Am Samstag den 15. Juni fand in Bern, im Gewerkschaftshaus von UNIA eine
Veranstaltung zur sozialen Lage in Kosova statt. Moderiert wurde die
Veranstaltung von dem bekannten Historiker Hans Schäppi. Dann gab es
zwei Referate. Ein Referat zur sozialen Lage in Kosova, hielt der
Herausgeber von Kosova- Aktuell, Max Brym. Dann sprach Osman Osmani zu
den Gewerkschaften in Kosova. Osman Osmani ist Mitglied des
sozialpolitischen Komitees der „ Bewegung für Selbstbestimmung“ ( (Lëvizja Vetëvendosje!)) und
Sekretär von „UNIA Schweiz“ für die Arbeitsemigranten. Anschließend gab
es eine Podiumsdiskussion an der Barbara Burri Sharani ehemalige
Leiterin des KoBü der SAH/Solidar Suisse in Kosova und ehem. Leiterin
des Schweizerischen Kooperationsbüro in Kosova, sowie Ruzhdi Ibrahimi
Sozialversicherungsspezialist, ALK Unia Basel teilnahmen.
Max Brym „Kosova darf kein neoliberales Experiment bleiben“.
Max Brym wandte sich in seinem Referat scharf gegen den
Privatisierungsprozess in Kosova. Nach Max Brym kostete der
Privatisierungsprozess bis dato 76.000 Arbeitsplätze. Im Schnitt gehen
nach Brym bei jeder „ Privatisierung 50% der Arbeitsplätze verloren“. In
den privatisierten Betrieben haben die übriggebliebenen Arbeiter
keinerlei Rechte. Anhand von konkreten Beispielen attackierte Brym den
Privatisierungsprozess. Laut Brym „ wird der Reichtum des Landes
verschenkt“. Brym sagte: „ Die Post und Telekommunikation Kosovas ( PTK)
wurde kürzlich zu 75% privatisiert. Die PTK ist das rentabelste
öffentliche Unternehmen Kosovas. Allein zwischen 2007 und 2011
erwirtschaftete die PTK einen Gewinn von fast 400 Millionen Euro. Jetzt
wurde die PTK an die dubiose Firma AXOS GmbH in Hamburg für 277
Millionen verscheuert. Die Stromverteilung KEDS wurde für knapp 27
Millionen verhökert. Die Folge sind enorm steigende Strompreise in
Kosova“. Brym kritisierte, dass in Kosova privatkapitalistische Monopole
entstehen, welche Rohstoffe ausbeuten, keinerlei Arbeiterrechte
akzeptieren und die Profite steuerfrei an die Muttergesellschaften
überweisen. Brym hingegen forderte öffentliches Eigentum im Interesse
der einfachen Menschen in Kosova. Brym erklärte: „Trepca darf nicht
privatisiert werden und die stattgefundenen Privatisierungen müssen
rückgängig gemacht werden. Kosova ist sehr reich und die Bevölkerung
wird immer ärmer dieser Zustand darf nicht länger hingenommen werden.“
Brym stellte Kosova in den Kontext neoliberaler Politik in Europa. Brym
sagte wörtlich: „ Kosova war und ist ein internationales neoliberales
Experiment in Europa. Kosova ist das ärmste Land in Europa aber immer
mehr Staaten in Europa nähern sich im Rahmen der kapitalistischen Krise
dem Standard von Kosova an. Nötig ist der internationalistische
Widerstand der Arbeiterbewegung gegen die KOSOVARISIERUNG weiter Teile
Europas. Überall muss es sozialen Widerstand geben.“
Osman Osmani „Für bessere Gewerkschaften in Kosova“
Sehr gründlich analysierte Osman Osmani die schwierige Lage der
Gewerkschaften in Kosova. Osmani wies daraufhin, dass die Gewerkschaften
in Kosova überaltert seien und dass es in vielen privatisierten
Betrieben keinerlei Gewerkschaften mehr gäbe. Osmani verwies auf
bestimmte Hilfs- und Unterstützungsangebote von UNIA, für die
Gewerkschaften in Kosova. Allerdings kritisierte Herr Osmani auch
bestimmte Seiten der Gewerkschaftspolitik in Kosova. Für Osmani ist es
völlig unverständlich, dass die Gewerkschaft in Prishtina auf eine 1.
Mai Veranstaltung verzichtete. Auch die Teilnahme am
Privatisierungsprozess durch die Gewerkschaftsführung nannte Osmani
„einen groben Fehler“. Grundsätzlich sprach sich Osmani für stärkere und
kämpferische Gewerkschaften in Kosova aus. Er appellierte an die
Anwesenden die Aktivitäten „ für eine bessere Gewerkschaft in Kosova zu
unterstützen“.
Problem „ Sozialversicherungsabkommen“
In der Podiumsdiskussion sprachen sich Ruzhdi Ibrahimi und Frau
Barbara Burri Sharani für die Wiederherstellung des
Sozialversicherungsabkommens zwischen der Schweiz und Kosova aus. Vor
einiger Zeit stellte die Schweiz die Zahlung speziell von
Invalidenrenten nach Kosova ein. Sowohl Herr Ibrahimi als auch Frau
Sharani kritisierten dies. Allerdings kritisierten die Beiden nicht nur
die Schweizer Rechtspopulisten, sondern auch die Passivität der
kosovarischen Regierung in dieser Frage. Die anschließende Diskussion
bezog sich einerseits auf die konkreten sozialen Probleme in Kosova
sowie auf das Sozialversicherungsabkommen. An der Diskussion nahmen
albanische Arbeiter, portugiesische und italienische Arbeiter neben
Schweizer Gewerkschaftern teil. Die Referate und die Diskussion wurden
simultan ins französische übersetzt. Erstaunlich und positiv war
festzustellen wie viele albanische Arbeitsemigranten in der Schweiz sich
gewerkschaftlich organisieren. Es scheint kein Zufall zu sein, dass
Osman Osmani hauptamtlich für die Gewerkschaft arbeitet und im Grossen
Stadtrat in Schaffhausen ist.
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