In der bürgerlichen Presse gefunden
Fünf Festangestellte und 300 Ein-Euro-Jobber

Eine Leserin berichtet über ihre Erfahrungen als Ein-Euro-Jobberin

06/09

trend
onlinezeitung

Ich hatte sechs Ein-Euro-Jobs. War zuerst als "hausmeisterliche Hilfskraft" bei der Diakonie in Düsseldorf eingesetzt. Ich bin ausgebildete Sozialarbeiterin u.a., und dann diese Herabsetzung meiner Person und Arbeitskraft. Am nächsten Einsatzort gab es 300 Ein-Euro-Jobber und nur fünf Festangestellte im "Betrieb", da war ich in der Kinder- und Jugendarbeit eingesetzt: "Kinderspielhaus", "Jugendclub" (mit kriminellen Jugendlichen) und Hausaufgabenbetreuung, insgesamt ein Jahr. Dann bei der Caritas: Schulsozialarbeit. Die arbeiten mit Ein-Euro-Kräften, Praktikannten/-innen, Honorarkräften, Zivis und Ehrenamtlichen. Auch kaum Leute, die richtige Arbeitsverträge haben, und dann auch nur schlecht bezahlt. Körperlich schwere Arbeit, Lärmpegel unerträglich und schwierige Kinder: 90 Prozent Ausländeranteil.

Danach habe ich bei einem berühmten Künstler im Ein-Euro-Job gearbeitet: Der hat als Gründer eines sozialen Vereins mindestens das halbe Büro mit Ein-EuroKräften besetzt. Ich durfte sein Silber putzen und viele Handlangertätigkeiten machen. Als ich nicht noch ganz unentgeltlich für ihn arbeiten wollte, konnte ich gehen! Da ich nach der 58er Regelung nur 96,15 Stunden arbeiten durfte. Was da an Personalkosten gespart wird! Und dann sollen die Leute im Land noch spenden für die Kirche und diese sozialen Organisationen? Lohnwucher ist kein Kavaliersdelikt, auch wenn es als sozial verkauft wird. Keine Spenden für Organisationen, die Ein-Euro-Kräfte ausbeuten!

Eine Ein-Euro-Kraft muss alles machen und alles können und wird gedemütigt, wenn das nicht klappt. Integration in den ersten Arbeitsmarkt wird so verhindert. Nur die Armut treibt einen in die "Freiwilligkeit" eines Ein-Euro-Jobs, und die Leute, für die es gemacht wurde (?), wollen die Arbeitgeber nicht, die nehmen die gutausgebildeten Arbeitslosen lieber, die als neue Zwangsarbeiter dafür sorgen, dass die Löhne und Gehälter sinken.

Mehr Jobs, auch in Teilzeit, die richtig bezahlt werden mit Rentenversicherung! Ein-Euro-Jobs müssen weg oder wirklich freiwillig sein.

Gesine Unger, Düsseldorf

Editorische Anmerkungen

Den Text  fanden wir in der FR am 14.5.2009