Vom 10. bis 12. Juni 2016
kamen in der alten Messe von Leipzig rund 800 Menschen
aus linken Organisationen, Flüchtlingsgruppen und
Supporterstrukturen zusammen. Sie waren dem Aufruf der
Organisatoren gefolgt, die im Wesentlichen aus DIE
LINKE, der Interventionistischen Linken (IL) und attac
bestanden. Das Motto der Veranstaltung lautete
„Visionen entwickeln, Solidarität sichtbar machen“.
Positiv war, dass
entgegen den Prognosen von etwa 400 BesucherInnen, rund
die doppelte Anzahl gekommen war. Das zeigt ein klares
Bedürfnis nicht nur nach Vernetzung, sondern auch nach
einer Perspektive für die Geflüchteten und den
antirassistischen Kampf. Das gilt nicht nur für die
deutsche Solidaritätsbewegung und AktivistInnen,
sondern vor allem für die anwesenden Geflüchteten und
MigrantInnen, für die eine Übersetzung ins Arabische,
Farsi, Französische und Englische eingerichtet wurde.
Auf dem Abschlussplenum setzte sich der Vorschlag für
ein weiteres Treffen am 4. September in Berlin durch,
was aber nicht durch die Anwesenden abgestimmt wurde;
genauso wenig wurde beschlossen, wer dies koordinieren
soll.
Leider konnte das
Bedürfnis nach konkreten Aktionen, verständlichen
Forderungen oder einer Resolution nicht befriedigt
werden. Nicht einmal die gemeinsame, verpflichtende
Unterstützung für bestehende Aktionen wie eine
antirassistische Großdemo von „Aufstehen gegen
Rassismus“ am 3. September konnte durchgesetzt werden.
Um so viele AktivistInnen
und Organisationen wie möglich anzusprechen, wurde ein
weit auslegbares Motto gewählt. Dass Solidarität
sichtbar sein und die Bewegung Ziele („Visionen“) haben
sollte, stimmt natürlich. Leider blieben diese Ziele
meistens ziemlich unklar. Oft wurde abstrakt von
Menschenrechten oder Solidarität gesprochen, konkrete
Forderungen, welche die Situation der Geflüchteten
direkt betreffen würden, kamen dagegen selten und meist
nur von den Geflüchteten selbst.
Daran lässt sich
erkennen, welche Visionen viele der anwesenden
Organisationen hatten. So wurde die Konferenz von der
Linkspartei vor allem als Möglichkeit genutzt, sich vor
den anwesenden Strukturen als aktiver Teil der
Solidaritätsbewegung zu präsentieren. Zu Angeboten,
ihrerseits diese aktiv zu unterstützen, oder
Aufforderungen an sie, dies zu tun, kam es jedoch
nicht. Letztlich blieb es auch hier bei den üblichen
Phrasen von Solidarität und Vernetzung. Es wäre
allerdings dringend mehr notwendig gewesen, um die
Bewegung weiterzubringen.
Wie weiter?
Der Apparat der Linkspartei, attac und auch die IL
mögen damit zufrieden sein, dass es zu keinen
verbindlichen Entscheidungen kam. Die Linkspartei kann
somit weiter „Bewegungsorientierung“ vorspielen, ohne
sich mit chauvinistischen Positionen in den eigenen
Reihen und der Umsetzung der Politik der
Bundesregierung in Thüringen auseinandersetzen zu
müssen. Die IL hält es anscheinend für unmöglich,
mobilisierungskräftige und große Bündnisse um klare
Forderungen herum aufzubauen, weil das die
verschiedenen Kräfte angesichts ihre unterschiedlichen
Ziele und Programme spalten würde. Diese Befürchtung
teilen auch viele UnterstützerInnen der Geflüchteten
und Mitglieder der verschiedenen anwesenden
Organisationen.
In Wirklichkeit
behindert, ja verunmöglicht der Verzicht auf gemeinsame
Forderungen und verbindliche Mobilisierung den Aufbau
einer anti-rassistischen Massenbewegung.
Auf welcher Grundlage
sollen sich GewerkschafterInnen und Gewerkschaften,
linke AktivistInnen und Organisationen einem Bündnis
anschließen, wenn es gar keine gemeinsame Forderungen
gibt (z.B. gegen alle Abschiebungen, gegen die
Abschottung der EU, für die Öffnung der Grenzen für
Geflüchtete, für deren demokratische Rechte, für den
gemeinsamen Kampf für das Recht auf Arbeit und
menschenwürdigen Wohnraum für alle, ...)? Welchem
Bündnis sollen sich Menschen oder Organisationen
anschließen, wenn obendrein auch ein Fahrplan für
gemeinsame Aktionen fehlt?
Die meisten der 800 TeilnehmerInnen, die gemeinsamer
Forderungen und Koordinierung bedürfen, werden so auf
die nächste Aktionskonferenz vertröstet, bei der, geht
es nach der Vorbereitungsgruppe von Leipzig, wieder
nichts Konkretes rauskommen wird. Alle Kräfte, die das
verhindern wollen, sollten sich daher vor dem 4.
September koordinieren und gemeinsam einen Vorschlag
für eine Plattform, die weitere Mobilisierung und
demokratische Bündnisstrukturen einbringen.
Quelle:
Per email am 19.6. 2016
durch ARBEITER/INNEN/MACHT-INFOMAIL, Nummer 888
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