Bedingungsloses Grundeinkommen
Von der Utopie eines flott akkumulierenden Wohlfahrts-Kapitalismus ohne Zwang zur Lohnarbeit ... oder, wie man Rechnungen ohne den Wirt macht!


Lesetipp v
on Robert Schlosser
06/06

trend
onlinezeitung
Jemand, der mir verwandtschaftlich sehr nahe steht, bezog seit Jahren Sozialhilfe und ist jetzt ALG II-Empfänger. Bedingungsloses Grundeinkommen findet er gut, auch wenn er nicht bereit ist, dafür zu kämpfen.

Er findet das bedingungslose Grundeinkommen aus folgenden Gründen gut:

  • weil es höher sein soll, als das ALGII
  • weil er sich davon eine Sicherung seiner "Selbständigkeit" (Renovierungsarbeiten,

  • Transportarbeiten, etc.) verspricht

  • weil er hofft, daher keinen "beschissenen Lohnarbeitsjob" annehmen zu müssen.

So gesehen scheint aus sozialer Sicht alles im "grünen Bereich". Genau in diese Richtung zielt ja die Argumentation der "linken" BegründerInnen eines bedingungslosen Grundeinkommens. Sie zielt darauf ab, die Situation von Lohnarbeitslosen zu verbessern und den Zwang zur Lohnarbeit aufzuheben, letzteres bemerkenswerter Weise ohne Abschaffung des Kapitalverhältnisses!

Die Produktionsverhältnisse können also bleiben wie sind. Das Geld wird nur anders verteilt und zwar so verteilt, dass niemand mehr gezwungen ist, seine Arbeitskraft an die Besitzer der Produktionsmittel, die kapitalistischen Unternehmen, zu verkaufen.

Das hört sich verlockend und einfach an und es wird gar in Aussicht gestellt, dass alle Menschen und Interessengruppen im Kapitalismus sich darauf verständigen können, durch den Staat ein solches bedingungsloses Grundeinkommen auszahlen zu lassen. Die Bewahrung vor Armut und Elend durch Verwirklichung eines „Menschensrechts“ auf Grundeinkommen, das die Klassengegensätze der bürgerlichen Gesellschaft aufhebt! 

In Aussicht auf die Suspendierung „die Wirtschaft lähmender Klassenkämpfe“ haben auch liberale Ökonomen die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen auf ihre Fahnen geschrieben. Sie haben allerdings weniger Interesse an sozialer Wohlfahrt, gar „sozialer Emanzipation“, als an ungestörter, flotter Kapitalakkumulation. Die „Wirtschaft“ könne in Ruhe wirtschaften, wenn sie nur noch solche Lohnarbeitskräfte auf dem Markt vorfände, die begeisterte, höchst motivierte und qualifizierte LohnarbeiterInnen sind. Plusmacherei nur noch mit freudig sich verausgabenden und (in Lohnabhängigkeit!) sich selbst verwirklichenden Menschen! Schluss mit den Querelen zwischen „Arbeitgebern“ und „Arbeitnehmern“. Wem die Zustände in Fabriken und Büros nicht gefallen, der kann (und wird) ja draußen bleiben, weil mensch dank des bedingungslosen Grundeinkommens niemandem seine Arbeitskraft verkaufen müsse. 

Da bildet sich eine ganz famose Koalition, zwischen Menschen die von sozialer Emanzipation ohne soziale Revolution träumen und jenen, die dem Kapital dank tieferer liberaler Einsichten größere Rentabilität und damit mehr Wachstum bescheren wollen. 

In seiner Broschüre „Zur Kritik des bedingungslosen Grundeinkommens“ hat sich Rainer Roth (bekannt u.a. durch „Das Kartenhaus“, „Nebensache Mensch“ sowie sein Engagement in den sozialen Bewegungen gegen den florierenden Sozialraub) der Sache angenommen und die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen auf Herz und Nieren geprüft. Er zeigt auf, dass die Forderungen nach einem bedingungslosen Grundeinkommen sich vor allem gründet auf Missachtung der realen gesellschaftlichen Verhältnisse des Kapitalismus. Nur wer die Gesetze des Marktes, der Warenproduktion und Kapitalverwertung aus seinen Überlegung ausklammert, so tut als seien sie nicht existent, kann eine bedingungloses Grundeinkommen für realistisch halten, dass gleichermaßen Armut verhindert, soziale Emanzipation befördert und der Kapitalakkumulation gut tut! Wer mit der Forderung nach bedingungslosem Grundeinkommen sympathisiert und es mit dem Kampf gegen die ebenso sich spontan entwickelnde wie aktiv betriebene Verarmung immer größerer Teile der Bevölkerung ernst meint, wer zugleich nach Wegen der sozialen Emanzipation sucht, der sollte diese kleine Broschüre von Rainer Roth unbedingt lesen!

Sie behandelt im Einzelnen die folgenden Themen: 

Grundeinkommen ohne Arbeitszwang?

Grundeinkommen ohne Bedürftigkeitsprüfung?

Grundeinkommen ohne Bedürftigkeitsprüfung bedeutet Kombilohn und damit Lohnsenkung
Grundeinkommen ohne Bedürftigkeitsprüfung bedeutet völlige Herausnahme der Unterhaltskosten von Kindern aus dem Lohn und damit Lohnsenkung
Grundeinkommen ohne Bedürftigkeitsprüfung bedeutet Senkung der „Lohnnebenkosten“ und damit Lohnsenkung
Das BGE stärkt nicht die Verhandlungsposition der LohnarbeiterInnen, sondern schwächt sie
Grundeinkommen ohne Bedürftigkeitsprüfung auch für Vertreter des Kapitals und für Reiche?
Das BGE verzichtet nicht auf jede Bedürftigkeitsprüfung

Bedingungsloses Grundeinkommen und unmittelbare Tagesforderungen

Das BGE und die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn von wenigstens zehn Euro brutto die Stunde 
Zur Höhe des Grundeinkommens
Kollektive oder individuelle Arbeitszeitverkürzung
BGE und Steuern
DGB-Führung untergräbt das notwendige Bündnis zwischen Erwerbslosen und Erwerbstätigen
Die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen untergräbt das Bündnis zwischen erwerbslosen und beschäftigten LohnarbeiterInnen

Bedingungsloses Grundeinkommen  als alternatives Gesellschaftsmodell?

Geld als Lösung?
(Existenz)Geld setzt Warenproduktion voraus
(Existenz)Geld setzt Lohnarbeit voraus
(Existenz)Geld setzt Kapitalverwertung und Arbeitszwang voraus
Muss das Kapital den Arbeitszwang abschaffen  und das BGE einführen, um zu überleben?
(Existenz)Geld als Mittel zur Emanzipation der Frauen?
Mit (Existenz)Geld Gerechtigkeit verwirklichen?
Mit (Existenz)Geld Armut abschaffen?
Mit (Existenz)Geld die Diskriminierung von Erwerbslosen abschaffen?
Mit (Existenz)Geld materielle Sicherheit verwirklichen?
Mit (Existenz)Geld Freiheit und Autonomie verwirklichen?
Mit (Existenz)Geld eine Solidargemeinschaft schaffen?
Das „andere Gesellschaftsmodell“ ist ein sozialer Kapitalismus

Bedingungsloses Grundeinkommen finanzielle Basis für kleine Selbständige

Mehr Geld für Lohnarbeit oder mehr Geld für Nicht-Lohnarbeit?
BGE als Utopie - Reflex von Möglichkeiten

 

Bestellungen von Rainer Roth, „Zur Kritik des bedingungslosen Grundeinkommens bei

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Erscheint Anfang Juni 2006

Editorische Anmerkungen

Der Artikel wurde uns vom Autor am 28.5.2006 überlassen.