25.
Juni 2015
Am vergangenen Dienstag führte
ich ein Interview mit dem „Direktor für Stadtentwicklung“
(Urbanistik) in der Stadt Prishtina. Liburn Aliu gehört der „
Bewegung für Selbstbestimmung“ VV an und war einige Jahre ein sehr
bekannter Parlamentsabgeordneter von VV. Liburn Aliu ist gelernter
Architekt und kümmert sich seit VV die Bürgermeisterwahl in
Prishtina gewonnen hat vor 2 Jahren, um die Stadtentwicklung.
Max Brym: Herr Aliu wie viel
Einwohner hat Prishtina offiziell und wie viel Menschen leben
tatsächlich in der Stadt?
Liburn Aliu : „Registriert sind in Prishtina 180.000 Einwohner. Wir
müssen aber von der doppelten Zahl von Bewohnern ausgehen. Die
Einwohnerzahl ist nach dem Krieg sehr angewachsen. Gleichzeitig sind
Leute in Prishtina registriert, wie die Bürgermeisterin von Gjakova.
Hier muss einiges getan werden.“
Max Brym: Was sind die drängendsten
Probleme der Stadtentwicklung und die Schwerpunkte ihrer Arbeit ?
Liburn Aliu: Erstens Die Stadt hat sich unter der alten
Stadtregierung wild und im wesentlichen zugunsten von privaten
Firmen und bestimmter Clans entwickelt. Mit dieser Politik muss
entschieden gebrochen werden. Es wurde viel öffentlicher Grund an
Privatleute faktisch verschenkt. Die Preise für öffentliche
Grundstücke waren ein schlechter Witz. Mit dieser Politik ist jetzt
Schluss. Kein öffentlicher Grund wird mehr an Spekulanten
verschenkt. Jedes Bauvorhaben muss genehmigt werden. Es geht nicht,
dass ohne Genehmigung ein Bau neben dem anderen hoch gezogen wurde.
Oft haben Leute eine Wohnung erworben, um dann im dunklen zu sitzen,
denn fünf Meter daneben hat ein Bauträger ein Hochhaus hochgezogen.
Oft wurden dabei mehr Stockwerke hochgezogen als offiziell genehmigt
waren. Oftmals wurden auch Sicherheitsstandards beim Bau der Häuser
ignoriert.
Max Brym: Was soll sich grundsätzlich
ändern wie sieht es mit sozialem Wohnungsbau aus.
Liburn Aliu: Wir kommen jetzt zum zweiten wichtigen Punkt.
Bezahlbarer Wohnraum muss wieder durch die öffentliche Hand im
Zentrum Prishtinas entstehen. Wir hatten die Tendenz die ärmeren
Leute an den Stadtrand zu drängen. Damit ist jetzt Schluss.
Prishtina muss allen gehören und finanzierbar sein. Die öffentlichen
Interessen müssen im Vordergrund der Stadtentwicklung stehen nicht
der private Profit. Es muss öffentlicher Grund für sozialen
Wohnungsbau ausgewiesen werden. Wir benötigen breitere Straßen,
Fußgängerwege und Wege für Radfahrer. Für letztere ist bis dato die
Fahrt durch Prishtina ein lebensgefährliches Abenteuer. In den
Stadtvierteln müssen die Menschen Platz haben. Wir planen neue
Grünflächen in Prishtina. Zudem erreichbare Kindergärten und
Schulen. Außerdem muss in jedem Stadtteil ein medizinisch
technisches Zentrum entstehen. In den Stadtvierteln muss es
öffentliche Plätze geben, an denen sich die Leute treffen können.
Nicht nur Straßen die eng sind mit wildem Autoverkehr.
Max Brym: Der Verkehr in Prishtina ist wirklich eine
Katastrophe. Wie soll das geändert werden ?
Liburn Aliu : Dort wo es möglich ist werden die Straßen verbreitert.
Elementar setzen wir aber auf die Entwicklung des öffentlichen
Verkehrs. Wir setzen auf günstige öffentliche Verkehrsmittel. Diese
müssen pünktlich und behindertengerecht verkehren und zugänglich
sein. Wir benötigen andere Busse, anstelle der Schrottbusse welche
beispielsweise in Deutschland ausgemustert wurden und jetzt in
Prishtina fahren. Also moderne Verkehrsmittel öffentlicher Verkehr
statt wilder privater Automobil-jagten im Zentrum der Stadt. Der
Masse der Autos müssen an den Stadtrand. Im Zentrum muss der
öffentliche Verkehr dominieren.
Max Brym: „Sorry Herr Aliu für mich wirkt Prishtina ziemlich wild
zusammengeschustert und nicht besonders schön. Wie soll sich das
ändern ?
Liburn Aliu: Prishtina wird von seinen
Bewohnern geliebt. Wir müssen die Geschichte der Straßen und Plätze
wieder ästhetisch und architektonisch betonen. Unsere Straßen haben
wieder Namen, die Wasserversorgung wurde verbessert. Die alte
Stadtregierung setzte was die Wasserversorgung betrifft nur auf die
privilegierten Objekte in der Innenstadt. Gleichzeitig entstand der
„Mutter Theresa Platz“ vor dem Parlament als Renommierobjekt. Ich
denke dieser Platz muss seinen Charakter grundsätzlich ändern. Bis
dato flanieren dort privilegierte Beamte, reiche Leute und
Touristen, dazu jede Menge Bettler. Dieser Platz muss von der
Bevölkerung allerdings für Kundgebungen und Proteste gegen die
Regierung genützt werden. Der Mutter Theresa Platz muss von der
Zivilgesellschaft für massive Proteste erobert werden. In den
Stadtvierteln benötigen die Menschen öffentliche Plätze um sich zu
erholen und um zu reden. Sie sehen wir arbeiten und planen für die
öffentlichen Interessen.
Max Brym: Herr Aliu wir danken Ihnen für
das Gespräch.
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