Material zum Thema "Schülerknast"

Resolution zur Frage des Schulkampfes
Aus den Thesen und Resolutionen der II. Internationalen Konferenz kommunistischer Kinderorganisationen, 23.-30.9.1925 in Moskau

05/09

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1. Die kapitalistische Schule ist ein Instrument der herrschenden Klasse und dient dazu, die Kinder der Werktätigen ihrer Klasse zu entfremden, sie zu willfährigen, denkunfähigen Arbeitssklaven des Kapitals und zu Kanonenfutter des Imperialismus heranzuzüchten. Diese Tatsache wird heute immer noch verkannt von einem großen Teil der Arbeiterklasse, der noch von der Illusion befangen ist, als ob die heutige kapitalistische Schule »verbessert«, reformiert werden kann. Diese falsche Einstellung, die auch in kommunistischen Kreisen noch vorherrscht, wird in einigen Ländern noch gestärkt durch das Entstehen sogenannter weltlicher, freier oder Gemeinschaftsschulen. Viele Genossen glauben nun, daß man über diese Schulen zur proletarischen Arbeitsschule gelangen könne. Nichts ist irriger als das. Die bürgerliche Schule ist das Produkt der Klassengegensätze. Unser Ziel kann nur erreicht werden durch den Sturz der kapitalistischen Gesellschaftsordnung und die Errichtung der Diktatur des Proletariats. Erst dann wird es möglich sein, die Arbeits- und Produktionsschulen aufzubauen, wie das Beispiel der Sowjetunion zeigt.

Während die jungen Pioniere in der UdSSR., wo solche Schulen bestehen, die Aufgabe haben, den Aufbau dieser Schulen mit allen Mitteln zu fördern und nach Kräften zu unterstützen, müssen die KKV. in den kapitalistischen Ländern unter tatkräftigster Unterstützung der KP. und der KJV. den schärfsten Kampf gegen die kapitalistischen Schulen und jede Abart führen.

2. Der Kampf um die Schule ist aber nicht nur Sache der proletarischen Eltern, der Elternräte und -komitees, der kommunistischen Parlamentsfraktioncn oder überhaupt des Proletariats, sondern der Kampf muß gleichzeitig innerhalb der Schule geführt werden, als Kampf der proletarischen Kinder und kommunistisch gesinnten Lehrer zur Zersetzung der bürgerlichen Schuldisziplin und Eroberung der Schulen für die Arbeiterklasse.

Die barbarischen Züchtigungsmethoden des hergebrachten bürgerlichen Drillsystems in den Schulen bilden den gegebenen Anhaltspunkt, um die breitesten Massen der indifferenten, noch .nationalistisch und christlich infizierten Arbeiter- und Bauernkinder zu mobilisieren und ihnen den Klassengegensatz zur reaktionären Schulbürokratie und der gesamten bürgerlichen Welt klar zu machen. Gerade durch den Kampf gegen die Prügelstrafe, der mit allen Mitteln der Aufklärung, der Auflehnung gegen die prügelnden Lehrer, der Obstruktion (z. B. bei nationalistischen Feiern in der Schule), des Schulstreiks, der Demonstrationen vor dem Schulgebäude, der Elternversammlungen, der Delegationen an Partei, Gewerkschaften, Gemeindevertretungen durchgeführt werden muß, wird sich der Kinderverband das Vertrauen auch jener Kinder erwerben, die aus den rückständigen Proletarier- und Kleinbürgerschichtén stammen und für den Kampf gegen die kapitalistische Beeinflussung, nationalistische Verhetzung und klerikale Verdummung noch nicht ohne weiteres gewonnen werden können.

Unsere dringendste Aufgabe muß deshalb sein, durch die Intensivierung des Schulkampfes breite Massen der Schuljugend für unsere Ziele zu gewinnen, organisatorisch zu erfassen, ihren Widerstand gegen die Beeinflussung der kapitalistischen Schule (durch reaktionäre, arbeiterfeindliche Lehrer) hervorzurufen und sie dadurch zu Klassenkämpfern zu erziehen.

3. Die Träger dieses Kampfes sind die Schulzellen. Diese müssen einen systematischen Kampf sowohl gegen das gesamte bürgerliche Schulsystem (Prügelstrafe, Hausaufgaben, Strafaufgaben usw.) als auch gegen die arbeiterfeindliche nationalistische und kapitalistische Erziehung, die die Kinder zu Streikbrechern und Weißgardisten heranbildet, führen. Vor allem aber muß gegen die offene und versteckte Propaganda für den imperialistischen Krieg und die faschistischen Organisationen ein unerbittlicher Kampf geführt werden. Vielfach werden Arbeiterkinder in der Schule dazu verleitet, den Feinden der Arbeiterklasse Dienste zu erweisen (durch Verteilung von Flugblättern der nationalistischen Parteien während der Wahlen und anderes mehr). Die Schulzellen müssen ein äußerst wachsames Auge für diese Machenschaften haben. Sie müssen eine energische Gegenpropaganda entfalten, die irregeführten Arbeiter- und Bauernkinder aufklären und sie gewinnen für ihre Klasse, die kommunistische Partei, tätig zu sein.

4. Die Schulzellen müssen die strengste Kontrolle über den gesamten Unterricht ausüben, und gegen die Methoden des Volksschulunterrichtes tagtäglich den schärfsten Kampf führen. Insbesondere muß der patriotische und religiöse Unterricht aufs Korn genommen werden.

Die wichtigsten Methoden des Schulkampfes sind:

a) Agitation unter den Klassenkameraden von Mund zu Mund, bzw. durch kleine Klebezettel, Laufzettel, Karikaturen, Zellenzeitungen.

b) Einberufung von Klassen- und Schülerversammlungen, Elternversammlungen, öffentlichen Versammlungen.

c) Diskussionen mit dem Pastor und Lehrer innerhalb des Religions-, Geschichts-, Lese- und Rechenunterrichtes usw., Ausnützung des freien Aufsatzes.

d) Obstruktion, einzeln und kollektiv, gegenüber Zumutungen, wie das Singen nationalistischer und klerikaler Lieder, Teilnahme an nationalistischen Feiern oder anläßlich der konterrevolutionären Reden des Lehrers.

c) Klassenstreiks und Schulstreiks zur Erzwingung von Forderungen, wobei die Unterstützung der Arbeiterorganisationen erreicht werden muß.

f) Kinderdelegationen an die verschiedenen Behörden und Arbeiterorganisationen.

5. Der Schulkampf muß aufs engste mit dem Kampf gegen das Kinderelend und die Kinderarbeit verbunden werden. Dieser Kampf muß gemeinsam mit den erwachsenen Arbeitern geführt werden. Die Schulzellen müssen durch Umfrage unter den Schulkameraden systematisch statistisches Material sammeln und zusammenstellen, den kommunistischen Fraktionen in den Gewerkschaften, im Parlament und in den Gemeindebehörden dieses zustellen und an diese entsprechende Forderungen richten. (Offene Briefe.) Dieses Material muß unter den Kindern in der Schule und in der Kinder-, Partei-, Jugend- und Gewerkschaftspresse ausgewertet werden. Durch diese Propaganda und durch eine vorsichtige und beharrliche Aufklärungsarbeit müssen die Eltern zur Unterstützung der Aktionen der KKV. gewonnen werden.

6. Der Schulkampf muß verbunden werden mit den Arbeiterkämpfcn. Bei ausbrechenden oder bevorstehenden Arbeiterkämpfen (Lohnkämpfen, Streiks, Lockouts [Aussperrungen]) müssen die KKV, sofort dazu Stellung nehmen, sich an den Demonstrationen und Versammlungen der Streikenden beteiligen und eine intensive Aufklärungsarbeit innerhalb der Schule, auf den Spielplätzen und innerhalb der sonstigen proletarischen Kindergruppen betreiben. Bei Streiks und Lockouts der Arbeiterschaft sollen besondere Forderungen (z. B. Speisung der Kinder der Streikenden) für die Kinder aufgestellt, eventuell Protestschulstreiks durchgeführt werden. Bei eventuellen Gehaltsbewegungen der Lehrer soll ebenfalls das Mittel des Sympathiestreiks in Erwägung gezogen werden.

7. Die Schule ist der Ort, wo der Kampf gegen die gegnerischen Kinderorganisationen am besten und am erfolgreichsten geführt werden kann. Die Schulzellen müssen es verstehen, die Kinder, die den religiösen und anderen Organisationen unserer Klassenfeinde angehören, aufzuklären und für die Sache der Arbeiterklasse zu gewinnen.

Durch individuelle Bearbeitung, durch Heranziehung zur Mitarbeit an der Schulzellenzeitung und Hineinziehung in die Veranstaltungen des Kinderverbandes (z. B. Wanderungen, die durch die Schulzelle organisiert werden), wie auch Abendveranstaltungen, Spiele mit revolutionärem Inhalt usw. muß es gelingen, diese Kinder zu beeinflussen, aufzuklären und sie von den gegnerischen Organisationen loszulösen. Bei solchen Veranstaltungen sollen in erster Linie Szenen aus dem täglichen Leben und den Kämpfen sowohl der erwachsenen Proletarier wie der Kinder von den Kindern selbst dargestellt werden.

8. Besondere Aufmerksamkeit müssen die Schulzellen den nationalistischen, patriotischen und religiösen Feiern widmen. Durch Flugzettel, durch Versammlungen, durch die Schulzellenzeitung und durch individuelle Bearbeitung der Schulkameraden muß eine aktive Gegenpropaganda betrieben werden.

In den Vordergrund der Kampagne gegen die Ruß-landhetze der Imperialisten muß die Popularisierung der Errungenschaften der UdSSR, auf dem Gebiete der Kindererziehung und -fürsörge gestellt werden. In den Schulzellenzeitungen und in Versammlungen der gesamten Schuljugend soll im Zusammenhang mit den Arbeiterdelegationen nach der UdSSR, über die Lage der Kinder, über den Aufbau der Kinderheime, über das Leben und Treiben der Jungen Pioniere in Sowjetrußland berichtet werden. Dem Ausbau der internationalen Kinderkorrespondenz durch die Organisierung eines regen Briefverkehrs zwischen den Pionieren der kapitalistischen Länder und denen der UdSSR, ist daher besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Die proletarischen Feiertage (1. Mai, 7. November, revolutionäre Jahresfeiern usw.) müssen ebenfalls gut vorbereitet werden, damit möglichst breite Massen der Arbeiterkinder an denselben teilnehmen. Für den 1. Mai soll die Parole »Schule frei!« ausgegeben und sollen Schulstreiks organisiert werden.

9. Die Schulzellen müssen innerhalb und außerhalb der Schule den Kampf für die Amnestie der politischen Gefangenen führen durch Agitation von Mund zu Mund, durch die Schulzellenzeitungen, durch Laufzettcl, Flugblätter und Versammlungen, durch Organisierung von Sammlungen für die Rote Hilfe, durch Mobilisierung der Schülermassen für die Teilnahme an den Kampagnen, Aktionen und Demonstrationen der Kommunistischen Partei und der Jugend.

10. Die KKV. kämpfen beharrlich und systematisch gegen das bürgerliche Schulsystem und insbesondere die imperialistische und reaktionäre Erziehung und für die sozialistische Produktionsschule. In diesem Kampfe vertreten sie eine Reihe von Teilforderungen wie:

Weg mit der Prügelstrafe,

Entfernung aller reaktionären und arbeiterfeindlichen Lehrer und Prügelhelden, Unentgeltliche Lehrmittel, Freie Schulspeisung und ärztliche Behandlung, Ferienheime für bedürftige Kinder, Abschaffung des obligatorischen Religionsunterrichtes,

Einführung der Sozialwissenschaft in den Unterricht, Einführung der praktischen Methoden der Arbeitsschule,

Herabsetzung der Schülerzahl in den Klassen, Mitarbeit bei Verwaltung und Ausarbeitung des Schulplanes,

Schülervertretungen in den Lehrerkollegien und den sogenannten Wohlfahrtskomitees, Öffentlichkeit der Schule und Arbeiterkontrolle.

11. Zur Unterstützung des Kampfes um diese Forderungen müssen die KP die Initiative zur Schaffung von proletarischen Kontrollorganen ergreifen. Die Schulzellen müssen alles tun, um sich die Unterstützung der kommunistischen und sympathisierenden Lehrer zu sichern. Ferner ist wichtig, die Gewerkschaften dahin zu bringen, daß sie die Forderungen der Kinder zu den ihrigen machen und den Kampf der Kinder unterstützen. - Die kommunistischen Gemeinde- und Parlamentsfraktionen sind mit ausgiebigem Material, durch Kinderdemonstrationen und Versammlungen, Delegationen an die Parlamente im Kampfe gegen reaktionäre Schulgesetze zu unterstützen, ebenso in ihrem Kampfe für Verbot der Kinderausbeutung, für ausreichenden Kinderschutz und gegen die bürgerlich-pfäffischen Methoden der sogenannten Jugendfürsorge.

Editorische Anmerkungen:

Entnommen:  »Das proletarische Kind«, 5. Jg., Nr. 8/11, November 1925

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