Das Philosophische Wörterbuch  BAND 2

hrg. von Georg Klaus & Manfred Buhr

05/10

trend
onlinezeitung

objektiv [lat] - unabhängig vom einzelnen Subjekt und seinem Bewußtsein. Ggs: subjektiv.
 

 

In der marxistischen Philosophie tritt der Begriff «objektiv» in zwei verschiedenen Bedeutungen auf. 1. Objektive Existenz bedeutet, daß der be­treffende Gegenstand oder die Erscheinung unab­hängig vom einzelnen Subjekt und dessen Bewußtsein existiert. In diesem Sinne haben z. B. die Naturgesetze oder die ökonomischen Verhält­nisse einer bestimmten Gesellschaftsformation objektive Existenz. 2. Im Zusammenhang mit der menschlichen Erkenntnis sprechen wir von ihrem objektiven Inhalt und Charakter, von ihrer Objektivität.

 

Die Objektivität der Erkenntnis besteht darin, daß das Subjekt die objektive Reali­tät adäquat widerspiegelt, daß die Erkenntnis mit dem Objekt übereinstimmt. «Objektiv» ist nicht identisch mit «materiell». Materiell ist alles, was unabhängig und außerhalb des Bewußtseins schlechthin existiert, im Gegen­satz zum Ideellen, welches nur im und durch das Bewußtsein existiert. Objektiv hingegen ist alles, was unabhängig vom Bewußtsein des einzelnen Subjekts existiert. Formen des gesellschaftlichen Bewußtseins, wie die Wissenschaft, Religion usw. existieren demzufolge zwar objektiv, da sie un­abhängig vom individuellen Bewußtsein sind, haben aber zugleich als Formen des Bewußtseins ideellen und nicht materiellen Charakter. «Objektiv» ist auch nicht identisch mit «real». Der Inhalt des Begriffs «real» ist weiter als der des Begriffs «objektiv». Real existiert nicht nur das Objektive, das unabhängig vom individuellen Bewußtsein ist, sondern auch das individuelle, sub­jektive Bewußtsein selbst. Reales kann sowohl materiell als auch ideell, sowohl objektiv als auch subjektiv sein. Aus dem Inhalt der Begriffe «objektiv» und «real» ergibt sich als Bestimmung des Objektiv-Realen, soweit es unabhängig und außerhalb jeglichen Bewußtseins existiert, der Begriff des Materiellen.

Editorische Anmerkungen

Der Text wurde entnommen aus:

Buhr, Manfred, Klaus, Georg
Philosophisches Wörterbuch Band 2, Berlin 1970, S.802
OCR-Scan red. trend