Krisendebatte
Kredit und fiktives Kapital: Marx und die Finanzkrise
Paper für die gemeinsame Tagung "Kapitalismustheorien"

von Thomas Kemetmüller

06/09

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Einleitung

Die aktuelle Krise scheint im internationalen Finanzsystem keinen Stein auf dem anderen zu lassen. Angesichts dieser Krise und dem fehlenden Verständnis und - in der Folge - dem Fehlen von Erklärungs- und Lösungsmöglichkeiten der bis dato dominanten Theorien werden wieder viele kapitalismuskritische Ansätze studiert Auch das Marx'sche Hauptwerk, "Das Kapital", ist erneut Gegenstand von Diskussionen und Untersuchungen.
Obwohl dieses Werk fast 150 Jahre alt ist, ist seine Aktualität durch die Finanzkrise scheinbar nur bestätigt worden Es stellt sich für viele jedoch die Frage ob eine Analyse, die bereits vor eineinhalb Jahrhunderten verfasst wurde auch eine Erklärung für die bisher noch nie da gewesenen Entwicklungen auf den Finanzmärkten bereitstellen kann. Ein genaues Studium des Kapitals zeigt außerdem, dass sich die Analyse der Krise in der Marx'schen Theorie nicht nur auf Störungen in der Reproduktion (bei Kapitalakkumulation) oder beim umstrittenen tendenziellen Fall der Profitrate beschränkt, sondern auch Kategorien bereitstellt, die besonders in der Finanzkrise an Aktualität und Erklärungswert nichts eingebüßt haben.

Dabei handelt es sich um die Marx'sche Kredittheorie und die damit verbundene Kategorie vom "fiktiven Kapital" Bisher sind diese Aspekte der Marx'schen Kapitalismustheorie kaum beachtet worden. Diese Tatsache ist insofern Verwunderlich, da der für den Marxismus einflussreiche Theoretiker, W I. Lenin dem Finanzkapital eine besondere Rolle zuweist. Eine Mögliche Erklärung könnten die Probleme Engels sein, mit denen er bei der Herausgabe des dritten Bandes zu kämpfen hatte. Dabei hatte er gerade beim Abschnitt über Kredit und das zinstragende Kapital seine größte Mühe Er schreibt:

Die Hauptschwierigkeit machte Abschnitt V, der auch den verwickeltsten Gegenstand des ganzen Buchs behandelt Und grade hier war Marx in der Ausarbeitung von einem der erwähnten schweren Krankheitsanfälle überrascht worden. Hier liegt also nicht ein fertiger Entwurf vor, nicht einmal ein Schema, dessen Umrisse auszufüllen wären, sondern nur ein Ansatz von Ausarbeitung, der mehr als einmal in einen ungeordneten Haufen von Notizen, Bemerkungen, Materialien in Auszugsform ausläuft.
(MEW 25, S. 12)

Trotz des "verwickelten" Gegenstands wollen wir hier im Folgenden "fiktives Kapital" und relevante Aspekte der Kredittheorie Marx1 ausführen um davon ausgehend diese Kategorien dahingehend zu beurteilen ob sie in der Lage sind zur Erklärung der aktuellen Krise beizutragen.

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Editorische Anmerkungen

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