allen ein „Problem“ (wobei das Größte immer noch ist, dass – trotz allerlei Liebesbekundungen – weder Mob noch Linke bei ihrem Verein mitmachen wollen), nur nicht mit den herrschenden Zuständen im Lande, da sie selber in diesem rassistischen Sumpf Kraft und Kreativität tanken.

Sie stellen sich an die Seite der Meute, da die Opfer von rassistischen Angriffen nicht die sog. „Mindeststandards der Zivilisation“ aufweisen können. Sie treten für Abschiebungen ein, (z.B. Horst P. aus der Konkret-Tonne), weil die potentiellen Opfer nicht die richtige Religionszugehörigkeit besitzen.

Die Aussparung des Rassismus in ihrer Kritik ist kein Zufall, sind sie doch selbst zutiefst rassistisch. Nach dem Überfall auf einen Mann aus dem Irak in Bad Doberan am 6.8.2006, ist davon auszugehen, dass sie zuallererst hinterfragt hätten, ob seine Freundin Kopftuch trägt.

Das Taktieren und Ignorieren (anti-g), die Verharmlosung (anti-d) des Treibens der deutschen Population, ist ein unerschütterliches Fundament dieser Gesellschaft, auf dem das, was zusammengehört zusammenwächst und -hält, Pech wie Schwefel, links wie rechts. Eben, ein Volk auf Biegen und (Er)brechen. 

Die mörderische Jagd in MeckPom und anderswo auf alles „Undeutsche“ geht den Linksdeutschen am Arsch vorbei. Denn sie haben sich entschlossen mit der NPD um die Gunst dieser Massen zu konkurrieren. Im trüben Wasser mitzufischen.

Mit kabarettreifen Stücken, mit der unverhüllten Drohung „eine andere Welt ist möglich“, mit heimatverwurzelter Technologie (Windkraftwerke, Solartechnik ... ) wird hier eine Bevölkerung umworben und mobilisiert, die auch in der jüngsten Vergangenheit gezeigt hat, wozu sie fähig ist. Eine Bevölkerung, die von den Linksdeutschen vor das grausige Dilemma gestellt wird: Flüchtlingsheim oder G8. Zwischen die lechzende Meute (gegen Flüchtlinge oder Mächtige) und diese Avantgarde passt kein Blatt.

Radikalität und Militanz legitimieren sich ausschließlich über den Inhalt, den sie transportieren, über sonst nichts. Wird aber stattdessen Repression oder Massenhaftigkeit oder sonst was zur Legitimation von Radikalität oder Militanz herangezogen, so kippt das Ganze um und der Inhalt entlarvt sich als reaktionäres Gelaber oder im besten Fall als Mogelpackung (im vorliegenden Fall als Mob-Abwerbung). 

Und sie werden Erfolg haben: sie werden bereits im Halbfinale, am 2. Juni, bei ihrer großen Demo, gemeinsam mit den Grevesmühlener Mördern der 13 Flüchtlinge (sie wurden in Lübeck verbrannt), gemeinsam mit den 3.000 Mobis aus Lichtenhagen (und vielleicht auch mit dem Rostocker Piss-Exemplar,) Hand in Hand gegen das Übel dieser Welt demonstrieren. Ob sie sich dabei die organisierten Nazis vom Hals halten oder nicht ist dann nicht mehr relevant.

Und wer weiß, vielleicht werden die Blockaden eine Bereicherung durch die Bürgerinnen und Bürger aus Goldberg erfahren, da diese in jener Protestform sehr, sehr erfahren sind: Sie haben schon mal die Strassen erfolgreich blockiert, um den Einzug der aus Lichtenhagen gejagten Roma-Familien in das Flüchtlingsheim vor Ort zu verhindern. 

Und wenn der ganze Rummel vorbei ist und die Kämpferinnen und Kämpfer sich nach getaner Arbeit in Glückseligkeit schwelgend auf den Rückweg machen (bekanntlich hat auch ein Weltuntergang seine Grenzen), wenn die Rampenlichter ausgeschaltet und sich die Weltpresse zurückgezogen hat, wenn der - von den Weltmeistern im Selektieren - ordentlich getrennte Müll aus den Camps abtransportiert sein wird, wenn also der beschauliche Alltag wieder eingekehrt, wird sich herausstellen, wer der Gewinner dieses Protestes ist:

Die NPD und ihr Anhang bewegen sich im Osten wie die Fische im Wasser. Gemeinsam werden sie um politische und organisatorische Kampferfahrung reicher sein. Das Klein-Klein der spontanen Überfälle wird gebündelt zu einem Angriff auch auf die staatlichen Strukturen und in einer Größenordnung, die für die NPD bisher unbekannt ist.
Auch die Linke hat ihnen dafür Komparsendienste geleistet, die Kulisse abgegeben und zieht wieder ab. Die NPD und der Mob bleiben vor Ort.

Die Folgen der Mobilisierung, ihre gemeinsam gewonnenen neuen Kampferfahrungen werden diesem Mörderstück eine neue Qualität gegeben haben.

Die Entscheidung von Noël Martin sein Leben zu beenden wird in rechten Foren bejubelt.

Editorische Anmerkung

Den Artikel erhielten wir von den AutorInnen am 20.5.07 zur Veröffentlichung.