Ich möchte zu zwei Fragen sprechen:
zur Frage des Charakters der gegenwärtigen Kämpfe und zur Frage
der Barrikadenkämpfe in Berlin.Wir
sehen in diesen Kämpfen auf der einen Seite die Formierung
der proletarischen Klassenfront unter der Führung der
Kommunistischen Partei, die Verbreiterung und Festigung der
proletarischen Klassenfront, wie sie in der Bildung von
Kampfleitungen zum Ausdruck kommt, auf der anderen Seite die
verstärkten Rüstungen der kapitalistischen Staatsgewalt zur
Unterdrückung der Arbeiterklasse, das Verwachsen der
reformistischen Bürokratie mit dem Staatsapparat, die
Faschisierung der Staatsgewalt und des sozialdemokratischen und
reformistischen Apparates.
Als Ergebnis dieser Kämpfe sehen wir gegenwärtig im
allgemeinen eine Steigerung der Kampfkraft der Arbeiter, selbst
in den Fällen, wo keine unmittelbaren Erfolge für die kämpfenden
Arbeiter erreicht wurden. Die Arbeiter kämpften für ihre
Lohn-und Arbeitszeitforderungen, worauf die Unternehmer mit der
Generalaussperrung der Metallarbeiter antworteten. In diesem
Kampf formierten die Arbeiter zum erstenmal durch Bildung von
Kampfleitungen die proletarische Klassenfront unter
kommunistischer Führung. Der Ausgangspunkt des Kampfes waren
ökonomische Forderungen. Der Kampf selbst wurde zu einem
ausgesprochen politischen Kampf, der sich mittelbar gegen die
kapitalistische Staatsgewalt richtete, während in den Berliner
Maikämpfen die Arbeiterklasse unmittelbar unter politischen
Losungen den Kampf gegen die kapitalistische Staatsgewalt
führte. Die Maikämpfe zeigen eine höhere Form des Kampfes als
der Ruhrkampf. Das findet seinen Ausdruck darin, daß die
Arbeiter das Demonstrationsverbot durchbrachen, daß sie, zum
erstenmal seit 1923, zur Anwendung der Waffe des politischen
Massenstreik übergingen, zur Abwehr des
Polizeiterrors spontan Barrikade11 bauten und eine
Solidaritätsbewegung im Reiche durchführten.
Die Kampforgane, die Maikomitees, die
Delegiertenkonferen-zeu usw. waren ausgesprochene Organe des
revolutionären Kampfes der Arbeiter gegen die kapitalistische
Staatsgewalt, pje Anwendung des Selbstschutzes durch die
kämpfenden Arbeiter hat breiten Massen zum Bewußtsein gebracht,
daß die Schutzpolizei nicht unüberwindlich ist, daß die
Arbeiterklasse im Kampf gegen die kapitalistische Staatsgewalt
noch lernen wird auch jene Methoden
anzuwenden, die sie befähigt, sich gegenüber dem Polizeiterror
zu verteidigen. Es ist ganz klar, daß die Auswirkung dieser
Kampfmethoden eine Steigerung der moralischen Kraft des
Proletariats und eine gewisse Schwächung und Zersetzung in den
Reihen des Gegners bedeutet.
Die sozialdemokratische und die bürgerliche Presse sagt: Wenn
nur die Polizei gekämpft hat, wie ist es dann möglich, daß in
dem Beschluß der Kommunistischen Partei von spontanen
Teilaufständen und vom aktiven Widerstand der Arbeiter die Rede
ist? Wir wissen, daß in Zeitungen, die mit uns sympathisieren,
solche Auffassungen vertreten worden sind. Aber wir erklären
ganz klar: Die Regierung, die Polizei, die Sozialdemokratie
versuchten, am 1. Mai mit Hilfe des Polizeiterrors die
revolutionäre Arbeiterschaft niederzuschlagen, und es war
notwendig und richtig, daß die Arbeitermassen gegenüber dem
Polizeiterror zu Selbstschutzmaßnahmen übergegangen sind. Wir
sind nicht der Meinung, daß sich die Arbeitermassen von den
Banden Zörgiebels wie Hunde niederschießen lassen sollten. Wir
haben klar und eindeutig in allen unseren Dokumenten erklärt:
Wir halten die Situation für die Durchführung des bewaffneten
Aufstandes nicht für reif. Aus diesem Grunde haben wir keine
Maßnahmen zur Organisierung des bewaffneten Kampfes ergriffen.
Aber wir waren der Meinung — und die Entwicklung hat die
Richtigkeit unserer Taktik bestätigt —, daß es notwendig war,
organisierten Widerstand gegen den Polizeiterror zu leisten,
indem die Arbeiter organisiert die Straße behaupteten und
organisiert die Straßendemonstrationen durchführten.
Wir haben bei der politischen Beurteilung der Kampfleitungen
darauf hingewiesen, daß die Bildung der proletarischen
Klassen front, wie sie in der Form der Delegiertenkonferenzen,
dei Bildung von Kampfleitungen, Aktionsausschüssen,
Selbstschutzorganen usw. zum Ausdruck kommt, den Arbeitern jene
Kampferfahrungen übermittelt, die sie befähigen werden, in der
Zeit des akuten Machtkampfes die Sowjets zu schaffen. Und ebenso
sagen wir, daß der organisierte Kampf um die Straße, die
organisierten Straßendemonstrationen, der proletarische
Massenwiderstand gegen den Polizeiterror den Arbeitern solche
Erfahrungen übermitteln, die sie befähigen werden, in einer
anderen politischen Situation den Kampf zur Niederschlagung des
kapitalistischen Gegners und seiner Polizeibanden mit Erfolg zu
führen.
In diesem Sinne schließe ich mit den Worten von Marx, daß die
Kommunistische Partei, ebenso wie es Marx im „Kommunistischen
Manifest" verkündet, der Auffassung ist, daß „die Gewalt die
Geburtshelferin jeder neuen Gesellschaft ist".