Abdellah ALLALI
ist Vorstandsmitglied des marokkanischen
Gewerkschaftsbunds ODT. Die ODT (Organisation démocratique du
travail) ist einer von mehreren Richtungs-Gewerkschaftsdachverbänden
in Marokko. Als erste Gewerkschaftsvereinigung in einem
arabischsprachigen Land und/oder in Afrika hat die ODT am 1.
Juli dieses Jahres eine eigene Gewerkschaft für Arbeitsmigranten
gegründet und aufgenommen.
Frage: Zusammen mit einem
Vorstandskollegen Ihrer Gewerkschaft, Mohamed ENNAHILI, stellten
Sie hier auf dem Vorbereitungstreffen für das Weltsozialforum in
Tunesien die erste Gewerkschaft für Immigranten im Maghreb vor.
Wann und wo ist diese entstanden?
Antwort Abdellah ALLALI: Die offizielle Gründung des
Collectif syndical des travailleurs immigrés au Maroc
(CSTIM) fand am 1. Juli dieses Jahres in der
marokkanischen Hauptstadt Rabat statt. Rund 200 eingewanderte
Arbeiter unterschiedlicher Nationalitäten nahmen daran teil,
ebenso Vertreterinnen und Vertreter von NGOs sowie von
Botschaften afrikanischer und europäischer Länder in Marokko.
Der Gründungskongress wählte ein Büro aus 19 Personen, das durch
den kongolesischen Staatsbürger Marcel Amiyeto geleitet wird.
Parallel dazu bildeten wir eine Arbeitskommission von
Mitgliedern und Aktivisten unseres Gewerkschaftsbunds, die die
Aktivitäten der Immigrantengewerkschaft begleiten und
unterstützen wird.
Frage: Wie aber kam es dazu?
Antw.: Voraus ging eine
Entscheidung des letzten Gewerkschaftskongresses der ODT, der
vom 30. März bis 1. April stattgefunden hat. Damals beschlossen
wir, zunächst eine sichtbare Beteiligung von Arbeitsmigranten
bei den 1. Mai-Demonstrationen zu organisieren. An diesem Tag
demonstrierten im laufenden Jahr erstmals marokkanische und
eingewanderte Arbeiter gemeinsam. Und am 10. Juni fand der
„Marsch des Zorns“ – masira al-ghadab – statt. Ihn
organisierten wir zusammen mit allen sozialen Gruppen, die in
der marokkanischen Gesellschaft an den Rand gedrängt werden.
Dort liefen eingewanderte Arbeiter ebenso mit wie prekär
Beschäftigte, die weniger als den gesetzlichen Mindestlohn
verdienen oder ohne Kranken- und Rentenversicherung arbeiten
müssen.
Frage: Aber wie kam es zu dem
Beschluss Ihres Gewerkschaftstages? Welche Fragen, welche
Prozesse haben dorthin geführt?
Antw.: Diskussionen darüber hat es
bereits seit dem Jahr 2006 gegeben. Wir erhielten in den letzten
Jahren viele Dossiers von eingewanderten Arbeitern, die sich
„ohne Papiere“ – also „illegal“ – in Marokko aufhalten und dort
arbeiten, und die bei Arbeitsunfällen verletzt worden sind. Bei
einem Dossier ging es um einen Mauretanier, der infolge eines
Arbeitsunfalls vier Finger verloren hatte. Wir bemühten uns nach
Kräften, die Rechte dieser Lohnabhängigen trotz ihres
„illegalen“ Status zu verteidigen.
Gleichzeitig wurden unsere
Bemühungen und Überlegungen stark durch die „Vereinigung
maghrebinischer Arbeiter in Frankreich“ (ATMF) beeinflusst.
Unsere Landsleute in Frankreich kämpfen dort unter den
Bedingungen ihrer Situation als Einwanderer. Wir lernten von
ihnen, dass man in der Migration spezifischen Problemen und
Diskriminierungen ausgesetzt ist, und einen eigenen Kampf
dagegen führen muss. Im Austausch mit der ATMF trieben wir
unsere eigenen Überlegungen über den Kampf zusammen mit den
Einwanderern in Marokko voran. Es gab auch Treffen mit dem
GADEM, das ist die „Antirassistische Gruppe für die Verteidigung
und Begleitung von Ausländern und Migranten“ mit Sitz in Rabat.
Diese kämpft gegen die Repression, denen Migranten in Marokko
von staatlicher Seite ausgesetzt sind, und gegen
Diskriminierungen.
Frage: Und heute streben Sie nach
Zusammenarbeit mit anderen Kräften, etwa in Tunesien?
Antw.: Ja, und in der ganzen Region.
Am 06. und 07. Oktober dieses Jahres wird das „Sozialforum der
Migranten“ im marokkanischen Oujda stattfinden, zu dem wir
Menschen in Nordafrika und darüber hinaus herzlich einladen.
Editorische
Hinweise
Den Artikel
erhielten wir vom Autor.
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