Betrieb & Gewerkschaft
Leverkusen: TMD-Proteste gehen weiter

von
anarchosyndikalismus.org

06/09

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Am Mittwoch, dem 27. Mai 2009, haben die entlassenen Arbeiter/innen erneut vor dem Fabrikstor des Bremsbelagherstellers TMD Friction in Leverkusen-Fixheide protestiert. Bereits zum vierten Mal fand diese Kundgebung in der Schlebuscher Straße bereits statt. Alle zwei Wochen treffen sich dort rund 40 der gekündigten Arbeiter/innen mit Familienangehörigen und Freund/innen, um der Firmenleitung und dem untätigen Betriebsrat zu zeigen, dass sie sich nicht ohne Widerstand kündigen lassen.

Nachdem die Entlassenen bei dem Erwerbslosen-Cafe des kölner Protest-Bündnisses "Zahltag!" ihre Situation geschildert und um solidarische Unterstützung angefragt hatten, waren bei der folgenden Kundgebung am 13. Mai auch prompt ein Dutzend linke Aktivist/innen in das Leverkusener Industriegebiet gekommen. Auch einige Mitglieder der Linkspartei verteilten ihre Wahlbroschüren, Ansprachen wurden gehalten und Grußbotschaften verlesen.

Doch schon bei der darauffolgenden Kundgebung am 27. Mai wurde deutlich, dass die Lippenbekenntnisse der linken Funktionär/innen hauptsächlich heisse Luft waren: Es kam nur noch eine Handvoll Unterstützer/innen. Doch Solidarität kam dieses Mal von anderer Seite. Eine Delegation von streikenden Arbeitern der Transportfirma DPD aus Duisburg war extra angereist, um die Entlassenen in ihrem Kampf zu ermutigen. Diese Mitglieder der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di kämpfen seit Monaten gegen die drohende Entlassung, was bei dem niedrigen Streikgeld garnicht so einfach ist.

Gemeinsam wurde über Lautsprecher nochmals vergeblich die Geschäftsführung aufgefordert einmal herunter vor die Tür zu kommen und Stellung zu beziehen. Erneut riefen enttäuschte Arbeiter/innen: "Betriebsrat raus!" und "Wir wollen Arbeit!". An die Kolleg/innen, die zum Schichtwechsel an der Kundgebung vorbeikamen, wurde folgender Offene Brief der entlassenen Arbeiter/innen von TMD Friction verteilt:

Leverkusen 27.05.2009

Kolleginnen und Kollegen,

seit ungefähr 3 Monaten sind wir ungerechter Weise von TMD Friction GmbH gekündigt worden, in den 3 Monaten ist das jetzt unsere 4 Demonstration. Aber unglücklicher Weise will die Firma und der Betriebsrat von TMD Friction GmbH von uns nichts hören und wissen,

wieso hat der Vorsitz der Firma oder des Betriebsrates bis jetzt keine Stellungnahme genommen oder hat kein interview bei den Medien abgegeben,

oder können sie sich nicht äussern,weil sie wissen das sie unrecht getan haben,

sie oder die anwälte kommen nicht mal zu Gerichtsverhandlungen von Kollegen,

die gekündigt worden sind und die gegen die Firma geklagt haben.

Wir haben für die Firma Tag und Nacht ohne zu denken alles getan,

ohne die Belegschaft kann keine Firma überleben,

aber wie sieht uns TMD Friction? als Menschen oder nur als eine Personalnummer!

Wir machen hier und heute jedem klar das wir nicht nur eine Personalnummer sind sondern auch für unsere Rechte Kämpfen,

und nicht aufgeben werden.

Also sollen sich die Vorsitzenden von TMD Friction und vom Betribsrat nicht einbilden, das wir einfach den Kampf aufgeben,

wir werden so lange um unsere Rechte Kämpfe bis wir unser Recht bekommen,

das wird heute nicht unsere letzte Demonstration sein.

Wir alle haben einen Weg eingeschlagen und lassen uns auch nicht von unserem Weg abbringen.

Wir danken als gekündigte Belegschaft des TMD Friction allen Medien, das sie uns von anfang an Unterstützten.

Organisator Sabit Okuyan

Hintergrundinformationen:

Vor dem Werkstor des Bremsbelagherstellers "TMD Friction" (ehemals Textar) haben am 13. Mai 2009 in Leverkusen bei Köln etwa 40 entlassene Arbeiter/innen mit ihren Freunden und Familienangehörigen gegen ihre Kündigungen vom Februar 2009 protestiert. In der Schlebuscher Straße in Leverkusen-Fixheide befindet sich die Zentrale des weltweiten Konzerns. Nach dem Beginn der Finanzkrise 2008 hatte TMD als erster deutscher Automobilzulieferer Insolvenz angemeldet und wurde von dem britischen Finanzinvestor "Pamplona Capital Management" übernommen. Weltweit wurden 600 Leute entlassen, 260 davon in Deutschland. Ihnen wurde für 10 Monate Arbeit in der Beschäftigungsgesellschaft PEAG angeboten, wo sie allerdings nur 80% ihres letzten Nettolohnes bekommen sollen.

Die Firma gehört zu den Weltmarktsführern im Bereich Bremsbeläge und lässt an den Standorten in Brasilien, China, Europa, Japan und Mexico fast 4.000 Arbeiter/innen produzieren, was im Jahr 2008 einen Umsatz von über 600 Millionen Euro einbrachte. Im Werk Leverkusen sind nach den Kündigungen noch 850 Arbeiter/innen beschäftigt. An den Standorten Coswig, Essen und Hamm wurden rund 100 Mitarbeiter/innen dazu gebracht Abfindungsverträge zu unterzeichnen. Die Produktion geht mittlerweile auch mit Hilfe von Leiharbeiter/innen weiter.

Von den 150 Arbeiter/innen in Leverkusen, die unangekündigt und ohne Begründung entlassen wurden, klagen nun 42 vor dem Arbeitsgericht eine Rücknahme des als ungerecht empfundenen Sozialplans und eine Aufhebung ihrer Kündigungen ein. Da von dem Investor eine neue Gesellschaft gegründet wurde und es sich also um einen Betriebsübergang handele, seien die Kündigungen laut BGB (§613a) ungültig gewesen, so ein Rechtsanwalt der Entlassenen. Eine Gerichtsentscheidung wird für Anfang September 2009 erwartet.

 

Editorische Anmerkungen

Den Text  spiegelten wir von der Website von anarchosyndikalismus.org.

Dort gibt es weitere Infos und Fotos.