Repression & Widerstand unter Hartz IV
Was so geschah...

Hartz IV im April 2011


von Anne Seeck

06/11

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Aufstand in Spanien
Nicht nur in Nordafrika, auch in Spanien rumort es. Anlaß ist auch dort die hohe Jugendarbeitslosigkeit.

Im Tagesspiegel findet sich Folgendes: “Die jungen Leute haben den Aufstand gewagt. Sie haben immer neue Pappkartons und Bettlaken mit Slogans und Signalworten bemalt, sie haben sich die “Empörten” genannt und damit schließlich – nicht nur in Madrid, auch in Barcelona, Valencia, Palma de Mallorca und 60 weiteren Städten – die Alten angelockt, die anfangs distanziert reagiert hatten. Doch nun demonstrieren sie alle gemeinsam. Sie beklagen ihre Lage, besonders die Arbeitslosigkeit – 21,3 Prozent im Land, 45 Prozent bei den Jungen! –, sie fordern eine Chance auf Zukunft, und dass nicht sie die Rechnung begleichen, die andere liegen ließen.” (Quelle: TS 23.5.2011)

Kürzung bei der Arbeitsförderung
Die Bundesregierung will bis 2015 rund acht Milliarden Euro bei der Arbeitsförderung kürzen. So beim Gründungszuschuß für Selbständige, der eigentlich als wirkungsvoll eingestuft wurde. Schon 2011 wurden Einsparungen von 25 Prozent bei Wiedereingliederungsmitteln bei Langzeitarbeitslosen vorgenommen. Für Langzeitarbeitslose wird die Förderung zusammengestrichen, obwohl deren Arbeitslosenzahl in einem Jahr nur um 3 Prozent zurückging. (bei ALG I 20%). Nur wer gute Vermittlungsaussichten hat, wird gefördert. Den anderen bleibt das “Fordern”. “Die Instrumente der öffentlich geförderten Beschäftigung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden zu zwei Instrumenten zusammengefasst. Gefördert werden Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung und Arbeitsverhältnisse durch Zuschüsse zum Arbeitsentgelt. Für das letztgenannte Instrument werden das bisherige Instrument der Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante mit den bisherigen Leistungen zur Beschäftigungsförderung zu einem neuen Instrument der Förderung von Arbeitsverhältnissen verbunden.” (BMAS 25.5.2011, Gesetzentwurf Arbeitsmarktpolitische Instrumente, S. 161) “Erwerbsfähige Leistungsberechtigte dürfen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nicht länger als insgesamt 24 Monate in Arbeitsgelegenheiten zugewiesen werden.” (ebd., S. 137) “Arbeitgeber können auf Antrag für die Beschäftigung von zugewiesenen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten durch Zuschüsse zum Arbeitsentgelt gefördert werden, wenn zwischen dem Arbeitgeber und der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person ein Arbeitsverhältnis begründet wird. ...Der Zuschuss nach Absatz 1 richtet sich nach der Leistungsfähigkeit des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und beträgt bis zu 75 Prozent des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts.” (ebd.) ....

Kohle für die Arbeitgeber
Die Ausgaben des Bundes für Lohnzuschüsse an Geringverdiener sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Der Bund zahlte 2010 rund 1,62 Milliarden Euro Zuschüsse an Arbeitgeber, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion hervorgeht. Der Staat subventioniert also Billiglohnjobs.

Psychotests für Hartz IV- Bezieher
Aus der Antwort auf eine weitere Anfrage der Linksfraktion ging zudem hervor, dass sich seit 2006 die Anzahl der psychologischen Gutachten zur Ermittlung der Erwerbsfähigkeit bei Hartz-IV-Empfängern verdoppelt hat. Bei Verweigerung der Zwangstests drohen Sanktionen bis zur Streichung des Geldes. Linken-Fraktionsvize Katja Kipping sagte zu "Bild.de": "Es ist ein Unding, dass Erwerbslose zu Psychotests gezwungen werden. Dieser Zwang und die damit verbundenen Sanktionen müssen abgeschafft werden." Von 2006 bis 2010 stieg die Anzahl der zu den Tests verpflichteten Hartz-IV-Empfänger auf fast 64.000 an.

Hartz IV provoziert Mut und Verzweiflung
Die Gewaltattacke einer 39jährigen Frau in einem Jobcenter in Frankfurt am Main ist kein Einzelfall; Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und Komba-Gewerkschaft beklagen zunehmende Angriffe auf Beschäftigte, häufig aus Anlass ablehnender Bescheide im Hartz IV-Verfahren. Vor allem die Leistungsabteilungen der Ämter sind das Ziel der Angriffe. “Die Gesetzesmaterie ist viel zu kompliziert und häufig auch nicht einsehbar. Die hohe Erfolgsquote bei Widersprüchen und Klagen vor Gericht zeigt eindeutig, dass der Gesetzgeber jetzt endlich handeln muss”, erklärte Komba-Vizevorsitzender Ulrich Silberbach in Berlin.
Immer wieder rasten Antragsteller aus, wenn Mitarbeiter der Jobcenter aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ablehnende Bescheide erteilen. Bei einer Befragung von 500 Mitarbeitern im Jahre 2009 gaben knapp 25 % an, bereits einmal Opfer eines solchen Übergriffs gewesen zu sein. Mehr als 10 % von ihnen haben bis heute mit psychischen Folgen zu kämpfen.
Dabei sind lautstarke Beleidigungen und Bedrohungen, Randalieren, Tritte gegen das Mobiliar und Geräte noch die harmloseren Vorfälle. Auch gegen Angriffe mit Fäusten, Messern und Gaspistolen müssen sich die Beschäftigten wehren. Sicherheitsdienste wurden schon engagiert, aber immer wieder muss auch die Polizei zur Hilfeleistung und zum Schutz der Beschäftigten anrücken. DPolG-Chef Rainer Wendt: “Wie jetzt in Frankfurt geraten unsere Kolleginnen und Kollegen dann in lebensgefährliche Auseinandersetzungen.”
“Diese Probleme kann der Gesetzgeber zumindest mildern, wenn er endlich vernünftige Gesetze machen würde”, so Rainer Wendt. “Rund 180.000 Klagen gegen Entscheidungen zeigen doch deutlich, dass da dringender Handlungsbedarf besteht. Wenn die Menschen das Handeln der öffentlichen Verwaltung nicht verstehen können und es gleichzeitig um ihre Existenz geht, dann sind Kurzschlusshandlungen aus Wut und Verzweiflung eben alles andere als unvorhersehbar.”
Die Komba-Gewerkschaft weist auf die Verpflichtung der öffentlichen Arbeitgeber hin, für den Schutz ihrer Beschäftigten zu sorgen. Ulrich Silberbach: “Dazu gehören neben eindeutigen Gesetzen auch ausreichendes Personal und Verhaltenstrainings, zuverlässige Zugangssteuerung und notfalls Kontrollen durch Sicherheitsdienste, ausreichende Fluchtwege und Alarmierungsmöglichkeiten in Gefahrensituationen. Unsere Arbeitsagenturen sind alles andere als sichere Arbeitsplätze!” Kommentar: Aufrüstung ist das falsche Signal...

Oft schlimme Zustände in Jobcentern
Erwerbslosen-Gruppen reagierten mit Bestürzung auf den tragischen Vorfall. Wenn nicht unabhängige Beratungsstellen und Initiativen unermüdlich sich um die Belange der Betroffenen kümmern würden, würde es zu weit mehr solcher schlimmen Vorfälle kommen. Nicht nur die sogenannten Hartz IV Gesetze treiben viele Menschen in die Verzweiflung, sondern auch die tagtägliche Umsetzung in den Behörden. Viele Jobcenter sind unterbesetzt, zahlreiche Sachbearbeiter kaum ausgebildet und zum Teil massiv überfordert. Der “Gang zum Amt” ist für die meisten Menschen eine überaus nervenaufreibende Angelegenheit. “Da helfen keine tolle PR-Wortschöpfungen wie “Kunde” oder “Fallmanager”, wenn Betroffene trotzdem wie Menschen dritter Klasse behandelt werden”, mahnte Sebastian Bertram von gegen-hartz.de. “Es muss daher die Frage erlaubt sein, ob die Zustände nicht mit für solche Tragödien verantwortlich sind. (gr) (Quelle: www.gegen-hartz.de , 19.05.2011)  

Sanktionskonjunktur spart Arbeitslose
Die bayrische Arbeits- und Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) forderte härtere Sanktionen bei Hartz IV. Nach ihrer Ansicht, gebe es bei Hartz IV noch “zu wenig Leidensdruck” für die betroffenen Menschen.

Seit 1.01.2011 gilt eine Verschärfung der Sanktionsregelungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige. Bundesweit werden ca. 2,5 Prozent aller Alg IIBeziehenden mit durchschnittlichen Kürzungen von 125,- Euro je Monat sanktioniert. Dies ist eine beachtliche Einbuße ihrer Minieinkommen und bringt schwerwiegende Probleme mit sich. Am stärksten betroffen sind diejenigen, denen die komplette Stütze gestrichen wird. Dies waren 2009 126.946 Personen und 2010 131.441 Personen. Im ersten Quartal 2010 wurden ca. 180.000 Sanktionen und Kürzungen der Hartz-IV-Bezüge verhängt - so viel wie nie zuvor.1 Über die Hälfte aller Sanktionen werden zumindest teilweise rechtswidrig erhoben.2 Letztendlich erweisen sich die Sanktionen als Verschiebebahnhöfe. Es werden zunächst Mittel gespart, und dann darauf gehofft, dass die Gestraften sich nicht wehren. Hat jemensch Glück beim Gericht, werden die Leistungen später erbracht. Außerdem kann die BA mit den auf Null Sanktionierten ihre Arbeitslosenstatistik schönen, falls die Leute keine Gutscheine erhalten bzw. beantragen.

Tun sich Leistungskürzer_innen beim Sanktionieren besonders hervor, bitten wir Euch, dies uns an folgende E-Mail-Adresse:schischimo7@gmx.de  mitzuteilen, uns eingescannte Unterlagen zuzusenden und Eure Erlebnisse zu schildern. Ziel ist eine an Beispielen belegte Dokumentation. (Quelle: Runder Tisch gegen Erwerbslosigkeit und soziale Ausgrenzung, c/o K. Blume, Heidelbeerweg 5, 12526 Berlin)  

Hartz IV: Jobcenter sollen an Gerichtskosten beteiligt werden
Die Justizminister der Länder berieten über Maßnahmen, die ein Eindämmen der Hartz IV-Klagen an den Sozialgerichten ermöglichen sollen. Auf Antrag des Landes Berlin sollen Jobcenter zukünftig an den Kosten der Prozesse beteiligt werden. Immerhin sind rund 50 Prozent der Klagen der Betroffenen berechtigt.
Die Klageflut erreichte im letzten Jahr den bisherigen Höhepunkt. Allein im vergangenen Jahr wurden rund 180.000 neue Klagen aufgrund der Hartz-IV Gesetze bei den Sozialgerichten eingereicht. Im Vergleich zu den Vorjahren spiegeln die Klageeinreichungen einen erneuten Höchststand wieder. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die Klageflut nicht abebben sondern sich sogar weiter verstärken werde. Nicht zuletzt die beschlossenen Hartz-IV-Reformen der schwarz-gelben Bundesregierung werden nach Ansicht zahlreicher Sozialrechtsexperten die Klagewelle an den Sozialgerichten weiter verschärfen. Die meisten Bundesländer mussten ihre Gerichte mit neuen Richtern aufstocken, weil ansonsten der Gerichtsalltag nicht mehr zu bewältigen wäre. Von diesen Zuständen haben die Justizminister der Länder offenbar genug. (Quelle: www.gegen-hartz.de  vom 18.5.2011)

Bund reduziert die Ausgaben für Hartz IV
Für die “Grundsicherung für Arbeitsuchende” wurden vom Bund in den ersten vier Monaten des laufenden Haushaltsjahres (2011) 18,2 Prozent weniger ausgegeben als in den ersten vier Monaten des Haushaltsjahres 2010. Die Ausgaben für das Arbeitslosengeld II, der größte Teil der Hartz IV-Ausgaben des Bundes, lagen sogar 24,2 Prozent unter den Ausgaben im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Dies geht aus dem am 20. Mai 2011 veröffentlichten Monatsbericht des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) hervor. (Quelle www.gegen-hartz.de   vom 21.5.2011)  

Immer mehr jugendliche Hartz IV Aufstocker
Jugendliche, die trotz Arbeit Hartz IV beantragen müssen, sind bei weitem keine Seltenheit. Denn der angebliche Aufschwung am Arbeitsmarkt kommt auch bei den jungen Menschen nicht an. Nach Informationen der Linkspartei ist die Anzahl der Jugendlichen, die zusätzlich zu ihrer Lohnarbeit Hartz IV beantragen müssen, auf einem hohen Niveau bei 16 Prozent. Diese hohe Rate ist seit Jahren konstant. Das zeigt eine Antwort einer Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Yvonne Ploetz an die Bundesregierung. Darin heißt es: “Aktuell liegen differenzierte Auswertungen zu erwerbstätigen Arbeitslosengeld II-Beziehern bis Juli 2010 vor. Danach gab es im Juli 2010 rund 148.000 Jugendliche im Alter zwischen 15 bis unter 25 Jahren, die hilfebedürftig in der Grundsicherung waren und gleichzeitig Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielten. Das entsprach einem Anteil von rund 16 Prozent.” (Quelle: gegen-hartz.de vom 17.5.2011)

Kinder brauchen mehr als zehn Euro für den Sportverein
Der Sozialwissenschaftler Rolf Rosenbrock kritisiert die Mängel des Bildungspakets für arme Familien und die jahrelange Ignoranz der Politik.

Rosenbrock: Wir brauchen eine Strategie, die auf den Abbau von Armut setzt. Denn wir wissen: Kinder aus armen Familien sind deutlich häufiger krank als ihre wohlhabenden Altersgenossen. Sie leben seltener in einem Netzwerk sicherer Beziehungen und haben weniger Erfolgserlebnisse. Sie erhalten weniger Anregungen, entwickeln weniger eigene Ziele, sind dann schlechter in der Schule. Sie landen später bestenfalls in eher ungesunden Jobs und entwickeln schon ab Kindheit eine Lebensweise, von der wir wissen, dass sie zu mehr Krankheit und zu kürzerem Leben führt.

Einen großen Teil dieser Probleme kann man kompensieren: mit partnerschaftlicher Betreuung um die Geburt durch Familienhebammen, mit systematischem Ausbau der Frühförderung, mit besserer Unterstützung von Elterngruppen, mit starken Anreizen zum frühen Kita-Besuch, einem Ausbau der Kitas zu anregenden Lernräumen. All das ist bekannt und ist Konsens unter Gesundheitswissenschaftlern.

Sie müssen sich nur anschauen, welche Expertise die Minister der schwarz-gelben Bundesregierung beim Amtsantritt auf ihren Schreibtischen vorfanden. Da lagen 300 Seiten Gutachten des Sachverständigenrats zur Kindergesundheit, in denen genau das gefordert wird. Der Kinder- und Jugendbericht kam zum gleichen Ergebnis. Das Robert-Koch-Institut und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung - die beiden zuständigen Bundesbehörden - haben ein Aktionsprogramm vorgelegt.

Doch was tut Gesundheitsminister Philipp Rösler? Er sagt ein Jahr lang nichts zum Thema Kinder und Jugendliche.
(Quelle: SZ vom 26.04.2011/mcs)

Gesundheitsrisiko Ungleichheit
“Eine ganze Reihe von Krankheiten weist heutzutage einen sozialen Gradienten auf. Darunter finden sich das Risiko für Schlaganfall, Erkrankungen des Herzens, der Lunge, der Leber, des Magen-Darm-Trakts und viele psychische Leiden. Zahlenmäßig fallen bei letzteren vor allem Diagnosen der sogenannten kleinen Psychiatrie ins Gewicht, also beispielsweise Depressionen oder Angststörungen. Wer weiter unten in der Hierarchie steht, hat eine geringere Lebenserwartung und ein höheres Risiko, durch einen Unfall, Selbstmord oder Gewalt zu sterben.” Aus einem interessanten Beitrag des Psychologen Michael Zander in der Jungen Welt vom 3.5.2011
 

Bürgerarbeit in Berlin unter ÖBS-Bedingungen
Das Land Berlin wird die Bürgerarbeit zu ÖBS-Bedingungen mit bis zu 16,4 Mio. € pro Jahr mitfinanzieren. Perspektivisch sollen damit etwa 2.300 Plätze für jeweils drei Jahre eingerichtet werden. So werden die Beschäftigungsmöglichkeiten des Berliner ÖBS, die seit 2007 im Rahmen der Jobperspektive nach § 16 e SGB II, des Bundesprogramms Kommunal-Kombi und der Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante nach § 16 d SGB II geschaffen wurden, um ein weiteres Instrument ergänzt. Insgesamt sollen so 5.000 Arbeitsplätze im ÖBS sichergestellt werden.

Angesichts stark gekürzter Eingliederungsmittel der Bundesagentur für Arbeit haben die Jobcenter in diesem Jahr die Förderung von ÖBS-Stellen zurückgefahren. Im SGB-Bereich hat der Bund die Mittel für Berlin im Jahr 2011 von vorher 677 Mio. € auf 490 Mio. € um knapp 28 % gekürzt. Durch den Einsatz des Bundesprogramms Bürgerarbeit für den Berliner ÖBS können nun wieder zusätzliche Stellen eingerichtet werden.

Voraussetzung für die Beteiligung Berlins an der Bürgerarbeit ist ein Arbeitnehmerbrutto von mindestens 1.300 €, das von Transferleistungen der JobCenter unabhängig macht, sowie eine nicht nur kurzfristige Beschäftigung. Das entspricht den bisherigen ÖBS-Förderungen. (aus der Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales vom 03.05.2011)

Wer auf Tafeln, Warenkörbe und Kleiderkammern angewiesen ist, fühlt sich dauerhaft aus der Gesellschaft ausgegrenzt. Das ist eines der zentralen Ergebnisse einer Untersuchung der Forschungsgruppe “Tafelmonitor” von Prof. Stefan Selke (Furtwangen) und Prof. Katja Maar (Esslingen) zur Wirksamkeit existenzunterstützender Angebote, die die Diözesan-Caritasverbände in NRW in Auftrag gegeben haben.

Die Studie trägt den Titel “Brauchen wir Tafeln, Suppenküchen und Kleiderkammern?” und liegt als Buch vor.

Wieder mal Bild-Hetze gegen Hartz IV- Bezieher
”Wie dreist kann man sein?”, fragte BILD, und bricht genüsslich den Stab über Helmut R. (75) – der vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten steht, weil er angeblich in Florida lebt und ”monatelang vom deutschen Staat Hartz-IV kassiert” haben soll.

Der Hartz IV- Regelsatz ab 1.1.2011

Arbeitslosengeld II (§ 29 Abs. 2 – 3 SGB II)
Eckregelsatz = 100% = 364 EUR
Partner = 90% = 328 EUR
15- bis 17-jährige Angehörige Kinder der Bedarfsgemeinschaft § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB II = 287 Euro
18- bis 24-jährige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft (= volljährige Kinder) § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II = 80% = 291 EUR
Kinder ab 6 bis einschl. 13 Jahre = 70% = 251 Euro
Kinder bis einschl. 5 Jahre = 60% = 215 Euro

Wie setzt sich der Hartz IV Regelsatz zusammen (ALG II Regelsatzberechnung)?

Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren ….132,71 €
Bekleidung und Schuhe……………………… 34,13 €
Wohnung, Strom……………………………….. 26,87 €
Einrichtungsgegenstände, Möbel, …………..27,77 €
Haushaltsgeräte sowie deren Instandhaltung
Gesundheitspflege………………………………13,21 €
Verkehr ÖPNV…………………………………....19,20 €
Nachrichtenübermittlung, Telefon, Post…….20,38 €
Freizeit, Unterhaltung, Kultur………………….38,71 €
Beherbergungs- und ……………………………10,33 €
Gaststättenleistungen
Andere Waren und Dienstleistungen…………21,69 €

Hartz IV verkürzt nicht die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit  
Laut einer wissenschaftlichen Studie der Hans-Böckler-Stiftung, verkürzt die sogenannte Arbeitsmarktreform Hartz IV nicht die Verweildauer der Erwerbslosigkeit und verhilft demnach auch nicht schneller zum Job.
Die damalige rot-grüne Bundesregierung schuf die Arbeitsmarktreform Hartz IV mit dem Argument, Menschen in der Erwerbslosigkeit mit entsprechenden Arbeitsmarktinstrumenten schneller aus der Arbeitslosigkeit zu verhelfen. Laut einer Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts  der Hans-Böckler-Stiftung gab es im Vergleich zur alten Arbeitslosenhilfe keine “keine wesentliche Veränderung der Verweildauer” in der Erwerbslosigkeit. Vor der Umsetzung von Hartz IV waren die Menschen im Durchschnitt etwa zwölf Monate ohne einen Arbeitsplatz (im Mittel gerechnet). Jeder zweite hatte in Zeiten der Arbeitslosen- und Sozialhilfe innerhalb eines Jahres einen neuen Arbeitsplatz gefunden, ohne dass er stärkere Sanktionen oder Repressalien erleben musste. Seit Bestehen der Arbeitsmarktreformen hat sich die Zeit der mittleren Erwerbslosigkeit auf durchschnittlich 13 Monate gesteigert. Gleichbleibend ist die im Durchschnitt berechnete Arbeitslosigkeit: Jeder zweite findet innerhalb eines Jahres einen neuen Job. (Quelle www.gegen-hartz.de  vom 30.05.2011)  

Die wichtigsten Ergebnisse des Mietspiegels
Am 30. Mai erschien der neue Mietspiegel für Berlin, der die Grundlage für zulässige Mieterhöhungen bei laufenden Verträgen darstellt...Ein Blick in die Wohnungsanzeigen genügt, um festzustellen, dass die Mieten in den letzten Monaten in den “angesagten”Bezirken explosionsartig angestiegen sind. Insbesondere in den Innenstadtbezirken wie z.B. in Kreuzberg und Nord-Neukölln können viele Menschen ihre Mieten nicht mehr bezahlen und müssen wegziehen. Der durchschnittliche Mietspiegelwert ist in den vergangenen zwei Jahren um über 8% auf nun 5,21 €/qm gestiegen. In der in Berlin am häufigsten vertretenen Baualtersklasse hat sich der Mietspiegelwert sogar um ca. 10% erhöht. In Halbstandardwohnungen stiegen die Mieten durchschnittlich um mehr als 17%. Gerade diese Wohnungen werden hauptsächlich von Mietern mit geringen Einkommen bewohnt. Diese Menschen haben ohnehin längst eine enorme Mietbelastung und können sich weitere Mieterhöhungen nicht leisten. Der aktuelle Mietspiegel bestätigt damit, was Mieter und Wohnungssuchende längst wissen und was seit Jahren in diversen Gutachten immer wieder festgestellt und prognostiziert wird: Wohnraum wird in den Berliner Innenstadtbezirken knapp und für Ärmere unbezahlbar. Menschen, deren Einkommen seit Jahren real sinkt, können sich solche Steigerungen der Mietbelastung nicht leisten und werden an die Ränder der Stadt verdrängt. Die Innenstadt wird zur Hartz IV-freien Zone, weil hier kaum noch Wohnraum  im Rahmen der vom Senat festgelegten Richtsätze vermietet wird.” (Quelle: nk44-Blog)

Editorische Anmerkungen

Die Monatsübersicht erhielten wir  von der Autorin.