Material zum Thema "Schülerknast"

Schulkampf
Leseauszug aus dem Bericht des Schülerladens Falckensteinstr. in Berlin-Kreuzberg

05/09

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Von Anfang an spielte die Perspektive Schulkampf in unserer Arbeit eine zentrale Rolle. Die Vorstellungen, die wir mit dem Begriff SK verbanden, waren zunächst nur geprägt durch unsere eigenen Schulerfahrungen und die Praxis einer antiautoritären Schülerrevolte an einigen Gymnasien. Einen Anspruch, mit dem SK einen Zusammenhang unserer geplanten Arbeit mit der proletarischen Linken herzustellen, vertraten wir damals nicht. Dennoch war aber der SK für uns die wichtigste Legitimationsbasis unserer Ladenarbeit, insofern Kampfbereitschaft und Kampfformen vorbereitet werden sollten, auf die später eine weitere Politisierung der zukünftigen Hauptschüler und Lehrlingen aufbauen könnte.



Flugi des Kinderladens FichteStr.

Wir trugen in dieser Anfangsphase unserer Arbeit mehr oder weniger diffuse Vorstellungen von Opposition gegen Lehrer, Protesthaltung und ausgedehnter Renitenz zusammen und konstruierten daraus die Perspektive unserer Arbeit. Indem wir eine bestimmte Schülergruppe organisierten, wollten wir Veränderungen an der Schule bewirken und die Erkenntnis unter den Schülern verbreiten, daß sie sich solidarisch zusammentun und agieren müßten. Dabei würde, so glaubten wir, die von uns im Laden organisierte Schülergruppe eine Art Kaderfunktion übernehmen, und den Widerstand von einer Schulklasse ausbreiten auf andere Klassen und schließlich die ganze Schule. Welche Kampfformen, welche Inhalte und Konflikte aber konkret die Umsetzung dieses Ziel bewirken würden, darüber gab es zu Anfang weder Diskussionen noch genauere Vorstellungen bei den einzelnen Genossen. Wir hofften vielmehr, solche Fragen im Zuge der Schülerarbeit und im gemeinsamen Lernen mit unseren Ladenschülern zu beantworten. Mit einem Wort: unser anfängliches Konzept von SK war durchweg antiautoritär und im großen und ganzen nur die Übertragung von mangelhaft analysierten Konzepten der bisherigen Schülerrevolte.

Konkreter begründet wurden unsere Vorstellungen dann im Laufe des Herbstes 1969 durch 2 zusammenhängende Entwicklungen innerhalb der Berliner Linken: 1. durch die Diskussion über die "revolutionäre Berufsperspektive" der Lehrer, die Angelpunkt der Gründungen der ROTZEG und ROTZEPH war, und 2. durch die Aufarbeitung einiger sozialistischer Pädagogen der 20er Jahre, vor allem von E. Hoernle.

Im Verlaufe der Diskussionen über die Berufspraxis der Lehrer wurde die Schule zum 1. Mal als Praxisfeld von Genossen definiert, das von diesen nicht zwangsläufig Resignation und Aufgabe der während der Studienzeit angeeigneten sozialistischen Perspektiven erforderte. Die Perspektive revolutionäre oder antikapitalistische Berufspraxis leistet theoretisch die Entwicklung einer Kontinuität in der Politisierung sozialistischer Studenten, die Schule und die Lehrerpraxis konnten unter der neuen Perspektive als Beiträge zum Klassenkampf gewertet werden.

Von diesen Diskussionsergebnissen zehrte auch die inhaltliche Weiterentwicklung unserer Schulkampfperspektive. Sie trat durch die theoretische Unterstützung der Zellen-Diskussio-nen sozusagen aus ihrer antiautoritären Phase heraus und wurde in den Zusammenhang der Linken und schließlich des Klassenkampfes eingeordnet.

Am greifbarsten wurde diese Transformation unserer Vorstellungen in der Auseinandersetzung mit einigen revolutionären Theoretikern des Schulkampfes. Im Übergangsstadium . der antiautoritären Bewegung zur sozialistischen griffen wir auf die sozialistischen Traditionen zurück, um uns einmal der Herkunft unserer Konzeption zu versichern, aber zum anderen auch und vor allem Anregungen für die Gestaltung der Praxis zu holen. In diesem Sinne organisierten wir Schulungstreffen, in denen wir die Strategien Hoernles und deren Übertragbarkeit auf die gegenwärtigen Produktionsverhältnisse und Schulungsverhältnisse diskutierten.

Im Laufe der Arbeit und theoretischen Schulung wurde uns klar, daß die von uns vorgenommene Rekrutierung von Schülern aus mancherlei Gründen nicht der 1. Schritt zur Realisierung unserer Ziele war, sondern viel eher deren Gegenteil. Wenn wir die Absicht verfolgten, mit den Schülern des Ladens als eine Art hartem Kern in der Schulklasse wirksam zu werden, konnte es für den Erfolg unserer Arbeit nicht unwichtig sein, welche Lehrer die Schüler unterrichteten, besonders welche Klassenlehrer zu den beiden ersten Klassen gehörten, aus denen wir die Schüler rekrutiert hatten. In einem Falle konnte die Klassenlehrerin als liberal bezeichnet werden, im anderen Falle als autoritär. Die Möglichkeiten, in der Klasse der autoritären Lehrerin unsere Ziele zu verwirklichen mußten wir unsere Theorie entsprechend größer einschätzen als die der Parallelklasse. Dennoch wähl- . ten wir zu Anfang Schüler nur aus der Klasse der liberalen Lehrerin, da sich mit der anderen nur sehr schwer Kontakte anknüpfen ließen. Erst später gelang es uns auch aus jener Klasse Schüler zu uns in den Laden zu holen. Wegen dieser Unstimmigkeiten von Zielen und Rekrutierungsverfahren in der Frage der Lehrer waren also die Voraussetzungen für einen SK von Anfang an nicht gerade günstig.

Hinzu kamen dann in 2. Linie Probleme der Auswahl der Schüler. Das Image, das wir in einer Elternversammlung und bei den Lehrern von unserem Laden verbreitet hatten, war das eines kompensatorischen Projektes ohne politische Zwecke. Die dadurch geweckten Erwartungen bestimmten weitgehend die durch die Klassenlehrerin gelenkte Auswahl der Kinder für unseren Laden, d.h. wir bekamen in der Regel Schüler die zum unteren Leistungsdrittel ihrer Klasse gehörten. Bedenkt man, daß die Herrschaftsstruktur einer Klasse auch durch Leistungen bestimmt wird, hatten wir also in unserem Laden Schüler, die von vorn herein keine entscheidenden Positionen in ihren Klassen innehatten, von denen her sie unsere Vorstellungen sich zu eigen hätten machen können. Es waren Schüler, die sich zu exponieren nicht trauen durften, da sie ja bereits zu den schlechten gehörten und sich nicht noch zusätzlich Aufmüpfigkeit gestatten durften, wollten sie nicht von den Repres-sionen der Lehrerin getroffen werden.

Die Schüler, die wir schließlich nach längeren Rekrutierungsprozessen und einigen Fluktuationen im Laden beisammen hatten, und die wir, wie gesagt, nicht in den von uns gewünschten Bahnen lenken konnten, waren überhaupt nicht dazu motiviert, sich auch außerhalb der Schule- für die Schule zu interessieren. Vielmehr brachten sie die Erwartung mit, der Schule jedenfalls bei uns den Rücken zukehren zu können und ungehemmt toben zu dürfen. Es schien, als sei die Schule bereits in den ersten Wochen ihres Schülerseins so negativ besetzt worden, daß sie unseren Laden nur als totale Antithese brauchten und dementsprechend handelten. So brachten beispielsweise immer nur wenige Kinder ihre Schulsachen mit, obgleich wir zu Anfang unserer Arbeit auf die regelmäßige Erledigung der Schularbeiten achteten. Schließlich hörte das ganz auf: die Schüler erledigten ihre Hausaufgaben zu Hause und kamen nur noch zum Spielen in den Laden. Einerseits befreite uns diese Entwicklung von Kompensationsaufgaben; andererseits rückte dadurch die Schule und damit die Perspektive Schulkampf gänzlich außerhalb des Horizontes unserer Ladenarbeit. Die Zwiespältigkeit unserer Reaktion auf diese Entwicklung wurde noch dadurch verstärkt, daß wir einerseits alle von didaktischen und pädagogischen Problemen der 1. Klasse keine Ahnung hatten (Lese- und Schreiblehrgang usw.) und froh waren, von der Aufgabenbetreuung befreit zu sein, andererseits aber überhaupt nicht wußten, was die Schüler lernten und wo man vielleicht hätte anknüpfen können.

Bei fast allen Anstrengungen, die wir machten, Schulprobleme im Laden aufzugreifen und den SK vom Laden aus vorzubereiten, bekamen wir den Widerstand zu spüren. Unser 1. Projekt "Revolutionäre Heimatkunde", eine Idee, die auf Hoernle zurückgeht, verlief im Sande. Es war beabsichtigt, durch Sozialexkursionen und Spiele ein Gegenbild zu den in der Schule verschleierten Unterschieden von arm und reich in Westberlin zu entwickeln. Was wir von diesem Plan in die Tat umsetzen konnten — freilich nicht viel und auch dies wenige nur sehr unsystematisch — interessierte die Kinder nicht. Auch später begonnene Projekte, die inhaltlich ähnlich angelegt waren, insofern sie gleichfalls Gegenbilder zu bestimmten in der Schule dominierenden Wertvorstellungen und Inhalten erzeugen sollten (z.B. Kernfamilie — Wohngemeinschaft), blieben in Ansätzen stecken. Ebenfalls verstanden die Kinder die zudem noch schlechten antiautoritären Kinderbücher nicht. Bei gelegentlichem Theaterspiel mit dem Thema "Schule" oder "Der doofe Lehrer" usw. gefiel den Schülern die Rolle des Paukers mehr als die in der Masse von uns als stark gepriesenen Schüler.

Mehr Erfolg hatte eine Geschichte über autoritäres Lehrerverhalten, die die Schüler zur Verbalisierung ihres Widerstandes aufrufen sollte. Zwar war in Ansätzen der Impuls zum Widerstand da, aber eben nur verbal. Ob wir damit der tatsächlichen Aktualisierung eines solchen defensiven Verhaltens schon näher gekommen waren, ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich nicht, denn die Wahrnehmung unseres Ladens durch die Kinder hob ihn aus ihrem Erfahrungsbereich heraus und machte ihn gerade zu dem, was wir verhindern wollten: zum Freiraum, in dem nicht für die Schule und den Schulkampf gelernt wird.

Über die Kontinuität des Verhaltens der Kinder, daß sie außerhalb des Ladens realisieren, etwa zu Hause, auf der Straße, vermöchten wir überhaupt kaum etwas zu sagen. Vereinzelt konnte beobachtet werden, daß die Kinder zu Widerstandshandlungen gegenüber Autoritätspersonen nur dann bereit und in der Lage waren, wenn sie sich von den Betreuern "beschützt" fühlen. Z.B. kümmerten sie sich kaum um die Nachbarn, die sich über den Lärm beklagten, weil sie wußten, daß wir sie unterstützten. Waren sie dagegen allein auf dem Spielplatz und bekamen Ärger mit einem Polizisten, so befolgten sie schnell und angstvoll dessen Anweisungen.

Ins gleiche Wahrnehmungsmuster muß für die Kinder auch die Radauzeitung gefallen sein. Sie begriffen ihre agitatorische Bedeutung nicht in Bezug auf ihre eigene Schule und ihre Lehrerin, sondern solidarisierten sich mit Schülern anderer Schulen und anderer doofer Lehrer von der Position des Nichtbetroffenen, obgleich sie selber etwas zur Zeitung beizutragen gehabt hätten, was dann auch später geschah.

In unserer Konzeption von Schulkampf sollten die Schüler als deren Träger und Realisatoren füngieren, wir selbst jedoch und die SAZ-Genossen nur als Initiatoren und Vermittler der Konzeption. Tatsächlich kehrte sich aber im Laufe der Zeit das Verhältnis um: an und von den Schülern erfuhren wir einiges über die Schule, was uns dann zu Gegenreaktionen veranlaßte, die nicht mehr über die Schüler vermittelt waren, sondern direkt von uns in die Schule hineingetragen wurden. Wir hatten wohl schon zu Anfang auf eine solche direkte Wirkung gehofft und darum häufiger in der Schule hospitiert, um durch unser Erscheinen in der Schule die Lehrerinnen zu verunsichern und die Schüler zu bestärken. Aber spürbar wurde diese Wirkung erst, als ein Genösse des Ladens nach seinem Examen vorübergehend an der Schule Lehrer wurde. Durch ihn gelangte eine Radau-Zeitung in die Hände des Kollegiums, in der das autoritäre Verhalten der einen Klassenlehrerin von unseren Schülern angeprangert wurde. Die Lektüre dieser wenigen harmlosen Zeilen warf die Betroffene um, reichte hin, sie einige Wochen krank schreiben zu lassen und brachte die Idee in Umlauf, eine 'Verleumdungsklage gegen die Herausgeber der Zeitung zu erheben. Die Schüler selbst erfuhren die Auswirkungen dieses Konflikts nur in Form einer persönlichen Befragung durch die Rektorin, d.h. sie erfuhren sie als Objekt, nicht als Subjekt des Schulkampfes, wodurch sie hätten lernen können.

Ausgehend von diesen Erfahrungen mit der Perspektive Schulkampf in den 1. Klassen der Kurt-Held-Grundschule ist zu fragen, was wir als prinzipielle Einwände gegen den SK auf dieser Klassenstufe betrachten und worin unsere eigenen Fehler bei der Verwirklichung der Perspektive gesehen werden müssen.

Solange wir uns an der Perspektive SK orientiert haben, bedurfte es weniger einzelner spektakulärer Anlässe, wie des gerade geschilderten, um die Frage nach dem Sinn zu stellen, sondern schon das Ausbleiben solcher Ergebnisse, das gleichmäßige, in der Schule unveränderte Verhalten unserer Schüler provozierte ständig die Frage nach dem Erfolg. Dadurch aber, daß die Frage ständig latent im Räume war, wurde verhindert, daß wir zu bestimmten strategisch entscheidenden Momenten in der Entwicklung unserer Arbeit organisatorische Konsequenzen aus unseren selbstkritischen Überlegungen zogen. Wir kritisierten, aber die Arbeit lief eigentlich unverändert unter der nichtrevidierten und nichtpräzisierten Perspektive SK weiter.

Diese eigenartige konsequenzlose Struktur unseres Verhältnisses von Theorie und Praxis deutete sich bereits in der Phase der Hoernle-Rezeption an. Obgleich wir den Grundgedanken Hoernles problematisch fanden, daß SK sozusagen die altersspezifische Form des Klassenkampfes sei, zogen wir doch nicht den Schluß, nach einer anderen Begründung für unsere Perspektive zu suchen. Genau genommen war unser Fehler, da wir zur Begründung unserer Arbeit keine materialistische Analyse der Schule im Spätkapitalismus machten, sondern an deren Stelle eine mehr oder weniger explizite Berufung auf die sozialistische Tradition setzen. Dadurch, daß wir an so entscheidender Stelle auf Hoernle und seine Vorstellungen vom Schulkampf zurückgriffen, in der die Schule hauptsächlich als Ideologiefabrik verstanden wird, verdrängten wir den Aspekt, daß die Schule ein Produktionsfaktor ist, d.h. daß während der Schulzeit das Arbeiterkind seine notwendige Existenzvoraussetzung produziert, die Ware Arbeitskraft. Die Tendenz unserer Konzeption war darum überwiegend defensiv, so daß wir die Notwendigkeit von Wissen im Klassenkampf verkannten, das durch die Schule erzeugt oder zumindest potentiell vorbereitet wird und aus einem Herrschaftswissen in subversives Wissen verwandelt werden kann.

Die defensive Vorstellung von SK spiegelt sich getreu wieder in einem Fragebogen, den wir zu selbstkritischen Zwecken entworfen hatten, Als sich der Bruch zwischen der SK-Theorie und der Praxis unseres Ladens nicht mehr länger verdrängen ließ, versuchten wir, die Wirksamkeit und Möglichkeiten des SK empirisch zu überprüfen. SK wurde in dem Fragebogen bestimmt als ein Zusammenhang von Aktionen der Schüler zur Leistungs- und Normenverweigerung. Durch gezielte Gegeninhalte und Aufklärung über die Praktiken autoritären Unterrichts sollte die kollektive Verweigerung in den nachmittäglichen Arbeitsstunden der SAZ Genossen vorbereitet werden.

Es gelang uns nicht, den Angelpunkt der SK-Perspektive "Konflikt" zu problematisieren, d.h. die Schulkonflikte von Grundschülern in einem Zusammenhang mit dem Kampf des Proletariats zu bestimmen. Eine notwendige Trennung zwischen Konflikten speziellerer Art, die auf eine Schule beschränkt sein müssen und exemplarischen Konflikten von Arbeiterkindern an Grundschulen wurde nicht gemacht. Indem wir es versäumten, Konflikte von klassenspezifischer Bedeutung für Grundschüler von Konflikten speziellerer Art zu unterscheiden, betrieben wir unbewußt eine Art Fetischismus von Schulkonflikten als Vehikel des Schulkampfes. Nur in der Frage des kompensatorischen Unterrichts waren Ansätze zu einer differenzierteren Einschätzung der Schule und ihrer Brauchbarkeit im Klassenkampf vorhanden. Die Alternative: entweder kompensatorische Erziehung oder aber antikapitalistische Linie wurde wegen des pauschalen Alles oder Nichts, das sie enthält, zurückgewiesen. An dieser Stelle operierten wir immerhin — aber wieder theorielos — mit der Nützlichkeit schulischen Wissens und der in entsprechender Weise anzusetzenden und auf exemplarische Konflikte zu konzentrierenden Revolte gegen Lehrer und bürgerliche Werte.

Daß wir uns das aber nie richtig zu Bewußtsein brachten, ließ unseren Laden letzten Endes scheitern.

Editorische Anmerkungen:

Leseauszug aus: SCHÜLERLADENBERICHT Falckensteinstr. Kreuzberg
Praktische Erfahrungen über die Möglichkeiten und Grenzen politischer Arbeit mit Arbeiterkindern, in der Einleitung des Berichts heißt es:

Der folgende Bericht dokumentiert die wichtigsten Erfahrungen aus der Schülerladenpraxis mit Arbeiterkindern im Grundschulalter in Berlin-Kreuzberg.

Unsere Gruppe bestand von Anfang 69 bis Mitte 70; der Bericht wurde im Anschluß an unsere Praxis im Herbst 70 fertiggestellt. Einige im Bericht zu findenden Widersprüche und Überschneidungen gehen auf Kosten der unter Zeitdruck verlaufenden Diskussion; sie zu beseitigen lohnte uns nicht der Aufwand. Andere Widersprüchlichkeiten und Divergenzen sind Ausdruck der Konflikte und Schwierigkeiten unserer Arbeit; sie zu beseitigen, hieße den Bericht verfälschen.

Die an der Schülerladenarbeit beteiligten Genossen arbeiten heute in verschiedenen organisatorischen Zusammenhängen; die Perspektive der Arbeit im Sozialisationsbereich, wie sie im Bericht zum Ausdruck kommt, wird von uns heute nicht mehr vertreten. Mit einer Veröffentlichung verfolgen wir auch nicht das Ziel, die Diskussionen über eine Strategie für den Ausbildungssektor im Sinne einer bestimmten politischen Linie voranzutreiben. Eine Publikation unserer Erfahrungen scheint uns jedoch insofern gerechtfertigt als der Charakter der bisherigen Schülerladendiskussion als auch Auseinandersetzungen über andere Projekte im Ausbildungssektor fast durchweg von theoretischen Manifesten und programmatischen Praxisberichten bestimmt waren, ohne daß die legitime Erwartung erfüllt wurde, sich ein Bild von den praktischen Vorgängen, den auftretenden Schwierigkeiten, Fehlern, aber auch vorläufigen Erfolgen, machen zu können.

Geben wir in unserem Bericht auch keine Antwort auf die Frage der Kinder- und Jugendorganisation oder des Verhältnisses von Schülerladenpraxis zur Stadtteilarbeit, so sollte doch deutlich werden, daß zum gegenwärtigen Stand der Klassenkämpfe Versuche der Schülerladenarbeit einen notwendig begrenzten und vorläufigen Charakter haben.


Entnommen: "Erziehung und Klassenkampf", Zeitschrift für marxistische Pädagogik, Nr. 2, 1971, Ffm 1971, S. 90ff

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