Betrieb & Gewerkschaft

Gewerkschaftsrechte europaweit in Gefahr

von Peter Nowak

05/11

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In verschiedenen europäischen Ländern nehmen die Angriffe auf das Streikrecht zu. Das ist das Fazit eines vom und dem Arbeitskreis Internationalismus der IG Metall Berlin organisierten Austausch von Gewerkschaftsaktivisten aus Spanien, Polen und Frankreich am vergangenen Wochenende in Berlin.

So wurden im letzten Jahr über 400 Mitgliedern der andalusischen Regionalgewerkschaft SAT, die sich als antikapitalistische Klassenorganisation versteht und Distanz zu allen Parteien hält, wegen der Beteiligung an Arbeitskämpfe verurteilt. Wegen zahlreicher Geldstrafen, die Gerichte wegen Streikaktionen verhängt haben, ist die SAT hochverschuldet und kann sich nur noch ehrenamtliche Mitarbeiter leisten. In den Medien wird die Gewerkschaft als extremistisch und Gefahr für die Wirtschaft bezeichnet. Die großen spanischen Gewerkschaftsverbände UGT und CCOO haben durch ihren Marsch in die Mitte viel an Glaubwürdigkeit eingebüßt, berichtete Antonio Doktor, der die exkommunistische CCOO nach langjähriger Mitgliedschaft verlassen hat. Sie hat sich den in Spanien herrschenden politischen Diskurs angepasst, redet nicht mehr vom Kapitalismus dafür aber von Arbeitsplätzen um jeden Preis “, kritisiert Dokter. Wie Kämpferische Gewerkschaften ausgegrenzt werden zeigte sich vor einigen Monaten auch bei der italienischen Metallarbeitergewerkschaft FIOM. Weil sie keine Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen akzeptierte, wurde die FIOM aus den neuen Verträgen ausgeschlossen und soll ihren Einfluss im Betrieb verlieren. Die Gewerkschafter wollen sich allerdings dem Unternehmerdiktat widersetzten und haben eine Klage gegen Fiat angekündigt.

In Frankreich sind vor allem die Aktivisten der Sud-Rail seit Jahren im Visier von Regierung und konservativen Medien. Sie werden beschuldigt, mit ihren Arbeitskämpfen dass Millionen Menschen an der Fahrt zur Arbeit zu hindern und damit die Wirtschaft des Landes zu gefährden. Damit sollen Aktionen, die in Frankreich traditionell Teil des Arbeitskampfes waren, kriminalisiert werden. In Spanien hat es die sozialdemokratische Regierung im Dezember 2010 nicht bei Worten belassen, als sie den Streik der Fluglotsen vom Militär beenden ließ. Wenn der Tourismus eingeschränkt wird, endet das Streikrecht. Damit aber werden den Beschäftigten wichtige Kampf- und Druckmittel genommen. Zudem erschweren der ständige Arbeitsplatzwechsel und der Konflikt zwischen Festangestellten und Leiharbeitern eine aktive Interessenvertretung, beschrieb Piotr Krzyzaniak die Probleme kämpferischer Gewerkschaften in Polen. Seine Organisation ist nicht Mitglied in einem der drei großen Gewerkschaftsbünde und daher großen Angriffen ausgesetzt. Die werden zunehmen, wenn demnächst die Arbeitskämpfe im Bergbau beginnen.

In Berlin wurden länderübergreifende Solidaritätsaktionen von Basisgewerkschaften angeregt, falls die Gewerkschaftsrechte in einem Land angegriffen werden. Im letzten Jahr konnte in Deutschland die anarchosyndikalistische FAU durch länderübergreifende Solidarität verhindern, dass ihr der Gewerkschaftsstatus juristisch aberkannt wurde Neue Einschränkungen des Streikrecht drohen durch eine von DGB und BDA gemeinsam unterstützte Initiative zur Tarifeinheit. Die Ergebnisse des Berliner Treffens sollen in verschiedene Sprachen übersetzt und über Internet verbreitet werden. Die Veranstaltung war nur mäßig besucht, obwohl in Zeiten der europäischen Kooperation auf Wirtschaftsebene die Notwendigkeit der Koordination von Basisgewerkschaften immer wieder betont wird.
 

Editorische Anmerkungen

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