Die Krise der Weltwirtschaft und ihre Folgen
Thesenpapier
vom
Internationalen Sekretariat des CWI

05/08

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onlinezeitung

Anfang April tagte das Europäische Büro des Komitees für eine Arbeiterinternationale (CWI) mit VertreterInnen aus elf Ländern. Das Internationale Sekretariat des CWI hatte zu dieser Tagung ein Thesenpapier zu den Konsequenzen der Weltwirtschaftskrise für die Arbeiterklasse erstellt, das auf der Website von sozialismus.info leicht gekürzt dokumentiert wird.

Die aktuelle Weltlage ist geprägt vom schlimmsten ökonomischen Szenario für den Kapitalismus seit der Großen Depression der 1930er Jahre. Diese Situation hat im Gegenzug die bereits geschwächte Position der dominanten Weltmacht, des US-Imperialismus, noch weiter untergraben. Zusammen mit den negativen Folgen des Irak-Kriegs hat dies die Grundlage für politische Erschütterungen und grundlegende Veränderungen der geopolitischen Lage in der kommenden Zeitspanne geschaffen.

Das CWI hat die aktuelle ökonomische Situation in ihren wesentlichen Zügen vorhergesagt. Wir haben die Entwicklung des globalen Kapitalismus in der jüngsten Vergangenheit analysiert und auf die Unausweichlichkeit einer Krise hingewiesen, die zuerst den Finanzsektor treffen und große Auswirkungen auf die so genannte Realwirtschaft haben würde. Dieselben Faktoren, die den ökonomischen Aufschwung angekurbelt haben – die kapitalistische Globalisierung und das Wachstum des Welthandels – haben sich jetzt in ihr Gegenteil verkehrt, indem sie zu einer internationalen Ausbreitung der Krise führen. Aufgrund des ungeplanten Charakters des Kapitalismus kann niemand – nicht einmal die weitsichtigsten Marxisten – den genauen zeitlichen Ablauf oder die Tiefe von Krisen vorhersagen.

Die Rezession in den USA – und es ist tatsächlich eine Rezession – hat diese Prognose bereits bestätigt. Wir waren sogar noch vorsichtig bei der Einschätzung des Charakters dieser Rezession. Ganz anders aber die Sprecher und früheren Idole des globalen Kapitalismus. Warren Buffett, der reichste Mann der Welt, erklärt gerade heraus, dass sich die USA bereits in der Rezession befinden.

Die ökonomischen Indikatoren der USA haben nicht nur im Finanzsektor, sondern auch in der Produktion einen Absturz erlebt. Bundesstaaten, die ein Fünftel der US-Wirtschaft ausmachen, stecken in der Rezession und diese könnte nach Aussage des bürgerlichen Ökonomen Nouriel Roubini, leicht in eine Depression münden. Die Schätzungen der Kosten der Subprime-Krise in Kombination mit den sich anbahnenden Finanzspritzen zur Rettung der Monoliner (Anleiheversicherer), und den Verlusten bei Autokrediten, kommerziellen Krediten, Kreditkarten usw. könnten seiner Meinung nach zwischen ein und drei Billionen US-Dollar betragen.

Am 5. Februar schrieb er:

„Um die Risiken zu verstehen, denen das Finanzsystem heute ausgesetzt ist, stelle ich den ‚Alptraum’ oder das ‚Katastrophenszenario’ vor, das der US-Notenbank und den Finanzbeamten jetzt Sorgen bereitet. Es besteht eine steigende und signifikante Wahrscheinlichkeit, dass solch ein Szenario – so extrem es auch sein mag – auftritt. Es beschreibt also nicht ein Ereignis von geringer Wahrscheinlichkeit, sondern ein Ergebnis, das sehr wohl möglich ist. (...)

Beginnen wir mit der Rezession, die jetzt die US-Wirtschaft ergriffen hat. Nehmen wir an – was wahrscheinlich ist – dass diese Rezession, die schon im Dezember 2007 begonnen hat, schlimmer sein wird als die milden Rezessionen von 1990 bis 1991 und 2001, die acht Monate dauerten. Die Rezession von 2008 wird aus mehreren Gründen schwerwiegender sein: Erstens haben wir die größte Immobilienkrise in der Geschichte der USA und es ist wahrscheinlich, dass die Häuserpreise schließlich um zwanzig bis dreißig Prozent fallen; zweitens wird die anhaltende Kreditkrise aufgrund einer Kreditblase, die über die Hypotheken hinausging, und rücksichtsloser finanzieller Innovationen und Verbriefungen zu einer ernsthaften Kreditklemme führen; drittens haben die US-amerikanischen Haushalte, deren Konsum mehr als 70 Prozent des BIP ausmacht, jahrelang weit über ihre Verhältnisse gelebt und jetzt einen riesigen Schuldenberg angehäuft, sowohl aus Hypotheken als auch anderweitig; jetzt, wo die Häuserpreise fallen und eine schwere Kreditklemme aufkommt, wird die Verringerung des privaten Konsums ernst und von langer Dauer sein. Nehmen wir also an, dass die Rezession 2008 mindestens vier Quartale dauern wird und möglicherweise bis zu sechs Quartale. Was werden die Konsequenzen sein? (...)

Dies ist die schlimmste Immobilienflaute in der Geschichte der USA und es gibt keinen Hinweis, dass die Talsohle auf absehbare Zeit erreicht wird. An diesem Punkt ist klar, dass die US-Immobilienpreise zwanzig bis dreißig Prozent unter ihren Höchststand fallen werden; Das würde zwischen vier und sechs Billionen US-Dollar an Privatvermögen vernichten. Während der Zusammenbruch des Subprime-Markts wahrscheinlich ungefähr 2,2 Millionen Zwangsvollstreckungen auslösen wird, würde ein 30-prozentiger Fall der Immobilienwerte bedeuten, dass über zehn Millionen Haushalte ein negatives Eigenkapital auf ihren Häusern und einen großen Anreiz hätten, ‚jingle mail’ zu benutzen (das heißt, die Haustürschlüssel in einen Briefumschlag zu stecken und an ihre Hypothekenbank zu schicken). Darüber hinaus werden früher oder später einige sehr große Bauunternehmen bankrott gehen und sich den Dutzenden von kleineren Firmen anschließen, die bereits bankrott sind, was zu einem erneuten freien Fall der Aktienkurse von Bauunternehmen führen wird, die sich irrationalerweise in den letzten Wochen trotz der verschärften Immobilienkrise erholt haben.“

Dem folgte am 29. Februar folgende Aussage:

„Dies sind enorme Beträge, die sämtliches Kapital des US-amerikanischen Bankensystems auslöschen und zu einer systemischen Bankenkrise führen würden. Im schlimmsten Fall, wenn die Verluste bei den Hypotheken eine Billion US-Dollar (oder im Extremfall zwei Billionen US-Dollar) betragen, statt 300 Milliarden US-Dollar wie in der bisherigen Schätzung, und wenn zu diesen Krediten die zusätzlichen Kreditverluste der Konsumkredite, des kommerziellen Grundstückshandels, der fremdfinanzierten Kredite, usw. in Höhe von weiteren 700 Milliarden US-Dollar hinzukomen, werden sich die Gesamtverluste für das Finanzsystem auf mindestens 1,7 Billiarden US-Dollar (eine Billiarde US-Dollar plus 700 Milliarden US-Dollar) und bis zu 2,7 Billiarden US-Dollar (2 Billiarden US-Dollar plus 700 Milliarden US-Dollar) addieren. 1,7 Billiarden US-Dollar ergeben maximale Kosten für Finanzspritzen an Unternehmen in Höhe von ungefähr zwölf Prozent des BIP (nicht sieben Prozent), während 2,7 Billionen US-Dollar Kosten in Höhe von ungefähr 19 Prozent des BIP ergeben. (...)

Nun sind 12 Prozent des BIP nicht aus der Portokasse zu finanzieren und 19 Prozent des BIP sind definitiv eine niederschmetternde Summe (zehn mal mehr als die Kosten der Sparkassenkrise für die öffentlichen Finanzen). Natürlich werden Teile der Verluste von den Aktionären der Banken und Finanzinstitutionen getragen werden; aber eine saubere und faire Rettung des Finanzsystems mit Haushaltsmitteln – das die Kosten für die öffentlichen Finanzen reduziert – würde bedeuten, zuerst alle Aktionäre aus diesen Institutionen zu entfernen (da deren Kapital/Eigenkapital durch solche Verluste vollständig vernichtet wird) und eine formale Verstaatlichung eines großen Teils des Banken- und Finanzsystems durchzuführen. Und in solch einem Szenario muss man wieder die Frage stellen: Was bringt eine möglichen Verstaatlichung eines großen Teils des Finanzsystems des am höchsten entwickelten kapitalistischen Landes der Welt alles mit sich?“

Genau! Die Angst vor solch einer Situation hat die US-Notenbank dazu bewegt, in den letzten sechs Monaten gemeinsam mit anderen Zentralbanken in drei Fällen zu intervenieren. Für den neuesten Fall wirdt eine Kreditlinie in Höhe von 436 Milliarden US-Dollar vorgeschlagen, ein verzweifelter Versuch, die Blockade des Kreditsystems – der Arterien des modernen Finanzkapitalismus – aufzubrechen, die, in Marx’ Worten, droht, das ganze System zu blockieren. Was Europa und den Rest der Welt angeht befinden wir uns erst am Anfang dieser Krise (Die USA befinden sich jetzt im 18. Monat der Subprime-Krise). Das ist ein ökonomischer Tsunami und wie das Naturphänomen im Jahr 2004, das eine gewisse Zeit brauchte, um über den Indischen Ozean nach Sri Lanka und Indien zu gelangen, gibt es eine große Zeitverzögerung zwischen den USA und dem Rest der Welt. Der Verzögerungseffekt ist natürlich nicht in Stunden zu messen wie beim physischen Tsunami, sondern in Monaten (und, in manchen Gegenden, möglicherweise ein Jahr), bis die vollen Auswirkungen im Rest der Welt spürbar werden.

Roubinis ‚Katastrophenszenario’ wird von Personen wie Martin Wolf von der Financial Times in Frage gestellt. Dennoch brachte selbst er das realistische Szenario einer ‚kleinen Depression’ vor. Roubini antwortete auf seine Zweifel:

„Man pflegte zu sagen, "eine Million hier, eine Million da und bald ist die Rede von echtem Geld’. In diesem Fall müssen wir den Spruch korrigieren, so dass es heißt: ‚Eine Billiarde hier, eine Billiarde da und bald ist die Rede von atemberaubenden Geldsummen und massiven Kosten für staatliche Finanzspritzen". Martin Wolf sagt, dass Kosten für den Fiskus in Höhe von sieben Prozent des BIP bescheiden und finanziell tragbar seien. Aber die obige Analyse legt nahe, dass die Kosten für die Rettung eines Bank- und Finanzsystems, das in einer systemischen Krise steckt, mindestens zwölf Prozent des BIP und bis zu 19 Prozent des BIP betragen würde. Selbst ein reiches Land wie die USA kann 19 Prozent des BIP (oder 2,7 Billiarden US-Dollar zusätzlicher öffentlicher Schulden) nicht aus der Portokasse bezahlen, noch ist das eine ‚fiskalische Bagatelle’. Und jeden US-amerikanischen Haushalt auf Dauer mit weiteren 30.000 US-Dollar Schulden zu belasten, ist auch keine kleine Last. Und alles stimmt auch dann noch, wenn man von den übrigen zehn Billiarden US-Dollar zusätzlichen Verlusten im Nettowert des amerikanischen Privatsektors absieht (fallende Werte von Wohngrundstücken und kommerziell genutzten Grundstücken und des Aktienmarkts), die eine schwere Rezession und Finanzkrise mit sich bringen würde.“

Der Zusammenbruch von Bear Stearns, der US-Investment-Bank, unterstreicht zusätzlich das Ausmaß der Krise. Wie die Bank of England bei Northern Rock, hat die US-Notenbank diese, die fünftgrößte US-amerikanische Investmentbank, faktisch verstaatlicht. Wolf bemüht sich zu sagen, dass die Rettung des Finanzsystems nicht dasselbe ist wie der "crony capitalism" (kapitalistische Günstlingswirtschaft), der in der Asiatischen Finanzkrise 1997 in den Schwellenländern auftrat. Roubini antwortet: „Dies ist tatsächlich ‚crony capitalism’ der schlimmsten Sorte, und so schlimm wie der, der die Ökonomien der Schwellenländer befallen hatte und zu deren schweren Finanzkrisen in der letzten Dekade geführt hat.“

Die bloße Tatsache, dass zwischen den ernsthafteren bürgerlichen Ökonomen ein öffentlicher Streit – auch wenn er ‚freundlich’ ist – über die Aussichten ihres Systems stattfinden kann, ist ein Maßstab dafür, wie schwer diese Krise wahrscheinlich sein wird. Es gibt keine Kontroverse darüber, ob eine Rezession stattfinden wird, sondern nur über ihre Tiefe und Dauer. Jedoch wird diese Krise wahrscheinlich nicht von kurzer Dauer sein, sondern im Gegenteil länger anhalten, tiefer sein und wahrscheinlich schlimmere Folgen haben, als alle vorherigen Rezessionen seit dem Zweiten Weltkrieg. Selbst wenn der ökonomische Abschwung nur halb so groß ist, wie Roubinis Schätzung besagt, wird er dennoch schwerwiegend genug sein, um große soziale und politische Erschütterungen zu verursachen.

Lektionen von Japan

Unser Vergleich zwischen der japanischen Wirtschaft in den 1990er Jahren und den USA heute wird von den bürgerlichen Wirtschaftskommentatoren nun oft gezogen. Japan war zwölf Jahre lang in einer Deflationsfalle und schaffte es nur in der Zeit direkt vor dem Beginn der Krise, teilweise aus dem Morast zu kriechen. Die japanische Bourgeoisie griff auf eine Reihe von Maßnahmen quasi-keynesianischen Charakters zurück – dies ging so weit, dass an einem Punkt die so genannte ‚Helikopter-Theorie’ in Umlauf gebracht wurde: das Berieseln der Bevölkerung mit Yen aus dem Himmel – alles ohne Erfolg. Dennoch war Japan in einer wesentlich vorteilhafteren Situation, als die USA heute, da es auf angehäufte Rücklagen zurückgreifen konnte, um die Effekte der ökonomischen Not abzufedern, auch wenn sie nicht ausreichten, um aus dem finanziellen Bermuda-Dreieck auszubrechen, in dem das Land gefangen war. Die USA haben keine solchen Vorteile, sie sind bis über beide Ohren verschuldet; Sie sind ein massiver Schuldner gegenüber dem Rest der Welt. Darüber hinaus hat der ausländische Kapitalismus, insbesondere der asiatische Kapitalismus unter der Führung von China und Japan, die US-Wirtschaft bereits gestützt, indem er seine riesigen Reserven genutzt hat, um die gähnenden Löcher des US-Defizits zu stopfen.

Auch wenn sie diesen Rettungsanker willkommen heißt, hat die US-Bourgeoisie gleichzeitig Kapital aus China und dem Nahen Osten davon abgehalten, große Brocken der zusammenbrechenden US-Industrie zu schlucken, zum Beispiel bei dem Versuch, ein Veto gegen den Kauf von amerikanischen Häfen durch Dubai einzulegen. Da sie sich jetzt noch mehr auf ausländisches Kapital stützen müssen, haben die USA gezwungenermaßen die Beschränkungen für die Übernahme US-amerikanischen Vermögens durch ‚Ausländer’ gelockert. Dies schließt auch die Staatsfonds von China und dem Nahen Osten ein, wobei letztere durch gewaltige Reserven an Petrodollars versorgt werden. Dies jedoch unterstreicht nur die kolossale ökonomische Schwäche des US-Imperialismus und die daraus resultierenden Widersprüche.

Darüber hinaus werden sich abzeichnende Ereignisse wahrscheinlich die Position der USA weiter untergraben. Genau wie bei einem Boom ein ökonomischer Faktor auf andere wirkt verstärkend wirkt, haben negative Faktoren den entgegengesetzten Effekt, einen Abschwung, eine Rezession oder eine Krise in derselben Weise zu verstärken. Die Subprime-Krise hat eine Bankenkrise verursacht, die wiederum zu einer Kreditklemme – mitsamt einer Krise bei den Interbank-Krediten – und jetzt zu einem ‚Kreditkollaps’ geführt hat . So formulierte es der frühere Chefökonom des IWF, Kenneth Rogoff. Dieser Kollaps hat wiederum mit anderen Sektionen des Finanzsektors interagiert, was jetzt zu Reaktionen in der Realwirtschaft der USA führt, die sich in nächster Zeit verstärken werden.

Auch geo-politische Faktoren haben diese Situation gefördert, vor allem die Katastrophe im Irak. Die formale Unabhängigkeitserklärung von Kosova könnte auch eine Erneuerung des ethnischen Bürgerkriegs auf dem Balkan auslösen. Die Neo-Konservativen haben vor der Invasion des Irak eine grobe Berechnung angestellt und geschlussfolgert, dass das Land über unerschlossene Ölreserven im Wert von mindestens zwölf Billiarden US-Dollar verfüge. Selbst wenn der Krieg ‚im Extremfall’ eine Billiarde Dollar kosten würde, wäre er diesen Preis wert. Sie kalkulierten, dass billiges irakisches Öl ein Wiederaufleben der Weltwirtschaft befruchten und gleichzeitig den USA und ihren Verbündeten erlauben würde, die Macht der OPEC zu brechen, indem es den Ölpreis auf zehn oder gar sechs US-Dollar pro Barrel senken würde. Hugo Chávez würde gestürzt werden, mit dem zusätzlichen Bonus, dass die Mullahs im Iran auch ins Gras beißen würden. Allerdings, um den schottischen Poeten Robbie Burns zu zitieren, „The best laid plans of mice and men have gone astray” (Die am besten ausgearbeiteten Pläne von Mäusen und Menschen sind fehlgeschlagen.) Als dieses Dokument verfasst wurde, hatten die Ölpreise ein Rekordhoch von 100 US-Dollar pro Barrel erreicht. Es hat auch eine Flucht zum Gold gegeben, das jetzt historische Werte um 1.000 US-Dollar pro Unze erreicht hat, als sichere Wertanlage, wie Marx argumentiert hat. Der Anstieg der Ölpreise verstärkt die Probleme des weltweiten Kapitalismus. Jeder Rezession seit 1945 ging ein Anstieg des Ölpreises voran.

Irak

Auch wenn Bush und sein Statthalter Petraeus von einem ‚Erfolg’ sprechen, hat die Truppenaufstockung im Irak ihre Ziele nicht erreicht. Die Zahl amerikanischer Opfer, die in letzter Zeit wieder angestiegen ist, ging zunächst vor allem deswegen zurück, weil die USA sunnitische Milizen, die zuvor Al-Qaida unterstützt und gestärkt hatten, finanziert haben, damit sie ihren früheren Verbündeten in den Rücken fallen. Irak ist aber gespaltener denn je, sowohl sunnitische als auch schiitische Milizen sind untereinander und mit den US-Besatzern bis aufs Blut verfeindet. Wenn die US-amerikanischen Kräfte zum Abzug gezwungen werden, und sei es nur zu den geplanten regionalen Militärbasen, könnten sich die grundlegenden ethnischen Spaltungen und Spannungen erneut in einem sunnitisch-schiitischen Bürgerkrieg entladen. Selbst wenn der Irak nicht komplett zerbricht, könnte er enden wie der Libanon; ein Flickenteppich von sich heftig bekämpfenden ethnischen Einflusssphären und Enklaven. Die Kurden waren die einzige Gruppe der irakischen Bevölkerung, die die US-Invasion uneingeschränkt unterstützt hat. Wir haben damals gewarnt, dass die USA die Kurden verraten werden, wenn ihre existenziellen Interessen auf dem Spiel stehen. Dies zeigte die Invasion der Türkei in Kurdistan, die vom Bush-Regime toleriert wurde, nachdem dieses die PKK als ‚terroristische Organisation’ verurteilt hatte.

Die Türkei ist letztendlich eine wichtigere Stütze der USA in der Region als die kurdische Gebietskörperschaft im Nordirak. Erdogans Partei, die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) hat versucht, sich als eine islamische Version der deutschen Christdemokraten zu präsentieren: Sie geben sich der Religion verbunden, aber ‚demokratisch’. Sie hat in letzter Zeit wachsende Unterstützung bei der kurdischen Minderheit in der Türkei gewonnen, aber diese wurde durch die Invasion nachhaltig untergraben. Der Konflikt mit den Kurden innerhalb der Türkei wird sich jetzt wahrscheinlich verstärken und könnte sich auf benachbarte Staaten mit einem größeren kurdischen Bevölkerungsanteil ausbreiten, wie Syrien, Iran und den Nordirak selbst.

Darüber hinaus sind die bereits katastrophalen Kosten der Militärinvasion und ihrer Folgen im Irak für die USA exponentiell gestiegen, wie der frühere Chefökonom der Weltbank, Joseph Stiglitz, festgestellt hat. Er hat in einem kürzlich erschienenen Buch stichhaltig argumentiert, dass die endgültigen Kosten eher drei Billiarden US-Dollar betragen werden, zwei- oder dreimal mehr als selbst in den Berechnungen für das ‚doomsday Szenario’ zum Zeitpunkt der Invasion angenommen. Zehn Tage im Irak kosten die USA mehr als die gesamte jährliche Hilfe der USA an Afrika! Angesichts der zugrundeliegenden ökonomischen Schwäche der US-Wirtschaft, stellt sich das Dilemma, wie die aufgeblähten Militärausgaben aufgebracht werden können.

Es hat Vergleiche gegeben zwischen den USA und dem römischen Imperium. In Anlehnung an Fidel Castro und Hugo Chávez nennen viele in der neokolonialen Welt die USA schlicht das ‚Empire’. Wie wir wissen, waren selbst bürgerliche Kommentatoren, vor allem die Neo-Konservativen, mit diesem Vergleich zufrieden, da es zunächst eine Fortsetzung ungehinderter militärischer Macht implizierte, die es den USA erlauben würde, dem Rest der Welt ihren Willen aufzuzwingen. Das war die vorherrschende Meinung, als die USA in der Folge des 11. September unaufhaltbar schienen, zunächst in Afghanistan und dann in der als ‚shock and awe’ (Angst und Schrecken) bezeichneten Anfangsphase der Irak-Invasion. Allerdings brachte der Krieg die inter-imperialistischen Rivalitäten zum Vorschein, die in der voran gegangenen Periode geschwelt haben. Wir sollten uns daran erinnern, dass der US-Imperialismus es geschafft hat, seine Verbündeten – vor allem Japan, Deutschland und Saudi-Arabien – dazu zu bringen, für den ersten Golfkrieg Anfang der 1990er Jahre zu bezahlen. In einer völlig anderen Situation in der heutigen Welt, in der die Hälfte der europäischen Regierungen und die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung auf dem Kontinent gegen die Bush-Clique und ihren Krieg sind, waren die USA nicht in der Lage, den anderen die Rechnung aufzudrücken. Die folgenden massiven Kosten für die US-Ökonomie waren zweifellos, wie Stiglitz dargelegt hat, ein weiterer Faktor bei der Verschlimmerung der ökonomischen Probleme der USA und damit auch des weltweiten Kapitalismus.

Iran

Aber je tiefer die USA in den Sumpf des Irak-Kriegs gezogen wurden, desto abenteuerlustiger wurden Bush und seine Clique. Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine Bombardierung des Iran stattfindet, noch bevor dieses niedergehende Regime von der Bühne der Geschichte verschwindet. Die Sanktionen, die über den Iran verhängt wurden, nachdem dieser sich geweigert hatte, sein Atomprogramm aufzugeben, haben die iranischen Hardliner hinter Ahmadinedschad gestärkt. Dies unterstrichen die iranischen ‚Wahlen’, bei denen die kompromisslosen fundamentalistischen Kräfte hinter dem geistlichen Oberhaupt Khamenei und Ahmadinedschad trotz der hohen Arbeitslosigkeit und anhaltenden Armut gestärkt wurden.

Eine Warnung vor den Konsequenzen einer Bombardierung des Iran war der Rücktritt des Admirals William Fallon, Kommandeur der US-Kräfte in Irak und Afghanistan. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die große Mehrheit der US-Militärführung weiß, dass die USA nicht zwei größere Kriege gleichzeitig führen können. Die Bombardierung des Iran würde, sehr vorsichtig ausgedrückt, zu einer Verschärfung des Chaos im Nahen Osten führen. Der Iran würde wesentlich konsequenter im Irak intervenieren, was zum vollständigen Zerbrechen der fragilen ‚Einheit’ des Landes in drei getrennte Einheiten führen würde. Außerdem würde dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer verstärkten Konfrontation zwischen Israel und der Hisbollah führen, was angeheizt durch die verschlechterte Situation der Palästinenser und der Blockade von Annapolis zu einem neuen Krieg im Nahen Osten führen könnte. Dies würde wiederum die Pläne der USA bedrohen, Militärbasen in der Region als Stützpunkte zu behalten, um die Ölressourcen des Nahen Ostens und die Regime, die ihre Interessen vertreten, zu verteidigen. Diese sind immer noch lebenswichtig, um die US- und Weltwirtschaft in Gang zu halten.

US-Imperialismus

Gleichzeitig wird der US-Imperialismus als zentrale militärische und immer noch stärkste verbleibende ökonomische Kraft gezwungen sein, sich von der unilateralen Politik der Bush-Ära abzuwenden, egal wer die Präsidentschaftswahlen im November gewinnt. Die unipolare Welt der Neokonservativen ist verschwunden, um durch eine stärker ‚konsensuale’, ‚multipolare’ Politik ersetzt zu werden, die wahrscheinlich vom künftigen Präsidenten angestrebt werden wird. Der Kandidat der Republikaner McCain ist in internationalen Fragen ein Falke – er erklärt, er würde noch hundert Jahre im Irak bleiben – und angeblich innenpolitisch ‚liberal’. Es ist unwahrscheinlich, dass er gewinnt, angesichts der ökonomischen Katastrophe, die jetzt in den Köpfen der amerikanischen Bevölkerung fest mit dem Bush-Regime verknüpft ist.

78 Prozent der Bevölkerung glauben, dass die USA sich „auf dem Holzweg befinden“. Wie die Tories nach Thatcher tragen die Republikaner das Kain-Mal wegen Bushs Desaster. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass die Demokraten sowohl die innenpolitische als auch die außenpolitische Unordnung erben werden, die er hinterlassen hat. Ihre Außenpolitik wird durch die Rückschläge geprägt sein, die der US-Imperialismus in den letzten acht Jahren erlitten hat. Sie haben als stärkste militärische und ökonomische Macht keine andere Wahl als weiterhin weltweit einzugreifen, aber sie werden dies von einer geschwächten Position aus tun. Der so genannte ‚wohlwollende, liberale Imperialismus’ wird die neue Doktrin werden. Die USA können immer noch mit Rom verglichen werden – nicht in seinem Aufstieg, der ‚Heldenperiode’, sondern in der Phase der Stagnation und Desintegration des Imperiums. Rom konnte seine Position militärisch Jahrhunderte lang halten, obwohl die ökonomische Basis immer morscher wurde, als die Sklaverei sich als überholtes ökonomisches Konzept entpuppte. Die Gesellschaft stagnierte und löste sich sogar teilweise unter dem Druck der barbarischen Horden auf. Die Gesellschaft konnte sich nur durch die Abschaffung der offenen Sklaverei und ihre Ersetzung durch bäuerliche Arbeit weiter entwickeln, wenn auch mit dem militärischen Apparat und der Ausbeutung des Feudalismus. Rom konnte nicht gerettet werden, weil es keine Klasse gab, die in der Lage gewesen wäre, einen Weg nach vorne aufzuzeigen. Das römische ‚Proletariat’ lebte auf Kosten der Gesellschaft, anders als die moderne Arbeiterklasse, die die Grundlage für den ökonomischen Aufstieg und die Fortdauer des Kapitalismus war. Sie behält ihre historische Rolle, trotz der verdorbenen Führung an der Spitze ihrer Organisationen, vor allem der Gewerkschaften.

Die USA, das ‚neue Rom’, werden Einfluss und Macht mit den aufsteigenden Kräften teilen müssen, die implizit ihre Vorherrschaft angreifen, vor allem in Asien und dort speziell China. Wir haben diese Frage oft kommentiert, aber die verträumten Prognosen der bürgerlichen Kommentatoren, die von der chinesischen Elite geteilt werden, dass ein ‚friedlicher Aufstieg Chinas’ möglich ist, sind unrealistisch. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der britische Imperialismus durch das aufsteigende Deutschland herausgefordert, das ökonomisch um die Jahrhundertwende aufgeholt hatte. Der harte Wettbewerb um Märkte, Rohstoffe, Einfluss, etc. mündete in der Konfrontation des Ersten Weltkriegs. Diesem folgte ein anfänglicher Konflikt zwischen der ehemals dominanten Kraft Großbritannien, und dem neuen Giganten, den USA. Trotzki nahm eine Zeit lang an, dass sogar ein Krieg zwischen den USA und Großbritannien ausbrechen könnte. Aufgrund der Veränderung der Situation in den 1920er und 1930er Jahren, vor allem wegen der Bedrohung durch den Fortschritt Russlands und dem neuen Hunger Deutschlands, seine alte Position zurückzugewinnen, trat dies nicht ein. Ein neuer Weltkrieg ist in der jetzigen Ära ausgeschlossen – aufgrund des nuklearen Gleichgewichts des Schreckens. Aber es stehen Zusammenstöße an aufgrund von zweitrangigen Fragen, die außer Kontrolle zu geraten drohen, wie zum Beispiel die Taiwan-Frage.

China

China ist eine viel größere ‚strategische Gefahr’ für die USA, als Japan es in den 1980er Jahren je war. Wir haben nicht nur das Aufkeimen seiner ökonomischen Macht gesehen, sondern auch der Militärausgaben und des ökonomischen Know-hows. Diese ist den USA zum jetzigen Zeitpunkt noch immer weit unterlegen, aber in die Zukunft projiziert wird die momentane Wachstumsrate China in eine Kollision mit den USA treiben. Allerdings werden dieselben Faktoren, die für Chinas Erfolg verantwortlich sind – das Wachstum der Industrie, und damit auch der Arbeiterklasse – in Widerspruch zu dieser Perspektive geraten. Die Idee, dass China gemeinsam mit anderen – den so genannten BRICs (Brasilien, Russland, Indien und China, A.d.Ü.)– dem Weltkapitalismus einen Rettungsanker werfen könnte, wird nicht weiter als ernste Option gesehen. Vor gerade einmal sechs Monaten wurde diese Vorstellung noch von bürgerlichen Kommentatoren vertreten, während wir sie zurückgewiesen haben.

Der starke Rückgang des Konsums in den USA wird sich auf China dramatisch auswirken. Darüber hinaus wird ein Rückgang des Imports naturgemäß zu einer Verlangsamung der chinesischen Wachstumsrate führen, und die Flaute wird nicht durch den chinesischen Binnenkonsum ausgeglichen werden. Tatsächlich könnte sogar China selbst ein Auslöser für die Vertiefung der ökonomischen Krise des weltweiten Kapitalismus sein, der die Abwärtsspirale verstärkt, die wiederum auf China zurückwirken würde. Die Konsumentenbasis Chinas ist zu gering, um die Effekte des Abschwungs der Weltwirtschaft auf das Land abzufedern. Die Situation, der die USA, die Welt und auch die internationale Arbeiterbewegung gegenüber stehen, ist nicht nur eine Krise, sondern eine ganze Kette von Krisen, die sich in die Zukunft ausbreiten. Die unmittelbare Ursache von Aufständen in China, die angesichts der bestehenden großen sozialen Spannungen in einer Revolution in China münden würden, wird vielleicht nicht in einer Abschwächung des Wachstums, sondern in der Inflation bestehen. Diese ist in jüngster Zeit erheblich gestiegen. Ein Auslöser könnten auch die Folgen einer Naturkatastrophe sein, oder, wie die jüngsten Erfahrungen gezeigt haben, von einer Kombination aus einer Naturkatastrophe, wie dem harten Winter, und dem Zusammenbruch des Transportsystems am chinesischen Neujahr.

Die Frage der globalen Umwelt und die Gefahr der Klimaerwärmung sind auch wichtige Faktoren, die bei der Betrachtung der entsetzlichen Situation, die dem globalen Kapitalismus bevorsteht, berücksichtigt werden müssen. Die Konsequenzen der Klimaerwärmung und des Klimawandels werden Hungersnöte, Dürren und Bodenerosion hervorrufen, die Millionen Menschen bedrohen und weitere Migration und Konflikte um natürliche Ressourcen auslösen werden. Selbst Teile der Bourgeoisie erkennen die Gefahr, die diese potenzielle Katastrophe bedeutet. Allerdings wird es ohne geplante Produktion nicht möglich sein, dieses Problem zu lösen, das immer größere Bedeutung und Dringlichkeit hat.

Unter den zukünftig betroffenen Ländern sind nicht zuletzt die USA selbst, die dies anfangs vielleicht sogar mehr als den Rest der Welt betreffen wird. Naomi Klein hat erläutert, dass die „Klasse zurück ist“. 48 Prozent der Bevölkerung erklären jetzt, dass sie gegen die ‚Habenden’ sind, die auf Kosten der ‚Habenichtse’ leben. Das bedeutet eine Verdopplung der Menschen, die dieses Gefühl haben, in einem Zeitraum von 25 Jahren. Das Aufkommen von ‚jingle mail’ (Häuser werden von ihren Besitzern verlassen und die Schlüssel per Post verschickt), wobei möglicherweise zwei bis drei Millionen Familien ihre Häuser verloren haben, hat die Idee der ‚Eigentümerdemokratie’ wie sie von Thatcher und US-amerikanischen bürgerlichen Politikern wie Reagan vertreten wurde, erschüttert. Das war eine moderne Form des ‚tied cottage’ Konzepts, das die englische Bourgeoisie bei ihrem Aufstieg im 19. Jahrhundert propagiert hat. Durch ‚Firmenwohnungen’ und Läden sollte eine Bindung der Arbeiterklasse an die Kapitalisten und ihr System erreicht werden. Monopolpreise und die Vertreibung von Streikenden aus den Firmenwohnungen haben diese Ideen vernichtet, als die Arbeiterklasse um ihre Unabhängigkeit als Klasse gekämpft hat.

US-Zwangsvollstreckungen

Die tiefen sozialen Umwälzungen, die hinter den Zwangsvollstreckungen bei Immobilien stehen, was die Amerikaner "foreclosures" nennen, werden das Bewusstsein weiter Schichten der Bevölkerung, besonders der Mittel- und Arbeiterklasse, entscheidend prägen.Zusammen mit dem brutalen Gesundheitssystem in den USA, das auf privaten Finanzen und Versicherungen basiert, verschlimmert eine plötzliche Krankheit die Kosten eines Hausverlustes für einige ArbeiterInnen. Das bereitet den Boden für massive soziale Erschütterungen in den USA. Die bürgerliche Presse spricht bereits über das Entstehen von „Bushvilles“ in den USA – ein Echo der „Hoovervilles“ in den 30er Jahren, benannt nach dem US- Präsidenten Herbert Hoover ,und Vorläufer der heutigen Slums.

Ein Indiz dafür, was der amerikanischen Arbeiterklasse bevorsteht, ist die Erklärung von General Motors, 70 Prozent seiner Belegschaft zu entlassen, sogar nachdem die Gewerkschaftsführer einen faulen Kompromiss akzeptiert hatten, der angeblich Entlassungen vermeiden sollte. Zudem werden mit der steigenden Arbeitslosigkeit starke protektionistische Tendenzen, die bereits durch die Unmutsäußerungen des Kongresses widergespiegelt werden, unter dem Druck der Gewerkschaften für eine Einschränkung der Importe wachsen. Wie einer der bürgerlichen Kommentatoren ausführte: „Wenn die Arbeitslosigkeit, die in den letzten paar Monaten von 5 Prozent auf 6 Prozent gestiegen ist, auf 10 Prozent steigt, ist alles möglich.“

Darüber hinaus hat der Zusammenbruch des Dollar nicht zu einem großen Exportbonus für die USA geführt. Wie Großbritannien, wurde die US-Wirtschaft durch die Deindustrialisierung und Verlagerungen von Fabriken und Produktion nach Übersee ausgehöhlt, was nun in Europa als „Karawanen-Kapitalismus“ bezeichnet wird. Das heißt, die US-Wirtschaft hat nicht länger dieselbe industrielle Grundlage und ökonomische Stärke, um ihren vollen Nutzen aus dem schwachen Dollar zu ziehen. Gleichzeitig haben Euro und Yen gnadenlos zugelegt. Das wird der Eurozone weitere ökonomische Probleme bereiten. Bis jetzt ist sie noch nicht schwer getroffen worden, obwohl die -Krise gewisse Auswirkungen hatte. Aber ein Abschwung zeichnet sich ab, vielleicht dieses Jahr. Einige Länder könnten durch die Zwangsjacke des Euro aus unterschiedlichen Gründen so sehr eingeengt werden, dass sie ihn ablegen oder andere aus ihm hinaus drängen. Ein stärkerer Euro wird die deutschen Exporterlöse ruinieren, die der Rettungsanker der Wirtschaft sind.

Es gibt bereits eine politische und soziale Polarisierung in den USA, die sich in wachsender Wahlbeteiligung und Interesse an den Vorwahlen – besonders der Demokraten – widerspiegelt, und auch in dem enormen Interesse für Obama seitens derer, die niemals zuvor gewählt haben – Frauen, schwarze ArbeiterInnen, usw. Wahrscheinlich werden entweder Obama oder Clinton McCain besiegen. Während der Irak im Bewusstsein des amerikanischen Volkes nicht verblasst ist, rücken Wirtschaftsfragen klar in den Vordergrund. Selbst diejenigen, die von der Krise nicht betroffen sind, werden sich unsicher fühlen und die Bush-Regierung und ihre Partei für die Notlage verantwortlich machen.

In einer rationalen Welt würde man diese Wahlen verlieren wollen. Man braucht sich nur Spanien anzuschauen: Zapatero, der Kandidat der sozialistischen Partei (PSOE), siegte sehr knapp über die rechte Volkspartei (PP). Kaum war der Jubel verklungen, schoss sich die spanische Presse auf den drohenden wirtschaftlichen Zusammenbruch ein. Innere, ökonomische und internationale Faktoren könnten einer Obama- oder Clinton-Präsidentschaft sehr schnell den Glanz nehmen. Deshalb bekämpft das CWI in den USA weiterhin entschieden die Idee des “kleineren Übels”. Dieses Jahr reicht das in den USA jedoch nicht aus. Wir müssen klar die unabhängige Kandidatur von Ralph Nader auf einer gemeinsamen Liste mit anderen wie Gonzalez unterstützen. In der Vergangenheit blieben die USA hinter denjenigen Ländern zurück, in denen ein Klassenbewusstsein in den Vordergrund gerückt war. Nun gibt es eine ausgesprochen klare Stimmung gegen Konzerne und Reiche, die ein wichtiger Faktor beim Obama-Phänomen ist.

Der Israel-Palästina- Konflikt

Selbst wenn Obama Präsident werden sollte, oder auch Clinton, blieben die fundamentalen Widersprüche im Herzen des US-Imperialismus bestehen. Auf einer bürgerlichen Basis ist zum Beispiel die Situation im Nahen Osten, besonders der Israel-Palästina-Konflikt, unlösbar. Die letzte Runde des gegenseitigen Raketenbeschusses über die Grenze zwischen Gaza und Israel, der Bombardierung Gazas und der Reaktion der palästinensischen Massen darauf, nicht nur in Gaza sondern auch in der Westbank, heben dies deutlich hervor. Gaza ist nun das größte Freiluftgefängnis der Welt. Im Vergleich mit Israel ist die Not der palästinensischen Massen derer in der Dritten und Vierten Welt sehr ähnlich. Das Durchschnittseinkommen der PalästinenserInnen beträgt 800 Dollar im Jahr und das der Israelis 24.100 Dollar.

Die explosiven Spannungen in Gaza resultierten auf der einen Seite im Ausbruch der Bevölkerung nach Ägypten und auf der anderen Seite in den Anschlägen in Jerusalem durch einen israelischen Araber. Vor diesem Ereignis war die Wut der palästinensischen Massen am Siedepunkt, was zu gemeinsamen Demonstrationen der Anhänger von Fatah und Hamas auf der Westbank führte, die eine gemeinsame Front gegen Israel forderten. Diese Wut gegen die Unterdrückung durch den israelischen Staat hat möglicherweise zu einem Rückschlag des Zuspruchs für eine „Zwei-Staaten-Lösung” geführt, zumindest auf Seiten der PalästinenserInnen. Daraus folgte wiederum eine Rückkehr der Idee einer „Südafrika-Option“. Das palästinensische Bevölkerungswachstum geht weit über das der Israelis hinaus – wenn die West Bank und Gaza mit Israel selbst zusammengerechnet werden. Darum ist die Option „eine Person, eine Stimme“, wie sie nach der Befreiung Mandelas in den Neunziger Jahren in Südafrika angewandt wurde, auf dem Tisch, obwohl sie hauptsächlich von bürgerlichen und kleinbürgerlichen Kräften unterstützt wird. Selbst Olmert, der israelische Premierminister, nutzte sie, um die israelische Bevölkerung zu erschrecken und dazu zu bringen, Zugeständnisse an die palästinensische Bevölkerung zu machen, inklusive territoriale Zugeständnisse auf der West Bank. Dies sei, meinte er – in Verbindung mit einer Art „Zwei-Staaten-Lösung” – der einzige Weg, die „Südafrika-Option“ abzuwenden.

In Wahrheit jedoch gibt es keine wirkliche Perspektive für die israelische herrschende Klasse, den PalästinenserInnen eine Stimme pro Person einzuräumen, da dies faktisch zur Demontage des jüdischen Staates führen würde. Auf der anderen Seite wird die palästinensische Bevölkerung die gegenwärtige Situation niemals akzeptieren. Nur die Arbeiterklasse in der Region – und besonders deren wichtigste Teile in Ägypten und Israel – ist in der Lage, einen Weg aus dieser Sackgasse zu weisen. Ohne dies wird die tödliche Spirale von Gewalt und Gegengewalt, die die Region in der Vergangenheit geprägt hat, andauern und sich verschlimmern. Die ägyptischen ArbeiterInnen brachten mit ihrer letzten Streikwelle mehr Schrecken über die herrschenden Klassen von Ägypten und in der Region als die Islamisten, einschließlich der Hauptoppositionskraft in Ägypten, der Muslimbruderschaft.

Rohstoffmarkt

Während die Wirtschaftskrise die entwickelten Industrieländer schwer erfassen wird, bedeutet sie eine Katastrophe für die neo-koloniale Welt Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Der Rohstoffboom, der Hand in Hand mit dem weltweiten Aufschwung ging, nutzte einigen dieser Länder – im Endeffekt ihren Eliten – in der neo-kolonialen Welt. Aber die Lebensbedingungen der armen Massen blieben weitestgehend unangetastet. Eine neue Krise wird aber sofort Millionen in Hunger stürzen. Das enorme Ansteigen der Lebensmittelpreise, von Getreide und Reis zum Beispiel, hat bereits Demonstrationen und Aufstände von Mexiko bis Afrika ausgelöst. Während die Preise einiger Nahrungsmittel als Folge der Krise fallen werden, könnten andere, wie Fleisch, aufgrund der verstärkten Nutzung großer Mengen fruchtbaren Landes zur Produktion von Biotreibstoffen, ansteigen.

Afrika, wo Millionen um eine prekäre Existenz kämpfen, wird wahrscheinlich der Kontinent sein, den es am heftigsten trifft. Eine Zeit wachsenden sozialen Aufruhrs eröffnet sich hier, in Kräfte des Marxismus, vor allem etablierte und bekannte Organisationen, wie in Nigeria und Südafrika, Erfolge verzeichnen können.

Asien sollte angeblich immun gegen eine derartige Krise sein, wie sie die Weltwirtschaft jetzt erfasst hat – anders als 1997, als der IWF eine Reihe von Volkswirtschaften frei kaufen musste und als sich soziale Bewegungen in der Region entwickelten, die bemerkenswertesten in Indonesien. Zu der Zeit führte Mahathir Mohammed in Malaysia protektionistische Maßnahmen durch. Sogar bevor die Auswirkungen einer Weltrezession dieses Land voll erfassen, hat Malaysia in den letzten Wahlen ein politisches Erdbeben erfahren. Die schweren Abstürze an den asiatischen Börsen sind ein Vorläufer schwerer wirtschaftlicher und politischer Krisen auf diesem Kontinent, nicht nur in China und Indien.

Lateinamerikanische Revolte

Lateinamerika ist das Herz der weltweiten Revolte gegen den Neoliberalismus. Bis jetzt hat sich das Interesse im Wesentlichen auf den „Bogen der Instabilität“ in der Andenregion konzentriert, besonders auf Venezuela, Bolivien und Ecuador. Venezuela hat nach der Niederlage für Chávez im Dezember 2007 bei dem Referendum für eine neue Verfassung, der ersten seiner neunjährigen Herrschaft, eine kritische Phase erreicht. Es ist nun klar, dass das Verzögern des revolutionären Prozesses und die Konsequenzen daraus für Lebensstandard, Rechte und Lebensbedingungen der Massen, die wesentlichen Faktoren waren, die große Teile ehemaliger UnterstützerInnen von Chávez dazu bewegten, dem Referendum fernzubleiben.

Eine halbe oder Drittel- Revolution beunruhigt die herrschende Klasse, während sie die Forderungen der arbeitenden Massen nicht befriedigt. GenossInnen, die vor kurzem Venezuela besuchten, sowie unsere GenossInnen in dem Land selbst, berichten, dass selbst die Errungenschaften der Vergangenheit, wie im Gesundheitswesen und bei wachsendem Lebensmittelkonsum, nun untergraben werden. Wie wir vorausgesagt haben, erlaubte die Entscheidung, dem oppositionellen Sender RCTV eine Lizenz vorzuenthalten, der Reaktion, eine Schicht der Mittelklasse, vor allem StudentInnen, gegen Chávez" angebliche „Bedrohung für die Demokratie“ zu mobilisieren. Für die arbeitenden Massen jedoch war die enorm gewachsene Bürde, die sie aufgrund der Lebensmittelknappheiten, der Preissteigerungen, usw. zu tragen gezwungen sind, sehr viel wichtiger.

Hinzu kommt noch die Ermordung der FARC – Führer in Ecuador. Infolgedessen sandte Chávez venezolanische Truppen an die kolumbianische Grenze und die Kriegsgefahr stand im Raum. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass es so weit kommt; die militärische Stärke Kolumbiens ist momentan viel größer als die Venezuelas. Regierungen unter Druck, die mit Problemen „zu Hause“ konfrontiert sind – und Chávez gehört dazu –, greifen darauf zurück, die „Nation“ gegen die Bedrohung einer Intervention von außen und auf den Krieg einzuschwören. Uribe hat behauptet, die bei dem Angriff und der Bombardierung der FARC-Basis beschlagnahmten Laptops zeigten, dass Chávez mit der FARC-Führung Hand in Hand gearbeitet habe. Kolumbien ist ein Außenposten des US-Imperialismus. Die USA ließen Kolumbien mehr Hilfe für den Aufbau von Armee und Polizei zukommen, als dem Rest Lateinamerikas und der Karibik zusammen. Dem „Plan Colombia” – obwohl er zuerst vom Clinton–Regime formuliert worden war – geht es nicht darum, den „Drogen-Terrorismus” zu zerstören, sondern eine beginnende Revolte der kolumbianischen Massen gegen das derzeit repressivste Regime Lateinamerikas zu eliminieren. Kolumbien wird als das „Israel” Lateinamerikas angesehen, die Reißzähne des US-Imperialismus senken sich tief in den Nacken jedes Regimes, das seine Interessen bedroht.

Venezuela stellt klar eine Bedrohung für die USA und ihre Verbündeten in Lateinamerika dar. Es übt eine gewisse machtvolle Attraktivität auf die von der Politik des Neoliberalismus niedergeworfenen Massen aus, besonders in der neokolonialen Welt. International bestehen Illusionen in das Chávez-Regime, aber vielleicht nicht so viele wie in Kuba. Letztlich hat die kubanische Revolution eine Planwirtschaft aufgebaut, in der es anfänglich Elementen von Arbeiterkontrolle gab. Die gibt es in Venezuela nicht und hat es dort nie gegeben, was selbst Venezuelas angebliche „Freunde” jetzt eingestehen.

Kuba und Venezuela

Es besteht gleichzeitig reges Interesse an Kuba im Vorfeld des Rücktritts von Fidel Castro als Präsident. Es wird als letztes Überbleibsel des „Sozialismus“ angesehen. Der Film „Sicko“ von Michael Moore hebt in sehr anschaulicher Art und Weise die Vorteile der Planung der Ressourcen der Gesellschaft hervor – besonders im Gesundheitswesen – die es sogar in einer nach wie vor „belagerten Festung” wie Kuba gibt. Wie wir in unserem Material herausstellen, wird Kuba ohne Arbeiterdemokratie untergehen; die ersten Anfänge einer Rückkehr zum Kapitalismus werden nach den nächsten US-Präsidentschaftswahlen gemacht. Ob Obama oder Clinton gewählt werden macht keinen fundamentalen Unterschied. Der Druck des Kongresses auf den nächsten Präsidenten wird dazu führen, dass das Embargo entweder aufgehoben oder bedeutend abgeschwächt wird, so dass den Amerikanern mehr Tourismus in Kuba und große Handelsoperationen für die US-Monopole ermöglicht werden, die danach hungern, Kubas Märkte und Ressourcen auszubeuten. Die Exilkubaner, die sich in Miami konzentrieren, werden keinen ausreichenden Einfluss haben, um diesen Prozess hinauszuzögern. Zwei Drittel der lateinamerikanischen Bevölkerung in Florida sind nicht-kubanisch. Die weiteren Interessen des US-Imperialismus verlangen nun eine Aufhebung des Embargos und einen „friedlichen“ Prozess von Schritten Richtung kapitalistischer Restauration.

Kuba ist am Scheideweg und wir müssen in diesem Prozess intervenieren, selbst in einem Block mit den kubanischen Kräften (der Bürokratie; A.d.Ü.), die die Elemente der Planwirtschaft erhalten und ausbauen wollen. Aber wir werden immer auf der Basis eines Programms von Arbeiterdemokratie agieren. Erführen sowohl Kuba als auch Venezuela gravierende Rückschläge – der Sturz von Hugo Chávez und die Liquidierung der Elemente von Planwirtschaft in Kuba – wäre dies zweifellos ein Schlag gegen die Ideen von Sozialismus und Opposition gegen den Neoliberalismus in Lateinamerika. Wir können unsere Augen nicht vor den schädlichen Auswirkungen solch einer Entwicklung verschließen.

Aber auf der anderen Seite befinden wir uns nicht in derselben internationalen Lage wie 1989 und nach dem Fall der Berliner Mauer, die zur „Sonderperiode“ Kubas führte, in der es an vielem mangelte und es fast zum Zusammenbruch kam. Wie wir gezeigt haben, ist der Kapitalismus mit seiner ernsthaftesten Krise seit mehr als einem halben Jahrhundert konfrontiert. Die weltweite Revolte gegen den Neoliberalismus wird anhalten, selbst wenn es in den nächsten zwölf Monaten keinen bedeutsamen Zusammenbruch der Produktivkräfte gibt. Die Spannungen zwischen den Klassen haben ein solch unerträgliches Maß erreicht, dass mit unvergleichlicher Sicherheit große Ausbrüche der Arbeiterklasse und der armen Massen selbst ohne eine ernsthafte ökonomische Krise unvermeidbar sind.

Deutsche Streiks

Dies beweist die scharfe Wende in der Situation in Deutschland mit den Streiks im öffentlichen Dienst, die sich in einer Meinungsumfrage einer Unterstützung von 74 Prozent der Gesamtbevölkerung erfreuten – Teil eines „Linkstrends“, der selbst kapitalistischen Beobachtern auffällt. Die Motivation dieser Streiks entstand aus dem nachdrücklichen Klassenhass der Massen auf die Bosse, die Super-Profite anhäufen. Sie fanden statt, bevor die Auswirkungen einer ökonomischen Krise Deutschland wirklich erfasst haben. Da der Boom immer noch anzuhalten scheint, wenn auch vor dem Hintergrund von Entlassungen und Lohnkürzungen in einigen Industrien, herrscht bei den Massen die Ansicht vor: „Wir wollen unseren Anteil“. Ein bedeutender Wirtschaftsabschwung wird demnach eher zu Wut auf Seiten der Massen in Deutschland führen, als zu einer ruhigen Periode. Dies stellt eine Rückkehr zu den stürmischen Zeiten der Vergangenheit dar, mit der eine neue kämpferische Generation junger Menschen und ArbeiterInnen entsteht. Sowohl die fortschreitende Spaltung innerhalb der SPD entlang der Frage der Zusammenarbeit mit der LINKEN als auch der Aufstieg letzterer – sie ist vor kurzem in drei Länderparlamente eingezogen und ist nun insgesamt in 10 Landtagen präsent – ist ein Symptom der veränderten Situation.

Auf der anderen Seite illustrieren die kleineren betrieblichen Kämpfe in Frankreich, auf welche die Arbeiterklasse zurückgegriffen hat, wie explosiv die allgemeine Lage ist – zum Beispiel wurden Bosse in ihren eigenen Büros eingeschlossen. Auf der anderen Seite haben Teile der Arbeitgeber versucht, Streiks zu verhindern, indem sie die Arbeiterklasse mit kräftigen Einmalzahlungen einkaufen. Gegen den "Präsidenten der Klunker" hat sich eine Art Massenabscheu entwickelt, die Sarkozys Umfragewerte abstürzen ließ, wie die letzten Kommunalwahlergebnisse zeigen. Sarkozys „Mitte-Rechts“-Partei bekam im zweiten Wahlgang nur 47,5 Prozent, während die Sozialistische Partei (PS) 49,5 Prozent erhielt. Zusammen mit der Reihe von Stadtratssitzen, die sie eroberte, bezeichnet dies keinen Zuspruch für die PS sondern einen „Verweis“ für die Regierung. Wahrscheinlich werden betriebliche und soziale Kämpfe in nächster Zeit in Frankreich zunehmen. Weniger als ein Jahr nach den Präsidentschaftswahlen stellen die Kommunalwahlen eine bedeutende Niederlage für Sarkozy und seine UMP dar. Im ersten Wahlgang bekam die LCR 4 Prozent und unsere kleinen Kräfte konnten einen ähnlichen Prozentsatz bei den Kommunalwahlen in Rouen erreichen. Der LCR bieten sich nun große Möglichkeiten, wenn sie die Fehler der Vergangenheit vermeidet und damit die Basis für eine neue einflussreiche Partei der Arbeiterklasse schafft. Ihre führende öffentliche Figur Besancenot ist der fünftbeliebteste Parteienvertreter in Frankreich. Sie ist jedoch unsicher, was für eine Art Partei sie aufbauen oder was für eine Art Aufruf sie machen will.

Auf der anderen Seite hat Spanien, gerade weil es mehr als andere Länder in Europa von den günstigen EU–Geldern und massiven Wohnungsbauprogrammen profitiert hat, in der nächsten Zeit eine „harte Landung” zu erwarten. Ein Hinweis auf das Ausmaß des Bau -Booms des Landes ist, dass in den letzten paar Jahren die Hälfte des Zementverbrauchs für Immobilien in Europa auf das Konto Spaniens ging. Die Immobilienkrise dort ähnelt mit einer bedeutenden Abwertung der Immobilien aufgrund des „Überangebotes“ mehr der in den USA als dies zum Beispiel in Großbritannien derzeit der Fall ist. Zapatero brachte es hauptsächlich dadurch fertig sich zurück an die Macht zu hangeln, weil die Angst der Massen vor der Machtergreifung einer brutalen PP-Regierung zu einer Polarisierung geführt hat. Kleinere Parteien wurden dadurch komplett zerdrückt, inklusive der „Vereinigten Linken“, die Sitze verlor und bei nur zwei Abgeordneten endete.

Irland ist in einer ähnlichen Lage wie Spanien. Seine hohe Wachstumsrate wird dieses Jahr auf 1,6 Prozent zurückfallen. Dies allein ist schon die Formel für ein große soziale Katastrophe und eine günstige Gelegenheit für die Socialist Party in Irland.

Generalstreiks

Belgien, Griechenland, wo es Generalstreiks von zwei Millionen ArbeiterInnen und Demonstrationen von 50.000 in Athen gab, Portugal, wo es große Erschütterungen gab und nicht zuletzt Italien erwarten alle große Erhebungen in der nächsten Zeit.

Die Bürgerlichen in Italien befürchten zurecht, dass eine Berlusconi–Regierung mehr als zuvor der Auslöser dafür wird, die Wut der Arbeiterklasse über die Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen in einer massiven Oppositionsbewegung zum Überkochen zu bringen. Sie haben angesichts des Rechtsrucks der Partito della Rifondazione Comunista (PRC) und vieler der Gewerkschaftsführer keine Mittel, Dampf abzulassen. Die Sorge der Bürgerlichen zeigte sich vor kurzem in einem Kommentar bei einem Meeting in Mailand. Die Financial Times berichtet: „Unternehmer mögen oft nach rechts tendieren, aber sie würden sich mit einer starken linken Regierung begnügen, die fähig ist, Politik zu machen und zu überleben." Sie ziehen eine Koalition von Berlusconi und Veltroni im deutschen Stil einer „Großen Koalition“ vor. Sollte die Rechte die Wahl gewinnen, wird ein Regime der „Schocktherapie“ aufgestellt. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass die Massen in Italien der Auffassung sind, ihre Lebensbedingungen seien bereits bedeutend beeinträchtigt worden. Die meisten Familien geben an, in den letzten Jahren erhebliche Kürzungen hingenommen zu haben. Fünf bis sechs Millionen ItalienerInnen sind gezwungen, in zwei Jobs zu arbeiten, um ein Auskommen zu haben. Es gibt eine bedeutende Desillusionierung und siedende Wut unter den Massen, aber keine politischen Kanäle, die das ausdrücken. Die PRC bewegt sich weiterhin nach rechts in ihren letzten Versuchen, einen opportunistischen Block zu formen, der mehr mit einer liberalen kapitalistischen Formation zu tun hat, als mit der Arbeiterpartei, die sie in früheren Zeiten war.

Auf Russland und Osteuropa wird die Weltwirtschaftskrise tief greifende Auswirkungen haben. Das Wachstum Russlands in der letzten Zeit ist zu großen Teilen externen Faktoren zu verdanken, besonders dem Anstieg des Ölpreises. Eine gravierende weltweite Deflation wird zu einem Preissturz beim Öl führen, der ernste Auswirkungen auf die russische Wirtschaft haben wird. Der kapitalistische Kreml und die kolossale Kleptokratie, auf die er sich stützt, haben einen Staat mit diktatorischen bonapartistischen Machtverhältnissen perfektioniert. Es geht nicht nur darum, rivalisierende Gangs in Zaum zu halten, die nach Macht und dem damit verbundenen Reichtum gieren, sondern letztendlich darum die Massen zu kontrollieren, vor deren Erhebung sie sich richtigerweise fürchten, wenn die Wirtschaft, und damit ihr Griff auf die Macht, schwankt. Auf Putins Regime, an Medwedew abgetreten, treffen Liebknechts Kommentare zum Regime des deutschen Kaisers zu: „Absolutismus mit dem Feigenblatt des Parlaments." Immense soziale Spannungen werden folgen, sollte Russland in einen wirtschaftlichen Abwärtsstrudel geraten.

Kapitalistische Krise und Massenbewusstsein

Die größte Problematik, mit der die Arbeiterbewegung in dieser allgemeinen Situation kapitalistischer Krise, Abschwung und der politischen Paralyse der bürgerlichen Parteien konfrontiert ist, sind die Auswirkungen, die das auf das Bewusstsein der Massen haben kann. Natürlich wird die Arbeiterklasse nicht in jedem Land in einheitlicher Art und Weise darauf reagieren. Wo es keine Massenpartei der Arbeiterklasse oder kämpferischen Gewerkschaften gibt, könnten die Massen zu Beginn gelähmt sein. Die rechten europäischen Gewerkschaftsführer wirken weiterhin als Bremse der Arbeiterbewegung. Gebunden an den neoliberalen Kapitalismus sind sie weder willig noch fähig, sich den heftigen Angriffen der Arbeitgeber zu widersetzen. Dies hat zu Rissen innerhalb der offiziellen Gewerkschaftsstrukturen geführt, Abspaltungen eingeschlossen, wie es in Deutschland in Richtung der Lokführergewerkschaft GDL passierte. In Großbritannien ist ein deutlicher Trend nach links zu verzeichnen, der durch die Eisenbahnergewerkschaft RMT und die größte Gewerkschaft der Staatsbediensteten PCS verkörpert wird, die erfolgreichen Widerstand gegen die Angriffe der Bosse leisteten. Infolgedessen haben sie ihre Mitgliedschaft vergrößern können. Dies verstimmt jedoch die Gewerkschafts-Rechte, weil es ihre eigene Ineffektivität noch schärfer zum Ausdruck bringt. Dies könnte Versuche nach sich ziehen, diese Gewerkschaften aus dem Dachverband TUC zu drängen. Neue Formationen, wie die Conlutas in Brasilien, sind in einer Reihe andere Länder möglich.

Zumindest in einigen Ländern Europas könnten die Hauptprofiteure aber zunächst die rassistischen, nationalistischen, ausländerfeindlichen rechtsextremen Parteien sein.

Die brutale kapitalistische Globalisierung resultierte in einer nie zuvor gekannten Mobilität der Menschen, sowohl in, als auch zwischen den Kontinenten. Das Phänomen der Slums, das wir aus der neokolonialen Welt kennen, könnte unter der Peitsche der kapitalistischen Krise nun ernsthaft Wurzeln in den entwickelten Industrieländern schlagen. Europa wird von einigen Einwanderern als ein „Eldorado“ gesehen, während andere, zum Beispiel in Großbritannien, abgestoßen von dem allgemeinen Abschwung in ihren eigenen Ländern, zu vielversprechenderen Jagdgründen ins Ausland fliehen. Zum Beispiel zieht zurzeit Australien, das einst mehr als andere Länder unter der Wirtschaftsdepression der 30er Jahre mit einer der höchsten Arbeitslosenrate der Welt litt, britische ImmigrantInnen an.

Der objektive Niedergang des Kapitalismus in Kombination mit den Massenkämpfen wird das Bewusstsein wieder schärfen, das in vergangenen Zeiten immer noch vom Zusammenbruch des Stalinismus, sowie der ideologischen Kampagne der Bürgerlichen und dem Boom geprägt war. Trotzdem haben, wie wir vorhersagten, neue Parteien der Arbeiterklasse angefangen, Form anzunehmen, am bemerkenswertesten in Deutschland und Brasilien, und werden sich in der nächsten Zeit in ganz Europa entwickeln. Andere wichtige Formationen sind entstanden: die Sozialistische Partei in den Niederlanden, der Linksblock in Portugal. Es hat auch wichtige Entwicklungen in Griechenland um Synaspismos und das Bündnis SIRIZA gegeben. Zur gleichen Zeit werden kapitalistisch-staatsinterventionistische, quasi-keynesianistische Ideen die Grundlage für den Beginn reformistischer Trends legen, wie sie Lafontaine, der Führer der LINKEN in Deutschland, verkörpert.

Die herrschende Klasse bereitet sich auf eine scharfe Kollision mit einer aufgerüttelten Arbeiterklasse und Arbeiterbewegung vor. Die Regierungen aller bürgerlichen Gesellschaften sind letztendlich die Exekutivkomitees der herrschenden Klasse. Bedeutende antidemokratische Aktionen werden zu dieser Zeit entweder erwägt oder eingeführt und die Verfolgung von KämpferInnen, die das System herausfordern, wird in einigen Ländern zunehmend zum Thema. Teil unserer Vorbereitung für die Zukunft ist der Widerstand des CWI gegen die Angriffe auf zivile Freiheiten und demokratische Rechte und die geschickte Verknüpfung dieser Frage mit dem Kampf für Löhne, zur Verteidigung und Verbesserung von Lebensbedingungen usw.

Stimmung gegen Konzerne und Kapitalismus

Es hat sich heute ein größeres Bewusstsein gegen Konzerne und Kapitalismus entwickelt, was sich in nächster Zeit vertiefen wird. Aber wie eine Anzahl von CWI-Sektionen durch gesteigerten Mitgliederzuwachs gezeigt haben, gibt es nun eine kleine, aber wichtige Schicht junger Menschen und ArbeiterInnen, die nach sozialistischen Erklärungen und Antworten auf die Probleme der Arbeiterklasse suchen. Am schärfsten drückt sich dies vielleicht in der neokolonialen Welt aus, wo Individuen und selbst ganze Gruppen mit dem CWI in Brasilien und Südafrika zusammenarbeiten. Gleichzeitig sehen wir den spektakulären Erfolg der GenossInnen in Pakistan, die es trotz einer schwierigen objektiven Situation geschafft haben, ansehnlich zu wachsen. In gewisser Hinsicht noch beeindruckender ist der Erfolg der USP (Vereinigte Sozialistische Partei) in Sri Lanka, die trotz des zwanzigjährigen wilden Bürgerkriegs nicht nur unsere Fahne hoch gehalten hat, sondern auch bedeutend gewachsen ist. Diese Erfolge in der neokolonialen Welt sind ein Vorgeschmack dessen, was wir in Europa und den anderen entwickelten Industrieländern in der nächsten Zeit erwarten können.

Wir wiederholen: wir sind keine plumpen DeterministInnen. Zunehmende ökonomische Probleme für den Kapitalismus garantieren nicht automatisch einen höheren Grad an Bewusstsein auf Seiten der Arbeiterklasse. Das Fehlen eines politischen Referenzpunktes, wie es in den meisten europäischen Ländern der Fall ist – Deutschland bildet die Ausnahme – führt dazu, dass zunächst alle Arten rückständiger Ideen in den Vordergrund rücken werden, vielleicht auch ein Anwachsen der extremen Rechten. Aber die Erfahrungen aus Deutschland und Russland in den frühen neunziger Jahren zeigen, dass dies als Peitsche und Ansporn für einige, besonders junge Leute, wirken kann, sich auf die Suche nach Ideen und Parteien zu begeben, die sich den Rechtsextremen entgegenstellen können. Darüber hinaus wird dies Hand in Hand mit einer beachtlichen Radikalisierung der Arbeiterklasse gehen. Das CWI wird, wie die Arbeiterbewegung, unter dem Hammerschlag der Ereignisse wachsen.

Angesichts dieser Perspektive könnte die Frage gestellt werden: „Warum sehen wir keine bedeutende Radikalisierung in Japan trotz der zwölf Jahre, in der sich das Land in einer deflationären Falle befand, was einen Rückgang des Lebensstandards nach sich zog?” Es gibt viele historische und kulturelle Gründe dafür, dass sich keine Bewegungen in Japan entwickelten. Aber der wichtigste war der Hintergrund einer immer noch wachsenden Weltwirtschaft und der Erwartungen, dass Japan letztendlich einen Ausweg aus dieser Situation finden würde. Aber die ganze Welt ist nun in der Umklammerung einer Weltwirtschaftskrise.

Dies wird eine sehr viel tiefere Wirkung auf das Bewusstsein der Arbeiterklasse ausüben und sie drängen, nach Antworten auf ihre Probleme zu suchen. Es werden sich deshalb größere Möglichkeiten für SozialistInnen und die revolutionäre Strömung ergeben, die das CWI vertritt. Wir stehen auf einer neuen Stufe, die durch plötzliche und abrupte Wendungen in der Lage charakterisiert werden wird. Deutschland zeigt, dass es zu Streikwellen kommen wird, die große Möglichkeiten aufzeigen werden. Die Theorie ist eine Anleitung zur Aktion. Die beste und richtigste Perspektive allein ist keine automatische Erfolgsgarantie. Es ist deshalb von höchster Wichtigkeit, dass die Sektionen des CWI alle die Möglichkeiten nutzen, die sich in der nächsten Zeit ergeben.

Editorische Anmerkungen

Der Text erschien am 18.5. bei www.sozialismus.info, der Website der SAV. Uns wurde von der SAV die Zweitveröffentlichung empfohlen.

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