Repression & Widerstand unter Hartz IV

Datenschutz auch für Sozialhilfeempfänger
Ein Interview mit Rolf Zbinden (R.Z.) , Mitglieder der schweizer PdA

von Peter Nowak

05/11

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1.)    Wogegen richtet sich das Referendum?                                               

R.Z.: Im Kanton Bern wurde Ende Januar ein Sozialhilfegesetz verabschiedet, in dem eine Klausel enthalten.  Danach müssen Sozialhilfeempfänger eine Generalvollmacht für die Offenlegung all ihrer Daten unterschreiben, wenn sie Leistungen erhalten wollen. Das betrifft nicht nur ihre Bankdaten, auch Ärzte und Vermieter können nach den Bestimmungen befragt werden. Wir sehen darin ganz eindeutig eine Diskriminierung von Sozialhilfeempfängern. Die Stigmatisierung beginnt schon, wenn durch die Befragung bekannt wird, dass jemand Sozialhilfe beantrag hat.        Von den 160 Abgeordneten im Berner Parlament haben nur 4 Grüne die Vorlage abgelehnt.  

2.)    Wie haben die Befürworter ihre Zustimmung begründet?

R.Z.: Es gibt in der Schweiz seit Jahren eine Polemik gegen Sozialhilfeempfänger. Der Begriff vom Sozialhilfemissbrauch ist sehr bekannt. Da werden publizistisch einige wenige Fälle aufgegriffen, wo Sozialhilfeempfänger einen BMW gefahren sind. Mittlerweile gibt es in Bern eine Regelung, dass jedem Sozialhilfeempfänger ein Testarbeitsplatz in der Reinigungsbranche angeboten werden muss. Wer ihn  ablehnt, bekommt keine Sozialhilfe. Zudem wurden zum 1.April dieses Jahres, als das neue Sozialhilfegesetz in Kraft getreten ist, auch zahlreiche Menschen aus der Arbeitslosenkasse in die Sozialhilfe gedrängt. Dass ist der sozialpolitische Hintergrund für den Angriff auf den Datenschutz  für diese Menschen.       

3.)    Welche Unterstützung gibt es außerhalb der PdA bei Parteien und  Gewerkschaften für das Referendum?

 R.Z.:  Die Sozialdemokraten und die Grünen unterstützen das Referendum verbal, beteiligen sich aber kaum an dem Sammeln der Unterschriften. Bei den Sozialdemokraten liegt es auch daran, dass deren Abgeordnete das Gesetz mehrheitlich mitgetragen haben.  Die Gewerkschaften mobilisieren zeitgleich für ein Referendum für die Einführung eines Mindestlohns. Daher sind es neben der PDA nur kleine Gruppen, die das Referendum für den Datenschutz unterstützen.     Eine wesentliche Rolle bei der Mobilisierung nimmt das Komitee der Arbeitslosen und Armutsbetroffenen ein. 

4.)    Gibt es Kontakte zu Gruppen, die sich bisher vor allem für den Datenschutz im Internet einsetzen? 

R.Z.:  Auch in dieser Frage ist die Debatte in der Schweiz  nicht weit entwickelt. Nach dem vor 20 Jahren in der Schweiz der Fichenskandal,    ein Schnüffelstaatssystem aus  der Zeit des kalten Krieges aufgedeckt wurde ,gibt es zur Zeit raffinierte Versuche, solche Methoden wieder einzuführen, ohne dass es viel Kritik daran gibt. Diejenigen aber, die sich für den Erhalt des Schweizer Bankgeheimnisses einsetzen, etwa die Liberalen, sind an vorderster Front für Abbau des Datenschutzes für Sozialhilfeempfänger.

5.)    Wie verlief die bisherige Kampagne? 

R.Z.: Beim Sammeln der Unterschriften habe ich festgestellt, dass die Hetze gegen Sozialhilfeempfänger noch längst nicht so stark in die Köpfe der Menschen eingedrungen ist. Es gab sehr gute Diskussionen und es ist auch nicht so schwer, eine Unterschrift zu bekommen.   

6.)    Sind Sie optimistisch, das Referendum gewinnen zu können?                                                    

R.Z.: Wir sind immer noch optimistisch, dass wir die nötigen Unterschriften sammeln. Allerdings ist die Hürde sehr hoch. Wir müssen bis zum Monatsende zehntausend Unterschriften sammeln, während wir von einem großen Teil der Medien totgeschwiegen werden. Sollten wir die Hürde schaffen, kommt es zur eigentlichen Volksabstimmung. Dann würden die Karten ganz neu gemischt, denn dann müssten sich Sozialdemokraten und Gewerkschaften eindeutig positionieren und da könnten sie nicht zustimmen.  

Editorische Hinweise

Wir erhielten das Interview von Peter Nowak.

Rolf Zbinden (R.Z.) ist Vertreter der Partei der Arbeit (PdA) im Berner Stadtrat und unterstützt das Referendum gegen die Revision des Sozialhilfegesetzes.