Ein paar
tausend junge Tunesier flohen aus dem Polizeistaat, den der
tunesische Ex-Präsident Zine el-Abidine BEN ALI (1987 - 2011)
auf- und ausgebaut hat, sobald mit den - unvollendeten -
politischen Umbrüchen zu Anfang des Jahres die erste Öffnung
da war. Ähnlich wie viele DDR-Bürger/innen nach der
Maueröffnung im November 1989, wollten sie erst einmal von
ihrer neu gewonnenen Reisefreiheit Gebrauch machen. Unter
Präsident Ben Ali konnte man im Gefängnis landen, sofern man
über ,illegale Ausreise' auch nur diskutierte und dies in
falsche Ohren geriet, oder gar eine ,illegale Ausreise' zu
organisieren versuchte. Wie andere Diktaturen in Nordafrika
auch, spielte - und spielt nach wie vor, trotz Flucht des
früheren Präsidenten - der tunesische Polizeistaat den
Gendarmen für die Europäische Union gegen dort unerwünschte
Zuwanderung. Doch
für viele unter ihnen endete der Auswanderungsversuch (den
viele von ihnen als vorläufig betrachteten) an der
italienisch-französischen Grenze. Andere übernachteten mitten
in Paris, völlig mittellos, unter freiem Himmel. Dritte
landeten soeben im französischen Polizeigewahrsam und folglich
in Abschiebehaft.
„Du! Ab nach
hinten!“ schreit mich ein behelmter Beamter der
Bereitschaftspolizei CRS an und schwingt drohend vor mir mit dem
Knüppel. Im Eingangsbereich eines Hauses, das – nachdem es von
als „illegal“ dargestellten Einwanderer besetzt war - soeben von
200 bis 300 CRS-Beamten gestürmt wird, steht es sich nicht
besonders gut. Auch riecht es nach Tränengas. Mit dröhnendem
Lärm schlagen die Bereitschaftspolizisten mit den Knüppeln auf
ihre Schilder und jagen die Treppen zu den zwei oberen Etagen
hoch.
Zusammen mit mehreren Dutzend Personen werde ich in einen engen
Gang im hinteren Teil des Erdgeschosses gedrückt. Es wird auf
Französisch und, vor allem, in tunesischem Arabisch diskutiert.
Bei einigen der Anwesenden kommt Panik auf, ein junger Tunesier
hält sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Hinterkopf, er hat
einen Knüppelhieb abbekommen. Auf einmal kommen Polizisten auch
von der anderen Seite des Ganges durch eine Hintertür, die
bislang verschlossen geblieben war. Eine Hintertreppe führt
dorthin. Die mehrheitlich aus Tunesiern bestehende Gruppe
versucht sich zu beruhigen. Ein paar junge Leute rufen auf
Arabisch „Gott ist größer“. Andere stimmen den Refrain der
tunesischen Nationalhyme, Humat al-Hima, an: „Namutu, namutu wa
nah-ya ala adhiha“. Also, „wir leben und sterben für diesen
Eid.“
Ein älterer Beamter, der offenbar den Einsatzleiter gibt,
fordert uns alle auf, keinen Widerstand zu leisten, „dann
verläuft auch alles gut“. Wir sollten uns „nicht unnötig
verletzen“. Er versucht, eher beruhigend zu wirken, aber einige
seiner Leute wirken hochgradig nervös. Einer beruft sich darauf,
zwei Tage zuvor sei am selben Ort eine Bierdose von jungen
Anarchisten auf ihn geworfen worden. Einzelne, die auf den
beiden Toiletten am Gang Wasser trinken oder ihr Geschäft
verrichten, werden herausgezerrt. Eine dritte Toilette ist
verschlossen. Unter hohem Gewalteinsatz, und nach mehreren
vergeblichen Versuchen, brechen die Polizisten die Tür in
Stücke. Es stellt sich heraus, dass die Toilette entgegen ihren
Vermutungen unbesetzt war und sich niemand eingeschlossen hatte.
Ein CRS-Polizist fragt einen französischen Aktivisten: „Was ist
ihre Rolle bei den Tunesiern? Linker Aktivist, was?“ Als der
Angesprochene nicht antwortet, bekommt er zu hören: „Die werden
schon reden, wir behalten sie über Nacht.“
Dann werden wir durchgezählt und in einer Linie im Gang
aufgestellt. Der vordere Raum hat sich inzwischen geleert, die
Menschen vor uns wurden offenbar schon abtransportiert. Draußen
stehen mehrere Polizeibusse abfahrbereit. Einem nach dem anderen
werden uns die Hände auf den Rücken gelegt und weiße
Plastikfesseln angelegt. Die Rucksäcke werden geleert und
persönliche Gegenstände, etwa meine Wasserflasche und die
Zeitungen vom Tage, landen in einem Müllsack. Dann geht es in
den Polizeibus. Wir sind die letzte Gruppe. Insgesamt, so
erfahre ich später, sind wir 138 Personen. Alle Festgenommenen
werden auf vier Polizeiwachen im 11., 18., 19. und 20. Bezirk
verteilt.
Meine Gruppe kommt eine halbe Stunden später im Untergeschoss
der Hauptwache des 18. Bezirks an und werden in der
Garageneinfahrt in einer Linie aufgestellt. Dort ist man
offenkundig gar nicht vorbereitet. Der Empfang ist wesentlich
ziviler als bei er prügelnden Truppe von vorher. Wir sind etwa
35 Personen, die Hände immer noch auf dem Rücken gefesselt. Eine
offenbar karibikfranzösische Polizistin sagt zu ihrem Kollegen:
„Sag’ mir, dass wir in einem Film sind!“ Die Umgangsformen
werden eingehalten, bonjour und „bitte“. Dann werden wir
vorübergehend in Zellen gesteckt. Mein unfreiwilliger Nachbar
ist ein Rentner, der der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft
CNT angehört. Später kommen noch einige jüngere Autonome zu uns.
An uns wird eine Personalienfeststellung vorgenommen, und wir
werden gefragt: „Was wollten Sie in dem (besetzten) Haus?“ Wir
werden belehrt, dass wir der „Beihilfe zu illegalem Aufenthalt“
sowie „zur Sachbeschädigung“ - durch widerrechtliches Aufbrechen
einer Eingangstür – beschuldigt werden. Wer seine Identität
angibt oder bei wem sie aus einem mitgeführten Dokument
entnommen werden kann, wird nach etwa zwei Stunden aus dem
Polizeigewahrsam entlassen. So auch ich. Lediglich ein junger
Franzose, der sich hartnäckig weigert, seine persönlichen
Angaben herauszurücken, wird über 30 Stunden dort bleiben.
Anders dagegen ergeht es den etwa 30 Tunesiern, die bei uns
waren. Sie werden am folgenden Tag auf andere
Polizeikommissariate verteilt und im Anschluss in
Abschiebehaftanstalten gebracht.
Dort werden sie die vom Gesetz derzeit erlaubten, maximal 32
Tage – ein neues Gesetz wird dies Höchstdauer in Bälde auf 45
Tage anheben – verbleiben. Eine linke tunesische Aktivistin
meint jedoch, jene unter ihnen, die keinen Pass bei sich hätten,
würden einer Abschiebung dennoch vermutlich entgehen. Aufgrund
der politischen Umwälzungen in den Tunesien sei die Lage in den
Konsulaten, wo viele Parteigänger des früheren Präsidenten Zine
el-Abidine Ben Ali entlassen oder ausgetauscht werden musste,
derzeit reichlich unübersichtlich. Voraussichtlich würden
deswegen den französischen Behörden die „diplomatischen
Passierscheine“ nicht rechtzeitig ausgestellt, welche sie
benötigen, um eine Person ohne gültigen Pass dennoch in ein
bestimmtes Land abschieben zu können.
Mehrere hundert Tunesier waren seit der vorletzten Woche in
Paris eingetroffen. Insgesamt sind seit den jüngsten Umbrüchen
in Nordafrika rund 25.000 ihrer Landsleute nach Italien
gekommen, weil der erhebliche polizeiliche Verfolgungsdruck, der
zuvor auf „illegalen Auswanderungskandidaten“ lastete – der
Versuch zu außergesetzlicher Migration konnte unter Ben Ali im
Gefängnis enden - nach der Revolution zeitweilig nachgelassen
hatte. Insgesamt 3.500 von ihnen soll nach Frankreich gelangt
sein. Ein Teil von ihnen mit den sechsmonatigen
Schengen-Aufenthaltstitel, die die Berlusconi-Regierung ihnen in
Italien ausstellte, andere auf verschiedenen Wegen. Im
Grenzgebiet zwischen Nizza und Ventimiglio sitzen gleichzeitig
mehrere hundert Tunesier fest, weil Frankreich die Freizügigkeit
an den Binnengrenzen innerhalb der EU – die durch
Schengen-Abkommen theoretisch gewährt wird – vorübergehend
ausgesetzt hat. 100 junge Tunesier sind seit vorletzter Woche
deswegen in Ventimiglio im Hungerstreik.
Zwischen 200 und 500 tunesische Neuzuwanderer versammelten sich
seit der letzten Aprilwoche im Parc de la Villette, dem
futuristisch gestalteten Ausflug- und Ausstellungspark im
Pariser Nordosten. Viele von ihnen schliefen dort unter freiem
Himmel, oder wachten, weil sie aus Angst vor der Polizei nicht
schlafen konnten und froren. Spontan organisierte sich die
Solidarität, von manchen Anwohnern, auch von vielen tunesischen
Einwandererfamilien aus den an den Park angrenzenden Städten
Paris und Pantin. Die Wohltätigkeitsvereinigung „Eine Chorba für
alle“ - Chorba ist ein nordafrikanisches Suppengericht – brachte
Essen vorbei, tunesische Familien veranstalteten am letzten
Aprilwochenende ein Riesen-Kuskusessen.
Doch die Situation der Migranten blieb sehr prekär. An einem der
letzten Abende verhaftete die Polizei während der Armenspeisung
durch „Eine Chorba für alle“ 80 von ihnen auf einen Fleck.
Gnädigerweise ließen die Beamten, nachdem sie gezielt während
der Essensausgabe aufgetaucht waren, die Leute ihren Teller noch
auslöffeln, wie in den Medien extra betont wurde. Die
Haftprüfungsrichter, denen die Tunesier an den folgenden Tagen
vorgeführt wurden, um ihre Überstellung in Abschiebehaft zu
prüfen, fanden die Bedingungen der Massenfestnahme allerdings
sehr wenig grundrechtskonform. Sie sorgten dafür, dass alle
festgenommenen Tunesier wieder freigelassen wurden.
Unter ähnlichen Umständen wurden auch in Marseille rund 100
Personen auf einmal festgenommen, aber am übernächsten Tag durch
die Richter sämtlich wieder auf freien Fuß gesetzt. Es genügte,
dass die Tunesier ihnen erklärten, dass sie die
Rechtsmittelbelehrung auf Französisch – das tatsächlich wenige
unter den Neuabkömmlingen sprechen – nicht verstanden, und auch
nicht jene auf Schriftarabisch, weil sie nur Dialektarabisch
verstünden. Zwar beherrschen alle Tunesier Schriftarabisch,
sofern sie nur eine Schule besucht haben, aber da die Richter
ohnehin kein Arabisch lesen können, drückten sie beide Augen zu.
Die Massenfestnahmen, die oft gezielt nach Aussehen vorgenommen
wurden, schockierten vom Prinzip her viele unter den Juristen.
Unterdessen spielen Frankreich, Belgien und Italien miteinander
„Ping-pong“ mit den Migranten, wie diese es ausdrücken,
hinzufügend, dass sie genug davon hätten, „als Spielball
zwischen den Staaten zu dienen“. – Am gestrigen Donnerstag, den
12. 05. 11 einigten die Regierungen sich auf EU-Ebene darüber,
die Wiedereinführung von nationalen Grenzkontrollen an den
Binnengrenzen des Schengen-Raums zu „erleichtern“. Zuvor hatte
Dänemark sich angeschickt, infolge einer Vereinbarung der
konservativ-liberalen Regierung mit der rechtsextremen
„Dänischen Volkspartei“ (DFP, die das Regierungslager im
Parlament toleriert und ihm Mehrheiten verschafft),
systematische Kontrollen an den Grenzübergangen nach Deutschland
& Schweden wieder einzuführen. Der gestrige „Kompromiss“ sieht
nun vor, „im Falle massiver Migrationsströme“ die
Wiedereinführung nationaler Grenzkontrollen hinzunehmen, die
freilich ansonsten die Ausnahme bleiben sollen. Ländern wie
Italien und Spanien hatten darauf gedrungen, dass solche
zwischenstaatlichen Kontrollen zumindest theoretisch eine
Ausnahme bleiben sollen, da sie ihrerseits daran interessiert
sind, die über ihre Küsten eingereisten Migranten weiterreisen
zu sehen...
Tunesier werden in den letzten Tagen & Wochen von Valenciennes
in Nordostfrankreich nach Paris oder Marseille zurückgeschickt.
Frankreich hat mehrere Hundert der Migranten nach Italien
zurückgeschickt, was allerdings innerhalb von 48 Stunden durch
die dortigen Behörden akzeptiert werden muss. Ansonsten hat der
französische Staat die Position angenommen, dass den Leuten
schlicht keinerlei Hilfe zu gewähren sei, egal ob sie auf der
Straße schlafen oder an Hunger leiden, und nicht einmal
Notaufnahmen für Obdachlose ihnen helfen dürfen. Auf diese Weise
würden sie sich schon fortekeln lassen, so denkt man
offenkundig. Dies ist mindestens insofern absolut illegal, als
sich auch einzelne Minderjährige unter den neu eingereisten
Tunesiern befinden, die nach internationalen Regeln besonderen
Schutz genießen müssten. Kritiker wie etwa die derzeit aktiv
gewordenen Antirassismusgruppen meinen, die rechte Regierung
fürchte sich offenkundig vor allem davor, dass die Tunesier
einen „revolutionären Virus“ mitbringen, und dass andere Leute
sich an ihnen „anstecken“ könnten.
Durch den harten staatlichen „Empfang“ hat sich jedoch erst
recht Solidarität rund um die Tunesier gebildet, und selbige hat
sich politisiert. Mehrere hundert junge Tunesier nahmen,
gekennzeichnet durch Fahnen ihres Landes, in einem eigenen Block
zwischen internationalistischen und antirassistischen Gruppen an
der diesjährigen 1. Mai-Demonstrationen teil. Am Abend des 1.
Mai besetzten sie dann, unterstützt durch Autonome und
Antirassisten, ein leer stehendes öffentliches Gebäude an der
Avenue Simon Bolivar im 19. Pariser Bezirk. Eben jenes der Stadt
Paris gehörende mehrstöckige Haus, das drei Tage später mit
polizeilicher Brutalität geräumt wurde.
Ein ambivalentes Rollenspiel übt dabei die Pariser
Stadtverwaltung. Bertrand Delanoë, Pariser Bürgermeister einer
rosa-rot-grünen Rathausmehrheit, erklärte den Umgang des Staates
mit den Tunesiern für „skandalös“. Demonstrativ gab das Rathaus
sogar bekannt, 100.000 Euro locker gemacht zu haben, allerdings
überwiegend nicht in Bargeld, sondern an Sachmitteln. Dazu
zählten eine städtische Subvention an die Vereinigung „Eine
Chorba für uns“, um bei der Versorgung der Neuzuwanderer zu
helfen, sowie die Bereitstellung von Übernachtungsplätzen in für
Notfallsituationen bereit stehenden Heimen oder möblierten
Hotels. (Am gestrigen Donnerstag, den 12. Mai 11 wurde
unterdessen bekanntgegeben, dass die Summe verdreifacht – also
auf insgesamt 300.000 Euro angehoben – wird.)
Neben der Tatsache, dass im linkeren Teil der Bevölkerung die
Solidarität mit den Leuten aus dem „Revolutionsland“ Tunesien
durchaus populär sein mag, möche Delanoë sicherlich auch dafür
sorgen, dass er auch in Zukunft noch einen Fuß nach Tunesien
setzen kann. Der Sozialdemokrat ist in dem Land geboren, das
damals unter französischem Protektorat stand, und reiste oft
dort hin. Er muss aber heute seine frühere Kritiklosigkeit
gegenüber dem Regime Ben Alis – die er mit dem überwiegend Teil
der etablierten französischen Politik teilte – vergessen machen.
Auf juristischer Ebene beruft das Pariser Rathaus sich auf das
Argument, dass Frankreich derzeit ja sogar „zu wenig“ Tunesier
aufweise, gemessen an dem, was fas französisch-tunesische
Anwerbeabkommen von 2008 vorsieht. Damals einigten die
französische Regierung und das tunesische Regime unter
Ex-Präsident Ben Ali sich darauf, jährlich 9.000 Tunesier für
spezielle Berufe – in denen auf französischem Boden
Arbeitskräftemangel herrscht – anzuwerben. (Die Kehrseite der
Medaille war, wie bei solchen Abkommen üblich, dass das
tunesische Regime sich verpflichtete, „im Gegenzug“ die in
Frankreich unerwünschten Zuwanderer wieder aufzunehmen.) Statt
9.000 pro Jahr wurden bislang jedoch nur ihrer 2.000 angeworben.
Das Pariser Rathaus schlägt deswegen vor, („wo möglich“) den
jüngst „auf eigene Faust“ – über Lampedusa oder sonst wie –
eingereisten Tunesiern unter Nutzung dieses Abkommens ihren
Aufenthalt zu legalisieren. Nicht dumm, und dennoch restriktiv,
da die Kontingentierung von Migration (nach den Bedürfnissen
Frankreichs) von vornherein mit ins Konzept einfloss.
Gleichzeitig möchte das Pariser Rathaus aber auch die Situation
unter seiner eigenen Kontrolle behalten. So bot es den Tunesiern
von der Avenue Bolivar zwar insgesamt 150 kurzfristige
Übernachtungsplätze an, insisierte aber gleichzeitig darauf,
dass sie das Bauwerk – vorgeblich aus Hygienegründen – unbedingt
sofort räumen müssten. Die Tunesier, die ein Transparent unter
der Aufschrift „Weder Polizei noch Almosen!“ an dem Haus
angebracht hatten, lehnten jedoch ab, da nichts ihnen
garantierte, dass sie nach wenigen Übernachtungen nicht wieder
mit Nichts dastünden. Es war dann das Pariser Rathaus, das die
Bereitschaftspolizei anforderte und die Räumung durchführen
ließ. Dazu bekannte es sich dann auch in einem Pressekommuniqué.
Zu Anfang der Woche sind die Tunesier wieder in einem Saal, den
sie am Wochenende gemeinsam besetzten, eienr Turnhalle im 20.
Bezirk. Doch erneut droht ihnen binnen kurzem eine polizeiliche
Räumung
Doch wie sehen sie ihre Zukunft? Iskander, 23, aus dem
südtunesischen Bengardanne meint: „In Südtunesien gibt es gar
nichts für uns, es gibt keine Arbeit und keine Perspektiven, und
jetzt sind auch noch der Krieg an die Grenze und viele
Flüchtlinge aus Libyen da. Bei uns werden sie aufgenommen, die
Flüchtlinge, anders als in Frankreich! Für mich habe ich das
Kapitel Tunesien abgeschlossen: Mit 23 Jahren habe ich
beschlossen, ein Leben woanders zu führen.“ Man habe doch, auf
der Überfahrt nach Lampedusa in wackeligen Booten, sein Leben
dafür riskiert. Andere hingegen meinen, sie würden sich gern
nach der „Hilfe für freiwillige Rückkehrer“ vom französischen
Staat erkundigen: „Wir haben uns ein Leben fast wie im Paradies,
im ,Land der Menschenrechte' vorgestellt. Aber was wir
vorfinden, hat nichts mit dieser Vorstellung zu tun.“ Ein
dritter meint, er würde darüber nachdenken, vielleicht
zurückkehren. Aber falls er dazu gezwungen sei, „dann werde ich
die französischen Touristen mit anderen Augen sehen, die zu uns
kommen und bislang immer willkommen waren.“
Editorische Hinweise
Den Text
erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.
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