TREND - Sonderschwerpunkt: 17. Juni 1953

Kalter Krieg gegen die DDR
Die Ereignisse aus der Sicht der  SED-Führung und ihrer linken Kritiker

06-2013

trend
onlinezeitung

Der 17. Juni 1953 und die Lehren aus der Restauration des Kapitalismus in den ehemals sozialistischen Ländern
Auszug aus dem Parteiprogramm der MLPD


"In der DDR hatte sich der kleinbürgerliche Bürokratismus schon frühzeitig in der Führungsspitze der SED entwickelt. Misstrauen in die Massen und bürokratisch-zentralistische Führungsmethoden verdrängten immer mehr die geduldige Überzeugungsarbeit und den demokratischen Zentralismus.

Am 17. Juni 1953 wurde in der ganzen DDR an über 270 Orten von hunderttausenden von Arbeitern gegen eine bürokratisch von oben verordnete Plansollerhöhung gestreikt. Die Führung der SED war weder willens noch in der Lage, aus dieser berechtigten Massenkritik wirkliche Lehren zu ziehen. Stattdessen wurden die Versuche des Imperialismus, diese Massenbewegung für antisozialistische Ziele zu missbrauchen, zum Anlass genommen, sie militärisch niederzuschlagen. Die hoffnungsvollen Ansätze des sozialistischen Aufbaus wurden so erstickt."

In Ergänzung dazu der Rote Fahne Artikel vom 22.5.2003

Was geschah am 17. Juni 1953 in der DDR?

Vor 50 Jahren beteiligten sich in über 270 Orten der DDR etwa 400000 Arbeiterinnen und Arbeiter an Streiks. Von oben herunter verordnete Maßnahmen, Preiserhöhungen und Versorgungsmängel hatten zu wachsender Unzufriedenheit geführt. Das Fass zum Überlaufen brachte eine zehnprozentige Erhöhung der Arbeitsnormen. In die berechtigten Arbeiterproteste mischten sich vom Westen gelenkte Provokateure, und mit Hilfe der westlichen Medien sollten die Streiks zu einem Aufstand gegen die Regierung umfunktioniert werden. Das nahm die DDR-Führung zum Anlass, die Streiks zu einem "faschistischen Putschversuch" umzudeuten. In der westlichen bürgerlichen Geschichtsschreibung werden die Ereignisse als "Arbeiteraufstand gegen den Sozialismus" verfälscht und der 17.Juni wurde in Westdeutschland zum "Tag der deutschen Einheit" erklärt.

Die DDR steckte damals in den Anfängen des sozialistischen Aufbaus und hatte dabei mit großen wirtschaftlichen und politischen Schwierigkeiten zu kämpfen, die in erster Linie eine Folge der Kriegszerstörungen und der von den Westmächten durchgesetzten Spaltung Deutschlands waren. Der Aufbau des Sozialismus war nicht durch eine Revolution ermöglicht worden, sondern durch die deutsche Niederlage im II. Weltkrieg und die Entmachtung des Großkapitals und der Junker in dem von sowjetischen Truppen besetzten Teil Deutschlands. Teile der Bevölkerung waren den Hitlerfaschisten bis zuletzt gefolgt, viele der besten kommunistischen Funktionäre, aufrechte Sozialdemokraten und Gewerkschafter waren durch Krieg und faschistische Konzentrationslager ums Leben gekommen, eine halbe Million ehemaliger faschistischer Funktionsträger war in die Produktion "strafversetzt" worden und nicht wenige von ihnen standen der neuen Ordnung ablehnend gegenüber. Trotzdem war die Situation der zugespitzten Widersprüche zwischen den Arbeitern und ihrer sozialistischen Regierung in der Hauptseite auf Fehler der SED-Führung zurückzuführen.

Bürokratische Gängelung, die verbunden war mit Privilegien für die Bürokraten, Verzicht, ja Verhinderung der Mobilisierung der Massen zum Kampf gegen die Bürokratie, herzlose und kaltschnäuzige Behandlung der Menschen - das waren alarmierende Erscheinungen, die eine grundlegende Debatte über die Methoden des sozialistischen Aufbaus erfordert hätten. Doch die SED-Führung hatte sich soweit von den Massen entfernt, dass ihr dazu der Mut fehlte und sie es vorzog, sich auf die bewaffnete Macht der sowjetischen Truppen zu stützen. Eine ehrliche und selbstkritische Aufarbeitung der Vorgänge des 17. Juni unterblieb ebenfalls - die offizielle Lesart sprach von einem ferngesteuerten faschistischen Putschversuch.

Ganz im Gegensatz dazu zog die Kommunistische Partei Chinas unter Führung Mao Tsetungs grundlegende Lehren aus der Tatsache, dass es auch unter sozialistischen Machtverhältnissen zu Unruhen unter den Massen kommen kann. Mao Tsetung weitete die Rechte der Arbeiter aus (so wurde das Streikrecht in die Verfassung aufgenommen) und stellte die Theorie auf, dass gegen die Herrschaftsgelüste der kleinbürgerlichen Bürokraten eine umfassende Massenmobilisierung, die er Kulturrevolution nannte, nötig sei. 1966 wurde dies erfolgreich in der Praxis erprobt und erst ein konterrevolutionärer Staatsstreich nach Maos Tod leitete 1977 auch in China die heute ersichtliche kapitalistische Entwicklung ein.

Als 1956 in der Sowjetunion durch Chruschtschow eine Revision des Marxismus-Leninismus verkündet wurde, die kleinbürgerlich entartete Schicht der Bürokraten die Macht ergriff und den Sozialismus zerstörte, hatte die SED-Führung dem nichts entgegenzusetzen. Es entwickelte sich ein bürokratischer Kapitalismus, der 1989 schließlich sang- und klanglos zusammenbrach.

Quellen

Parteiprogramm der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD)
http://www.mlpd.de/partei/parteiprogramm

Rote Fahne Artikel vom 22.5.2003
http://rotefahne.mlpd.de/rf0321/rfart14.htm