Demonstration
am 01.08.2020 - 20 Uhr -
Berlin-Herrfurthplatz
Nicht erst
seit Corona sind die Zeiten rau. Die
Faschisierung der Gesellschaft schreitet
voran. Damit einhergehend wird
gebetsmühlenartig die Gefahr des Sozialismus
und der Hass auf alles Linke
heraufbeschworen. Die Hufeisentheorie
erfreut sich größter Beliebtheit. Unter dem
Deckmantel totalitärer Theorien und fernab
jeglicher Fakten wird eine stetige
Gleichsetzung zweier angeblich gleicher
Extreme gegen einer herbeihalluzinierten
bürgerlichen „Mitte“ betrieben. Diese
liberal-bürgerliche Gleichsetzung von
Sozialismus und Faschismus hat gewisserweise
Tradition in Deutschland, ebenso die
Kollaboration dieser bürgerlichen „Mitte“
mit dem Faschismus, um mit ihm gegen den
Sozialismus, oder gegen all das, was sie als
sozialistische Gefahr begreifen,
vorzugehen. So auch in ihrem
Antifeminismus, einer weiteren Schnittstelle
zwischen „bürgerlich-konservativen Mitte“
und Faschisten, welcher darauf abzielt, in
der Aufrechterhaltung der binären
Geschlechterordnung die konservativen
Vorstellungen ihrer Herrschaftsordnung zu
erhalten und dazu versucht Errungenschaften
feministischer Bewegungen zurückzudrehen.
Faschistische Terroranschläge in Hanau und
Halle, Rechte Netzwerke die sich
organisieren & bewaffnen, bewaffnete
Faschisten im Staatsapparat die sich auf
einen Bürgerkrieg vorbereiten,
Geheimdienstliche und staatliche
Verstrickungen in den NSU die unter
Verschluss gehalten werden. Diese Liste
ließe sich ohne Weiteres verlängern. Die
faschistische Gefahr ist real.
Dazu
gesellt sich eine EU-Außenpolitik die auf
Abschottung setzt -nachdem der Deal mit dem
Erdogan Regime die Drecksarbeit die letzten
Jahre in die Türkei oder nach Libyien
ausgelagert hat- sehen sich Geflüchtete nun
an Europas Außengrenzen erneut bewaffneten
Milizen von Grenzpolizei, Frontex und
faschistischen Gehilfen ausgeliefert. Nicht
nur im Namen der EU auf den griechischen
Mittelmeerinseln, sondern auch mit dem
deutschen Lagersystem setzt Deutschland auf
das Mittel des Terrors durch Isolation,
psychische/ physische Gewalt und
Abschiebung. Die vergeblichen Appelle die
Menschenrechte zu achten, wie es Unteilbar
tut, werden belächelt.
Ob bei den
Wahlen und damit verbunden dem sogenannten
„Dammbruch“ in Thüringen oder den harschen
Reaktionen der Immobilien Lobby, der
liberal-konservativen Politischen Klasse und
den Springer Schmierblättern auf den
Berliner Mietendeckel haben einmal mehr
gezeigt. Die herrschende Klasse der BRD
fürchtet alles Linke mehr als den
Faschismus. Weil wir eben das Privateigentum
an Produktionsmitteln und die
Profitinteressen der herrschenden Klasse
abschaffen wollen, sprich an den Grundfesten
dieser bürgerlichen Ordnung rütteln möchten.
Denn die herrschende Ordnung ist nicht der
Status quo, dem es gegen all diese Gefahren
zu verteidigen gelte, sondern ist den
drohenden Katastrophen als Bedingung voraus.
Wir leben
in Krisenzeiten, die sich durch die globale
Pandemie weiter zuspitzt. Während sich auf
der einen Seite ein unglaublicher Reichtum
angehäuft hat, rutschen immer mehr Menschen
in prekäre Lebensverhältnisse ab. Die
Stagnation von Reallöhnen und die
Verschlechterung von Arbeitsverhältnissen
sorgten schon vor Corona für eine soziale
Ungleichheit wie vor zuletzt 100 Jahren. Der
Kapitalismus lässt die Corona-Krise für
viele von uns zu einer existenzbedrohenden
Angst werden. Soziale und wirtschaftliche
Ungleichheiten werden sichtbarer denn je.
Während Millionen von Arbeiter*innen sich in
Kurzarbeit befinden und auf einen großen
Teil ihres Lohns verzichten müssen, werden
Milliarden für die Rettung von großen
Konzernen verpulvert. Hinzu kommt der
kapitalistisch verfasste Mietenwahnsinn,
dieser Profitmaschine der Eigentümer*innen
unserer Wohn- und Lebensräume. Während die
Eigentümer*innen von Immobilien massive
Gewinne einfahren hat ein großer Teil der
Bevölkerung auch mittels drastisch
steigender Mieten mit einer Verschlechterung
der Lebensverhältnisse zu kämpfen. Zu allem
Übel sollen auch während der Pandemie die
Mieten und somit auch die Gewinne für die
Eigentümer*innen weiter fließen, während für
uns ein großer Teil der Einkommen
wegbrechen. Die Folgen: Verdrängung, in
letzter Konsequenz durch Polizeiknüppel per
Zwangsräumung. Die Neoliberalisierung der
Wirtschaft, die Privatisierung staatlicher
Dienstleistungen sowie der sukzessive Abbau
von Sozialleistungen bescheinigen eine
Erfolgsgeschichte eines Klassenkampfes von
oben, eine permanente Enteignung unserer
Lebensgrundlagen. Diese wird sich im Zuge
der Krise weiter verschärfen, es stehen
Angriffe auf unsere Lebens- und
Arbeitsbedingungen nicht bekannten Ausmaßes
bevor, wenn es darum gehen wird, die Kosten
für die Rettung des kapitalistischen
Wirtschaftssystems auf uns abzuwälzen.
Das
ständige Geschwafel von einem linken
Extremismus und linker Gewalt täuscht dabei
über diese immanente und kontinuierliche
Gewalt der herrschenden Verhältnisse hinweg.
Gerade deshalb dürfen wir uns nicht aus
vorauseilendem Gehorsam von der bundesweiten
Medienlandschaft und den politischen
Entscheidungsträgern die Mittel unseres
Kampfes vorschreiben lassen.
Der Staat,
in Form seiner Polizei, hat es nahezu
perfektioniert Demonstrationen repressiv zu
kontrollieren. Da wir uns als Teil einer
politischen Bewegung begreifen, die den
bürgerlich-kapitalistischen Staat überwinden
möchte, dürfen uns die Angriffe der
Institutionen, die dazu da sind, um uns zu
bekämpfen nicht wundern, jedoch muss es uns
endlich gelingen dieser entstandenen
Ohnmacht etwas entgegen zu setzen.
Denn:
In diesen
rauen Zeiten, in denen die radikale Linke
marginalisiert und schwach, ja fast schon
ohnmächtig um Anschluss kämpft, sehen wir
ganz akut eine ganze Reihe an
emanzipatorischen selbstverwalteten Räumen
und Projekten in Gefahr. Es steht nicht
weniger auf dem Spiel, als eine ganze Reihe
an Orte linksradikaler Vernetzung,
Organisierung und Zusammenkommens gegen
diese Gesamtscheiße.
All diese
Projekte sind ein Bild aus der Zukunft,
einer Zukunft ohne Ellenbogen und
Verwertungsdruck, ohne "Survival of the
fittest" oder Ausschluss der Schwächsten.
All diese Projekte waren und sind Orte eines
solidarischen, unkommerziellen,
widerständigen und selbstverwalteten
Miteinanders. Und nun droht vielen dieser
Orte in kürzester Zeit das Aus.
Nicht nur
das Syndikat ist akut bedroht, in allen
Ecken Berlins stehen Hausprojekte,
Jugendzentren, alternative Lebensformen und
andere Kollektivkneipen vor dem Aus. Täglich
werden Mieter*innen aus ihren Wohnungen
zwangsgeräumt oder werden anderweitig
gezwungen um- oder gleich wegzuziehen.
Das
anarcha-feministische Hausprojekt Liebig34,
samt Veranstaltungsraum und Infoladen droht
nach fast 30 Jahren zu verschwinden. Das
selbstverwaltete Jugendzentrum Potse hält
seine Räumlichkeiten seit Beginn des letzten
Jahres besetzt und erwartet seine Räumung.
Hier sollen fast 40 Jahre selbstorganisierte
und unkommerzielle Jugendarbeit in die
Ungewissheit verschwinden. Die
Kollektivkneipe Meuterei, ein wichtiger
Anlaufpunkt im immer aufgewerterteren
Reiche-Kiez in Kreuzberg soll nach über 10
Jahren raus. Das Wohnprojekt Rigaer94
befindet sich im Dauerfeuer seitens seiner
dubiosen Eigentümer und des Staates.
Solange wir
in einer Gesellschaft leben, die der Logik
der Kapitalverwertung folgt und Wohnraum als
Waren gehandelt werden, um Profit zu
erwirtschaften, wird sich die
Verdrängungsspirale in der Stadt
weiterdrehen. Aufwertung, Verdrängung und
Zwangsräumungen verwandeln unsere Kieze mit
lebendiger Kiezkultur in tote, entfremdete
und lebensfeindliche Orte der Verwertung.
Ein Bild aus der zu verhindernden Zukunft
der Stadt der Reichen lässt sich schon heute
am Potsdamer Platz begutachten. Unser
gemeinsamer Kampf muss daher auch einer
gegen die bestehenden Eigentumsverhältnisse
und für die Vergesellschaftung von Wohnraum
und Produktionsmitteln sein, damit unsere
existenziellen Grundbedürfnisse wie das nach
sicherem und bezahlbarem Wohnraum, kein
Spielball eines Verwertungsinteresses mehr
ist.
Die Zeit
wird knapp, die Mittel scheinen begrenzt.
Die Räumung des Syndikats soll den Auftakt
einer ganzen Reihe von Räumungen in Berlin
bilden. Daher rufen wir alle, die sich nicht
mit den herrschenden Verhältnissen abfinden
wollen dazu auf, am Samstag vor der
angepeilten Räumung des Syndikats, am
01.08.2020 um 20 Uhr zu einer wütenden und
entschlossenen Demo zu versammeln. Kommt von
überall organisiert und vorbereitet zur
Demonstration, bildet Bezugsgruppen, bringt
Transparente mit, achtet auf Ankündigungen.
Die Demo wird, was wir gemeinsam daraus
machen. Den Masterplan dazu gibt es nicht,
aber es ist Zeit neues auszuprobieren bzw.
auf früher Bewährtes zurück zu greifen. Denn
es lässt sich sagen, dass eine weitere Demo
mit der Ohnmachtserfahrung Wanderkessel für
uns keine Option sein kann.
Sabotiert die
herrschenden Verhältnisse!
Für die Stadt von Unten! Wir bleiben Alle!
Quelle: Indymedia am
24.06.2020
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