„Die
Welt hinterm Stacheldraht war eine Welt
für sich. Sie hatte ihre eigenen
Lebensgesetze und eigene Ehrbegriffe.
Auch ihre eigene Sprache ... Diese
Sprache war ursprünglich, bunt und
drastisch. Sie entbehrte nicht eines
grimmigen Humors ... Häftlingssprache
und Galgenhumor - Zeugnisse einer
geistigen Überlegenheit, die die
Gefangenen weit über ihre Peiniger
stellten."
(Karl Schnog, 1945)*
I
Daß es in extremen menschlichen
Bedrohungslagen wie namentlich in deutschen
Konzentrationslagern(1)
nicht zuletzt immer auch ums Überleben und
den - sei es individuellen, sei es
kollektiven - Kampf gegen drohende, nicht
selten aktuelle und faßliche Vernichtung
humaner Existenz ging, ist bekannt. Und daß
dieser Kampf, dessen weltliterarisch
bedeutsame Ausdrucksversuche Überlebende
erst nach Jahrzehnten des Abstands von
Vernichtungsdrohung, Grauen und Scham
unternehmen konnten(2),
auch eine bis heute verschwiegene furchtbare
Wahrheit(3)
infolge von Überlebensnotwendigkeiten derer,
die nicht in den sicheren Tod gebracht
werden wollten, enthält, scheint mir
unbestreitbar; auch wenn es möglicherweise
weitere Jahrzehnte dauern mag, bis auch
diese erfahrene Erschütterung literarisch
ausgesprochen werden kann.
Beim Überlebenskampf in deutschen
Konzentrationslagern spielte nun auch - was
auf den ersten Blick vielleicht erstaunen
mag, jedoch nicht wegzuleugnen ist - der
Witz zur Bewältigung der neuen Lage und
ihrer Bedrohlichkeiten eine nicht zu
unterschätzende Rolle. Genauer: auch mit
Hilfe von Witzen versuchten, noch im Jahr
1933 in einem neueingerichteten
staatlich-preußischen Konzentrationslager,
nämlich im KZ Börgermoor/Papenburg, bedrohte
politische Gefangene im „dritten Reich" ihre
Überlebenschancen zu sichern: indem sie sich
mit dem Witz als Medium und im Medium des
Witzes Handlungsspielräume gegenüber ihren
SS-Wächtern als Vertretung der
faschistischen Staatsmaschinerie sicherten.
Genau dies hat der handelnde Betroffene
Wolfgang Langhoff(4)
in einem besonderen Kapitel („Zirkus
Konzentrazani") seines zuerst 1935 im
schweizerischen Exil veröffentlichten
´unpolitischen Tatsachenberichts´ „Die
Moorsoldaten"(5)
authentisch dokumentiert.
Wolfgang Langhoffs Erfahrungsbericht
zeichnet dabei - im Gegensatz etwa zu Karl
August Wittfogels kurze Zeit später
veröffentlichtem Roman(6)
und dem dort fiktionalisierten Schicksal des
schließlich erschossenen, radikalen
Intellektuellen Martin Schneehagen - nicht
nur Bilder von Grauen, Hoffnungslosigkeit
und Verzweiflung, sondern versucht, eigne
Erlebnisse und Erfahrungen in Form eines
dokumentarischen und scheinbar
„unpolitischen Tatsachenberichts" (der
Untertitel der ersten Buchauflage fehlt in
der 1946 erschienenen Ausgabe(7)
als widersprüchliche Einheit von „Kampf und
Verzweiflung, Hoffnung und Resignation"(8)
dialektisch zu verarbeiten, so daß allen
Bedrückungen und Gefährdungen zum Trotz, die
den Autor schließlich nach seiner
Freilassung in die Emigration treiben, die
menschliche Extremlage im KZ nicht nur als
hoffnungs- und ausweglos erscheint.
Im Zusammenhang dieser Autorenhaltung und
der antifaschistischen Sendung Wolfgang
Langhoffs kommt dem Kapitel „Zirkus
Konzentrazani", in dem auch das heute noch
bekannte und gesungene „Börgermoorlied"(10)
veröffentlicht wurde, gerade mit Blick auf
die scheinbar bloß witzigen Partien einer
Zirkusvorstellung im abgelegenen
Konzentrationslager besondere Bedeutung zu -
treffen doch hier, verfremdet in einer
zunächst gespenstisch erscheinenden
künstlichen Zirkuswelt im KZ und zugleich
eingebunden in die verkehrten Rollen von
Akteuren (den Festgenommenen als bedrohten
Opfern) und Zuschauern (der SS), die
personifizierten Antipoden als Kollektive
aufeinander.
Diese authentische Situation mag, gerade
infolge ihrer Verkehrung zur Kenntlichkeit
im Sinne des Philosophen Ernst Bloch
(1885-1977), als Modellfall
untersucht werden. Im von Fortschreiten vom
Besonderen zum Allgemeinen ausgerichteten
Analyseverfahren sollen aus diesem
Modellfall für Witz-Kommunikation einige
bedenkenswerte grundlegende kommunikations-
und verhaltenswissenschaftliche Muster und
Erkenntnisse herausgearbeitet werden, die
das, was Paul E. McGhee im Kontext seiner
Vorstellungen von „mental health" als
„coping mechanism"(11)
identifiziert, genauer eingrenzen. Zugleich
wären die so gewonnenen Ergebnisse
sicherlich in das kürzlich von Bjørn Ekmann
vorgelegte anregende Szenario zur „Ästhetik
des Lachens"(12)
integrierbar - gerade weil es hier um eine
von der kommunikationsästhetischen Seite her
gesehen besondere und zugleich elementare
,einfache Form"(13)
und nicht um ,Volkspoesie' im allgemeinen(14)
geht. Das Witzmaterial, das Langhoff
mitteilt, ist schließlich weder als
politischer' Witz allgemein(15)
noch als - inzwischen reichhaltig
dokumentierter - deutscher „Flüsterwitz"
unter den Herrschaftsbedingungen einer
faschistischen Diktatur(16)
zu bewerten, sondern eher als situativer
Ausdruck einer neuen, sozial ungeregelten
und insofern soziologisch ,anomischen' Lage
aus dem Feld eines geheimgehaltenen,
verborgenen gesellschaftlichen Segments(17).
Die Modelluntersuchung wird freilich auch
nach der besonderen Rolle von „Humor"(18)
und seinen konkreten Ausprägungen in der
skizzierten existentiellen Extremsituation
fragen müssen und die Funktion(en) des
Witzes dabei herauszuarbeiten haben - wobei
im einzelnen zu zeigen sein wird, worin denn
die allgemein Gemeinschaftlichkeit stiftende
Rolle von Witzen(19)
unter den Lager- und Todesbedingungen im
Speziellen besteht und was mithin aus dieser
Modellanalyse mit Blick für eine
Kommunikationssoziologie des Witzes für
(noch) Beherrschte und (noch) Herrschende
möglicherweise gelernt werden könnte.
II
Wolfgang Langhoffs Kapitel „Zirkus
Konzentrazani"(20)
beschreibt Vorbereitungen, Durchführung und
Wirkungen der makabren Zirkusvorstellung im
KZ Börgermoor/Pa-penburg im Herbst 1933. Und
wie nicht anders zu erwarten, hatte es
„viele Kämpfe gekostet unter den eigenen
Kameraden, bis sich unser Plan durchsetzte"(21):
„Tausenderlei
Bedenken tauchten auf. Das wichtigste
Argument gegen unsere Absicht war, daß
unsere Veranstaltung photographiert werden
und als Propaganda für die ,humane'
Gefangenenbehandlung in deutschen
Konzentrationslagern verwandt werden könne.
Wir hielten aber dagegen, daß es jetzt vor
allen Dingen darauf ankäme, trotz aller
Mißhandlungen den Kopf hochzutragen und uns
nicht unterkriegen zu lassen."(22)
Das Lagerleben seiner Peiniger und damit der
Adressaten dieses besonderen KZ-Zirkus
beschreibt Langhoff so:
„In
ihren Mannschaftsbaracken herrschten
Stumpfsinn und Saufereien. Sie kamen sich
selber wie verbannt vor. Weit und breit
keine Stadt, wo sie Urlaub oder Freizeit
verbringen konnten. So hockten sie dann in
der Kantine und soffen ... Ihre
Unterhaltungen in der Baracke entsprachen
gewissen Kasernenhofscherzen; z.B. wenn sie
alle bis zur Besinnungslosigkeit betrunken
waren, fielen sie über einen jungen
S.S.-Mann her, der erst frisch zur
Wachmannschaft gekommen war, und
beschmierten seinen Geschlechtsteil mit
schwarzer Schuhwichse oder holten Jod aus
der Lazarettbaracke und malten das Gesicht
des Betrunkenen mit Jod ein, daß er tagelang
wie ein Indianer herumlief. Das war aber
schon das höchste an Humor, was sie
aufbrachten."(23)
Die Weltorientierung und -erfahrung dieses
SS-Publikums, auf das sich die Gepeinigten
im KZ einstellen mußten und auch in der
Weise einstellten, daß „der gesamte Ablauf
[der Zirkusvorstellung] schnell, exakt und
diszipliniert vor sich ging, weil ich mir
sagte, daß allein schon durch straffe
Ordnung und Tempo ein gewisser Eindruck auf
die S. S. ausgeübt werden könne"(24),
skizziert Langhoff recht eingehend:
-
„Hauptsache
war und blieb die Sauferei. Das wurde von
ihnen auch ganz ehrlich als zur deutschen
Mannestugend gehörend verteidigt. Der
Kommandant soff selber mit ihnen - sie waren
stolz, wieviel er vertragen konnte! -
und aus dieser Atmosphäre heraus ist auch
ihre Kameradschaft zu verstehen. Alte
Zechbrüderschaft, - Raufgemeinschaft durch
Dick und Dünn - das war ihr Ideal!
Abgrundtiefe Verachtung für alle
Waschlappen, ,Nurpolitiker' und Spießer. Daß
ihre Saufereien und flachen Ehr- und
Treuebegriffe selber nur wildgewordenes
Spießertum waren, kam ihnen dabei nicht in
den Sinn! Ihr Lieblingslied war:
´Dies und das - Suff und Fraß
muß ein Landsknecht,
muß ein Landsknecht haben!´
Ich will nicht einmal behaupten, daß diese
Haltung Verlogenheit oder Pose war - im
Gegenteil, sie hätten sicher auch ihr Leben
für diese seltsamen Begriffe von ´deutschem
Mannestum´ eingesetzt. - Wenigstens manche
von ihnen! -
Ihre soziale Zusammensetzung war so: ca. 60%
waren Söhne von verarmten Kaufleuten,
Gastwirten, kleinen Ladenbesitzern, Post-
und Eisenbahnbeamten, deren Eltern ihnen
kein Studium, keine Zukunft mehr bieten
konnten. 20% waren ,Gebildete', das heißt,
verkrachte Lehrer, Ingenieure, Techniker,
Studenten - und ungefähr 20% Arbeiter.
Die Führerstellen waren aber fast durchweg
mit den ,Gebildeten' besetzt oder mit alten
Berufssoldaten aus der Reichswehr und
Baltikumkämpfern. Von Arbeitern waren nur
solche chargiert, die sich durch besondere
Brutalität auszeichneten.
Die Hauptschlägergruppe bestand aber aus den
Herren der ,besseren Kreise'. Z. B.
,Zachel', der das Polytechnikum in Aachen
besucht hat, ,Entenschnabel', der ein
verkrachter Junglehrer war, ,Großkopf', der
Laute spielte und Nietzsche las!
Diese Leute gaben auch den politischen' Ton
in der Mannschaft an. Sie ergingen sich in
hochtrabenden Phrasen, halbverstandenen
Zitaten und in einer Judenhetze, Marke
Streicher Nürnberg, die nur aus einer
verdorbenen Sexualität erklärlich ist."(25)
Der Ablauf der Vorstellung des „Zirkus
Konzentrazani" fand an einem
Sonntagnachmittag im Herbst 1933 statt und
war, soweit unter den Extrembedingungen
überhaupt einzurichten, auch mit Blick auf
die moralisch-politischen Bedenken der
politischen Gefangenen gesichert: „Die S.S.
hatten wir absichtlich so placiert, daß sie
gegen die Sonne schauen mußten, im Fall es
einem einfallen sollte, einen Photo
mitzubringen und zu knipsen. Außerdem hatten
wir auch beschlossen, die Vorstellung sofort
abzubrechen, wenn ein Photoapparat
auftauchen sollte."(26)
- Die Zirkusvorstellung konnte dann auch
nach so witziger wie disziplinierter
Ankündigung und Organisierung nach Einzug
der SS-Leute „mit dem Kommandanten an der
Spitze"(27)
unter herrlichem Wetter, strahlendblauem
Himmel und lachender Sonne28
beginnen(29).
Auch unter den Extrembedingungen des KZs
wirkten freilich die allgemeinen
Handlungsmuster und Rituale der speziellen
sozialen Situation ,Zirkus'; auftritt
„Direktor Konzentrazani" unter „nicht
endenwollende[m] Empfangsapplaus" und
„Lachsalven über Lachsalven, noch ehe er den
Mund aufgemacht hatte!"(30)
- und in der entsprechenden Programmabfolge
präsentierten sich politische Gefangene der
Nationalsozialisten als „Artisten", in
verschiedenen Rollen verfremdet: so als die
bauchtanzenden „schönsten Girls der Welt,
unsere fünf Moorgirls", als turnende
„Arabertruppe", als „Clowns" und
spaßmachende „dumme Auguste", als
„Keulenschwinger" und witzerzählender
„Humorist", als „Ringer" und „Boxer", als
wahrsagender „Storch" und „Moorsoldaten" in
einer „Pat und Patachon-Ausgabe" - mit dem
schließlichen Höhepunkt als Schluß der
Vorstellung von „Zirkus Konzentrazani", dem
das „Börgermoorlied"31
zunächst behutsam vortragenden
„Gesangschor", der die letzte Strophe des
Lieds „Die Moorsoldaten" mit ihrem trotzigen
Refrain „plötzlich laut und hart"(32)
ausklingen ließ:
„Dann
ziehn die Moorsoldaten Nicht mehr mit
dem Spaten Ins Moor!"
Dem Lied schreibt Wolfgang Langhoff die
beeindruckendste Wirkung dieser
Zirkusvorstellung im KZ 1933 zu: einerseits
war das „Eis ... gebrochen und die ersten
menschlichen Worte wurden von beiden Seiten
gewechselt"(33),
verlangten SS-Leute von ihren Opfern
Abschriften des Liedes, so daß der „Erfolg
größer [war], als wir erwartet hatten" -
andererseits: „Zwei Tage darauf wurde
das Lied verboten."(34)
-
Der Regisseur dieser Zirkusvorstellung
kommentierte das Ereignis und sein Anliegen
in seinem „unpolitischen Bericht" ein gutes
Jahr später auch mit einem Hinweis auf den
Mut zum Lachen in der
nachgezeichneten menschlichen Extremlage:
„Es
ging mit durch den Kopf, daß ich vor einem
solchen Publikum und für solches Publikum
noch nie im Leben gearbeitet hatte und wohl
auch nie mehr arbeiten werde! Sucht Euch
Menschen auf der Welt wie diese Gefangenen,
die durch unmenschliche Martern und Qualen
gegangen sind, fast jeder von ihnen durch
die Keller der S.A. geschleift, und jetzt in
einem Lager mit schwerster Fronarbeit,
täglichen Mißhandlungen und der ständigen
Drohung ,auf der Flucht erschossen' zu
werden - sucht Euch die, die dann noch den
Mut aufbringen, so zu lachen, so das Leben
zu bejahen -, daß die S.S., von der
Ursprünglichkeit und Heiterkeit überrumpelt,
mitlachte und gegen ihren eigenen Willen von
ihnen beeindruckt wurde !"(35)
III
Ausgelegt aufs „Mitlachen" der SS-Leute
waren in der Vorstellung des „Zirkus
Konzen-trazani" natürlich vor allem die
Witze. Sie mußten so angelegt sein, daß sie
einmal den bornierten Landsknecht-Horizont
der Peiniger ansprechen und ihn, zum
anderen, so erweitern konnten, daß mit der
jeweiligen Pointe ein einheitsstiftendes
,befreiendes' Lachen über die Situation und
die sie verursachenden sozialen Kräfte
möglich wurde. In diesem Sinn stellten die
im „Zirkus Konzentrazani" kommunizierten und
von Wolfgang Langhoff, seinem Regisseur,
gewiß ohne wesentlichen
Authentizitätsverlust veröffentlichten Witze(36)
eine angesichts der drohenden praktischen
Folgen jedes ,falsch' ankommenden Witzes bei
der SS gar nicht hoch genug zu bewertende
rationale und emotionale, politische,
psychologische, ästhetische und moralische
Hervorbringung dar. Nicht zuletzt deshalb
wirkt Wolfgang Langhoffs Erklärung: „Bei
jedem Witz wurde immer auf die S.S.
geschielt, wie sie die Sache wohl aufnehmen
würde"(37)
- angesichts der Bedrohlichkeit der Lage und
der Gefährdung nicht nur der Akteure des
„Zirkus Konzentrazani", sondern letztlich
aller politischen Gefangenen des KZ
Börgermoor/Papenburg an jenem
Sonntagnachmittag im Frühherbst 1933 - so
glaubhaft.
Nach der turnenden „Arabertruppe" kamen in
der Programmabfolge die beiden ,dum-men
Auguste':
„Sie
hatten ihr Gesicht mit Mehl und Kohle
zurecht gemacht und stürzten mit Hallo in
die Manege. Der eine trug ein großes
Fernrohr unter dem Arm, das er in der Mitte
aufstellte.
Um den folgenden Witz verstehen zu können,
muß ich vorausschicken, daß unser Kommandant
Fleitmann eine ständige Redensart hatte:
,Guckste durch?' Das hieß so viel wie:
,verstanden? schaust Du durch?' Und
jedesmal, wenn er mit seinem polternden Baß
einen anbrüllte oder einen Befehl gab,
schloß er mit ,Guckste durch?'
Der eine Clown stellte sich also ans
Fernrohr, richtete es auf den Kommandanten,
sah hinein und der andere stellte sich
daneben und brüllte: ,Guckste durch, guckste
durch?' Alles wälzte sich vor Lachen. Der
Kommandant übrigens auch."(38)
War diese gefährliche - zur Auslotung des
Handlungsspielraums des „Zirkus
Konzentrazani" entscheidende - Lage so
erfolgreich ,bewältigt' und ,das Eis
gebrochen', konnten unter stetiger Abnahme
der Gefährdung weitere Witze und Clownerien,
die sowohl von den ,dummen' Augusten als
auch später von einem „Humoristen" erzählt
wurden, gleichermaßen versuchen,
Naziüberzeugungen und Überzeugungen der
Nazis witzig zu hinterfragen und im Medium
des Witzes die Lage der politischen
Gefangenen selbst gegenüber ihren
SS-Wächtern zu veröffentlichen.
Die beiden folgenden Witze schließen sich an
eine witzig präsentierte Forderung der
Gefangenen an und verfremden zentrale
Aussagen der Nazipropaganda(39)
über „Bonzen" und „Schieber":
,„Was suchst Du denn?' fragte der eine Clown
den anderen. ,Was suchst Du denn?' Und der
am Fernrohr schrie in höchsten Tönen: ,Die
tägliche Raucherlaubnis!' Das saß!- Dann
richtete er das Fernrohr auf den ganzen
Kreis und sein Freund fragte wieder: ,Was
suchst Du denn jetzt?' ,Ich suche die großen
Bonzen hier im Lager.´ Ein beinahe
erschrockenes Lachen antwortete auf diesen
aggressiven Witz, denn es waren ja nur alles
Arbeiter, die Ärmsten der Armen, die hier
von den Nazis eingesperrt waren und von den
sogenannten großen ,Novemberverbrechern',
mit denen die Nazis so viel Propaganda
machten, war nichts zu sehen. ,Hast Du denn
schon welche gefunden?' ´Nein. Aber eine
Menge Schieber!´ ,So - Schieber?´ ´Ja. -
Lorenschieber.´ Und damit waren unsere
Kameraden gemeint, die die Loren der
Feldbahn schieben mußten."(40)
Nicht zuletzt durch das Wörtlichnehmen -
dies zur Witztechnik im letztzitierten
Kalauer - von „Schieber" wurde so jene
Sinnverschiebung in der Pointe produziert,
mit deren Hilfe die politischen Gefangenen
glaubten, ihren SS-Wächtern die Absurdität
ihrer wie der gemeinsamen Lage mitteilen zu
können.
In anderen Programmteilen sprachen weitere
Witze, in denen u. a. auf die (damals
populären) Kölschen Witztypen Tünnes und
Scheel rekurriert wurde(41),
wieder die Lebens- und Leidensbedingungen im
KZ selbst an:
„Es
folgte ein Humorist, der sich ein Mikrophon
aus einer Konservendose gebaut hatte und ,5
Minuten Moorfunk' brachte. Er definierte den
Namen ,Humorist' als einen Mann, der im ,Hu!
Moor ist'. Verschiedene riefen: ,Au'! Dann
erzählte er Witze vom ,Tünnes und Scheel',
den beiden Kölschen Jungens, die unter
anderem auch im Konzentrationslager
Börgermoor waren und sich über das Essen
dort unterhielten:
,Dat Essen, Scheel, dat war dir komisch! Dat
Mehl war in der Wurst, und die Kartoffeln im
Brot!' Jut war et nich - dafür aber wenig!'"(42)
Was hier politische Gefangene als letzten
Witz in einer zunächst nur künstlich
geregelten sozialen Lage als situativ und
kritisch gewendeten Tünnes-und-Scheel-Witz
im „Zirkus Konzentrazani" (abgekürzt: Z.K.)
ihren Nazibewachern mitteilten, dürfte denn
auch mehr bedeutet haben als bloße seelische
Entlastung und ,mental health' für die
Unterdrückten und Gefährdeten. Vielmehr
drückt auch der letztzitierte Kalauer als
Moment einer „mental rebellion" (George
Orwell) in einer leicht faßlichen Form
gleichermaßen politische Forderung - nach
angemessener und ausreichender Verpflegung -
und moralische Selbstachtung - nämlich den
Überlebenswillen selbst - der Erniedrigten
und Geschundenen aus. Auch dieser Witz
diente so als Versuch einer, wenngleich
zunächst ideellen, Neudefinition(43)
der bedrückenden Lage und ihrer durch Gewalt
und Todesdrohung bestimmten Kräfteverteilung
- ohne daß der Konflikt selbst witztypisch
doch nur bloß weggelacht wird: denn die hier
nicht nur verschiedenen Wertsysteme(44),
sondern gegensätzlichen und feindlichen
Welten bestehen ebenso weiter wie die
übergreifende Lage der Gefangenschaft im
Konzentrationslager(45).
Insofern kann auch ein an sich so
faszinierender wie eingängiger
lachtheoretischer Ansatz - Michail Bachtins
sozioästhetische und volkskulturelle
Erklärung46
- die besondere soziale Lage des „Zirkus
Konzentrazani" nicht fassen.
IV
Ist damit nun das, was als „Zirkus
Konzentrazani" von Wolfgang Langhoff unter
den Bedingungen faschistischer Herrschaft in
der Extremsituation im Konzentrationslager
Börgermoor/Papenburg an einem
Sonntagnachmittag im Frühherbst 1933
inszeniert wurde nichts weiter als ein
frühes und besonders anschauliches Beispiel
für ,Galgenhumor' unter Extrembedingungen ?
Also - um McGhees zusammenfassende
Kennzeichnung dieser Humorsorte zu bemühen -
„the most extreme example of using humor to
cope with distress"?
Dessen Entäußerung dem einzelnen dazu
verhelfen kann, „trying to go through the
motions of humor in order to prevent being
overtaken by the fearfulness of the
Situation"(47)?
Und erhielte dieser „gallows humor" im
„Zirkus Konzentrazani" nicht eine doppelte
„soziale Funktion" - indem er nämlich einmal
„die Illusion [verschaffte], daß die
Unterdrückten noch einiges an Macht und
Unabhängigkeit besaßen, und stärkte dadurch
die Widerstandskraft" und zum anderen „nicht
nur als ein Indikator für die Moral der
Unterdrückten, sondern auch für die Stärke
der Unterdrücker" wirkte? - Brächten dann
nicht gerade die im „Zirkus Konzentrazani"
kommunizierten Witze und Kalauer die Lage
auf den Punkt: „Wenn nämlich die
Unterdrücker es sich erlauben können, diese
Witze zu übersehen, ist ihre Stärke
offensichtlich groß; versuchen sie aber, sie
mit Gewalt zu unterdrücken, dann sind sie
offenbar sehr unsicher - trotz allen
Säbelrasselns"(48)?
Die operative Gerichtetheit des
,Galgenhumors' jedenfalls, zuallererst der
so bedrohlichen wie zu bewältigenden
jeweiligen extremen Lage geschuldet, ist
immer praktisch bestimmt:
„Not
humor-for-humor, but humor with a definite
purpose - that is, to ridicule with irony,
invectives, and sarcasm in order to become a
means of an effective social control. This
teleological character of gallows humor
determines its social function, which is
twofold - positive and negative. Its
positive effect is manifested above all in
the strengthening of the morale and the
spirit of resistance of people who struggle
for their individual and national survival;
its negative effect (which, of course, is
again something very positive from the
viewpoint of the oppressed) reveals itself
by its disintegrating influence among those
against whom it is directed. In both
instances it proves to be an extremely
powerful weapon."(49)
In dieser soziologischen Deutung des
,Galgenhumors' durch Antonin Obrdlik, der
Erfahrungen anläßlich der Besetzung der CSR
1939 durch Nazitruppen einvernimmt, scheint
sicherlich ein wichtiges Moment in Gestalt
der die Möglichkeiten von Humor und Witz
bestimmenden (reflexiv jeweils von
Unterdrückern und Unterdrückten
wahrgenommenen) Lage und ihrem jeweiligen
sozialen Kräfteverhältnis auf.
Und doch ist damit eine Besonderheit der im
„Zirkus Konzentrazani" 1933 verbreiteten
Witze und mithin auch dieser Sorte von
Humor, meines Erachtens, noch nicht
angemessen angesprochen: denn hier handelte
es sich um bewußte, kollektiv organisierte
und getragene Formen von Humor- und
Witzverbreitung, die den Unterdrückten
gegenüber den Unterdrückern vor allem eines
sichern helfen sollten: erweiterte
Aktionsräume, mit deren Hilfe das kollektive
und individuelle Überleben in einer
besonderen und tödlichen
Gefährdungssituation allein zu bewältigen
sein konnte.
So gesehen, drücken Humor und Witz im
„Zirkus Konzentrazani" - aber auch die
Tatsache der bewußten, kollektiven und
organisierten Hervorbringung der
Zirkusveranstaltung selbst unter genannten
Lebens- und Kampfbedingungen - modellhaft
zumindest zweierlei aus: einmal den
Überlebensmut, auch mittels der humanen
Entäußerungsform des Lachens gegen die an
sich naheliegende Selbstaufgabe zu arbeiten;
und zum anderen das situative Zutrauen,
diese menschliche Gattungsfähigkeit als
scheinbar einheitsstiftendes (Unterdrücker
und Unterdrückte dialektisch verbindendes)
Medium auch gegenüber den Vernichtungs- und
Destruktionsgewalten einzusetzen, um die
Unterdrückten überleben lassen zu können.
Witze, Humor, das Börgermoor-Lied wie die
Inszenierung des „Zirkus Konzentrazani"
waren dabei freilich immer nur Mittel zum
Zweck - dem bewußten, zielgerichteten und
organisiertem Kampf ums Überleben.
*Karl Schnog, Unbekanntes KZ.
Erlebtes. Luxemburg: Selbstverlag 1945, S.
12-15 (=Unbekanntes KZ 1).
Anmerkungen
1) Vgl. Eugen Kogon, Der SS-Staat. Das
System der deutschen Konzentrationslager
[1946]. München: Kindler 1979; Falk
Pingel, Häftlinge unter SS-Herrschaft.
Widerstand, Selbstbehauptung und Vernichtung
im Konzentrationslager. Hamburg: Hoffmann &
Campe 1978 ( = Historische Perspektiven 12).
2) Vgl. etwa Bruno Apitz, Nackt unter
Wölfen (1958). Frankfurt/M.: Röderberg 1978
(m. 12 Zeichn. v. Fritz Cremer);
Jorge Semprun, Le grand voyage. Paris:
Gallimard 1963; Peter Edel, Die
Bilder des Zeugen Schattmann. Berlin: Die
Nation 1972. - Die Überlebensproblematik
(coping) im KZ wurde einer breiten
internationalen Öffentlichkeit v. a. durch
die BGS-Verfilmung von Fania Fenelon´s
Buch: „Sursis pour l'Orchestre" (1976)
nahegebracht. In der Bundesrepublik
Deutschland am 9./10.3. 1981 im ZDF
erstgesendet.
3) Georg K. Glaser, Geheimnis und
Gewalt. Ein Bericht. Stuttgart, Hamburg:
Scherz & Goverts 1953, S. 501; ähnlich schon
Walter Poller, Arztschreiber in
Buchenwald. Ein Bericht des Häftlings 996
aus Block 39. Hamburg: Phönix-Verlag
Christen & Co. 1946, S. 24-31. Vgl. auch
Benedikt Kautsky, Teufel und Verdammte.
Erfahrungen und Erkenntnisse aus sieben
Jahren in deutschen Konzentrationslagern.
Zürich: Büchergilde Gutenberg 1946, bes. S.
159-169.
4) Zum Autor vgl. Biographisches Handbuch der
deutschsprachigen Emigration, Bd. II.
München, New York,
London, Paris 1983 (KG Saur), 2 . Halbband,
S. 691 f.
5) Wolfgang Langhoff, Die
Moorsoldaten. 13 Monate Konzentrationslager.
Unpolitischer Tatsachenbericht. Mit zwei
Illustrationen von Jean Kralik.
Zürich: Schweizer Spiegel Verlag 1935 (17.
Auflage); Lizenzausgabe mit einem Vorwort
von Willi Dickhut bei Verlag Neuer
Weg, Stuttgart 1973,
51982.
- Ich habe keinen Grund, zu verschweigen,
daß auch von Züricher Schauspielerkollegen
Langhoffs bewußt (als ´unpolitischer
Tatsachenbericht´) angelegter Erlebnisbogen
im deutschen KZ oft „auf Unglauben stieß",
daß „man damals selbst von
Schauspielerkollegen des Verfassers die
Frage [zu] hören bekam: ,Das ist doch wohl
alles erfunden?'" und daß gerade der
„mitleidig angesehen wurde", der betonte,
„daß das dort Berichtete durchaus den
Tatsachen entspräche" (Friedrich
Siegmund-Schulze, Die deutsche
Widerstandsbewegung im Spiegel der
ausländischen Literatur. Stuttgart: Reclam
1947, S. 15f.).- Zeitgenössische Rezensenten
betonten, daß der mitgeteilten Erfahrungen
keineswegs ´unpolitisch´ sind und erkannten
die herausragende Bedeutung des „Zirkus
Konzentrazani“: Vgl. anstatt weiterer etwa
A[lexander] S[tein] in: Zeitschrift
für Sozialismus, 2 (1935) 20/21, S. 685-686;
Hanus [Hans] Burger in: Der
Gegen=Angriff, Prager Ausgabe, 3 (1935) 14,
unpag. [S. 8]. – Die Authentizität des
scheinbar ´unpolitischen´ Berichts von
Wolfgang Langhoff mit den Kernstücken:
„Zirkus Konzentrazani“ und
„Moorsoldaten“-Lied(text) ist nicht nur
später zahlreich bestätigt worden sowohl von
zeitgenössischen Akteuren in Erinnerungs-
und Memoirentexten als auch von später
zeitgeschichtlich forschenden
Wissenschaftlern. Für die erstgenannte
Gruppe vgl. anstatt weiterer etwa: Rudi
Goguel, Gedanken zum Lied der
Moorsodaten; in: Sieglinde Mierau
(Hrg.), Intersongs. Festival des Politischen
Liedes. Berlin: Neues Leben, 1973, S.
274-279; Heinrich Goertz, Lachen und
Heulen. Roman. München: List, 1982, S.
163-164; Alfred Lemmnitz, Beginn und
Bilanz. Erinnerungen. Berlin: Dietz, 1984,
S. 51; für die zweitgenannte Gruppe vgl.
anstatt weiterer etwa Waclaw Dlugoborski
(Hrg.), Zweiter Weltkrieg und sozialer
Wandel. Achsenmächte und besetzte Länder.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1981 [=
Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft
47], hier Beiträge von Falk Pingel
(S. 151-163); Krzysztof Dunin-Wasowicz
(S. 164-170) und Anna Pawelczynska
(S. 171-183); Elke Suhr, Die
Emslandlager. Die politische und
wirtschaftliche Bedeutung der Emsländischen
Konzentrations- und Strafgefangenenlager
1933-1945. Mit einem Vorwort von Hermann
Langbein. Bremen: Donat & Temmen, 1985,
S. 144-154; dies.,
Konzentrationslager – Justizgefangenenlager
– Kriegsgefangenenlager im Emsland
1933-1945; in: Ludwig Eiber (Hrg.),
Verfolgung – Ausbeutung – Vernichtung. Die
Lebens- und Arbeitsbedingungen der Häftlinge
in deutschen Konzentrationslagern 1933-1945.
Hannover: Fackeltäger, 1985, S. 66-89, hier
besonders S. 85-88, mit an Karl Schnog
(1945) angelehnten Hinweisen auf besonderen
„Lagerhumor“, der die „geistige
Überlegenheit“ der Gefangenen verdeutlichen
sollte, ihre
galgenhumoristisch-sarkastischen Sprüche
(„Ich hoffe das Beste, aber ich bin auf das
Schlimmste gefaßt“) als Medien sowohl zur
Wahrung/Entwicklung individuellen
Selbstbewußtseins als auch Voraussetzung für
gemeinschaftliches Handen. – Einen
entscheidenden Hinweis auf die Authentizität
von Wolfgang Langhoffs Bericht fand ich
schon v o r Publikation der Erstausgabe des
Langhoff-Buchs im Frühherbst 1934 in einer
anonymen Broschüre bestätigt: Als
sozialdemokratischer Arbeiter im
Konzentrationslager Papenburg. Mit einem
Vorwort von Willi Bredel; Moskau:
Verlagsgenossenschaft ausländischer Arbeiter
in der UdSSR, 1935, 74 p.; Seiten 37-30 und
34-36 werden „Moorsoldaten“-Lied und „Zirkus
Konzentrazani“ vorgestellt. Bredels Vorwort
(S. 3-7) datiert September 1934.
6) Vgl. Klaus Hinrichs, Staatliches
Konzentrationslager VII. Eine
„Erziehungsanstalt" im Dritten Reich.
London: Malik 1936.
7) Vgl. Wolfgang Langhoff, Die
Moorsoldaten. 13 Monate Konzentrationslager.
München: Zinnen-Verlag Kurt Desch o.J.
(1946).
8) Richard Albrecht, Paul Zech zum
Beispiel. Zu einigen Problemen der Aneignung
antifaschistischer Exil-Literatur anläßlich
des Romans „Deutschland, dein Tänzer ist der
Tod". In: Sammlung. Jahrbuch für
antifaschistische Literatur und Kunst 5
(1982), S. 123-133, hier S. 130.
9) „Es
mußte mir doch gelingen" - schreibt
Langhoff (Die Moorsoldaten
[1946], S. 289f.), „nachdem jetzt
einigermaßen Gras über die Sache gewachsen
war, irgendwo unterzukommen! ... Ich wußte,
was ich [als Schauspieler und Regisseur]
wert war und vertraute meiner Kraft und
meinem Optimismus. Überall, wo ich hinkam,
mißtrauische, zurückhaltende Gesichter ...
Ich versuchte, private Beziehungen zu
Bühnenleitern wieder aufzunehmen. Umsonst.
Es ist unmöglich, ein Engagement zu
bekommen. Auch beim Film ist nichts zu
machen ..." - Vgl. auch zu dieser
Ausgrenzung und Ächtung ebd., S.66, und
Georg Glasers Beispiel zur
Erklärung ihrer Wirkung (Geheimnis und
Gewalt, S. 332 f.).
10) Abgedruckt in: Inge Lammel
(Hrsg.), Das Arbeiterlied.
Frankfurt/M.: Röderberg 1974 (=
Röderberg-Taschenbuch 10), S. 200f., wobei
die Herausgeberin dieses Lied als
„hervorragendstes Beispiel“ neuer (Marsch-)
Lieder, die in KZs entstanden und als
Ausdruck des antifaschischen Kampfs
1933-1945, bewertet (S. 74).
Ähnlich Krzysztof
Dunin-Wasowicz, Resistance in the Nazi
Concentration Camps 1933-1945.
Warszawa: PWN, 1982, mit Hinweis, daß
„Zirkus Konzentrazani“ mit dem
„Moorsoldaten“-Lied überhaupt eines der
ersten künstlerischen Ereignisse in
deutschen KZs war. Der
„Moorsoldaten“-Liedtext auch in Hein &
Oss Kröher (Hrsg.), Das sind
unsere Lieder. Ein Liederbuch. Frankfurt/M.:
Büchergilde Gutenberg 1977, Lied 192, und
in: Thomas Friz; Erich Schmeckenbacher
(Hrsg.), Es wollt ein Bauer früh
aufstehn ... 222
Volkslieder. Dortmund: pläne 1978, S. 402 f.
11) Vgl. Paul E.
McGhee, Humor - its Origin and
Development. San Francisco: W. H. Freeman
1979, S. 227-234.
12) Vgl. Björn Ekmann, Wieso und zu
welchem Ende wir lachen. Zur Abgrenzung der
Begriffe komisch, ironisch, humoristisch,
witzig und spaßhaft. In: Text & Kontext, 9
(1981) I, S. 7-46; vgl. auch den
sprachgeschichtlichen Diskurs von
Karl-Otto Schütz, Witz und Humor. In:
Europäische Schlüsselwörter, Bd. I; München:
Max Hueber 1963, S. 161-244.
13) Vgl. Andre Jolles, Einfache
Formen. Legende - Sage - Mythe - Rätsel -
Spruch - Kasus - Memorabile - Märchen - Witz
(1930). Tübingen: Max Niemeyer 1974,
S. 247-261.
14) Vgl. Hermann Bausinger, Formen der
„Volkspoesie" (1968). Berlin: Erich Schmidt,
21980
(= Grundlagen der Gemanistik 6), S. 137-149.
15) Vgl. Hans Speier,
Force and Folly. Essays in Foreign
Affairs and the History of Ideas.
London, Cambridge (Mass.): M.I.T.-Press, S.
180-185; ders., Über den politischen
Witz. In: Freiburger Universitätsblätter 11
(1972), 36, S. 13-26; ders., Witz und
Politik. Essay über die Macht und das
Lachen. Zürich: Edition Interfrom 1975 ( =
Texte und Thesen 58).
16 Vgl. Ernst Friedrich (Hrsg.), Man
flüstert in Deutschland. Die besten Witze
über das dritte Reich. Paris, Prag:
Kultur-Verlag 1934, 2 Hefte; Jörg
Willenbacher (i. e. Franz Osterroth),
Deutsche Flüsterwitze. Das Dritte Reich
unterm Brennglas. Karlsbad: ,Graphia' 1935 (
= Braunes Deutschland: Bilder aus dem Dritten
Reich, 2); Otto Hoffmann (Hrsg.),
Witze, Karikaturen und andere
Ergötzlichkeiten aus dem III. Reich.
Cassarate: Libreria Internazionale
21935;
Paul Range, Der Flüsterwitz. In:
Aufbau 2 (1946), 2, S. 214-220;
Hans-Jochen Gamm, Der Flüsterwitz im
Dritten Reich (1963). München
21979
( = dtv 1552); Max Vandrey, Der
politische Witz im Dritten Reich.
München: Goldmann 1967 (
= Gelbe Taschenbücher 1085).
17) Vgl. Georg Simmel,
The Sociology of Secret and of the
Secret Society. In: American Journal
of Sociology 11 (1905/6), S. 441-498;
wiederaufgenommen in ders.,
Soziologie. Untersuchungen über die Formen
der Vergesellschaftung. Leipzig: Dunker &
Humbolt 1908, S.257-304 [Gesammelte Werke 2,
41958];
Vilhelm Aubert, The Hidden Society.
Totawa (N.J.): Bedminster Press 1965.
18) Vgl. anstatt vieler grundlegend
Sigmund Freud, Humor (1928). In:
ders., Gesammelte Werke, Bd.XIV. London:
Imago 1948, S. 383-389; zusammenfassend vgl.
Jacob Levine, Humor.
In: International
Encyclopedia of the Social Sciences, vol.
VII; New York: MacMillan 1968, S. 1-8.
19) Gunnar Myrdal,
An American Dilemma. New York: Harper 1944,
S. 38 f.
20) Ich zitiere parallel aus allen
vorliegenden Ausgaben von „Die
Moorsoldaten": a) der Erstausgabe 1935; b)
den beiden textidentischen Nachdrucken m.e.
Vorwort v. Willi Dickhut (Stuttgart: Neuer
Weg 1973,
51982;
c) dem Faksimile-Nachdruck der 9. Auflage
der Erstausgabe (Frankfurt/M : Röderberg
51981)
- jeweils zit. als: 1935 mit Seitenangabe -
und d) der Nachkriegsausgabe ohne Untertitel
- zit. als: 1946 mit Seitenangabe; vgl. o.,
Anm. 5 und 7 mit den genauen Angaben der
Ausgaben von 1935 und 1946. Rasch nach der
Züricher Erstausgabe erschienen englische
Übersetzungen: Wolfgang Langhoff,
Rubber Truncheon. Being
an account of thirteen months spent in a
concentration camp. Translated from the
German by Lilo Linke, with a foreword
by Lion Feuchtwanger. London:
Constable & Co. 1935; New York: E.P. Dutton
& Co. 1935; französische Ausgabe: Paris
1935, latinospanische Ausgabe: Buenos Aires
1939; - die zweite deutsche
Nachkriegsausgabe (Berlin: Aufbau 1947) lag
mir nicht vor.
21) Langhoff, Moorsoldaten, 1935, 175;
1946, 155; in diesem KZ waren 1933
überwiegend Kommunisten, aber auch einzelne
prominente Sozialdemokraten wie z.B. Carl
Mierendorff und Wilhelm Leuschner politische
Gefangene der Nationalsozialisten
22) Ebd.; - die Furcht vor der
Nazi-Propaganda, die Langhoff hier
anspricht, war nicht unberechtigt; vgl. als
Beispiel den Erlebnisbericht des
sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten
Gerhard Seeger, Oranienburg.
Karlsbad: ,Graphia' 1934 ( = Probleme des
Sozialismus. Sozialdemokratische
Schriftenreihe, Nr. 5) und das
Nazipropagandabuch gegen Seegers Broschüre
von [Werner] Schäfer,
Konzentrationslager Oranienburg. Das
Anti-Braunbuch über das erste deutsche
Konzentrationslager. Berlin: Buch- und
Tiefdruckgesellschaft mbH./Abt. Buchverlag
o. J. (1934).
23) Langhoff, Moorsoldaten,
1935, 178f.; 1946, 157 f.
24) Ebd., 1935, 180; 1946, 160.
25) Ebd., 1935, 179f.; 1946, 158 f.
26) Ebd., 1935, 182; 1946, 161.
27) Ebd., 1935, 183, 1946, 162.
28) Ebd., 1935, 182; 1946, 161.
29) Wolfgang Langhoff kommentieret die
Zwiespältigkeit der Lage so: „Würde
unser Zirkus nicht noch im letzten Moment
verboten werden ? - Es läßt sich schwer
beschreiben, welche Stimmung uns alle
ergriffen hatte. Man muß die ganze Situation
berücksichtigen, in der wir lebten. Die S.S.
kam sozusagen zu uns als Gast! Wir, die wir
nicht mehr das Leben von Menschen führten,
hatten es gewagt, für einige Stunden über
uns selbst zu bestimmen, ohne Befehle, ohne
Anweisungen, ganz so, als ob wir unsere
eigenen Herren wären und als ob so eine
Einrichtung wie Konzentrationslager nicht
existierte! Dieses Gefühl war in der Masse
der Zuschauer deutlich spürbar." (ebd.,
1935, 182; 1946, 161 f.)
30) Langhoff, Moorsoldaten, 1935, 183;
1946, 163.
31) Zuerst veröffentlicht ebd., 1935, 191.
32) Ebd., 1935, 193; 1946, 172.
33) Ebd.
34) Ebd., 1935, 194; 1946, 173.
35) Ebd., 1935, 184f.; 1946, 164.
36) Auch wenn es sich um besondere Witzsorten
wie den in der beschriebenen Lage aufgrund
von Adressatenbezug und Rezeptionshorizont
unumgänglichen ,Kalauer' handelt, benutze
ich weiter die allgemeine
Gattungsbezeichnung - es geht mir um eine
Modellanalyse der sozialen Situation und
nicht um einen Beitrag zur Typologie von
Witzsorten.
37) Langhoff, Moorsoldaten, 1935, 189;
1946, 168.
38) Ebd., 1935, 185f.; 1946, 164f.
39) Vgl. z. B. die politische Rhetorik im
NSDAP-Wahlaufruf zur Reichstagswahl am 14.9.
1930; in: Reichstagshandbuch 1930. V.
Wahlperiode. Berlin: Reichstagsdruckerei
1931, S. 156-171.
40) Langhoff, Moorsoldaten, 1935, 186;
1946, 165.
41) Vgl. Heinrich Lützeler,
Philosophie des Kölner Humors. Honnef:
Peters
101955
(= Die Rheinbücher, Neue Folge); Herbert
Schöffler, Kleine Geographie des
deutschen Witzes. M. e. Nachwort v.
Helmuth Plessner. Göttingen: Vandenhoeck
& Ruprecht 1955 (= Kleine Vandenhoeck-Reihe
9,
21970).
42) Langhoff, Moorsoldaten,
1935, 186f.; 1946, 166.
43) Dieser Gesichtspunkt bezielt eine der
,klassischen' sozialen Funktionen des Witzes
und des Humors, nämlich Spannungsabbau
und Anomiereduktion; vgl. u. a. Rose
L. Coser, Some Social Functions of
Laughter: A Study of Humor in a Hospital
Setting. In: Human
Relations 12 (1959), S.171-182; dies.,
Laughter Among Colleages. In: Psychiatry
23 (1960), S. 81-89; Charles Winnick,
Space Jokes As Indicator of Attitudes Toward
Space. In: Journal of the Social Issues 17
(1961), S. 43-49; Christie Davis,
Ethnic Jokes, Moral Values and Social
Boundaries. In: British Journal of Sociology
33 (1982), S.383-403.
44) Vgl. F. W.
Wertheim, Society As a Composite of
Conflicting Value Systems. In:
ders., East-West Parallels. Chicago:
Quadrangle Books 1965, S. 23-39.
45) Als Rache für eine witzige Bemerkung des
im „Zirkus Konzentrazani" auftretenden
prophetischen „Storchs" - berichtet Langhoff
- „hat uns der Scharführer in der Nacht um 1
Uhr aus den Betten geschmissen und mit uns
rumexerziert. Von wegen der ,Autorität'!"
(Moorsoldaten, 1935, 188 f.; 1946, 168)
46) Vgl. Michail Bachtin, Rabele i
Gogol. In: ders.,
Voprossy literatury i estetiki.
Moskva 1975, S. 484-495.
47) McGhee, Humor, S. 232.
48) Anton C. Zijderveld, Humor und
Gesellschaft. Eine Soziologie des Humors und
des Lachens. Graz, Wien,
Köln: Styrial 1976, S. 187 (zuerst 1971
[niederländisch]); vgl. auch ders.,
Jokes and Their Relations to Social Reality.
In: Social Research 35 (1968), S. 286-311.
49) Antonin Obrdlik, ,,Gallows
Humor” - A Sociological Phenomenon.
In: American Journal of Sociology 47 (1942),
S. 709-716, hier S. 716. – Spätere Deutungen
zum Zusammenhang von Witzen und (Galgen-)
Humor zum Überleben unter extrembelastenden
Erschwernisbedingungen in deutschen KZs auch
bei Anna Pawelczynsla, Values and
Violence in Auschwitz. A
Sociological Analysis, translated and with
an introduction by Catherina S.
Leach. Berkeley etc.: UCP, 1979,
hier S. 119-120 und S. 126-132; sowie bei
Victor E. Frankl, ... trotzdem Ja zum
Leben sagen. Ein Psychologe erlebt das
Konzentrationslager. Mit einem Vorwort von
Hans Weigel. München: Kösel, 1978²,
S. 16-148.
Editorische Hinweise
Erstdruck als Modellanalyse in:
Österreichische Zeitschrift für Soziologie
[ÖZS],
9 (1984) 1/2: 183-190
- Zweitveröffenlichung für die Ausgabe.
Richard Albrecht (*1945), promovierter Kultur- und habilitierter
Gesellschaftswissenschaftler, Leitkonzept The Utopian Paradigm
(1991). Nach
Betriebspraktikum und Voluntariat seit 1972
Lehrer, Berufsausbilder und Dozent, zuletzt
1988/89 Gastprofessor an der WWU Münster.
Seitdem freier
Sozialwissenschaftsjournalist. -
Letzterschienene Bücher STAATSRACHE.
Justizkritische Beiträge (2005); VÖLKERMORD(EN). Genozidpolitik im 20.
Jahrhundert (drei Bände 2005-2007); SUCH LINGE. Vom Kommunistenprozeß zu Köln zu
google.de. Sozialwissenschaftliche
Recherchen zum langen, kurzen und neuen
Jahrhundert (2008); HELDENTOD. Kurze
Texte aus Langen Jahren (2011).
Alle Rechte beim Autor
(2020)
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