Bernard Schmid berichtet aus Frankreich

LYON
Der ,Marsch der Schweine' des Bloc identaire

05/11

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Selten trug eine rechtsextreme Demonstration ihren Titel derart treffend. Einen « Marsch der Schweine » wollte die Aktivistengruppierung Bloc identitaire ursprünglich am Samstag, den 14. Mai 11 in Lyon veranstalten. Der Name war als Ausdruck der Abgrenzung und Ablehnung von Halal-Speisenangebot (d.h. moslemischen Speisevorschriften, die den jüdischen Koscher-Geboten entfernt ähneln, genügendem Essen) in der Stadt gedacht. Doch der Präfekt - juristische Vertreter des Zentralstaats im Département von Lyon - hatte den Aufmarsch verboten.

Drei Tage vor Stattfinden wurde er dann doch noch, unter dem veränderten Titel ,Marsch der Freiheit', behördlich erlaubt und sollte sich nunmehr sowohl gegen die « Islamisierung Frankreichs » als auch gegen behördliche Verbote rassistischer Manifestationen richten. 

Rund 500 Personen laut Presseschätzungen  (doch 400 laut ,Libération’) - der Bloc identitaire selbst spricht in eigenen Presseaussendungen vom Sonntag von « gut 600 » - nahmen daran letztlich teil. Eine Gegendemonstration von Antifaschist/inn/en und Linken, die ebenfalls seit längerem geplant war, zog circa 800 bis 1.000 Menschen an. Beim Bloc identitaire sprachen unter anderem dessen Chef Fabrice Robert und der « identitäre Präsidentschaftskandidat » für die Wahl im April/Mai 2012, der 25- oder inzwischen 26jährige Arnaud Gouillon. Aber auch Tommy Robinson, Chef der rechtsradikalen britischen und zuvörderst anti-moslemischen Hooligan-Politgruppe English Defence League, hielt als « Überraschungsgast » eine Ansprache. Unter Nachäffung des Slogans bei antirassistischen Protesten (« Ob erste, ob zweite, ob dritte Generation: Wir sind alle Einwandererkinder ») riefen die rechtsextremen Demonstranten unter anderem die Parole: « Ob erste, ob zweite, ob dritte Generation, wir sind alle Schweine(fr)esser! » 

Im Anschluss an die Demonstration kam es zu « Zwischenfällen » (laut Formulierung der bürgerlichen Presse), auch wenn die befürchteten Reibereien zwischen « Identitären » und antifaschistischen Gegendemonstranten ausblieben. Ein Kebab in der Lyoner Innenstadt, der einzige in der höchst touristischen Rue Saint-Jean liegende, wurde stattdessen demoliert. Vier Personen wurden daraufhin als Tatverdächtige festgenommen, ,Libération’ spricht hingegen von ingesamt sechs in Polizeigewahrsam Genommenen. Insgesamt 60 bis 80 Teilnehmer des Aufmarsches wurden Personalienkontrollen unterzogen. Am späteren Abend griffen Skinheads, die auch zu der Demonstration anwesend waren, Gäste einer Kneipe im Lyoner Alternativviertel Croix-Rousse an.

Editorische Hinweise

Den Text erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.