Kapitalismus kommunal angreifen
Schritte in Richtung menschengerechte Gesellschaft

von Werner Szybalski

07/2018

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"Das Eigentum an Grund und Boden, diese ursprüngliche Quelle allen Reichtums, ist das große Problem geworden, von dessen Lösung die Zukunft der Arbeiterklasse abhängt." Karl Marx

Konzern Stadt - dieses Ziel liberaler Kommunalpolitik allein reicht schon aus, um zu verdeutlichen, warum der Kapitalismus auf der untersten poli­tischen Ebene angegriffen werden muss. Die Einwohner*innen eines jedes Dorfes, einer jeder Stadt sind nicht Kundinnen ihrer Kommune, sondern Souverän der kommunalen Selbstverwaltung. Leichter für die Aktivist*innen und erlebbarer für die Menschen als vor Ort kann der Kapitalismus nicht bekämpft werden. Dies muss auf der Straße passieren, aber auch in den kommunalpoliti­schen Gremien sowie in und mit den unzähligen selbstständigen, örtlichen Verei­nigungen der Menschen in Dörfern und Städten.

Die Kommune, der natürliche Ort des Zusammenlebens der Menschen, ist der ide­ale Platz um den Kapitalismus anzugreifen. Die vom Liberalismus herausgeforder­ten Individuen werden im persönlichem Lebensumfeld zum Teil der Gesellschaft. Sie sind permanent und direkt spürbar von lokalen Entscheidungen betroffen. Des­halb ist durch eine lokale, antikapitalistische Politik den Menschen das Ziel einer gerechten Gesellschaft leichter vermittelbar und häufig deren zukünftige Gestal­tung sogar erlebbar zu machen. Dies gilt insbesondere, wenn die Menschen umfas­send informiert und in die kommunalpolitischen Prozesse einbezogen werden. Be­sonders effektiv geschieht dies durch Nachbarschafts- und Stadtteilinitiativen, ört­liche Gruppen und Vereine und nicht zuletzt auch durch Basisgruppen, Kreisver­bände und kommunalpolitischen Fraktionen der Linken.

Die zentralen Ansatzpunkte für den Kampf gegen den Kapitalismus in der Kom­mune sollten der Boden, das Wohnen und die Beschäftigung sein. Seit der ersten Stadtgründung vor Tausenden von Jahren im heutigen Iran haben die Herrschen­den immer versucht, den Boden und natürlich seine Schätze unter ihre Kontrolle zu bekommen. Dies geschieht im Kapitalismus unter dem Begriff Privatisierung. Einerseits schaffen sich die Herrschenden so abhängige Verbündete, die Grund­stücksbesitzer, und andererseits Profite und Einnahmen aus Steuern, Abgaben und insbesondere der Ausbeutung der Bodenschätze durch das Kapital. Eine Kom­munalisierung des Bodens gibt den Einwohner* innen und ihren gewählten Selbstverwaltungsorganen der geografisch begrenzten Gemeindeflächen vielfälti­ge Möglichkeiten, das Gemeinwesen aus den natürlichen Grundlagen der Erde zum Gemeinwohl aller Einwohner* innen zu nutzen.

So wie der Boden, früher wurde dies philosophisch mit dem Naturrecht begründet, allen auf ihm siedelnden Menschen gehört, haben auch alle Einwohner* innen einer Gemeinde das Recht auf eine menschengerechte Unterkunft. Dies ist weltweit weder in den Slums der Großstädte gewährleistet, noch in den Ballungsräumen und Metropolen Europas. Der Kampf um bezahlbaren Wohnraum hängt unmittel­bar mit dem Kampf um den Boden zusammen, bedarf aber in der aktuellen kom­munalen Politik sofortiger Maßnahmen. Realistischerweise wird die Kommuna­lisierung des Bodens ein langwieriger Kampf gegen den Kapitalismus sein, der nicht kurzfristig zugunsten der Einwohnerinnen entschieden werden kann. Eines dieser kurzfristigen Ziele sollte die Umwandlung von Wohngeld in ein System der gemeinschaftlichen, kommunalen Finanzierung des Wohnens sein. Dies geschieht durch kommunale Trägerschaft der örtlich angemessenen Mieten nach dem Prin­zip des bedingungslosen Grundeinkommens. Um dies zu verwirklichen, ist einer­seits die Privatisierung des Bodens zu stoppen und die Rekommunalisierung ein­zuleiten sowie andererseits die kapitalistische Spekulation mit Boden und Wohn­raum zu unterbinden. Die Privatisierung kommunaler und staatlicher Wohnungs­unternehmen ist zu stoppen und in kommunale, möglichst durch selbstverwaltete, auch mit kommunalen Geldern ausgestattete Wohnraumgenossenschaften umzu­wandeln.
Die Beschäftigung - insbesondere im öffentlichen Sektor - muss nach dem Vorrang von Gemein- vor Marktwirtschaft erfolgen. Da zugleich die ausufernde kom­munale Bürokratie nicht weiter aufgebläht werden darf, sollte die Beschäftigung vor Ort zwar von der Gemeinschaft getragen werden, aber in genossenschaftlicher oder gemeinnützig vereinsrechtlicher Form als kommunale Beschäftigung organi­siert werden. Dafür kommen nur transparente, grundsätzlich für alle Einwohner­innen offene Institutionen in Frage, die so der direkten Kontrolle durch die Be­schäftigten und die Träger, das kommunale Gemeinwesen, unterliegen.

Bis Ende 2020 stehen in den deutschen Gemeinden elf Kommunalwahlen an. Die Linke und zahlreiche undogmatische, linksorientierte, kommunale Zusammen­schlüsse oder kommunalpolitische Einzelkämpfer*innen sind schon jetzt in vielen Städteräten, Bezirksvertretungen, aber auch in Gemeinden sowie Kreistagen und kommunalen Zusammenschlüssen vertreten. Die Mandatsträger* innen und sach­kundigen Bürgerinnen werden von den immer größer und mächtiger werdenden kommunalen Verwaltungen durch die von ihnen produzierten Vorlagen unter Druck gesetzt. Die Mitarbeit in den kommunalen Gremien ist für die Bekämpfung des Kapitalismus in der Kommune aber von großer Bedeutung, denn lokal erhal­ten die Räte und Verwaltungsleitungen größte Aufmerksamkeit und die meisten In­formationen.

Die Zusammenarbeit einer bewegungsorientierten, internationalistischen Partei vor Ort mit den gewählten und entsandten Vertreter* innen der antikapitalistischen Kommunalpolitik ist nicht nur extrem wichtig, sondern zugleich auch äußerst kon­fliktbeladen. Dies wird noch komplizierter, wenn Menschen aus der antikapitalisti­schen Bewegung über offene Listen der Linken in kommunalpolitische Verant­wortlichkeiten gelangen. Dazu bedarf es örtlicher Organisations- und Kommuni­kationsformen, die ein solidarisches Miteinander im Kampf gegen den Kapitalis­mus ermöglichen.

Der Aufruf „Kapitalismus kommunal angreifen" zeigt neben politischen Vorschlä­gen für eine starke linke Kommunalpolitik, die bewegte bürgerliche Kreise ein­bezieht, Handlungsfelder auf, deren inhaltliche Ausgestaltung in dieser kleinen Broschüre natürlich nur angerissen werden kann.

Werner Szybalski

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Kommunale Politik steht nicht immer im Fokus politisch interessierter Akti­vistinnen der Linken. Dies liegt unter anderem an der Fortsetzung der Ent­machtung der untersten politischen Ebene auch durch die parlamenta­rischen Demokratie. Seit den steinschen Reformen in Preußen und anschließend dem Deutschen Reich wurde die „kommunale Selbstverwaltung" als dienende Ebene für die höheren politischen Ebenen missbraucht. Die Kommunen stehen un­ter Landesaufsicht. Sie haben lediglich das Satzungsrecht. Kommunale Gesetze werden von den Parlamenten beschlossen. Deren Umsetzung durch die lokale Ebene von den jeweiligen Ländern überwacht. Die Räte und sonstigen Gremien vor Ort haben wenig Gestaltungsraum, weshalb liberal-konservative Politikwis­senschaftler die Kommunalpolitik auch gern als „unpolitisch" bezeichnet haben.

Der Kapitalismus hat geschafft, woran die feudalen Herrscher noch gescheitert wa­ren - die Unterwerfung der kommunalen Ebene unter die vollständige Kontrolle des Staates und des Kapitals. Selbst die letzten beiden „freien" Städte im deutsch­sprachigen Raum, Bremen und Hamburg, sind so in die staatliche Herrschaft ein­gebunden, dass lokales Handeln nur noch in Form eines Bundeslandes möglich ist. Noch schlimmer sieht es für die Menschen im ländlichen Raum aus. Für die Selbstbestimmung in den Dörfern ländlichen Gemeinden wurde im deutsch­sprachigen Raum zuletzt in den sogenannten Bauernkriegen ab 1524 gekämpft.
Die kommunale Selbstverwaltung in Preußen, maßgeblich von Freiherr vom Stein und seinem Mitarbeiter Johann Gottfried Frey betrieben, erwies sich in vielen Politikbereichen von Beginn als Mogelpackung, denn nicht die Eigenständigkeit der Städte - die Ausweitung der kommunalen Selbstverwaltung auf den ländlichen Raum war schon im preußischen Staat gescheitert beziehungsweise gar nicht erst vorgesehen - war das Ziel, sondern die feste Eingliederung der kommunalen Ebene in das staatliche Herrschaftssystem. Verbunden damit war das Ende der Existenz der Freien Reichsstädte.

Die Nazis schafften unverzüglich nach der Machtergreifung die kommunale Selbstverwaltung komplett ab. Nach der Befreiung wurde sie in allen deutschen Besatzungszonen in individueller Form wieder eingeführt.

Einzelne Politikfelder (insbesondere Schul- und Sozialwesen) wurden der Selbst­organisation der Kommunen übertragen. Doch die kommunale Ebene wurde nie­mals in die Lage versetzt, diese Aufgaben mit eigener Finanzkraft (beschränktes eigenes Steuerfmdungsrecht) zu erledigen. Lediglich das örtliche Aufkommen aus der Gewerbesteuer und der Grundsteuer, sowie im Volumen geringe örtliche Ver­brauch- und Aufwandsteuern. (Vergnügungs-, Spielgeräte-, Hunde-, Jagd-, Pferde-, Zweitwohnsitz- und Hotelsteuer), steht der Gemeinde zu. Anders sieht dies bei den durch die Kommune zu erfüllenden Aufgaben aus. Der Staat hat ein ganzes Bündel von Aufgaben der kommunalen Ebene übertragen. Dazu gehören Bauleitplanung, Brandschutz, Abwasserbeseitigung, Abfallentsorgung, Schulentwick-lungsplanung, Katastrophenschutz, Anlage und Unterhalt von Kindergärten und Horten, Schulträgerschaft, Friedhöfe und Energie- und Wasserversorgung. Zu die­sen sogenannten Pflichtaufgaben kommen weitere vom Staat übertragene Aufga­ben wie zum Beispiel das Ausgeben von Pässen oder Personalausweisen. Bei den „freiwilligen Aufgaben" der Kommunen dominiert Wirtschaft, Kultur und Sozia­les. Die Finanzierung dieser Aufgaben (Märkte und Messen, Gewerbeansiedlung; lokale Verkehrswege, öffentlicher Personennahverkehr; Musik- und Volkshoch­schulen, Bibliotheken, Museen, Theater oder Sportstätten sowie im Bereich Sozia­les unter anderem die Armenfürsorge, die Altenpflege, die Errichtung und der Un­terhalt von Krankenhäusern oder die Suchtberatung) liegt grundsätzlich bei den Kommunen. Dabei erfolgt die Finanzierung durch die staatlichen Ebenen nur in Teilen. Dies führt zwingend zum Ausverkauf des kommunalen Besitzes. Er wird privatisiert.

Das Kapital arbeitet über den Staat effektiv an der Abschöpfung des Mehrwertes auf kommunaler Ebene. Der Konzern Stadt ist das Ziel und das Mittel zur Ausbeu­tung und Abschöpfung des Mehrwerts selbst im Bereich der öffentlichen Daseins­vorsorge.
Eines eint alle Menschen - sie leben in einer kommunalen Gemeinschaft. Diese kann natürlich je nach Kontinent oder Region völlig unterschiedlich verfasst sein, aber sie ist grundsätzlich überall die politische Ebene, wo alle Menschen direkt in-volviert sind und damit auch von antikapitalistischen Aktiven erreicht werden kön­nen.

Die Grundlagen der sozialistischen Arbeit vor Ort hingegen sind weltweit gleich. Überall werden die Kommunen von den Herrschenden zur Festigung ihrer Macht instrumentalisiert und mit Hilfe der lokalen Eliten ausgebeutet. Dies geschieht grundsätzlich auf verfassungsrechtlicher Grundlage, was die Situation der Men­schen vor Ort nicht erleichtert. Im deutschsprachigen Raum haben die Kommunen aber trotzdem genügend Rechte, um den Kapitalismus kommunal zu bekämpfen. Sozialistische Kommunalpolitik ist wesentlich mehr als ein Stein im Getriebe, wenn er denn bewegt wird. Die antikapitalistischen Aktiven in den Kommunen bietet sich die Möglichkeit, den Einwohnerinnen ihrer Kommune die Perspekti­ven und Ziele einer sozialistischen Gesellschaft aufzuzeigen.

Dies muss sowohl auf der Straße, als auch in den bestehenden kommunalen Gremien geschehen. Ebenso wichtig ist die aktive Unterstützung der in örtlichen Vereinigungen aktiven Menschen, die sich - gestützt durch die Arbeit für „ihre" kommunale Angelegenheit - gegen die Dominanz der lokalen Bürokratie, der ver­längerte Arm der staatlichen Herrschaft, zur Wehr setzen.

Die Linke sollte, wo immer es möglich ist, die bestehenden Wahl- und Partizipationsrechte (zum Beispiel Bürgerantrag oder -entscheid) nutzen, um mit möglichst vielen Antikapitalisten in allen kommunale Vertretungsorganen präsent zu sein. Dazu ist eine Überwindung der ideologischen Gräben innerhalb der Linken für ei­ne gemeinsame kommunale Arbeit zur Überwindung des Kapitalismus notwendig. Weit über das organisierte Linksspektrum und sogar die Linkswählerschaft hinaus, können Menschen unter dem Ziel der Gerechtigkeit für eine progressive kommu­nale Politik gewonnen werden. Allerdings müssen dabei die Interessen der aktiven Bürgerschaft, insofern sie nicht der Festigung der kapitalistischen Herrschaft die­nen, akzeptiert werden.

Konkrete überörtliche Ziele der sozialistischen Kommunalpolitik sind die rechtli­che und finanzielle Stärkung der Kommune mit dem Ziel der tatsächlichen Selbst­verwaltung. Die vielfältigen Abhängigkeiten von staatlichen Ebenen sind zu besei­tigen und das Steuererhebungssystem muss auf den Kopf gestellt werden. Außer Steuern und Abgaben aus dem internationalem Handel und Finanztransfer sind alle Steuern lokal zu erheben.

Die Einwohnerinnen, die grundsätzlich überall Niederlassungsfreiheit genießen, müssen durch eine dezentrale Gemeindestruktur (Nachbarschaftsversammlungen, Dorfräte, Stadtteilkonferenzen, Bezirksräte) unmittelbar in die Selbstverwaltung einbezogen werden. Den örtlichen gemeinnützigen Vereinen werden Kommunal­aufgaben zur - demokratisch kontrollierten - Selbstverwaltung übergeben.

Die kommunal-wirtschaftlichen Aktivitäten der Kommune (zum Beispiel in der Daseinsvorsorge) sind von der Kommune finanzierten und von den Nutzern mit­kontrollierten genossenschaftlichen Unternehmen zu organisieren. Sinnvolle Zu­sammenschlüsse solcher kommunaler Unternehmen sind grundsätzlich nur für Großstädte und ihre unmittelbaren Nachbarkommunen sinnvoll. In wenigen Fällen kann auch die gemeinsame kommunal-wirtschaftliche Tätigkeit auf Regionsebene sinnvoll sein. Alle in teilweise oder komplett privatisierten Unternehmen ausge­gliederten kommunalen Aufgaben sind zu Rekommunalisieren. Die Selbstorgani­sation im Sinne der Gemeinwirtschaft ist bei allen Aufgabenerfüllungen der Marktwirtschaft überlegen, schon allein, weil diese keine Profite erwirtschaften müssen. Wo dies heute durch kommunale Unternehmen geschieht, müssen Linke auf Reduzierung der Kosten für die Einwohner* innen drängen, statt Überschüsse aus Dienstleistungen oder Mieten für andere kommunale Aufgaben zu verwenden.

Da aus sozialistischer Perspektive die kompletten Sozialleistungen für die Einwoh­nerinnen (Krankheit, Arbeitsunfähigkeit, Rente, Arbeitsverlust, Haftpflicht) so­wie das Grundrecht auf eine Wohnung kommunal gesichert und finanziert werden muss und die bislang ehrenamtlich geleisteten Arbeitsstunden lokaltariflich vergü­tet werden, sollten Kommunen / Regionen neue bargeldlose Finanzinstitute grün­den, über die alle kommunalen Finanztransaktionen der Einwohner*innen geregelt werden. Zentraler Punkt im Angriff auf den Kapitalismus auf kommunaler Ebene ist aber die Wiedervergesellschaftung des Bodens. Dies erst setzt die Einwoh­nerschaft in die Lage, sich selbstverwaltet und sozial-gerecht zu organisieren.

Rekommunalisierung des Bodens

Selbstverständlich ist die Beziehung von Kapital und Arbeit auch auf kommu­naler Ebene ein wesentlicher Faktor der Ungleichheit und Bestandteil der globalen Akkumulation des Kapitals. Von großer politischer Bedeutung im Kampf gegen den Kapitalismus ist kommunal die Bodenfrage. Ein Konflikt zwi­schen der Vergesellschaftung der Produktionsmittel und des Gemeindebesitzes des kommunalen Bodens besteht nicht. Beides, Boden und Produktionsmittel, sind neben dem im Grunde unwerten, aber den modernen Kapitalismus prägenden Kapitalbesitz (Geld, Aktien, Beteiligungen, etc.) tragende Säulen des ausbeuteri­schen, kapitalistischen Systems.

Um dieses menschenverachtende Wirtschafts- und Gesellschaftssystem zu über­winden, muss zumindest eine der sie tragenden Säulen gestürzt werden. In der ak­tuellen Situation sind die Chancen die Säule Bodenbesitz anzugreifen und durch Übernahme des Bodens in das Gemeineigentum aller Einwohnerinnen zu brin­gen, nicht nur am größten, sondern auch für die Mehrheit der Nichtbesitzenden ein leicht nachvollziehbares Politikziel. Zudem bietet kommunaler Boden, der nicht veräußert, sondern nur auf Zeit verpachtet werden kann, eine maximale Breite an Handlungsmöglichkeiten für die Einwohnerinnen und ihre kommunale Selbstverwaltung, um mehr Gleichheit in der Gesellschaft zu erreichen.

Schon seit Jahrtausenden diskutieren schlaue Köpfe über die Frage des Privatei­gentums an Boden und seinen Bodenschätzen. Natürlich gibt es heute gültige Ge­setze, die die ungerechte Verteilung des Bodens und der in ihm steckenden Schätze legalisieren. Deshalb ist trotzdem kein Flecken Land ursprünglich legal in den pri­vaten Besitz gelangt. Zu irgendeinem Zeitpunkt erfolgte jede Inbesitznahme von Boden aus der schlichten Möglichkeit heraus oder aber mit Gewalt. Der Staat und seine Machthaber werden alles daransetzen, sämtliche Initiativen zur Vergesell­schaftung des Bodens zu bekämpfen. Trotzdem dürfte der lokalpolitische Angriff auf den Kapitalismus durch die Übernahme - beziehungsweise schon durch die Forderung danach - des Bodens in das Gemeineigentum der Einwohner*innen der jeweiligen lokalen Gebietskörperschaft die Diskussion über die gesellschaftlichen Verhältnisse und damit die soziale Frage anheizen.

Linke Kommunalpolitik sollte deshalb immer die Bodenfrage stellen und auch po­litisch versuchen, das gesamte Gemeindegebiet in kommunales Eigentum zu be­kommen. Dabei muss aktuell der Widerstand der Linken gegen jede weitere Ver­äußerung kommunalen Grundbesitzes generell sein. Boden darf zukünftig Päch­ter* innen, egal ob für Wohn-, Wirtschafts- oder Freizeitnutzung, nur auf Zeit über­lassen werden. Pächterinnen können sowohl Privatpersonen als auch Vereini­gungen sein. Dabei bleiben die Immobilien auf den jeweiligen Flächen im Privat­besitz. Der Pachtvertrag muss dafür vertragliche Regeln enthalten, die grundsätz­lich festlegen, dass die Fläche mit Ende der Pachtzeit belastungsfrei an die Ge­meinde zurückgegeben wird. Da natürlich nicht alle Gebäude jeweils abgerissen werden sollen, ist eine Übertragung des Besitzes auf nachfolgende Pächter im Zu­ge der Vererbung, Schenkung oder Verkaufs vorrangig zu gewährleisten. Familien­besitz, natürlich ohne den Grund und Boden, kann so bestehen bleiben. Auch die Veräußerung oder Übergabe von Immobilien von Produktionsstätten und Handels­betrieben sind problemlos möglich. Damit bleibt der Erhalt der wirtschaftlichen In­frastruktur der Gemeinde intakt.

Die Immobilien auf den kommunalisierten Flächen sollen im Besitz der Eigentü­mer bleiben und können auch weitergegeben werden (Vererbung, Verkauf). Dazu ist von der Kommune mit den zukünftigen Eigentümern ein Pachtvertrag zu schlie­ßen, bevor die Immobilien überschrieben werden können. So ist gewährleistet, dass erworbenes Eigentum an Wohn- und Wirtschaftsgebäuden im Eigentum der Privatleute oder privaten Institutionen bleibt. Die Pachtverträge müssen Regelun­gen enthalten, wie die Flächen belastungsfrei an die Kommunen zurückgegeben werden können. Dies gilt nicht nur für Immobilien sondern auch für den ökologi­schen Zustand der durch Private gepachteten Flächen. Dieser sollte bei Pachtbe­ginn festgestellt werden. Grundsätzlich sind ökologische Defizite auf Kosten der Voreigentümer zu beseitigen.

Ein bestehendes Instrument der kommunalen Steuerung der Eigentumsverhältnisse an Boden ist die Grundsteuer. Diese muss modernisiert und modifiziert werden. Um das Ziel - den kommunalen Boden komplett in Gemein(de)besitz zu bekom­men - ist die jeweilige Höhe der Grundsteuer einer Fläche an der Art und Weise ihrer Nutzung sowie der jeweiligen Nutzerinnen zu orientieren. So sollten Brach-flächen, die aus Spekulationsgründen nicht oder noch nicht bebaut oder genutzt werden, nahezu entschädigungsfrei kommunalisiert werden. Gewerbenutzung ist mit einer deutlich höheren Grundsteuer zu belegen als Wohn- oder Agrarnutzung. Auch dabei muss der jeweilige Eigentümer und / oder Nutzerkreis berücksichtigt werden.

Um die Bereitschaft der heutigen Eigentümer zur Kommunalisierung der Flächen zu fördern, sollte die Grundsteuer sehr viel höher als die zukünftige Pacht sein. Die Pachtzahlungen sollten grundsätzlich bis zum Erreichen des Kaufpreises ausge­setzt werden, so dass kein Kapital zur Finanzierung des kommunalen Erwerbs au­ßerhalb der Finanzierung des Verzichts auf die Grundsteuer notwendig ist. Durch eine entsprechend hohe Grundsteuer, flankiert von einer hundertprozentigen Erb­schaftssteuer und vergleichbaren Transaktionssteuer für Boden, die sozial durch garantierte Pachtverträge zwischen der jeweiligen Kommune und den Nutzern der kommunalisierten Flächen abgesichert sind, sollte größtenteils die Rekommunali­sierung privater Flächen nahezu konfliktfrei erreichbar sein. Die jeweiligen Pach­ten müssen aus diesem Grund deutlich unter den Grundsteuern für private Besitzer liegen. Dies bedeutet natürlich, dass die Grundsteuern ganz erheblich heraufge­setzt werden müssen. Ausgenommen von diesen Regelungen sind Spekulationsflä­chen. Diese sind sofort zu enteignen und gemäß des jeweils geltenden Rechts mini­mal zu entschädigen.

Kommunale Flächen werden Nutzer*innen von der Kommune grundsätzlich er­schlossen zur Verfügung gestellt. Die Infrastruktur bleibt dabei kommunal. Dies bedeutet, dass für Gemein(de)besitz von den Nutzern grundsätzlich auch Pachtzah­lungen für die Erschließung an die Kommune geleistet werden. Diese sind nicht profitorientiert sondern gemeinwirtschaftlich auszulegen. Die Infrastruktur muss quasi durch Pacht abgeschrieben werden, so dass sie bei Bedarf zu Lasten der Kommune, die die eingenommenen Gelder dafür sichern muss, erneuert werden kann.

Die Finanzierung der Kommunalisierung des Bodens erfolgt durch die staatlichen Ebenen. Länder und Staaten haben sich kommunalen Besitz angeeignet oder dafür gesorgt, dass der Boden in Privatbesitz gelangt. Der im Besitz der Länder, der Bun­desrepublik oder der Europäischen Union befindlichen Boden, auch in Kapital­gesellschaften oder andere Organisationsformen ausgegliederte Flächen, ist ohne Ausgleich auf die jeweilige kommunale Gebietskörperschaft zu übertragen. Die Übertragung ist unproblematisch, da die der Öffentlichkeit gehörenden Flächen weiterhin im Besitz der Allgemeinheit bleiben. Die staatlich genutzten Flächen werden von der Kommune an den Staat (später Region / EU) verpachtet, um so ei­nen Ausgleich zum Beispiel für überörtliche Verkehrsverbindungen aller Art (auch Fernleitungen) zwischen den Kommunen mit unterschiedlicher lokaler Wirt­schaftskraft zu gewährleisten. Für „Häuslebauer" ergeben sich so zudem neue Wege für private Finanzierungen, da die Investitionskosten für den Boden entfal­len und durch Pachtzahlungen ersetzt werden, sinkt die Verschuldung der Immobi­lieneigentümer. Als Alterssicherung dient dann „zwar" nur die Immobilie, dafür ist das jeweilige Objekt deutlich früher finanziert.
Auch im Kampf gegen die Gentrifizierung ist die kommunale Vergesellschaftung des Bodens sehr sinnvoll, da die Einwohner* innen über die kommunale Selbstver­waltung kommunale Handlungs- und Gestaltungsfreiheit gewinnen. So können die Kommunen über ihre demokratischen Gremien gewährleisten, dass die Spekula­tion mit Boden und durch die Pachtverträge auch der Immobilien unterbunden wird.

Der kommunale Kampf um den Boden im Gemein(de)besitz hat eine globale Di­mension. Fast alle Kriege werden um Herrschaft über geografische Räume geführt. Ziel der Aggressoren ist in der Regel, den ungehinderter Zugriff auf die Boden­schätze zu bekommen. Dazu werden sie der lokalen Einwohnerschaft entzogen. Außerhalb von kriegerischen Handlungen erfolgt dies grundsätzlich durch die Mit­hilfe der Herrschenden, die ihren Einwohner*innen die Bodenschätze und damit häufig auch die allgemeine Verfügbarkeit des Bodens entziehen. Durch diesen Im­perialismus werden Menschen gehindert, sich in ihrem hineingeborenen oder ge­wählten lokalem Lebensumfeld sich aus den Bodenschätzen gemeinsam das Leben in ihrer Kommune zu finanzieren. Die internationale Linke könnte dies durchaus zum ihrem Thema machen, um so die Menschen global im Klassenkampf über den I o Kampf um den Boden zu unterstützen.

Recht auf Wohnen

So wie jeder Mensch Anteil am Boden hat, hat auch jeder Mensch Anrecht auf einen geschützten Raum zum Leben. Dieser Wohnraum muss in der Kommu­ne von der Gemeinschaft garantiert sein und auch tatsächlich ermöglicht werden. Dies kann durch zur Verfügung stellen von kostenlosen Räumen gesche­hen oder aber durch eine Übernahme der Kaltmietkosten in einem bestimmten Größenrahmen des benötigten Wohnraumes. Aktuell sollten im deutschsprachigen Raum 45 Quadratmeter für Alleinlebende und jeweils zusätzliche 15 Quadratme­ter für jede weitere in der Wohnung lebende Person als Grundlage genommen wer­den. Dies Auszahlung oder steuerliche Wertstellung kann nach dem Modell des be­dingungslosen Grundeinkommens erfolgen.

Tatsächlich wird Wohnen, zumindest in den Ballungsräumen und Großstädten, im­mer mehr zur sprudelnden Profitquelle des Kapitals. Kommunale Wohnungsge­sellschaften wurden im Zuge des Neoliberalismus, weil den Kommunen und auch den Ländern Kapital fehlte, mitsamt den Grundstücken den Kapitalisten feil­geboten. Selbst die größten und global mächtigsten Investmentfonds sind Eigentü­mer von Wohnungen im gesamten deutschsprachigen Raum. Neben der Spekula­tion mit dem lokalen Boden beuten das Kapital die Mieter* innen immer stärker aus. Die Steigerung der jährlichen Mieterträge soll laut Geschäftsberichten der ka­pitalistischen Wohnungsgesellschaften grundsätzlich oberhalb der Steigerung der Wirtschaftsleistung einzelner Staaten, der Euro-Zone und natürlich der EU liegen. So nutzt das Kapital den Wohnungsmarkt als Ersatz für stagnierenden oder sin­kenden Profit aus der produzierenden Wirtschaft.

Europaweit wehren sich Mieter* innen, zunehmend zusammengeschlossen in Ver­einigungen, gegen die Ausbeutung der mietenden Menschen. Gegengesteuert wer­den kann da nur mit einer Vergesellschaftung der großen, meist börsennotierten Wohnungsgesellschaften, durchaus aus mit dem grundgesetzlich geschützten Recht der Enteignung. In gravierenden Spekulationsfällen, wenn zum Beispiel die Wohngebäude systematisch verelendet werden, auch ohne Entschädigung.

Neben der Kommunalisierung des Bodens und der gesellschaftlichen Übernahme der Grundkaltmiete durch die kommunale Gemeinschaft müssen die Kommunen Flächen, auch mit bestehenden (Wohn-)Gebäuden, lokalen Genossenschaften, die gemeinwirtschaftliche Aufgaben erfüllen, zur Verfügung stellen und auch als Fi­nanzier dieser Projekte, zumindest in großen Teilen, fungieren.

Neben dem kommunalen, in der Regel genossenschaftlich organisiertem Woh­nungsbau für Familien, Paare und Alleinstehende müssen kommunale Wohnkom­plexe entstehen, in denen zukunftsweisendes Zusammenleben generationsüber-greifend möglich. Zudem ist Wohnraum zu schaffen, in denen ist für Gehandicapte und Pflegebedürftige Räumlichkeiten für notwendige Maßnahmen vorhanden sind. Auch Räume für Kinder und andere Gemeinschaftsräume sind einzuplanen.

Gemein- vor Marktwirtschaft

Wesentlicher Aspekt des Kapitalismus ist die liberale Wirtschaftsweise, der „freie Markt". In Reinkultur ist dies aktuell im weltweiten Finanzhandel zu beobachten. Kaum Steuern und extrem wenig Regulierung erlauben es dem Kapital jenseits der Bedürfnisse der Menschen ihren Reichtum zu mehren. Kommt es dann zu einer der von Karl Marx festgestellten systemimmanenten Kri­sen, kommen durch ihre Nationalstaaten die Menschen für die Verluste der Kapitalisten auf. Dies unter dem Deckmantel der „Sicherung der Einlagen der klei­nen Leute". Durch öffentliche Defizitfinanzierung, in der Praxis die Übernahme der Verschuldung der Banken und sonstigen Finanzinstitute, die von den Herr­schenden als systemrelevant angesehen werden, wird für die Lebens relevanten Bereiche der Menschen staatliches Kapital entzogen, so dass die Infrastruktur bau­fällig wird und für Sozialmaßnahmen schnell das Geld fehlt.

Sehr viele für die Menschen notwendigen öffentlichen Aufgaben liegen im kom­munalen Bereich oder können zukünftig von diesem selbstverwaltet anstatt durch die staatlichen Ebenen erfüllt werden. Der Kapitalismus strebt danach, die gemein­wirtschaftlichen Aufgaben in den marktwirtschaftlichen Bereich zu ziehen. Dies liegt in den Akkumulationsbestrebungen (Privatisierung und stattliche Zentrali­sierung) des Kapitals. Dies ist grundsätzlich das Prinzip der (Profit-)Wirtschaft. Private Unternehmen versuchen gegenüber gemeinwirtschaftlich, kommunal Han­delnden insbesondere durch Lohndumping (Subunternehmen), Verwendung kos­tengünstiger, vielleicht nicht mal zugelassener oder gar gesundheits- beziehungs­weise umweltschädigende Stoffe und Materialien, sowie angeblich besserer Orga­nisationsstruktur (keine demokratische Entscheidungsfindung sondern unterneh­merische Hierarchie) eine zumindest kurzfristige kostengünstigere Alternative zur Gemeinwirtschaft zu sein. Notfalls wird auch eine Aufgabenkürzung zu Lasten der Gemeinschaft vorgenommen.

Als Gemeinwirtschaft, die Sachziel orientiert ist, werden alle kommunalen, gege­benenfalls regionalen und auch staatlichen Leistungen bezeichnet, die allen oder zumindest dem überwiegenden Teil der Einwohnerinnen zu Gute kommen. Sie umfasst die Daseinsvorsorge alle Aufgaben, die die kommunale Gemeinschaft als eigene betrachtet. Die Ver- und Entsorgung inklusive der Infrastruktur und sämt­licher Verkehrswege, alle Ausbildungsmaßnahmen, die Kleinkindbetreuung, die Kranken-, Gehandicapten- sowie Altenversorgung, das Wohnrecht für alle Ein­wohner* innen (siehe Seite 11), der Natur- und Umweltschutz sowie kommunale Kultur und Wirtschaft, insofern diese in der jeweiligen Kommune (siehe „Landle­ben", Seite 17) gemeinschaftlich organisiert werden.

Einige Aufgabenfelder aus diesem Bereich werden derzeit größtenteils staatlich organisiert oder koordiniert. Dies sollte zukünftig kommunal erfolgen. Dazu gehö­ren die Rente, die Pflege, die Krankenversorgung und die soziale Grundsicherung. Diese Bereiche sind kommunal beziehungsweise je nach Gebietskörperschaft re­gional sicher zu stellen. Die Kosten für die zukünftig einheitliche Rente für alle Einwohnerinnen, die Kranken- und Pflegekosten inklusive der Infrastruktur (ärzt­liche Versorgung, Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen) und die soziale Grundsicherung. Auch Leistungen bei auftretender Arbeitsunfähigkeit, derzeit überwiegend privat über Versicherungen finanziert, wenn kein Ereignis vorlag, dass die Arbeitsunfähigkeit beruflich begründet. Dazu sind die staatlichen Institu­tionen aufzulösen und das Kapital und die Infrastruktur den Kommunen zur Verfügung zu stellen.

Alle diese Bereiche müssen organisiert werden. Im Sinne des Bürokratieabbaus und der kommunalen Selbstverwaltung durch die Einwohnerinnen müssen alle nicht auf Profit sondern Gemeinwohl ausgerichteten Einrichtun­gen genossenschaftlich oder in gemeinnützigen Vereinen organisiert werden. Die Kontrolle bei kommunalen Genossenschaften, deren Kapital die Einwohnerschaft über die Kommune zur Verfügung stellt, erfolgt durch die Genossenschaftsver­sammlung, bei der jede*r Genossein (Einwohnerin) jeweils eine Stimme hat, sowie ein gewähltes, ständiges Aufsichtsgremium, dem zu je einem Drittel die Ka­pitalseite (Rat, Bezirksvertretung, Stadtteilkonferenz, Trägerverein ggf. Region), die Nutzerinnen (Genossinnen) und die Beschäftigen als Delegierte angehören. Auch die kommunale Aufgaben selbstständig erledigenden Vereine sollen so struk­turiert sein. Die betriebliche Vertretung der Mitarbeiterinnen bleibt bestehen.

Die Finanzierung der Gemeinwirtschaft durch die Gemeinschaft aller Einwoh­ner* innen jeder Kommune ist durch den Wegfall der Profite, die Grund für Vergaben an Private sind, sowie die Einbeziehung der heutigen Sozialversiche­rungsbeiträge, die in der Gemeinwirtschaft über die zukünftigen kommunalen Fi­nanzinstitute verrechnet werden, und die Rekommunalisierung des Bodens und aller (teil-)privatisierten Unternehmungen aus dem Bereich der öffent­lichen Aufgaben. Die amerikanische Wirtschaftsnobelpreisträgerin Elinor Ostrom wies empirisch nach, dass eine lokale Selbstorganisation bei gemeinschaftlich genutzten Ressourcen (im Falle eines sogenannten Allmendeguts) unter Beachtung bestimmter Organisationsprinzipien sowohl der staatlichen Ausführung als auch der reinen Privatisierung überlegen sein kann. Daran hat sich die kommunale Ge­meinwirtschaft zu orientieren. Zur Finanzierung können Kommunalobligationen ausgegeben werden, soweit nicht die kommunalen Rücklagen Verwendung finden.

Zudem sollten alle Kommunen / Regionen prüfen, ob nicht eigene öffentlich-recht­liche Medien, mit Aufgaben vergleichbar mit den heutigen öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern, gegründet werden sollten. Das Kapital für die einzelnen lokalen Mediengenossenschaft im Onlinebereich, im Print (Zeitung, Magazin) und im Ra­dio / TV stellt die Kommune. Die Redaktionen werden ebenfalls durch ein gewähl­tes, ständiges Aufsichtsgremium mit paritätischer Verteilung (je ein Drittel, Kom­mune, Nutzerinnen, Belegschaft) sowie die Genossenschaftsversammlung kon­trolliert. Dabei könnte zur Finanzierung eine Umlage Vergleichbar mit der beste­henden von der GEZ für Haushalte in den Kommunen festgelegt werden.

Kommunale Selbstverwaltung durch Einwohnerinnen

Kommunale Selbstverwaltung bedeutet nicht zwangsläufig öffentliche Bürokratie. Es gibt aus der Linken keine explizite Kritik des Bürokratismus beziehungsweise keine grundsätzlich kritische Einstellung zur kommuna­len öffentlichen Verwaltung. Obwohl die Bürokratie zahlreiche progressive Initi­ativen vor Ort verhindert und vielfach die Stadt oder Gemeinde wie ihr Eigentum verwaltet, sind die bisherigen Ansätze zur Überwindung dieser angeblichen kom­munalen Selbstverwaltung durch den lokalen öffentlichen Dienst nur wenig Kri­tik der Sozialisten ausgesetzt. Dies liegt vor allem an dem grundsätzlichem posi­tiven Verhältnis der Linken zur Kommune, die auch die öffentliche Verwaltung einschließt.

Nicht nur durch die Überflutung der Mandatsträger*innen und Sachkundigen Bürger* innen mit Vorlagen bestimmen die Verwaltungen die lokale Agenda nahezu im Alleingang, sondern sie blockieren oft progressive Projekte und be­grenzen oder verhindern selbstorganisierte kommunale Vorhaben ihrer Einwoh­nerinnen. Zudem neigt die Kommunalverwaltung dazu, insbesondere durch Ausgliedern von kommunalen Aufgaben in Kapitalgesellschaften und Beteili­gungen, die Politik vor Ort für die Einwohner* innen schwer nachvollziehbar und deshalb nahezu öffentlich unkontrollierbar zu gestalten. Zudem wird häufig das Kapital direkt, in der Regel unter dem Deckmantel der kommunalen Wirtschafts­förderung, durch die Kommunen subventioniert. Ein einleuchtendes Beispiel da­für ist der Betrieb regionaler Verkehrsflughäfen.

Kommunale Selbstverwaltung ernst genommen, führt dazu, die Menschen in transparenten, gemeinnützigen Vereinigungen direkt an der kommunalen Verwal­tung zu beteiligen. Die Einwohner*innen der jeweiligen Kommune können in Gemeinschaften (gemeinnützige, transparente und grundsätzlich für alle Einwoh­nerinnen offene Vereine oder im wirtschaftlichen Bereich in Genossenschaften) selbstverwaltet öffentliche Aufgaben der Kommune übernehmen. Dies ist in vie­len Kommunen schon seit Jahren gängig Praxis, wie das Beispiel der an Sport­vereine überlassenen, von der Kommune hergerichteten und finanzierten Sport-flächen zeigt.

Die öffentliche Kontrolle erfolgt im ersten Schritt durch die Mitglieder oder Ge­nossinnen der jeweiligen Gemeinschaft. Im zweiten Schritt wird das Jahreser­gebnis veröffentlicht, so dass alle Einwohner*innen der Kommune die Jahres­abschlüsse aller lokalen Vereinigungen einsehen und überprüfen können. Die jähr­liche Mittelvergabe an die Vereinigungen erfolgt durch die zuständigen lokalen Zusammenschlüsse der Vereinigungen. Im Beispiel der Sportflächen wäre dies der Stadtsportverband, dessen Hauptversammlung über die Verteilung der vom Rat der Kommune beziehungsweise - je nach örtlicher Organisationsform und dem eingeräumten Mitsprachemöglichkeit der Einwohnerinnen in der Kommune - den kleinräumigen Mitbestimmungsorganen (Dorfrat, Bezirksvertretung,Stadtteilkonferenz) zugewiesenen Mittel entscheidet. Die Hauptversammlung der kommunalen Verbände setzt sich aus den Delegierten der Mitgliedsorganisationen zusammen.

Diese Selbstverwaltung durch die Einwohnerinnen ist nicht nur in allen Berei­chen der freiwilligen kommunalen Aufgaben möglich. So können auch Natur­schutzflächen der Verwaltung durch lokale Naturschutzvereinigungen übergeben werden, wobei diese Vereinigungen den oben genannten Kriterien entsprechen und, falls mehrere Vereinigungen in der Kommune aktiv sind, auch einen lokalen Dachverband zwecks Kontrolle und Mittelvergabe bilden müssen.

Für Schwimmbäder, Parkanlagen mit überwiegend Freizeitcharakter, Kleingarten­anlagen, Büchereien, Theater, Musikhallen sowie Museen müssen zur Übertra­gung von der kommunalen Bürokratie auf die Einwohnerinnen teilweise neue Vereinigungen und gegebenenfalls Dachverbände gegründet werden. Bestehende Vereine, zum Beispiel Fördervereine, können natürlich zu Trägervereinigungen umgewandelt werden.
Auch im Bereich der heutigen „Pflichtigen kommunalen Aufgaben" können die Einwohnerinnen selbst organisiert die Verwaltung übernehmen. Dies ist zum Bei­spiel bei Stadtteilzentren, Veranstaltungsräumen und -flächen, Jugend- und Alten­einrichtungen sowie im breiten Feld der Verbraucherberatung inklusive der Berei­che Soziales und Gesundheit. Gerade Letztgenannte und ihre Nutzer*innen wür­den von der Selbstverwaltung durch die Einwohnerinnen profitieren, da sie in ih­rer Existenz und Finanzierung nicht mehr von wechselnden politischen Mehrheits­verhältnissen in der Kommune und dem Wohlwollen der Ämter und deren Leitung abhängig wären.

Es wird dabei in einzelnen Fällen zu Überschneidungen verschiedener Interessen bei Flächen oder Institutionen geben. In einem der Freizeitgestaltung gewidmeten Park oder an ihn angrenzend könnte es zum Beispiel Naturschutzbereiche, Klein­gärten oder ein Schwimmbad geben. Auch könnten Beratungsstellen fest in selbst verwalteten Stadtteilzentren angesiedelt sein. In diesen Fällen würden die Trä­gervereine - je nach Aufgabenstellung - verschiedenen lokalen Dachverbänden stimmberechtigt angehören, um so über die endgültige Mittelvergabe für das je­weilige Haushaltsjahr mitzuentscheiden. Die Trägervereine müssten in diesen Fäl­len mit verschiendenen kommunalen Aufgaben in einer Vereinigung natürlich ihre innere Struktur dem vielfältigen Aufgabenspektrum anpassen.

Bei der kommunalen Selbstverwaltung durch die Einwohner* innen und deren Ver-
einigungen wird die Kommunalverwaltung stark entlastet, so dass sie mit flacher
Hierarchie organisiert werden kann. Personalabbau wird nicht stattfinden, sondern
viele öffentlich Beschäftigte werden bei den die kommunale Selbstverwaltung tra-
genden Vereinigungen beschäftigt. Wegfallen werden nur die Bereiche, in denen
die Kommune als Veranstalter oder kommerzieller Unternehmer auftrat.

Kommunale Eigenständigkeit finanziell sichern

Das vorwiegende Instrument zu Sicherung der Landes- oder Staatsherrschaft über die Städte und Dörfer ist die finanzielle Abhängigkeit der kommuna­len Ebene vom Staat. Es gibt über den vertikalen Finanzausgleich zwar ei­ne Beteiligung der untersten politischen Ebene - diese selbst hat aber kaum Ein-fluss auf die finanzielle Entwicklung und Steuererhebung in ihrer Gebietskörperschaft. Steuern sollten grundsätzlich von den Kommunen festgesetzt und erhoben werden. Die höhere politische Ebene, die Region, wird nicht durch eigene Steuern sondern durch Umlagen der Kommunen finanziert. Die staatliche Ebene (EU) bestreitet ihre Ausgaben grundsätzlich aus Erträgen des internationa­len Waren- und Kapitalhandels.
Die finanzielle Notlage vieler Kommunen, die inzwischen die notwendige Infra­struktur weder erhalten noch die erforderlichen Investitionen für Neubau leisten kann, ist einerseits durch die Privatisierung des Bodens, der dem Ausverkauf des Tafelsilbers gleicht, und andererseits der Überlassung gemeinwirtschaftlicher Auf­gaben unter anderem im Zuge von öffentlich-privaten „Partnerschaften" dem Pro­fitstreben des Kapitals geschuldet. Der interkommunale „Wettbewerb" (günstige Flächenpreise, unternehmerfreundliche Entsorgung, niedrige Gewerbe- und Grundsteuersätze) dient ausschließlich dem Kapital und führt zudem zum soge­nannten „Flächenfraß". In vielen Kommunen droht inzwischen die vollständige Privatisierung, zumindest des Bodens.

In den Kommunen, die groß genug sind, beziehungsweise die freiwilligen kommu­nalen Zusammenschlüsse (Großstadt und Umlandgemeinden) oder die Regionen (die politische Organisationsebene zwischen Kommunen und der EU) gründen kommunale / regionale Finanzinstitute. Diese Kommunalbank führt eine bargeld­lose kommunale / regionale Währung ein. Durch den schwankenden Wechselkurs zum europaweiten Zahlungsmittel Euro innerhalb des europäischen Binnenmark­tes dient die Lokalwährung als kommunale / regionale Korrektur und Ausgleich für unterschiedliche Wirtschafts- und Finanzkraft der Kommunen / Regionen.
Alle Einwohnerinnen erhalten bei diesem Institut ein Konto. Auf dieses gehen die kommunalen Zahlungen (Transferleistungen oder Vergütung für geleistete Arbeit in der Kommune, kommunalen Genossenschaften oder Vereinen mit kommunalen Selbstverwaltungsaufgaben) ein. Auch die Auszahlungen innerhalb der Kommune / Region erfolgen über dieses Konto. Bargeldauszahlungen oder Zahlungen außer­halb der Kommune / Region erfolgen in der EU-Binnenwährung Euro.

Bargeldlose Zahlungen innerhalb der Kommune / Region (Einkäufe) erfolgen mit­tels der allen Einwohner*innen ausgehändigten Scheckkarte, mit der über Automa­ten auch Euros abgehoben werden können. Durch diesen zweistufigen Binnen­markt sind die Kommunen / Regionen ihre Finanzkraft durch Auf- und Abwertung der Lokalwährung zum Euro zu regulieren.

Landleben

Etwas mehr als die Hälfte der Menschen im deutschsprachigen Raum leben derzeit außerhalb der Städte auf dem Land. Rund 90 Prozent des Bodens sind ländlich geprägt. Zum deutlich überwiegendem Teil wird dieser Boden für die Lebensmittel- und Rohstoffversorgung genutzt. Auch die Wirtschaftskraft des ländlichen Raums ist hoch; fast die Hälfte der Wirtschaftsleistung im deutsch­sprachigen Raum wird außerhalb der Städte und Metropolen erwirtschaftet.

Allerdings bestehen große Unterschiede zwischen den einzelnen Räumen. Stark abhängig ist die Attraktivität des Lebens im ländlichen Raum von der jeweiligen geografischen Lage, insbesondere zu den Städten. Diese Unterschiede sind kaum durch gesellschaftliche Maßnahmen zu beseitigen, aber für den gesamten länd­lichen Raum gilt, dass die Lebensbedingungen der Menschen attraktiver gestaltet werden können.

Vielfach haben die Einwohnerinnen der Dörfer und Bauernschaften schon Maß­nahmen ergriffen, die allerdings kaum Unterstützung durch die öffentliche Hand erfahren. Vorbildliche Beispiele dafür sind die Dorfläden, die häufig selbst verwal­tet von den Einwohner* innen betrieben werden, oder die Bürgerbusse, die den sich aus der Fläche zurückziehenden Öffentlichen Personennahverkehr zu ersetzen ver­suchen. Solche Maßnahmen können im mit Vereinen gewöhnlich sehr gut ausge­statteten ländlichen Raum auch auf andere Bereiche des öffentlichen Lebens und der Daseinsvorsorge ausgeweitet werden.

Zwingend notwendig dabei ist, wenn die Unterstützung und Mitarbeit der Einwoh­nerinnen erreicht werden soll, dass die Selbstverwaltung der Dörfer und Bauern­schaften wieder ermöglicht wird. Dies erfolgt durch Dorfräte und auch durch öf­fentliche Versammlungen der Einwohnerinnen, bei denen Maßnahmen der Ge­meinschaft abgestimmt werden können. Die Verwaltung des zur jeweiligen Ge­meinde gehörenden Bodens erfolgt durch die Dorfräte, die dafür durchaus entlohnt werden können. Ihre Kontrolle erfolgt direkt durch die Dorfversammlungen und natürlich durch die Wahl der Dorfräte. Allerdings könnte auch ein Losverfahren für die Zusammensetzung der Dorfräte zu Anwendung kommen. Dann sollte aber gewährleistet sein, dass Menschen in Teil- oder Vollzeit zur Verfügung stehen, um die Ansprüche der Einwohner* innen n ihre Dorfgemeinde zu erfüllen.

Die ländliche Wirtschaft könnte in der eigenen Region durch die Lokalwährung gestärkt werden, denn bei bargeld­loser Zahlung in der Lokalwährung könnten niedrigere Steuersätze zur Anwen­dung kommen. Diese Maßnahme hätte über die lokale Wirtschaftsforderung hin­aus zudem den Vorteil, dass einige ökologische Negativwirkungen der kapitalisti­schen Marktwirtschaft regional eingeschränkt werden. Dies gilt zum Beispiel für den Warenverkehr. Zudem sollten sich die Erzeuger zu selbst verwalteten, kommu­nalen (Vertriebs- und Einkaufsgenossenschaften zusammenschließen.

Kommune - Region - Europa

Sozialistische Kommunalpolitik findet nicht nur auf der kommunalen, sondern auf allen staatlichen Ebenen statt. Wichtiges Ziel der politischen Linken auf Landes-, Bundes- und Europaebene muss die Stärkung der politischen Hand­lungsspielräume der kommunalen Ebene inklusive ihrer ausreichenden Finan­zierung sein. Die höheren politischen Ebenen müssen in ihrer kommunalpoliti­schen Kompetenz auf organisatorische Handlungsfelder, Rahmengesetzgebung und die zwingend notwendigen internationalen und regionalen Politikfelder be­grenzt werden. Die Städte und Dörfer müssen größtmögliche Handlungsfreiheit er­halten, um eine lokale Politik für die Menschen wirksam umsetzen zu können. Die­ser Prozess erfordert eine konsequente Oppositionspolitik der Linken auf allen überörtlichen Politikebenen, insofern sie nicht der Stärkung der kommunalen poli­tischen Ebene dienen.

Idealerweise ist für eine antikapitalistische Politik innerhalb der Europäischen Union (EU) eine dreistufige Politikstruktur sinnvoll. Oberhalb der Kommunen und ihrer Verbundstruktur sollte eine politische Ebene geschaffen werden, die die nicht kommunalen Aufgaben der Länder und die nicht der EU übertragenen Politikfelder umfasst. Diese auf Plebiszit gründenden Regionen sind die Klammer der selbstän­digen Kommunen und oberste Ebene für wirtschaftliche Zusammenschlüssen von kommunalen oder gemeinwirtschaftlichen Institutionen. Sie geben unter anderem den Rahmen für Naturschutz, Landschaftsschutz, Abfallbeseitigung, der Luftrein­haltung und der Lärmbekämpfung, überregionale Verkehrsinfrastruktur, Förderung von Wissenschaft und Forschung vor. Der Nationalstaat, insofern er in der EU nicht als Region Anerkennung findet, verschwindet zugunsten der Europäischen Union. Diese erhält eine vom Parlament getragene Regierung und einen klaren so­zialen Zuschnitt, der im Inneren für die Rahmengesetzgebung (unter anderem Soziale Sicherheit, Arbeiter*innenschutz, Verbraucher*innenschutz, Klimaschutz, Ausstieg aus der Atomkraft und der Kohlewirtschaft, Meeresschutz, Arznei- und Heilmittelzulassung, menschen-, tier- und umweltverträgliche Landwirtschaft) und im Äußeren für die weltweite Zusammenarbeit (Außenpolitik, Diplomatische Einrichtungen, Kulturaustausch, globale Schutz- und Förderprogramme) mit rein defensiv ausgerichteter äußerer Sicherheitspolitik (kein Interventionsmilitär) sowie einem sozialverträglichen, ressourcenschonenden Außenhandel. Zudem könnte ein durch europäische Steuern finanzierter Finanzausgleich zwischen den Regionen durch die gewählten Vertreter*innen auf EU-Ebene erfolgen. Zur Um­setzung könnte eine demokratisch kontrollierte europäische Zentralbank nützlich sein. Auch die höchsten europäische Gerichte aller Bereiche sind auf dieser Ebene anzusiedeln.

Die Menschen müssen sich in diesem dreistufigen Politikaufbau (Kommune - Re­gion - Europa) zwar selbst um viele Bereiche ihres öffentlichen Lebens kümmern, haben dafür aber erheblich mehr Einfluss auf die sie betreffenden kommunalen und auch stattlichen Maßnahmen.

Praxis sozialistischer Kommunalpolitik

Viele Menschen im deutschsprachigen Raum, aber auch in zahlreichen ande­ren Regionen Europas und darüber hinaus, wünschen sich eine Alternative zum herrschenden kapitalistischen System. Sie wollen die Veränderung und brauchen von den politischen Kräften dazu konkrete Lösungsvorschläge. Mit dem kommunalen Angriff auf den Kapitalismus wird sozialistische Politik nah bei den Menschen für diese nicht nur erleb- und nachvollziehbar, sondern durch Ein­beziehung der beruflichen und bisher freizeitlichen, ehrenamtlichen Zusammen­hänge der Menschen in die kommunale Politik, werden diese unmittelbar Teil der Veränderung in Richtung einer menschengerechten Gesellschaft.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die skizzierten politischen Ziele nicht immer un­mittelbar und kurzfristig zu erreichen sind und zudem in vielen Ohren utopisch klingen. Diese Skepsis kann nur durch Überzeugungsarbeit überwunden werden. Dazu sollte auf die Menschen in ihren Lebenszusammenhängen (Nachbarschafts­initiative, Stadtteil Vereinigung, Vereine aller Art, Gewerkschaften, Betrieb, Be­hörde, Bürgerinitiative, Jugend-, Schülerinnen und Studentinnenorganisationen) zugegangen werden, um sie zu ermutigen, selbst aktiv in der kommunalen Selbst­verwaltung durch die Einwohner* innen aktiv zu werden. Dazu sollten bei schon aktiven Einwohner*innen Vernetzungen mit den kommunalen Gliederungen der Partei und der Fraktion erfolgen. So gewinnt die kommunalpolitische Kompetenz der Antikapitalisten in Räten und Ausschüssen sowie Arbeitskreisen der Partei durch Einbeziehung des Fachwissens der aktiven Einwohner* innen.

Auch um diese Verknüpfungen, Netzwerke und Bündnisse zu erreichen, ist eine aktive Politik auf der Straße, in den Betrieben und Behörden, den Schulen und Hochschulen, den lokalen Personenvereinigungen aller Art sowie in den bestehen­den kommunalen Vertretungsorgangen der Kommunen notwendig. Der Kapitalis­mus in der Kommune muss im bestehenden „parlamentarischen" System auch über die gewählten Vertretungsorgane der Einwohnerschaft (Stadträte, Kreistage, Gemeinderäte, Bezirks- und Stadtteilvertretungen, Dorfausschüsse und deren Ausschüsse und Gremien) sowie die direkt gewählten Leitungen der kommunalen Bürokratie (Bürgermeister* innen, möglichst auch Dezernentinnen) bekämpft werden.
Genauso wichtig ist aber auch der Kampf auf der Straße. Bei Demonstrationen, So­lidaritätskundgebungen, Gedenkveranstaltungen, kulturellen und sozialen (Stadt-teil-)Festen oder am regelmäßigen Infostand und den Hausbesuchen - nicht nur in den als prekär bezeichneten Wohnvierteln - durch die Aktivistinnen, ist für eine solidarische, also sozialistische, Lokalgesellschaft zu werben.

Zudem sollte die Linke ihre kommunalen Wahllisten für alle antikapitalistischen Kräfte ihrer jeweiligen Kommune öffnen. Die Gefahr der ideologischen Graben­kämpfe ist in der Kommune extrem gering, da die politische Auseinandersetzung vor Ort wesentlich durch Sachentscheidungen in den Gremien geprägt wird. Wenn es der sozialistischen Kommunalpolitik gelingt, auch die Menschen für eine ge­rechte, soziale, gemeinwirtschaftliche Politik ihrer Kommune zu gewinnen, die vor Ort in kommunalen Vereinigungen aktiv sind, ist die Chance auf einen erfolgrei­che Angriff auf den Kapitalismus gegeben.

Die Inhalte der Diskussion in kommunalpolitischen Gremien wird derzeit von der Vorlagenflut der örtlichen Verwaltungen sowie den gesetzgeberischen Verfahren der überregionalen Parlamente diktiert. Die Rats- und Kreistagsmitglieder sind ex­trem gefordert und werden schon durch die lokale Bürokratie so in Anspruch ge­nommen, dass kaum Zeit für eigene Initiativen und Aktivitäten im kommunalen Raum bleibt. Dies führt in der Regel dazu, dass die Mandatsträger*innen hoff­nungslos überlastet sind. Selbst die Zusammenarbeit mit den Mitstreiter* innen in der eigenen lokalen Partei ist zeitlich kaum sinnvoll möglich.
Durch Verbreiterung der Basis und solidarische Kooperation zwischen Fraktionen und Lokalpartei (Kreisverband, aber auch Basis-, Orts oder Stadtteilgruppen) durch gemeinsame Gremien, wird nicht nur die Arbeit erleichtert, sondern auch der Zusammenhalt gestärkt. Zudem können so Freiräume geschaffen werden, um die notwendigen Veränderungen in Richtung kommunaler Selbstverwaltung durch die Einwohner*innen in die Diskussion und auf den Weg zu bringen.

In sehr vielen Kommunen im deutschsprachigen Raum ist die Linke schon heute präsent. Zunehmend auch im Osten wird es schwieriger, Kandidat* innen für die Kommunalparlamente und deren Ausschüsse zu finden. Dies vor dem Hinter­grund, dass die linke Politikperspektive angesichts der hohen Unterstützung reak­tionärer Parteien durch Wähler* innen immer wichtiger wird, um einerseits das Ab­gleiten in faschistische, rassistische Staatsorganisation zu verhindern und anderer­seits die Menschen durch realistische, kommunale und regionale Politikkonzepte für eine solidarische Organisation der Gesellschaft zu gewinnen. Die Schwäche der sozialdemokratischen, konservativen, liberalen und konfessionellen Parteien und Kräfte der sogenannten „Mitte" lässt eine hohe Bereitschaft in der Gesell­schaft erwarten, realistische den Menschen nahe, nachvollziehbare, sozialistische (Kommunal)Politik zuzustimmen.

Die Linke sollte deshalb in ihrem jeweiligen Einzugsgebiet aktiv auf potentielle Kandidatinnen zugehen, um auf offenen Kommunalwahllisten auch antikapitali­stische Kandidat* innen (noch) ohne Parteibindung für die Mitarbeit in kommuna­len Gremien für die Linke zu gewinnen. Idealerweise werden rechtzeitig vor dem jeweiligen Aufstellungsparteitag offene kommunale Ratschläge organisiert, bei de­nen in mehreren Sitzungen die konkreten Ziele der jeweiligen örtlichen Politik festgelegt werden und mögliche Kandidatinnen sich in die Vorbereitung des Wahlkampfes einbringen können. Die Basisgruppen und Kreisverbände laden öf­fentlich ein, so dass alle interessierten Einwohnerinnen der jeweiligen Kommune teilnehmen können. Vereinigungen, von denen zu erwarten ist, dass sie den antika­pitalistischen Kampf in ihrer Kommune - zumindest in Teilen - mittragen, sollten aktiv durch die Linke zu den kommunalen Ratschlägen eingeladen werden. In den Politikfeld orientierten Arbeitsgruppen werden die spezifischen lokalen Pro­grammpunkte der skizzierten sozialistischer Kommunalpolitik erarbeitet bezie­hungsweise erweitert. Aus dem Kreis der Mitarbeiter* innen in den kommunalen Ratschlägen, in denen die vorhandenen Mandatsträgerinnen und anderweitig in die Kommunalpolitik eingebundenen Mitarbeiterinnen zwingen eingebunden werden sollten, können die potentiellen Mandatsträger*innen und sachkundigen Einwohnerinnen ausgewählt und als Kandidat*innen den jeweiligen Wahlpartei­tagen beziehungsweise nach der Wahl den Fraktionsversammlungen vorgeschla­gen werden.
Die in dieser Broschüren formulierten Ziele einer antikapitalistischen, sozialisti­schen Kommunalpolitik mit dem Ziel der Selbstverwaltung durch die Einwohner­innen sind auch in Teilen umsetzbar. Was im lokalen Wahlkampf jeweils in den Mittelpunkt gestellt wird, ist natürlich den örtlich Aktiven überlassen. Allerdings sollte durchaus eine radikale Perspektive in allen Wahlkämpfen und der politischen Arbeit deutlich werden. Jedes Vermischen mit wirtschaftsliberalen Konzepten ist abzulehnen, da sich sozialistische Perspektiven und auf Profit ausgerichtete Markt­wirtschaft unverbindlich gegenüber stehen.

Auch werden sich kurzfristig die Ziele sozialistischer Kommunalpolitik mit voll­ständiger Selbstverwaltung durch die Einwohnerschaft nicht in praktische Politik umsetzen lassen. Trotzdem ist Kampf um möglichst viel Einfluss in den Gemein­den, Städten, Kreisen und sonstigen kommunalen Gremien und Versammlungen sinnvoll. Wo möglich, sollten Kandidat*innen für die in Einzelwahl vergebenen Ämter antreten. Dies schon allein deshalb, um die sozialistischen Perspektiven kommunaler Politik noch breiter darstellen zu können. Eine Beteiligung aller anti­kapitalistischen Kräfte an der kommunalen Politik ist - im krassen Gegensatz zur Regierungsbeteiligung in den Ländern oder dem Bund - nicht nur wünschenswert, sondern auch erstrebenswert. Die eigenen zentralen kommunalpolitischen Forde­rungen dürfen dabei allerdings niemals für eine Trägerschaft des jeweiligen kom­munalen Haushalts geopfert werden.

Diese antikapitalistische Politik in den Dörfern und Städten muss auf überkommu­nalen Ebenen durch die Partei und ihrer Mandatsträger*innen unterstützt werden. Dies insbesondere im Kampf um Übertragung von mehr Rechten - unter anderem in den Bereichen Finanzen, Steuererhebung und Selbständigkeit der örtlichen Ebenen - vom Staat und den Ländern auf die kommunale Ebene.

Die Selbstverwaltung durch die Kommunen muss 200 Jahre nach den Steinschen Reformen endlich zu einer Selbstverwaltung durch die Einwohner*innen werden. Bürokratieabbau und Übertragung von Verwaltungsrechten und -pflichten auf ört­liche, selbstverwaltete Institutionen, die Rekommunalisierung des Bodens und das Recht aller Einwohner*innen auf Wohnraum können verwirklicht werden.

Die Kommune gehört allen Einwohnerinnen. Dieses Ziel linker Kommunal­politik ist zu verwirklichen, wenn es den sozialistischen Kräften gelingt, den kommunalem Bodenbesitz zunächst zu sichern, diesen in Gemein(de)-besitz zu halten und sukzessive alle Flächen im Einzugsgebiet wieder in kommu­nales Gemeineigentum zu bekommen. Der wesentliche Unterschied gegenüber dem bisherigen Kampf gegen den Kapitalismus ist, dass die Produktionsmittel ständigem Wandel unterliegen und mobil sind. Der Boden bleibt und damit kön­nen zukünftig die Erfolge im Klassenkampf in Quadratmetern gemessen werden.
Dies wird aber auch der Grund sein, warum das Kapital sämtliche Kräfte des Neo­liberalismus mobilisieren wird, um die Dörfer, Städte und Regionen als Einkom­mensquelle nicht zu verlieren. Dies sicherlich wieder von den überörtlichen Funk­tionären der Sozialdemokratie in Partei und Gewerkschaften angeführt, unterstützt durch die konservativen und reaktionären Kräfte in Politik und Medien und finan­ziert durch das Kapital. Die Menschen in den Kommunen, die aus unterschied­lichen Gründen mit der bestehenden Gesellschaftsordnung unzufrieden sind, wer­den aber die vielfältigen Perspektiven durch die Stärkung der Kommunen in Rich­tung Lokalismus erkennen. Die Gemeinwirtschaft und die gesellschaftliche Parti­zipation im unmittelbaren Lebensumfeld der Menschen wird die Einwohner*innen erleben lassen, warum Zentralisierung und Fremdbestimmtheit nur der Herrschaft dient und den Wohlstand für alle blockiert.

Durch die kommunalpolitische Arbeit der Antikapitalisten soll nicht der Klassen­kampf in den Betrieben, Behörden, Schulen und Hochschulen verdrängt, sondern gestärkt werden. Allerdings sind Auseinandersetzungen im gewerkschaftlichen Bereich vorprogrammiert, da nicht mehr die überörtlichen Funktionär*innen allein sondern auch und zunehmend die lokalen Gewerkschaftlerinnen und ihre örtli­chen Zusammenschlüsse gefragt sein werden. Durchaus könnten statt Flächentari­fe auch Regional- oder sogar Ortstarife für alle abhängig Beschäftigten zukünftig ausgehandelt werden. Aus sozialistischer Sicht sollten Tarifabschlüsse zudem zu­künftig ausschließlich in festen Geldbeträgen statt prozentualen Steigerungen fest­gelegt werden, um so die Schere zumindest bei den im öffentlichen Bereich Täti­gen zumindest mittelfristig zu schließen. Zudem unterstützt jede Tätigkeit in der zukünftigen wirklichen kommunalen Selbstverwaltung durch die Einwohnerin­nen die Leistungskraft der Gemeinschaft, um die gemeinsamen Aufgaben für die Einwohnerschaft zufriedenstellend erfüllen zu können.

Durch die umfassende Stärkung der Städte und Gemeinden wird nicht der
Sozialismus verwirklicht, aber erhebliche Schritte in Richtung menschengerechte
Gesellschaft.

  • Wohnrecht für alle Einwohnerinnen (bedingungslose Grundmiete)
  • Gemein- vor Marktwirtschaft (Rekommunalisierung)
  • Selbstorganisation in Genossenschaften und gemeinnützigen Vereinen

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"Die gescheitesten Führer der herrschenden Klassen haben stets ihre Anstrengungen darauf gerichtet, die Zahl der kleinen Eigentümer zu vermehren, um sich eine Armee gegen das Proletariat zu erziehn." Friedrich Engels

 

Editorische Hinweise

Der Text wurde uns vom Autor für diese Ausgabe als Broschüre zur Verfügung gestellt. Sie wurde für den Kongress "Marx is muss" in Berlin 2018 produziert. Aufgrund technischer Probleme musste der Text von der Broschüre gescant werden. Satztechnisch weicht der Scan daher geringfügig vom Original ab.

Die Broschüre kann bei Werner Szybalski bezogen werden.
Kontakt: verlag@szybalski.de