Bernard Schmid berichtet aus Frankreich

Eine absolute Premiere in der fünften Republik:
Amtierender Minister wegen Rassismus verurteilt
 

06/10

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Frankreichs Innenminister Brice Hortefeux hat nicht nur Freunde im Land. Aber er hat wohlmeinende Feinde. Beispielsweise die Vereinigung ,Les Indivisibles’ (Die Unteilbaren) der Fernsehjournalistin Rokhaya Diallo, die seit Januar 2007 einen Preis unter dem Namen ‚Y’a bon Award’ stiftet, um auf ironische Weise rassistische Äußerungen von Prominenten zu prämieren. Der Namen bedeutet ungefähr so viel wie „Viel Gutt-Preis“; er benutzt ein bewusst schlechtes Französisch, so wie Rassisten sich vorstellen, dass „Ausländer“ bzw. „Eingeborene“ sprechen. (Ferner hieb ein Schokogetränk für Kinder, dessen Verpackung vom Konterfei eines strahlenden Afrikaners - eines „Mohren“, so der Sinn dar Darstellung – geziert wird, Jahrzehnte lang ,Y’a bon Banania’. Also in etwa „Viel Gutt Banania“, so der Name des Getränks. Derzeit ist bei einem Gericht in Versailles ein Verfahren in der Berufungsinstanz anhängig, bei der es darum geht, die Benutzung dieses Markennamens wegen rassistisch verzerrender Darstellung von Afrikanern zu verbieten.)

Brice Hortefeux ist ein guter Kunde der Vereinigung, er erhielt den Preis bereits zwei mal, beim letzten Mal zusammen mit dem Fernsehjournalisten Eric Zemmour.

Nun ist Hortefeux am Freitag, den o4. Juni wegen Äußerungen, die vom Gericht als „rassistische Beleidigung“ eingestuft wurden, von einem Pariser Gericht verurteilt worden. Gemäß dem erstinstanzlichen Urteil, gegen das Hortefeux sofort in Berufung ging, muss er 750 Geldstrafe an den Staat sowie 2.000 Euro Schadensersatz an die klagende Antirassismusvereinigung MRAP zahlen. Ferner muss er die Gerichtskosten (in Höhe von 3.588 Euro) tragen und das Urteil auf eigene Kosten in einer Zeitung, deren Auswahl den Klägern obliegt, abdrucken lassen. ,Les Indivisibles’ aber waren großzügig. Sie kündigten am Montag früh (o7. Junj) an, den erst vor wenigen Tagen an Hortefeux gestifteten „Viel-Gutt-Preis“ im Internet zu versteigern, um dem Minister „zu helfen, die Geldstrafe zu finanzieren“.

„Einen braucht es immer“

Verurteilt worden war Hortefeux wegen einer Äußerung, die einmal mehr belegt, in welchem Ausmaß er von Herkunft und Abstammung geradezu besessen ist. Derselbe Ausspruch trug ihm auch den Y’a bon-Preis ein. Am o5. September2 009 nahm der Innenminister an der „Sommeruniversität“ der Regierungspartei UMP, die auf einem Strandgelände in Seignosse in einer Region südlich von Bordeaux stattfand, teil. Dort wurde ihm ein junger Mann vorgestellt, der sich mit ihm fotografieren lassen wollte. Es handelte sich um ein junges Parteimitglied aus dem südwestfranzösischen Dax, den etwa zwanzigjährigen Amine Benalia-Brouch, der einen kabylischen, also berberischen Vater und eine portugiesische Mutter hat. Parteikollegen, die den jungen Franzosen fälschlich für einen Araber hielten, stellten ihn dem Minister mit Sprüchen wie folgenden vor: „Er ist unser kleiner Araber“, „Das ist Integration!“. Ergänzt um die Information „Er spricht Arabisch“  und auch „Er isst Schweinefleisch und trinkt Bier“. Unter denen, die so sprachen, befand sich die Bezirksvorsitzende der UMP, Marie Aphatie. (Vgl.[1]

Jean-François Copé, der Fraktionsvorsitzende der UMP in der französischen Nationalversammlung, der an der Seite des Innenministers stand, begleitete dies mit den amüsant gemeinten Worten: „Er kommt aus der Auvergne!“ Also aus derselben Region, in welcher Brice Hortefeux seinen Parlamentssitz holte, bevor er Minister wurde. Die Antwort des Innenministers lautete: „Das geht ja überhaupt nicht, er entspricht nicht dem Prototyp“, weil der junge Mann angeblich „Katholik“ sei, Bier trinke und Schwein esse. Und dann fügte er den berühmt gewordenen Satz hinzu: „Einer muss immer dabei sein. Wenn es einer ist, dann geht es. Wenn viele da sind, dann gibt es Probleme.“ Ein Amateurvideo von dieser Szene wurde fünf Tage später auf der Homepage der liberalen Pariser Abendzeitung Le Monde veröffentlicht und löste einen Sturm der Empörung aus. Innerhalb kurzer Zeit wurde es dort 130.000 mal angeschaut. 

Zu seiner Verteidigung behauptete Hortefeux, er habe überhaupt nicht über Nordafrikaner oder Einwandererkinder gesprochen, sondern „über meine Landsleute, die Auvergnats“. Der Clou dabei ist freilich, dass weder das junge Parteimitglied – es kommt aus Dax in Südwestfrankreich – noch Brice Hortefeux selbst aus der Auvergne stammen. Hortefeux absolvierte dort einen Teil seiner politischen Karriere, aber er ist im Pariser Millionärsvorort Neuilly-sur-Seine geboren, wie Nicolas Sarkozy. Seine Familie kam zuvor aus dem Elsass.  

Seitdem machen französische Polizisten untereinander oft Witze diesbezüglich. Beamte, die in Vierteln mit hohem Anteil an Einwandererjugendlichen Dienst tun, fragen sich bei Dienstschluss etwa gegenseitig: „Na, wie viele Auvergner hast Du heute festgenommen?“ 

Der junge Mann, den Hortefeux angesprochen hatte – Amine Benalia-Brouche – hat den Minister stets verteidigt und möchte seinerseits keinen Rassismus erkennen. Er kam allerdings nur in den ersten Tagen nach Ausbruch des Skandals zu Wort, und ist inzwischen aus den Medien verschwunden. Er dürfte an seine eventuelle Parteilaufbahn bei der UMP gedacht haben. Ferner dürfte der junge Franzose berberisch-portugesiescher Abstammung, der also selbst keinerlei arabische Ursprünge hat, sich wohl nicht mit der Rolle eines Opfer anti-arabischen Rassismus’ identifizieren. Wie er wohl überhaupt sich nicht als Rassismusopfer, sondern eher als jungen Mann mit Karrierehoffnungen identifizieren möchte. 

Spezialist für denkwürdige Aussprüche 

Brice Hortefeux hatte schon zuvor durch merkwürdige Aussprüche auf sich aufmerksam gemacht, bei denen er sich im Nachhinein darauf hinausredete, er habe doch nur von seiner geliebten Auvergne gesprochen. Als Hortefeux im Januar 2009 - für kurze Zeit - Arbeits- und Sozialminister wurde, stellte er seine Mitarbeiter der versammelten Presse vor. Die Staatssekretärin für die Vorstädte, Fadela Amara, präsentierte er mit den Worten: „Sie ist meine Landsmännin. Da sich das nicht von selbst versteht, präzisiere ich es.“ Viele verstanden das so, er habe ihre französische Nationalität infrage gestellt. Hortefeux behauptete hingegen, er habe auf ihre gemeinsame Herkunft aus der Auvergne - Amara wurde in Clermont-Ferrand geboren - angespielt. Fadela Amara (Ex-Chefin der Frauenvereinigung ,Ni Putes ni Soumises’ - „Weder Nutten noch unterwürfig“ - alias „Streberinnen der Republik“, die auf dem Anti-Islam-Ticket in die Ministerien streben), welche leider als hemmungslose Opportunistin gilt, verteidigt den Minister allerdings bis heute gegen Vorwürfe. 

Die schwarze Staatssekretärin für Sport, Rama Yade, Tochter eines senegalesischen Diplomaten, wiederum begleitete Hortefeux und andere Regierungsmitglieder auf einer Afrikareise. Die konservative Tageszeitung ,Le Figaro’ war es, die daraufhin mit den Worten zitiert, die er Rama Yade zugesteckt hatte: „Du reist mit uns hin. Aber es könnte sein, dass du nicht mit uns zurückkommst.“ Einen Journalisten der Pariser Abendzeitung ,Le Monde’ mit Migrationshintergrund, Mustapha Kessous, der ihn interviewen sollte, empfing Hortefeux mit den Worten: „Ihre Papiere!“ Aus Spaß, wie er versicherte.

Im Herbst 2007 hatte Hortefeux selbst eine tief blicken lassende Anekdote erzählt, die durch die Wochenzeitung ,Le Canard enchaîné’ wiedergegeben wurde: Auf einem Parkplatz im Hochsommer hatte er fünf Schwarze, die den Minister erkannt hatten, befragt: „Wo kommen Sie her?“ Letztere hatten ihm geantwortet: „Aus Caen (in der Normandie).“ Hortefeux – so hat er selbst es anlässlich einer politischen Tagung hinausposaunt - lieb daraufhin jedoch nicht locker, sondern insistierte, sich mit dieser Herkunft aus einer französischen Stadt nicht begnügend: „Aber woher kommen Sie EIGENTLICH her?“ Die Schwarzen verstanden ihn jedoch leider nicht... Daraufhin schloss Hortefeux, einige Wochen später, seine Darstellung: „An dem Tag hatte ich begriffen, dass eine immense Aufgabe vor mir liegt.“ In der Tat, in der Tat!

Überraschend couragierte Justiz

Bei alledem will Hortefeux keine Spur von Rassismus erkennen. Das Pariser Gericht, das eingeschaltet wurde, hat es freilich anders gesehen. Anlässlich der Verhandlung, die am 16. April 10 stattgefunden hatte, forderte - neben den Zivilklägern (Anm.[2]) - auch die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung, ihr Vertreter unterstrich den rassistischen Charakter der fraglichen Sprüche deutlich. Dies verwunderte manchen Zuhörer, denn die Staatsanwälte sind in Frankreich an Weisungen aus dem Justizministerium gebunden, anders als die Richter. Allerdings betreffen diese Weisungen theoretisch keine Einzelfälle, sondern nur allgemeine Richtlinien der Justizpolitik. Vielleicht wollte das Justizministerium in diesem Falle tatsächlich den Anspruch, die Vierte Gewalt sei unabhängig - der oft nur sehr theoretisch wahr ist - aufrecht erhalten. Ferner herrscht eine starke Rivalität zwischen Justizministerin Michèle Aliot-Marie und ihrem Kollegen im Innenministerium.

Staatsanwalt und Richter änderten allerdings die Einstufung der Straftat, die Brice Hortefeux begangen hatte, von „öffentliche rassistische Beleidigung“ (so die Zivilkläger) auf „nicht öffentliche rassistische Beleidigung“ ab. Dies sind zwei unterschiedliche Straftaten, die unterschiedliche Konsequenzen haben, was besonders das Strafmab betrifft: Die Höchststrafe bei „nicht öffentlicher rassistischer Beleidigung“ liegt bei 3.750 Euro, bei „öffentlicher“ hingegen um ein Mehrfacher höher (22.500 Euro) zuzüglich einer möglichen Haftstrafe bis zu sechs Monaten. Das Gericht gelangte nun zu der Auffassung, die Sprüche Hortefeux’ – und seiner Parteikollegen übrigens auch – seien an einem „nicht öffentlichen“ Ort gefallen, da das Gelände der Sommeruniversität der UMP umzäunt gewesen sei und man nur mit einem gültigen Mitgliedsausweis Zugang habe nehmen können. Zwar war auch für die Presse der Zugang möglich, dies aber nur zu bestimmten Zeiten, und – so hielt das Gericht Hortefeux „im Zweifel“ zugute – es sei nicht klar gewesen, ob dem Minister die Anwesenheit von Kameras bewusst gewesen sei. (Hortefeux blickt zum Zeitpunkt der fraglichen Szene tatsächlich nicht in die Kamera, sondern glotzt in die Runde.) Nachdem Hortefeux sofort nach dem Urteil in Berufung ging, ist nun auch der MRAP als Zivilkläger seinerseits in Berufung gegangen – und verlangt dabei, nach wie vor, die Verurteilung Hortefeux’ wegen „öffentlicher rassistischer Beleidigung“.

Brice Hortefeux, der lange Zeit Berater Nicolas Sarkozys gewesen war, begann seine Ministerkarriere im Mai 2007 als erster Amtsinhaber des damals neu geschaffenen „Ministeriums für Einwanderung und nationale Identität“. Sein Nachfolger dort ist heute Eric Besson. Nach anderthalb Jahren auf diesem Posten wechselte Hortefeux für wenige Monate ins Sozial-, später ins Innenministerium.

Die parlamentarische Opposition stellt nunmehr die Frage, ob er in diesem Amt noch tragbar sei, nachdem er - in erster Instanz - verurteilt wurde. Der Sprecher der französischen Sozialdemokratie, Benoît Hamon, forderte noch am Nachmittag des o4. Juni, nach dem Urteil, seinen Rücktritt. Am Montag Abend (o7. Juni) wollten die französischen Jungsozialisten (MJS) vor dem Innenministerium, aber auch vor mehreren Rathäusern und Präfekturen für diese Forderung demonstrieren. Unmittelbar neben dem Innenministerium erhielten sie dafür jedoch keine Genehmigung, doch hielten einige Dutzend JungsozialistInnen eine Protestkundgebung in rund 500 Metern Entfernung ab[3]. Der wegen Korruption verfolgte sozialdemokratische Abgeordnete Julien Dray (und Ex-Vorsitzende von SOS Racisme) widersprach ihr jedoch am Sonntag, den o6. Juni: Hortefeux sei „ein Republikaner“ und „kein Rassist“. Das Regierungslager dürfte Dray jedoch in der Hand haben, da er aufgrund der massiv auf ihm lastenden Korruptionsvorwürfe erpressbar ist. Das konservativ-wirtschaftsliberale Regierungslager steht bislang weitgehend geschlossen hinter Hortefeux.

Ein furchtbarer Innenminister

Dennoch muss Letzterer sich Sorgen machen. Denn Präsident Sarkozy, der selbst zwischen 2002 und 2007 die Mehrzahl der Zeit hindurch Innenminister war, will keinen Schatten auf seine eigene - aus seiner Sicht nicht nachzuahmende oder gar zu übertreffende - Bilanz in diesem Amt kommen lassen. „Ich habe den Beruf (des Innenministers) für lange Zeit getötet“, rief Sarkozy am 31. März 10 in diesem Sinne aus: Nach ihm könne es keinen auch nur halb so guten Inhaber des Amtes geben. Hortefeux’ Bilanz sieht tatsächlich, oberflächlich betrachtet, nicht ganz so gut aus: Die Aufklärungsquote von Verbrechen scheint rückläufig, die Zahl der Straftaten nimmt zu. Aber die Kontraste in der Bilanz zu jener der Ära Sarkozy ist leicht erklärbar: Nicolas Sarkozy hatte damals die Polizeigewerkschaften fest in der Tasche und konnte die Statistiken beliebig frisieren. Und von den 13.500 Polizisten, die Sarkozy unmittelbar nach seinem Amtsantritt 2002 hatte zusätzlich einstellen lassen, sind drei Viertel der Stellen inzwischen wieder abgebaut: Sparzwang verpflichtet.

Hortefeux nutzt jedoch jede Gelegenheit, um sich wieder hochzurappeln. Am 20. Mai 10 kam es zu einem tragischen Zwischenfall: In einem Vorort südöstlich von Paris, Villiers-sur-Marne, hielt die örtliche Kommunalpolizei einen Kleinlastwagen bei einer Routinekontrolle auf. Anstatt ihr Fahrzeug durchsuchen zu lassen, eröffneten die Insassen jedoch das Feuer aus mehreren Kalaschnikows und ergriffen die Flucht: Sie waren zu einem Großeinbruch unterwegs, und eine Kontrolle kam ihnen, gelinde ausgedrückt, ungelegen. Die 26jährige Kommunalpolizistin und junge Mutter Aurélie Fouquet starb an ihren Schussverletzungen. Mehrere Mitglieder der Bande wurden Tage darauf jedoch gefasst.

Hortefeux, der neben Sarkozy persönlich an ihrer Beerdigung teilnahm, nutzte die Zeit für martialische Sprüche. Eine seiner ersten Entscheidungen daraufhin war, künftig die „Tazer“ genannten Elektroschockpistolen – ein gewisser Jean-Marie Le Pen ist unter den Aktionären der Herstellerfirma[4] - für Kommunalpolizisten wieder zuzulassen. Sie waren vor etwa einem Jahr aus dem Verkehr gezogen worden, nachdem die Ausrüstung der Kommunalpolizeien mit den Elektroschockern im September 2008 begonnen hatte[5].

Zuvor hatte sich eine Polemik um ihren Einsatz entsponnen- in Nordamerika starben 150 Personen durch den Einsatz solcher Geräte -, und der Oberste Gerichtshof hatte schließlich das Dekret, das ihren Einsatz erlaubte, annulliert. Er monierte, es fehle den Angehörigen von Kommunalpolizeien an der nötigen Ausbildung, um mit den Geräten verantwortlich umgehen zu können und mit ihren Gefahren vertraut zu sein. Die nationale Polizei behielt die Apparate jedoch. Nunmehr ergriff Hortefeux ein Dekret, um die kommunalen Polizeiorgane erneut mit den umstrittenen Elektroschockern auszustatten. Dafür nutzt er die Gunst der Stunde, so lange die Emotion über den Tod der jungen Polizisten anhält. Kritiker monieren jedoch, in ihrem Falle hätte es überhaupt nichts geändert, hätten die Polizisten über Elektroschocker verfügt: Gegen eine Gang mit Kalaschnikows lässt sich mit einem Tazer schlichtweg nichts ausrichten[6].

Und zum Abschluss noch eine lustige Note:

http://www.wat.tv/video/chute-hortefeux-1sb5d_2eyi7_.html

Anmerkungen:
 

[1] Die Video-Aufnahme von der Szene, welche in zwei Versionen existiert (die eines Amateurfilmers und jene, die erst nach Ausbruch des Skandals zum Vorschein kam, des Fernsehsenders ,Public Sénat’), ist inzwischen an unzähligen Stellen im Internet aufzurufen und wurde insgesamt mehrere Hunderttausend mal betrachtet. Vgl. etwa hier http://www.youtube.com/watch?v=FoQ955F727c  sowie http://www.youtube.com/watch?v=B4XPV5J_bRI . – Eine (ungefähre, doch ziemlich nahe kommende) schriftliche Transkription der Gesprächsfetzen findet sich an diéser Stelle: http://abonnes.lemonde.fr:
[2] Geklagt hatte ursprünglich die seit 60 Jahre bestehende Nichtregierungsorganisation MRAP (« Bewegung gegen Rassismus und für Völkerfreundschaft », gegründet im Oktober 1949 aus einer Vorläuferorganisation – einer jüdischen Résistance-Vereinigung -, ursprünglich KP-nahe). Doch während der Verhandlung traten drei weitere, voneinander sehr unterschiedliche Vereinigungen auf, die als Zivilkläger/innen am Prozess teilnehmen wollten. Eine vor allem Roma und ihren Interessen vertretende Vereinigung unter dem Namen « Zentrum für Rassismusstudien » und die kommunitaristische, immer mehr in eine « ethnische » Politikkonzeption abdriftende « Bewegung der Eingeborenen der Republik » (Indigènes de la République) wurden aufgrund von Formmängeln nicht als Prozessparteien zugelassen. Hingegen wurde die, ziemlich linksradikale, Vereinigung « SOS  soutien ô Sans papiers » (Schreibweise mit dem « ô » im Original), die vor allem illegalisierte Migranten und Insassen von Abschiebeknästen unterstützt – und dabei eine gute Arbeit macht -, zugelassen. Ihr Anwalt plädierte jedoch, mit Verlaub, wie ein verschimmelter Camembert und war technisch-fachlich-juristisch einfach schlecht und inkompetent. Herausgerissen wurde die Prozessführung dann jedoch durch das glänzende Plädoyer des MRAP-Anwalts Pierre Mairat.
[4] Laut einem Interview, das die Boulevardzeitung ,Le Parisien’ im Februar 2009 mit Jean-Marie Le Pen führte (-> http://www.leparisien.fr/), vgl. dazu auch noch näher: http://www.rue89.com/ . – Rechtsradikale, auch in anderen Ländern, tun sich auch sonst gern als erklärte Fans dieser Elektroschockwaffe hervor. In mehreren Fällen stellten Abgeordnete rechtsnationaler bis rechtsextremer Parteien – bis hin zum schweizerischen Ex-Justizminister Christoph Blocher – für einen „Selbstversuch“ zur Verfügung, um die Waffe an sich selbst vorführen zu lassen und so testweise ihre „Harmlosigkeit“ zu „beweisen“. Vgl. zum eidgenössischen Fall http://blog.rainbownet.ch und http://www.antisvp.antifa.net/, aber auch (im gegenläufigen Sinne: Opposition eines Abgeordneten von Blochers SVP, gegen die Anwendung von Tazern für Abschiebekandidaten): http://www.news.ch . - Bei der österreichischen FPÖ vgl. http://www.kleinezeitung.at  oder http://www.rooster24.com/?p=6177 sowie http://www.florianklenk.com/  und http://rotersalon.wordpress.com/ . Es gibt auch ein Video von diesem „Selbstversuch“ eines FPÖ-Parlamentariers: http://www.youtube.com/watch?v=Gvi080f4tLM

 

Editorische Anmerkung

Wir erhielten den Artikel vom Autor für diese Ausgabe.